Das Stift Klosterneuburg gilt als eines der ältesten Klöster im heutigen Österreich. Es ist das vermutlich bedeutendste Kloster der Augustiner-Chorherren in Niederösterreich. Es befindet sich in Klosterneuburg.

Stift Klosterneuburg, unter Kaiser Karl VI. zu einer Anlage aus Schloss und Kloster umgebaut, wird im Volksmund daher auch als der "österreichische" Escorial bezeichnet
Eine Idealansicht des barocken Umbauprojekts von 1774, aquarellierte Federzeichnung von Donato Felice d’Allio († 1761)
Die "Kaiserkrone" des Stiftes

Inkorporierte Pfarren des Stiftes Klosterneuburg

Folgende römisch-katholische Pfarren im heutigen Österreich gehören zum Stift Klosterneuburg[1]:

  • Erzdiözese Wien
  • Pfarre Donaufeld
  • Pfarre Floridsdorf
  • Pfarre Grinzing
  • Pfarre Heiligenstadt
  • Pfarre Kahlenbergerdorf
  • Pfarre Maria Hietzing
  • Pfarre Maria Lourdes
  • Pfarre Meidling
  • Pfarre Neustift am Walde
  • Pfarre Nußdorf
  • Pfarre Scheiblingstein
  • Pfarre Sievering
  • Pfarre Stoitzendorf
  • Erzdiözese St. Pölten
  • Pfarre Haselbach
  • Pfarre Höflein an der Donau
  • Pfarre Kierling
  • Pfarre Klosterneuburg–Obere Stadt "zur Mariä Geburt" (Stiftspfarre)
  • Pfarre Klosterneuburg–St. Leopold
  • Pfarre Klosterneuburg-Untere Stadt "zum Heiligen Martin"
  • Pfarre Korneuburg
  • Pfarre Kritzendorf
  • Pfarre Langenzersdorf
  • Pfarre Reinprechtspölla
  • Pfarre Tattendorf
  • Pfarre Weidling

Kurzer historischer Überblick

Das Stift Klosterneuburg, über dessen tatsächlichen Ursprung in der Geschichtsforschung unterschiedliche Versionen zur Diskussion gestellt werden, gilt als eine gemeinsame Stiftung des Markgrafenehepaares Leopold (III.) von Österreich, besser bekannt als "Leopold der Heilige", und Agnes[A 1]. Gesichert scheint, dass der Bau der Stiftskirche (ca. 1114-1136) im Auftrag des Markgrafenpaares erfolgte. 1133 wurde das Stift dem Orden der Augustiner-Chorherren übergeben, 1135 wurde die Urpfarre St. Martin dem Stift inkorpiert.[2]

Das 18. Jahrhundert bedeutete eine Blütezeit für das Stift. Nachdem zunächst eine einfache Barockisierung geplant worden war, wurde das Stift 1730 im Auftrag von Kaiser Karl VI. nach Plänen von Donato Felice d' Allio zu einer wesentlich prachtvolleren Anlage umgestaltet. Dieser wollte mit dem Stift eine Kombination aus Kloster und Kaiserresidenz nach Art des Escorials schaffen lassen, die jedoch nicht teilweise verwirklicht wurde, da die Bauarbeiten wurden nach dem Tod des Kaisers (1740) eingestellt wurden. Die drei Hoftrakte und die zwei Kuppeln, die aus dieser Planung realisiert worden waren, wurden erst 1836-1842 im Auftrag des Stiftes durch einen vierten Trakt nach Plänen von Josef Georg Kornhäusel abgeschlossen.[3] Unter Propst Ambros Lorenz (* 1772; † 1781) wurde die bis heute erhaltene Gemäldesammlung des Stiftes angelegt und durch die Erwerbung von teilweise stiftsfremden Bestände ergänzt. Stift Klosterneuburg blieb von den Klosteraufhebungen unter Kaiser Joseph II. verschont.[4]

Anfang des 19. Jahrhunderts war das Stift von den Kriegen gegen Napoleon I. betroffen, blieb aber weiterhin eine wichtige Institution. 1887-1892 wurden die Klosterkirche und der Kreuzgang nach Plänen des Architekten Friedrich Schmidt romanisiert. Die damals noch unterschiedlichen Turmspitzen wurden gotisiert und einander angeglichen.[4]

