Reichensteiner Robotaufstand

Der Reichensteiner Robotaufstand war eine Auseinandersetzung zwischen den Bauern und dem Grundherrn der Burg Reichenstein im Tal der Waldaist in der Gemeinde Tragwein in der Zeit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.

Reichenstein von Westen 1992

Der Aufstand

Schauplatz der Geschehnisse war die heutige Burgruine Reichenstein in der gleichnamigen Ortschaft Reichenstein im Tal der Waldaist in der Gemeinde Tragwein im Bezirk Freistadt im heutigen Bundesland Oberösterreich. 1565 kaufte der Ritter Christoph Haym aus dem Adelsgeschlecht der Haim Burg und Herrschaft Reichenstein sowie die Waldämter Weitersfelden und Stampfegg [1]. 1567 wurde er vom Kaiser mit der Herrschaft belehnt. Er ließ die damals noch "mittelalterliche" Burg in den folgenden Jahre in ein Renaissanceschloss umbauen und erhöhte zur Finanzierung dieser Bauunternehmung als Grundherr die Robotleistungen seiner Untertanen. Außerdem führte er zusätzliche Abgaben ein. Seine Untertanen setzten sich zur Wehr, kündigten ihm den Gehorsam auf und wandten sich wegen dieser Angelegenheit an den Landeshauptmann im Herzogtum Österreich ob der Enns, der seinen Sitz in Linz hatte. Von diesem wurden sie jedoch aufgefordert, ihrem Grundherrn den schuldigen Gehorsam entgegenzubringen [2][1]. Als Christoph Haym daraufhin weitere Abgaben und Robotleistungen forderte, schlossen sich seine Untertanen unter der Führung von Siegmund Gaisrucker und Koloman Kuenringer zusammen und brandschatzten die beiden zur Burg gehörigen Meierhöfe. [3].

1570 ließ Christoph Haym auf dem Hollerbichl (Galgenbühel) innerhalb der Gründe des Robauschhofes in Weitersfelden einen Galgen errichten, obwohl er nicht die Blutgerichtsbarkeit besaß und daher dazu nicht berechtigt war. Er ließ einige Personen gefangen nehmen, in Reichenstein aburteilen um sie am Galgen hinrichten zu lassen. Dies führte zu Auseinandersetzungen mit dem Landgericht in Freistadt, dem die Blutgerichtsbarkeit offiziell zustand. Der damalige Pfleger von Freistadt war Joachim Stangl, der beim Kaiser deshalb Beschwerde erhob. Christoph Haym wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, den Galgen ließ er aber nicht entfernen. [1]

Am 6. Juni 1571 wurde Christoph Haym am Hofberg (Gmeinerberg) aus dem Hinterhalt erschossen. Als Mörder verdächtigte man zuerst den Reitknecht, dann aber Siegmund Gaisrucker, der nach der Mordtat angeblich nicht mehr zu sehen war. Kurz vor seinem frühen Tod soll er die Mordtat aber gestanden haben. [3]

Der Umbau der Burg zu einem Renaissanceschloss ging unter dem neuen Burgherrn Hans Haym, Sohn von Christoph Haym, trotzdem weiter. [4]

Die involvierten Personen

Über die in den Aufstand involvierten Personen, deren Namen überliefert sind, gibt es kaum gesicherte Fakten.

