Die Massaker von Jennersdorf

Jennersdorf bildete den Unterabschnitt V/7 im Kreis Feldbach. Verantwortlicher Abschnittsleiter war Felix Luckmann, NSDAP-Ortsgruppenleiter von Jennersdorf. In der Ortschaft wurden an mehreren Stellen jüdische Zwangsarbeiter einquartiert, wie zum Beispiel in den Volksschulen von Jennersdorf und Grieselstein, in einer ehemaligen Lederfabrik, in einer Ziegelei, einem Meierhof und einem Gasthof, insgesamt rund 300 bis 400 Menschen. Zusätzlich wurden jeden Tag Hunderte weitere Zwangsarbeiter mit der Bahn aus Fehring und Feldbach zum Schanzen antransportiert. [1]

In Jennersdorf war auch ein Bataillon der 23. Waffen-Gebirgs-Division der SS „Kama“ (kroatische Nr. 2) stationiert, der Bataillonsstab war in der Hauptschule untergebracht. Das Bataillon bestand aus rund 320 Mann, in der Masse bosnische Muslime, der Rest waren Volksdeutsche. Zwei dieser Volksdeutschen, Wilhelm Mohr und Franz Paul, waren für ihre Brutalität berüchtigt. Erfüllten einzelne jüdische Zwangsarbeiter ihr Tagessoll nicht, wurden sie in der Hauptschule übel verprügelt.[1]

In der Volksschule Grieselstein brach in weiterer Folge eine Fleckfieberepedemie aus. Als im Februar ein weiterer Bahntransport aus Fehring mit einigen kranken Zwangsarbeitern ankam, wurden 29 nicht arbeitsfähige Juden vom anwesenden Amtsarzt Josef Schütz ausselektiert. Am Abend brachten sie Wilhelm Mohr und Franz Paul in Begleitung weiterer muslimischer SS-Angehöriger zum Pulverturm beim Aasplatz. Dort wurden sie, nachdem man sie zuvor noch ausraubte, entweder von Mohr, Paul oder dem ebenfalls anwesenden SS-Hauptscharführer Theodor Amlinger erschossen oder von den Bosniaken mit Grabungswerkzeugen erschlagen. Anschließend vergruben die bosnischen SS-Soldaten die Körper der Ermordeten auf dem Aasplatz.[2] Die Ortsbewohner zeigten sich angesichts des Massakers aber auch der schlechten Behandlung der ungarischen Zwangsarbeiter sehr aufgebracht und brachten dies gegenüber den SS-Soldaten auch zum Ausdruck.

Als die Zahl der Erkrankten weiter zunahm, wurde in der Volksschule Grieselstein ein Krankenrevier eingerichtet. Rund 25 Kranke wurden im Februar unter Beisein von Volksschuldirektor Emmerich Mathauser, der zugleich NS-Organisationsleiter der Ortsgruppe Jennersdorf war, ausselektiert und zwischen Grieselstein und Jennersdorf erschossen.[2] Dieser Vorgang wiederholte sich im März ein zweites Mal. Ein Massengrab, das sich bei der Schlachthalle befunden hatte, wurde von den sowjetischen Behörden 1945/46 aufgelöst und die Leichen nach unbekannt umgebettet. Ein zweites Grab mit bis zu 20 Leichen soll sich auf der Dotterwiese bei Grieselstein befunden haben.[3]

Nachdem die Rote Armee Jennersdorf besetzt hatte, blieben etwa 40 Kranke auf dem Areal der Ziegelei und in einem Zelt zurück. Soldaten der 5. SS-Panzer-Division „Wiking“ gelang kurzfristig die Rückeroberung von Jennersdorf, dabei nutzten sie diese kurze Zeitspanne um die zurückgelassenen Zwangsarbeiter im Krankenzelt zu ermorden, während diejenige, die sich in der Ziegelei aufgehalten hatten, unentdeckt blieben. Diese Leichen wurden angeblich verbrannt.[3]

Ermittlungen der Gendarmerie nach Ende der Kämpfe richteten sich vorallem gegen die lokalen Nazi-Größen wie Felix Luckmann und Emmerich Mathauser, den Amtsarzt Josef Schütz, der für die Selektion der 29 arbeitsunfähigen Juden verantwortlich war, die unmittelbar danach auf dem Aasplatz ermordet wurden, sowie einige weitere Mitläufer. Zu einer Verurteilung kam es aber nie. Auch die beiden Haupttäter, die SS-Männer Wilhelm Mohr und Franz Paul, die 1961 in Deutschland ausgeforscht wurden, wurden nie verurteilt.[4]

1966 führten das Innenministerium, unterstützt von Simon Wiesenthal Untersuchungen in Jennersdorf durch. Dabei wurde ein Grab mit sieben und ein weiters mit 16 Leichen auf dem Aasplatz entdeckt. Die übel zugerichteten Leichname wurden der Israelistischen Kultusgemeinde Graz übergeben, welche eine Umbettung auf den Jüdischen Friedhof Graz vornahmen.[4]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1  Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 344.
  2. 2,0 2,1  Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 344.
  3. 3,0 3,1  Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 344.
  4. 4,0 4,1  Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 287.