Das Jesuheim in der Gemeinde Lochau in Vorarlberg wurde auf der Grundlage des ehemaligen herrschaftlichen Ansitz Oberlochau erbaut. Es ist heute ein Alten- und Pflegeheim.[1]

Das Jesuheim 2011
Das Jesuheim 1959, kurz nach dem letzten großen Umbau
Die Lage des Jesuheims/Oberlochaus in der Gemeinde Lochau (2018)

Geschichte

Der alte Ansitz Oberlochau wird bereits im Mittelalter erwähnt. Es ist jedoch umstritten, ob es sich bei diesem Ansitz um das bereits 1291 erwähnte Gut von Bregenzercluse handelt, welches der Habsburger Rudolf I. von Graf Rudolf von Montfort kaufte. Es wäre dies die erste Erwerbung der Habsburger auf dem Gebiet des späteren Vorarlberg gewesen. 1444 wird das Gut, genannt Oberlochen mit Weingarten, Ackern, Wiesen, Holz, Feld und aller Zugehörung beschrieben. 1629 wird dieses dem Hans Heinrich Schmid von Wellenstein und seiner Schwester verliehen. Um 1647/48 wird der Ansitz Oberlochau Eigentum des Obristen Anton von Messner, dem späteren Besitzer auch des Ansitz Wellenstein. 1696 erwirbt den Ansitz Johann Georg Wocher, Rat des Deutschen Ordens und Obervogt der Herrschaft Achberg. Dessen Familie nennt sich nun auch Wocher zu Oberlochen und Hausen bzw. Wocher zu Oberlochau und Hausen. [2][3]

1832 wurde der Ansitz allodialisiert und am 17. Jänner 1834 an den bisherigen Pächter Josef Hehle verkauft. Die Gebrüder Hehle, Felix[4] und Bartholomä, waren beide unverheiratet und verkaufte den Ansitz 1894 an den Orden der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul in Zams. Sie behielten sich das Fruchtgenußrecht vor und nach dem Ableben beider Brüder wurde das alte Wohnhaus abgebrochen. Ab 1926 wurde das Jesuheim hier betrieben und die Gebäude immer weiter umgebaut und erweitert.[5] Mit dem 1928 erstellten Neubau (Architekt Willibald Braun) für unheilbar Kranke befanden sich ab 1928 120 pflegebedürftige Menschen im Jesuheim in Oberlochau.

Der österreichisch-deutsche Facharzt für Psychiatrie und Neurologie sowie Mitglied des NS-Ärztebundes, Josef Vonbun, nahm während der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur in Vorarlberg selbständige Selektionen vor. Dabei wurden von ihm die Armenhäuser in Egg, Langenegg, Lingenau, Hittisau, Andelsbuch und Schwarzenberg sowie die Insassen der Versorgungsheime von Alberschwende, Bildstein, Höchst und auch das Jesuheim Oberlochau "überprüft" und willkürlich Menschen zur Ermordung auf Selektionslisten gesetzt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Neubau von 1928 im Jahr 1948 durch den Langbau und 1954 durch den Schlussbau erweitert. 1956 wurde eine Hauskapelle gebaut. 1978 bis 1980 wurde ein Neubau mit 54 Betten für chronisch kranke Menschen hinzugefügt. 1981 und 1982 wurde der Langbau saniert und in den Folgejahren weitere Modernisierungen vorgenommen.[2][3]

Jesuheim

Name

Der Name des Alten- und Pflegeheims Jesuheim verweist auf die Beziehung zum Jesuheim in Girlan (Südtirol).[2]

Pflege- und Betreuungsbetrieb

Im Jesuheim in Lochau leben 108 Bewohner, die von fünf Ordensschwestern und rund 100 Mitarbeiter gepflegt und betreut werden.[2][6][7]

Auszeichnungen

  • Nationales Qualitätszertifikat für Alten- und Pflegeheime in Österreich (NQZ), 2017 vom Sozialministerium ausgezeichnet.[6]
  • E-Qalin® Qualitätshaus[8]

Gebäude

Der Gebäudekomplex steht auf einer Anhöhe auf etwa 451 m ü. A. und ist weitgehend von Nordosten nach Südwesten ausgerichtet. Der polygonale Gebäudekomplex mit drei- und vierstöckigen Gebäuden ist etwa 150 Meter lang und 80 Meter breit.