  • Siegmund Gaisrucker († um oder nach 1571). Von ihm ist nur der Name überliefert. Er war aus Reichenstein [1]. Beschrieben wird er als "ein weißblichner Mann, bei 30 Jahre alt, von ziemlicher Länge mit einem falben Bärtl". Nach der Mordtat wurde auf ihn ein Kopfgeld ausgesetzt: 300 Gulden lebend, 100 Gulden tot.[4]
  • Koloman Kuenringer (oder Kühenringer) war der evangelische Pfarrer aus Weitersfelden und einer der Anführer des Reichensteiner Robotaufstandes.[1]
  • der Robischbauer aus Weiterfelden, auf dessen Grund Christoph Haym den Galgen errichte ließ.
  • Joachim Stangl, kaiserlicher Pfleger der Stadt Freistadt, der mit Christoph Haym die Auseinandersetzung um die Gerichtsbarkeit führte.
  • Ritter Christoph Haym von Reichenstein (* 31. Jänner 1517, † 6. Juni 1571). Er ist als "Bauernschinder" und Bauherr in die Geschichte eingegangen. Er kam aus dem Herzogtum Steier und hatte auf zahlreichen Kriegszügen für den Kaiser gekämpft, ehe er die Herrschaft Reichenstein im Herzogtum Österreich ob der Enns kaufte und umgestalten ließ.[2] Bei den Auseinandersetzungen mit seinen Untertanen dürfte es eine wesentliche Rolle gespielt haben, dass er katholisch war und die Untertanen evangelisch.[1] Nach seiner Ermordung wurde Christoph Haym in der Familiengruft in Wartberg ob der Aist beigesetzt.[3] Die Herrschaft Reichenstein erbte sein Sohn Hans Haym, der den Schlossbau weiterführte.[3]

Sagen um Christoph Haym

  • Um die Ermordung des Grundherrn Christoph Haym bildeten sich mehrere Sagen, in denen die Geschehnisse variiert werden. Dabei werden die Geschehnisse um den Aufstand und der Ermordung des Grundherrn zu einer tragischen Geschichte um ein vermisstes Kind:

Als der Bauer Siegmund Gaisrucker sein einziges Kind, sein zweijähriges Knäblein, vermisst, lässt er sich von dem Wahne hinreißen, der Grundherr habe das Kind als Bauopfer zusammen mit dem Grundstein einmauern lassen, da die Grundsteinlegung gerade großartig gefeiert wird. Gaisrucker sann daher auf blutige Rache. In der Folge tötet er den Grundherrn aus Wut und Verzweiflung. Dann aber findet sich die Leiche des Kindes beim Kornschneiden in einem Feld. Somit stellt sich heraus, dass der Tod des Kindes ein Unfall war. Gaisrucker soll bald darauf in seinem Versteck und von Gewissensbissen geplagt gestorben sein. [3]

  • Eine nette Wandersage, die historisch für Christoph Haym nicht belegt ist, lässt ihn auf einem Kriegszug in osmanische Gefangenschaft geraten. Als seine Ehefrau davon erfährt, zieht sie als Sänger verkleidet an den Hof des Sultans, wo sie seine Freilassung bewirkt. [5]

Erinnerungsorte

  • An Ritter Christoph Haym einnert der Epitaph mit seiner überlebensgroßen Statue in der Burgkapelle Reichenstein. [3]
  • Eine Gedenksäule für Christoph Haym steht ca. 0,5 km westlich der Burgruine Reichenstein neben dem Weg zum Gmeinerhof.
  • Eine weitere Erinnerungsstätte ist Gaisruckdorf, ca. 1,9 km nördlich der Burgruine Reichenstein.
  • Eine weitere Erinnerungsstätte ist der Robischbauer, ca. 1,2 km südwestlich von Weitersfelden.
  • Südwestlich von Weitersfelden am Galgenbühel, dort wo Christoph Haym den Galgen errichten ließ, ist auch heute ein rekonstruierter Galgen zu besichtigen. [1]

Bildergalerie

Bearbeitungen der Geschehnisse

  • Günter Giselher Krenner: Haym – Herrschaft und Untertan, Historiendrama (Uraufführung, 24. Mai 2013, auf der Burg Reichenstein).[6]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 vgl. Galgen Weitersfelden, eingesehen am 27. August 2017
  2. 2,0 2,1 vgl. Peter Pfarl - Toni Anzenberger: Mystisches Oberösterreich, 2008, S. 107
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 vgl. Peter Pfarl - Toni Anzenberger: Mystisches Oberösterreich, 2008, S. 110
  4. 4,0 4,1 vgl. Reichenstein, eingesehen am 27. August 2017
  5. vgl. Peter Pfarl - Toni Anzenberger: Mystisches Oberösterreich, 2008, S. 105f.
  6. vgl. OÖ Nachrichten, 21. Mai 2013 digital