Vertrag von Wien (1396)

Version vom 4. August 2019, 13:44 Uhr von Ermione 13 (Diskussion | Beiträge) (würde diese Formulierung beibehalten, da es bei dem Vertrag um die Habsburger, die sich damals nach dem Herzogtum Österreich benannten geht, und nicht die Herrscher über dieses Herzogtums.)

Der Vertrag von Wien war ein Teilungsvertrag, der 1396 zwischen den Herzögen von Österreich (Habsburg) nach dem Tod von Herzog Albrecht (III.) ("Albrecht mit dem Zopfe") geschlossen wurde. Er bildete eine Ergänzung zu dem ein Jahr zuvor geschlossenen Vertrag von Hollenburg, wurde in Folgejahren noch einige Male verlängert und bestimmte im Wesentlichen die Politik bis zum Tod von Herzog Wilhelm von Österreich.

Vorgeschichte

Im Unterschied zu anderen europäischen "Staaten" des Spätmittelalters (zum Beispiel den Königreichen Frankreich und England) setzte sich die Erbfolge der Primogenitur[A 1] im Heiligem Römischen Reich erst im 16. Jahrhundert durch. Gab es mehrere erbberechtigte Söhne hatte das bei den Reichsfürsten meistens zur Folge, dass ...

  • ... entweder die erbberechtigten Söhne gemeinsam die Herrschaft ausübten (Samtherrschaft), wobei gewöhnlich dem ältesten Sohn (manchmal auch den beiden ältesten Söhnen) eine Sonderstellung zugestanden wurde.
  • ... oder die Herrschaft unter den erbberechtigten Söhnen aufgeteilt wurde.

Dabei lässt sich beobachten, dass in vielen Fällen eine Samtherrschaft meistens nicht von Dauer war, sondern wenig später auch von einer Länderteilung abgelöst wurde.

Nach ihrem Aufstieg in den Stand der Reichsfürsten im 13. Jahrhundert war es den Herzögen von Österreich, wie sich die Dynastie der Habsburger im Spätmittelalter nannte, im Gegensatz zu den meisten anderen Adelsfamilien im "Reich" gelungen, Realteilungen innerhalb ihrer Herrschaften zunächst zu verhindern. 1379 hatte Herzog Albrecht mit dem Zopfe jedoch mit seinem Bruder Herzog Leopold (III.) ("Leopold dem Gerechten") den Neuberger Vertrag geschlossen, in welchem die Territorien aufgeteilt wurde.[1]

Nach dem Tod von Herzog Leopold dem Gerechten (gefallen 1386 in der Schlacht bei Sempach) trat dessen ältester Sohn Wilhelm, der zu diesem Zeitpunkt noch sehr jung, aber bereits volljährig war, die Nachfolge an. Bereits am 10. Oktober 1386 akzeptierte er, mit Zustimmung der Landstände, für sich und seine jüngeren Brüder, dass Albrecht mit dem Zopfe als ihr Vormund die Alleinherrschaft über alle Territorien der Familie übernahm.[2] Nach dem Tod von Herzog Albrecht mit dem Zopfe schloss Wilhelm mit dessen Sohn Albrecht (IV.) von Österreich ("Albrecht dem Geduldigen") unter Einbeziehung der Landstände auf der Grundlage des "Neuberger Vertrages" den Vertrag von Hollenburg. Dieser regelte ihre gemeinsame Herrschaftsausübung. Wilhelm wurde das Senioratsrecht (mit Einschränkungen) zuerkannt.[3]

Der Vertrag von Wien (1396)