Nach dem "Anschluss" (1938) wurde das Stift 1941 aufgelöst und enteignet. Eine vom Chorherrn Karl Roman Scholz im selben Jahr gegründete Widerstandsgruppe wurde zerschlagen, dieser 1944 hingerichtet. Nach Kriegsende wurde das Stift wiederhergestellt.[4]

Stift Klosterneuburg zählte stets zu den reichen Stiften. Wesentliche Einnahmen erzielte es bis in die Gegenwart aus seinem umfangreichen Weingartenbesitz. Bis 1848 war das Stift außerdem im Besitz von vielen Grundherrschaften des früheren Herzogtums Österreich, welche Großteils in Teilen der heutigen Stadt Wien lagen, so zum Beispiel im Kahlenbergerdorf, in Nußdorf, Heiligenstadt, Grinzing und Sievering (heute alle Teil von Wien 19, Ottakring, Hietzing und Meidling.[2]


Wichtige Daten zur Stiftsgeschichte

1134: Stift Klosterneuburg wird "unter päpstlichen Schutz" gestellt.
1181: Meister Nikolaus von Verdun fertigt drei Bildzyklen aus der Heilsgeschichte (insgesamt 51 Emailletafeln), die den Ambo, die vorspringende Kanzel, am Lettner zieren. Die Tafel werden beim Brand (1330) gerettet, von Wiener Goldschmieden um sechs Tafeln ergänzt und zu einem Altar zusammengesetzt, der heute als der "Verduner Altar" bekannt ist und als ein Hauptkunstwerk des Stiftes gilt.[2]
1221: Errichtung der "Capella speciosa", diese wird 1799 abgebrochen. Teile von ihr werden in die Franzensburg in Laxenburg eingebaut, ihre Kanzel gelangt in die Wolfgangkirche in Kirchberg.[4]
1485: Der Gründer des Stiftes, Herzog Leopold, wird aus politischen Gründen heilig gesprochen. Das bedeutet für das Stift eine wesentlichen Aufschwung und hatte die Entstehung von zahlreichen Kunstwerken (zum Beispiel des "Babenberger-Stammbaums" mit einer Ansicht der Stadt Wien, geschaffen von Hans Part um 1490) zur Folge.[2]
1513: Die meisten Chorherren des Stiftes revoltieren gegen Probst Georg Hausmannstetter (* um 1509; † 1541), der 1510-1514 der Regierung der "niederösterreichischen Lande"[A 2] angehörte und die Verwaltungsreformen des Kaisers unterstützte. Diese befahl eine Strafexpedition. Einige Ratsherren der Stadt Wien, welche die Teilnahme verweigerten, wurden abgesetzt.[5]
1616: Erbhuldigung von Erzherzog Maximilian (III.) von Österreich ("Maximilian der Deutschmeister"), der dem Stift seinen Erzherzogshut stiftet.[4]
1683: Während der "Zweiten Wiener Türkenbelagerung" können sich das Stift und die Obere Stadt von Klosterneuburg gegen die feindlichen Osmanen behaupten.[4]
1774: Propst Ambros Lorenz erwirbt für die Gemäldesammlung des Stiftes die Tafeln des Wiener Albrechtsaltars.[3]
1782: Stift Klosterneuburg wird als Folge der "Josephinischen Kirchenreform das Wiener Chorherrenstift "zur Heiligen Dorothea" unterstellt. Nach dessen endgültigen Aufhebung (1786) gelangen das Archiv und ein Teil seiner Kunstwerke ins Stift Klosterneuburg.[4]
1805: Am 20. Dezember 1805 hält sich Kaiser Napoleon I. im Stift auf, nachdem die Franzosen Klosterneuburg besetzt hatten.[4]
1809: Klosterneuburg wird erneut von den Franzosen besetzt. Während der Schlacht bei Aspern 22. September 1809 lässt Hauptmann Friedrich von Magdeburg († 1810)[A 3], als Kommandant des in Klosterneuburg untergebrachten Pionierbataillons leere Schiffe in Brand stecken und kann mit diesen die von den Franzosen in der Lobau gebildete Schiffsbrücke zerstören, was einer der Gründe für die Niederlage Napoleons war.[4]
1941: Stift Klosterneuburg wird am 30. April 1941 aufgelöst und enteignet.[4]
1945: Stift Klosterneuburg wird am 30. April 1945 wiederhergestellt.[4]

