Benutzer:Langer/Heuriger
Heuriger bezeichnet in Österreich sowohl einen Jungwein als auch die Lokalität, wo der Wein ausgeschenkt wird. Es kann sich dabei um einen Buschenschank, dem saisonal begrenzten Ausschank des Erzeugungsbetriebes handeln oder um einen als Heurigen geführten Gastgewerbebetrieb. Das Recht der Weinhauer (österreichisch für Winzer), Eigenbauwein im eigenen Haus ohne besondere Lizenz auszuschenken, geht in Österreich auf eine Zirkularverordnung des Kaisers Joseph II. von 1784 zurück.[1] Der Ausschank wurde ursprünglich abgehalten, um den Winzern und der Bevölkerung des Ortes und der unmittelbaren Umgebung den Sturm und den Wein der aktuellen Ernte zu präsentieren. Ein zweiter jährlicher Termin war üblich, um Platz in den Fässern für die kommende Weinlese zu schaffen.
Der Buschenschank findet seine Entsprechung auch andernorts, siehe Abschnitt Ähnliche Schänken außerhalb Österreichs unten.
Geschichte
Die Entstehungszeit dieser Art der Eigenvermarktung lässt sich kaum bestimmen. Vermutlich geht die Tradition der Winzer, selbst gekelterten Wein auch selbst auszuschenken, auf die Franken und Bayern unter Karl dem Großen und Otto I. zurück. Insbesondere das aus dem fränkischen und bayerischen Raum stammende „Capitulare de villis“ (Kapitular für die Krongüter und Reichshöfe) von 795 enthält ausführliche Angaben zu Weinbau, Weinpflege und Weinrecht.
Am 17. August 1784 wurde von Kaiser Joseph II. eine Zirkularverordnung erlassen, mit der jedermann die Erlaubnis zuteil wurde, selbst hergestellte Labensmittel (Lebensmittel), Wein und Obstmost zu allen Zeiten zu verkaufen und auszuschenken. Anlass waren Klagen der Wirte eines unbedeutenden Ortes in der Grafschaft Görz gewesen, die sich von ihrem Herrn, Graf Delmetri, nicht zwingen lassen wollten, ausschließlich dessen Wein auszuschenken.
Diese Bestimmungen wurden 1845 durch ein Hofkanzleidekret erneuert. Um Kontrollen durch die Behörde zu vereinfachen, wurde derartiger Ausschank 1883 anzeigepflichtig.
Inzwischen wird dieses spezielle Recht über den § 11 Gewerbeordnung und durch die sich ähnelnden Buschenschankgesetze der Bundesländer Wien, Niederösterreich, Burgenland, Steiermark und Kärnten geregelt.
Anfangs wurden neben dem Wein wohl oft nur Brot und Nüsse angeboten. Noch in den 1960er Jahren war es selbstverständlich, zum Heurigen sein Essen selbst mitzubringen, weil kleinere Betriebe nur eine höchst bescheidene Auswahl an Speisen (oder gar keine) boten.
Abgrenzung
Buschenschank
Der Buschenschank ist ein Betrieb, an dem ein Landwirt seine Erzeugnisse (Getränke und kalte Speisen) ausschenken und servieren darf und basiert auf einem Gesetz von Josef II.
Nur Besitzer bzw. Pächter von Wein- oder Obstgärten dürfen einen Buschenschank betreiben. Buschenschanken werden heute in Österreich in den Bundesländern Wien, Niederösterreich, Burgenland, Kärnten und der Steiermark betrieben. Jedes Bundesland hat sein eigenes Buschenschankgesetz, das Öffnungszeiten, Namen und das Angebot regelt.