Barmherzige Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul in Zams

Orden der Barmherzigen Schwestern Zams

Das Jesuheim in Lochau ist eine von acht Niederlassungen des Ordens der Barmherzige Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul in Zams .[9] Seit 1926 sind die Barmherzigen Schwestern des Hl. Vinzenz von Paul für die Betreuung bedürftiger, hilfloser bzw. betagter Menschen in Lochau tätig.[10]

Acht Schwestern leben insgesamt noch in Vorarlberg, drei in Bludesch, fünf in Oberlochau.[11]

Oberinnen

  • Blasia Fangauer (1879–1960), sie ist die Schwester von Georg Michael Fangauer;
  • Maria Ligoria Berkmann, ist seit 1981 Ehrenringträgerin der Gemeinde Lochau;
  • Adela Gisinger.[12]

Hedwigschwestern

Enge Verbindung zu den Barmherzigen Schwestern haben die weltweit etwa 300 Hedwigschwestern. Aufgrund des fehlenden Nachwuchses übersiedelten die Hedwigschwestern aus Niederösterreich 2008 im das Jesuheim in Lochau. Seit September 2008 haben sie dort ein Stockwerk gemietet.[13][14][15]

Trivia

Bekanntester "Pensionär" des Jesuheims war der österreichische Collagist, Autor und Rechtsanwalt Max Riccabona (*1915).[16] Er lebte aufgrund der Spätfolgen der im KZ Dachau erlittenen gesundheitlichen Schäden, nach seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt, von 1965 bis zu seinem Tod 1997, im Jesuheim.[17]

Weblinks

  Jesuheim (Lochau) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Einzelnachweise

  1. Postanschrift: Pfänderstraße 20, 6911 Lochau.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Portrait-Geschichte, Webseite: soziale-einrichtungen.at
  3. 3,0 3,1 Sehenswertes, Webseite der Gemeinde Lochau.
  4. Felix Hehle war von 1885 bis 1895 Gemeindevorsteher von Lochau.
  5. Erwin Bennat in Gemeinde-Chronik Lochau 1186 bis 1986., S. 193 f.
  6. 6,0 6,1 Manfred Schallert: Leben wie daheim: Pflegeheim Jesuheim in Lochau erhielt NQZ-Zertifikat, Webseite: vol.at vom 25. November 2017.
  7. Jesuheim Lochau - Pflegeheim, Webseite: Pfarre-lochau.at.
  8. Manfred Schallert: Gelebte Qualität im Jesuheim Lochau erfolgreich zertifiziert, Webseite: vol.at vom 12. November 2011.
  9. http://kulturgueter.kath-orden.at/frauenorden/30-barmherzige-schwestern-vom-heiligen-vinzenz-von-paul-in-zams].
  10. Goldene Tage im Herbst. Glücklich Sein Im Jesuheim GSI. Seite Pflege, Betreuung und Begleitung für Menschen mit Behinderung und im Alter, Heimzeitung Ausgabe Jänner 2010.
  11. "Eure Klöster sind die Straßen der Stadt", Webseite: kath-kirche-vorarlberg.at.
  12. AnsprechpartnerInnen Jesuheim/Lochau, Webseite: soziale-einrichtungen.at.
  13. Patricia Begle: Ein Orden übersiedelt, Vorarlberger Kirchenblatt vom 4. Juni 2015.
  14. Hedwigschwestern, Webseite: kulturgueter.kath-orden.at.
  15. Der Ordenskalender vom 1. bis 7. März 2015, Webseite: kulturgueter.kath-orden.at.
  16. Kurzbiografie und Quellen, S. 259–260. In: Susanne Fink, Cornelia Rothmund: Bildende Kunst in Vorarlberg. 1945–2005. Biografisches Lexikon. Vorarlberger Landesmuseum, Kunsthaus Bregenz, Bucher-Verlag, Hohenems 2006, ISBN 978-3-902525-36-9.
  17. Ulrich Nachbaur, Alois Niederstätter: Aufbruch in eine neue Zeit, Bregenz 2006, Vorarlberger Landesarchiv, ISBN 978-3-9502171-0-0, S. 220.

47.5293139.755645Koordinaten: 47° 31′ 46″ N, 9° 45′ 20″ O