Personen

Wichtige Pröpste des Stiftes

  • Otto (I.) († 1158), besser bekannt als Otto von Freising, Geschichtsschreiber, um 1126 Propst von Klosterneuburg
  • Hartmann († 1164), seit 1784 Seliger, um 1134 Propst von Klosterneuburg, später Bischof von Brixen
  • Georg Muestinger († 1442), Astronom und Diplomat, 1418-1442 Propst von Klosterneuburg, reformierte die Stiftsschule
  • Georg Hausmannstetter (* um 1509; † 1541), Propst von Klosterneuburg, 1510-1514 Regierungsrat der "niederösterreichischen Lande"
  • Ambros Lorenz (* 1772; † 1781), Propst von Klosterneuburg, Kunstsammler
  • Floridus Leeb († 1799), 1782-1799 Propst von Klosterneuburg, Rektor der Universität Wien; er gründete 1786 auf stiftseigenen Gründen im heutigen Wien das nach ihm benannte Floridsdorf[4]
  • Gaudentius Andreas Dunkler († 1829), 1800-1829 Propst von Klosterneuburg; gründete 1812 auf stiftseigenen Gründen im heutigen Wien das nach ihm benannte Gaudenzdorf (heute Teil des 12. Wiener Gemeindebezirkes).[3] An ihn erinnert in diesem Bezirk außerdem die Dunklergasse.
  • Wilhelm Sedlacek (* 1844; † 1853), Propst von Klosterneuburg, gründete 1847 auf stiftseigenen Gründen im heutigen Wien das nach ihm benannte Wilhelmsdorf (heute Teil des 12. Wiener Gemeindebezirkes)[4]
  • Adam Schreck († 1871), 1853-1871 Propst von Klosterneuburg, Gründer der Obst- und Weinbauschule des Stiftes
  • Friedrich Gustav Piffl († 1932), besser bekannt als Kardinal Piffl, 1907-1913 Propst von Klosterneuburg, 1913-1932 Erzbischof von Wien[4]
  • Gebhard Koberger († 1997), 1953-1995 Propst von Klosterneuburg, er gilt als der Propst mit der bislang längsten Amtszeit
  • Bernhard Backovsky (* 1934), seit 1995 Propst von Klosterneuburg

Klosterneuburg in Legende und Sage

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. vgl. Pfarren, Stift-Klosterneuburg.AT, abgerufen am 16. Mai 2020
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Klosterneuburg. In: Historisches Lexikon Wien. Band 3, Kremayr & Scheriau, Wien 1994, ISBN 3-218-00545-0, S. 538.
  3. 3,0 3,1 3,2 Felix Czeike (Hrsg.): Klosterneuburg. In: Historisches Lexikon Wien. Band 3, Kremayr & Scheriau, Wien 1994, ISBN 3-218-00545-0, S. 538–539.
  4. 4,00 4,01 4,02 4,03 4,04 4,05 4,06 4,07 4,08 4,09 4,10 4,11 4,12 4,13 vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Klosterneuburg. In: Historisches Lexikon Wien. Band 3, Kremayr & Scheriau, Wien 1994, ISBN 3-218-00545-0, S. 539.
  5. Felix Czeike (Hrsg.): Klosterneuburg. In: Historisches Lexikon Wien. Band 3, Kremayr & Scheriau, Wien 1994, ISBN 3-218-00545-0, S. 538–539.

Anmerkungen

  1. Bis ins 20. Jahrhundert wurde die Klostergründung, auch in der seriösen Geschichtsforschung dem Markgrafen zugeschrieben.
  2. Unter Kaiser Maximilian I. war es zu Verwaltungsreformen gekommen. Die sogenannten "Österreichischen Lande", der ursprüngliche Besitz der Habsburger, war dabei in zwei Länderblöcken zusammengefasst worden: den "niederösterreichischen Lande" aus den Herzogtümer Österreich ob und unter der Enns, Steier, Kärnten und Krain zählten, und den "oberösterreichischen" Landen aus der Grafschaft Tirol und den "Vorderen Landen" (darunter Teile des heutigen Bundeslandes Vorarlberg)
  3. Sein Grabstein befindet sich in der Pfarrkirche Heiligenstadt "zum Heiligen Michael".
Überregionale Aspekte dieses Themas werden auch in der Wikipedia unter dem Titel Stift Klosterneuburg behandelt.
Hier im ÖsterreichWiki befinden sich Informationen sowie Ergänzungen, die zusätzlich von regionaler Bedeutung sind (siehe Mitarbeit).