Derartige „echte Heurige“ müssen sich „in einem Heurigengebiet“ und „auf einem für die landwirtschaftliche Nutzung bestimmten Betriebsgelände des jeweiligen Hauers“ befinden[2] und werden bloß saisonal betrieben. Die Öffnungsperiode zeigt ein Hauer an, indem er oberhalb des Eingangs deutlich sichtbar das Buschenschankzeichen in Form eines Buschen (ein Büschel Zweige oder Bund Reiser) „aussteckt“ – daher der Name Buschenschank.[3]
Buschenschanken als „echte Heurige“ unterliegen dem entsprechenden Landesgesetz, in Wien beispielsweise dem Wiener Buschenschankgesetz und brauchen demgemäß keine Gastgewerbekonzession. Dieser Erleichterung stehen andererseits (im Verhältnis zu Gasthäusern) Einschränkungen des zulässigen Speisen- und Getränkeangebotes gegenüber. Neben alkoholfreien Getränken darf nur Wein (und Schnaps) aus eigener Erzeugung ausgeschenkt werden, und die erlaubten (nur kalten!) Speisen sind gesetzlich festgelegt. In Wien etwa lautet der betreffende Teil des genannten Gesetzes:
„Buschenschenkern ist ferner auch die Verabreichung von allen heimischen Wurst- und Käsesorten, Schinken und geräuchertem Fleisch, Speck, kaltem Fleisch und kaltem Geflügel, Sardinen, Sardellenringen und Rollmöpsen, Salaten, Essiggemüse, hartgekochten Eiern, Brotaufstrichen aller Art, Butter und Schmalz, Grammeln, Salzmandeln und Erdnüssen, Weingebäck wie Weinbeißern, Kartoffelrohscheiben und Salzgebäck, Brot und Gebäck sowie heimischem Obst und Gemüse unter Ausschluß aller warmen Speisen gestattet.“
Im Buschenschank dürfen somit ausschließlich kalte Speisen und hausgemachte Mehlspeisen serviert werden. Das typische Buschenschank-Gericht ist die „Brettljause“. Sie besteht aus einem Aufschnitt (zum Beispiel Geselchtes, Schweinsbraten, Schinken, Trockenwürstel, Speck, Lendbratl, Selchwürstel) und Aufstrichen (etwa Verhackert, Leberstreichwurst, Grammelfett, Bratfett, Kürbiskernaufstrich) mit Kren und Schwarzbrot und wird auf einem „Holzbrettl“ serviert.
Der Bauer darf im Buschenschank Getränke anbieten, die aus eigener Produktion stammen (bzw. von bäuerlichen Betrieben zugekauft werden). Dazu gehören Wein, Sturm, Traubenmost und Traubensaft, Obstwein und Obstmost sowie selbstgebrannte geistige Getränke.
Meldet der Betreiber dem Buschenschank hingegen zusätzlich ein „freies Gastgewerbe“ an, darf er zwar ohne Befähigungsnachweis bestimmte warme Produkte wie etwa gegrillte Würstchen, Fleisch und Geflügel, Fleisch- und Wurstsalate sowie Flaschenbier und nichtalkoholische Getränke servieren. Jedoch darf der Betrieb dann den Namen „Buschenschank“ nicht mehr führen.
Heuriger
Das Wort „Heuriger“ leitet sich vom süddeutschen Begriff „heuer“ ab, der wiederum auf das althochdeutsche hiu jāru („in diesem Jahr“) zurückgeht[4]. Man geht zum Heurigen, sitzt beim Heurigen und trinkt Heurigen (Wein).
Die Bezeichnung „Heuriger“ für einen Ausschank ist in Ostösterreich zwar höchst geläufig, aber nicht geschützt oder gesetzlich definiert (das Gesetz kennt nur die Buschenschank und den heurigen Wein). Deshalb kann jeder Gastgewerbetrieb seine Gaststätte so benennen, wie ihm dies tunlich scheint, und kann dort alles verkaufen, was seine Gastgewerbelizenz erlaubt. In der Praxis, um ein sogenanntes Heurigenbuffet zu führen, werden auf den unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen von Gewerbeordnung (GO; für das Buffett als Gastgewerbe) und § 111 GO und dem jeweiligen Buschenschankgesetz (für die Ausschank im Rahmen des Weinbaubetriebes) nebeneinander auf demselben Betriebsgelände geführt werden. Die rechtliche Trennung wird durch zwei Personen (meist zwei Familienangehörige) erreicht.[5] Insbesondere in Wien finden sich viele solcher eher auf den Tourismus zugeschnittener Lokale, die oft als Heurigenrestaurant und Stadtheuriger bezeichnet werden. Touristenmagneten dieser Art mit Kundenkreis aus (vielleicht auch nur vermeintlich) „gehobenem“ Stand und mit (gewiss) gehobenen Preisen nennt der Volksmund ein wenig abschätzig Nobelheurige, um sie von den volkstümlichen Betrieben abzugrenzen, die von jedermann gern aufgesucht werden.
Im Sprachgebrauch heißt es dazu: „[Da-und-dort] is ausg'steckt“ oder „XY hat seit letztem Wochenende ausgesteckt.“ Ist die Saison vorbei oder der Wein verkauft, wird der Buschen wieder „eingezogen“.