Bereits 1392 hatte Herzog Albrecht III. die Verwaltung der Grafschaft Tirol und der Vorderen Lande an seinen Neffen Leopold den Stolzen übertragen[4]. Nachdem Wilhelm mit Albrecht dem Geduldigen im "Vertrag von Hollenburg" 1395 zu einer Einigung gelangt war, wurde auf Leopolds Drängen hin im Jahr darauf in Wien ein weiterer Hausvertrag geschlossen, durch den Leopold die völlige Gleichberechtigung in den Territorien erhielt, die er seit 1392 verwaltet hatte. Außer der Herrschaft über die Grafschaft Tirol und die "Vorderen Landen" wurde ihm eine finanzielle Kompensation[A 2] zugestanden. In diesem Vertrag kam es außerdem zu einer vorläufigen Regelung, die auch die beiden anderen jüngeren Brüder von Wilhelm und Leopold betraf. Wilhelm übernahm nach diesem Vertrag die Versorgung für Herzog Ernst (I.) von Österreich ("Ernst den Eisernen") und Leopold die für Herzog Friedrich (IV.) von Österreich ("Friedrich den Älteren").[5]

In Zusammenhang mit diesem Vertrag wurden auch Bestimmungen getroffen oder aus dem Vertrag von Hollenburg erweitert, welche die den Wiener Stadtregierung betrafen. Sie sind in einer Urkunde zusammengefasst, dem Ratswahlprivileg.[6]

Folgen

Dieser Vertrag von Wien war befristet und wurde in der Folge noch dreimal verlängert. 1402 wurden die Herzöge Ernst der Eiserne und Friedrich der Ältere Mitregenten in den Herrschaftskomplexen ihrer älteren Brüder Wilhelm und Leopold- Nach dem Tod von Albrecht dem Geduldigen wurde Wilhelm als Senior des Hauses Österreich ab 1404 herzöglicher Regent für dessen noch minderjährigen Sohn Herzog Albrecht (V.) von Österreich (dem späteren König Albrecht II.).

Literatur

  • Alois Niederstätter: Österreichische Geschichte 1278–1411. Die Herrschaft Österreich. Fürst und Land im Spätmittelalter. (= Österreichische Geschichte. Band 6). Ueberreuter Verlag, Wien 2001, ISBN 3-8000-3974-5

Einzelnachweise

  1. vgl. Alois Niederstätter: Österreichische Geschichte 1278–1411, 2001, S. 178-181
  2. vgl. Alois Niederstätter: Österreichische Geschichte 1278–1411, 2001, S. 188. Dass Wilhelms jüngerer Bruder Leopold (IV.) von Österreich ("Leopold der Stolze") erst im November 1386 dieser Regelung zustimmte, könnte ein Hinweis sein, dass er zu dieser Zeit ebenfalls bereits volljährig war.
  3. vgl. Alois Niederstätter: Österreichische Geschichte 1278–1411, 2001, S. 194
  4. Alois Niederstätter: Österreichische Geschichte 1278–1411, 2001, S. 189
  5. vgl. Alois Niederstätter: Österreichische Geschichte 1278–1411, 2001, S. 194 und S. 196
  6. vgl. Andreas Pittler: Die Bürgermeister Wiens. Die Geschichte der Stadt in Porträts. Verlag Carl Ueberreuter, Wien, 2003, ISBN 3-8000-3873-0, S. 19

Anmerkungen

  1. Unter einer Primogenitur wird gewöhnlich das Erbrecht des ältesten Sohnes verstanden.
  2. Die finanzielle Kompensation für Leopold dem Stolzen war dem Umstand geschuldet, dass die Einkünfte der Grafschaft Tirol und der Vorderen Landen zu diesem Zeitpunkt wesentlicher geringer waren als die aus den Herzogtümern Steiermark, Kärnten und Krain, über welche Wilhelm die Herrschaft ausübte. Erst unter der Herrschaft von Herzog Friedrich (IV.) von Österreich verkehrte sich die Finanzlage ins Gegenteil, vgl. Klaus Brandstätter: Zur Entwicklung der Finanzen unter Herzog Friedrich IV.. In: Georg Mühlberger - Mercedes Blaas [Hrsg.]. Grafschaft Tirol: "Terra Venusta". Studien zur Geschichte Tirols, insbesondere des Vinschgaus (= Schlern-Schriften 337). Innsbruck, 2007, S. 233f.