Zwecks rentablerer Vermarktung wird mancherorts von einer Genossenschaft ein Lokal geführt, das die einzelnen Winzer jeweils für einige Wochen im Jahr pachten.[6] Meist führen solche Lokale die Bezeichnung Winzerstube.
Viele Heurige beleuchten den Buschen mit einer Laterne, in der in früheren Zeiten eine Kerze oder Petroleumlampe brannte (heute logischerweise eine – meist grüne – Glühbirne). Weil die Laterne gelöscht wurde, sobald das Lokal schloss, entstanden die inzwischen etwas veralteten Wiener Ausdrücke Laterndler für Trinker und Betrunkene (die erst mit dem Löschen der Laterne heimgingen), und laterndeln für ordentlich einen drauf machen.
In Heurigenorten gibt es üblicherweise Absprachen, wer wann „aussteckt“, damit einerseits die Wirte ökonomischer arbeiten können (weil sie einander weniger konkurrieren) und sich andererseits die Saison verlängert, der Ort somit für Besucher attraktiver wird. Meist ist in solchen Orten an prominenter Stelle ein kunstvoll geschmiedetes Gebilde aufgestellt, der sogenannte „Rauschbaum“, in den der einzelne Heurige seine eigene kleine Tafel in einen Rahmen einschiebt, solange er „ausg'steckt hat“. In vielen Heurigenorten gibt es auch Heurigenkalender im Brieftaschenformat, die die Öffnungszeiten der einzelnen Betriebe angeben.
Mostheuriger
Ein Heuriger, der nicht Wein, sondern Apfel- oder Birnenmost ausschenkt, heißt Mostheuriger. Solche findet man in den traditionellen Obstanbaugebieten im westlichen Nieder- und in Oberösterreich, im Mostviertel entlang der Moststraße, aber auch in der Buckligen Welt (im südlichen Niederösterreich).
Ähnliche Schänken außerhalb Österreichs
In anderen mehr oder weniger deutschsprachigen Weinbaugebieten heißen diese beispielsweise:
- Straußen- oder Besenwirtschaft (beide Namen sind wie Buschenschank von dem vor die Tür gehängten Buschen abgeleitet).
- In Franken Heckenwirtschaft (von Häcker = Winzer).
- Auch in Südtirol gibt es Buschenschankbetriebe, hauptsächlich in den Weinbauregionen, die während der Herbstzeit geöffnet haben.
- In Friaul-Julisch Venetien (Italien). In diesen ehemals österreichischen Gebieten auf dem Triester und Görzer Karst heißt der Buschenschank osmiza (slowenisch osmica, abgeleitet von osem, acht, da die Konzession ursprünglich auf acht Tage beschränkt war); in Friaul heißt er frasca (Zweig, Buschen) und auch privada (Privatausschank).
- Zoigl ist eine den Heurigen ähnliche Tradition mit Bierkonsum.
Weblinks
- Eintrag zu Langer/Heuriger in: Austria-Forum, dem österreichischen Wissensnetz – online (in AEIOU Österreich-Lexikon) (österreichische Kultur-Enzyklopädie)
- Einschränkung des „Heurigen“-Schankes.. In: Badener Bezirks-Blatt, 12. November 1881, S. 7 (online bei ANNO).
- Wiener Buschenschankgesetz im Rechtsinformationssystem der Republik Österreich
- Ernst Weber: Heurigenmusik. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 2, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2003, ISBN 3-7001-3044-9.
Einzelnachweise
- ↑ Joseph II. auf buschenschank.at, abgerufen am 10. Jänner 2009. (Seite am 25. August 2012 nicht mehr online.)
- ↑ Vgl. § 4 Wiener Buschenschankgesetz.
- ↑ Vgl. § 6 Abs. 2 Wiener Buschenschankgesetz: „(2) Das Buschenschankzeichen hat aus einem Föhren-, Tannen- oder Fichtenbuschen zu bestehen.“
- ↑ Peter Wehle: Sprechen Sie Wienerisch? Von Adaxl bis Zwutschkerl, Ueberreuter 1980, Seite 29.
- ↑ Vgl. Buschenschank und Heurigenbuffet. In: News-Archiv der Steuerberatungskanzlei Wittmann, 23. Februar 2010. Abgerufen am 25. August 2012.
- ↑ Vgl. § 4 Abs. 2 Wiener Buschenschankgesetz.