Johann Joseph Gaßner

Version vom 4. August 2020, 18:25 Uhr von Ermione 13 (Diskussion | Beiträge) (→‎Tätigkeit als Exorzist: dazu gibt es in RegioWiki einen Link, hoffe es ist für dich in ordnung, dass hier dem in regiowiki befindlichen Link der Vorrang eingeräumt wird)

Johann Joseph Gaßner (* 22. August 1727 in Braz; † 4. April 1779 in Pondorf, Bayern) war ein katholischer Pfarrer und Exorzist.

Johann Joseph Gaßner

Leben

Gaßner kam als Sohn von Johann Gaßner und Agnes Gaßner (geb. Graß) in Braz zur Welt. Er studierte bei den Jesuiten in Prag Theologie. 1741, bedingt durch den österreichischen Erbfolgekrieg studierte Gaßner in Innsbruck weiter.

Tätigkeit als Pfarrer

Am 19. September 1750 wurde Gaßner zum Subdiakon geweiht, am 27. September 1750 zum Diakon. Am 29. September 1750 empfing er die Priesterweihe. Die erste seelsorgerischen Tätigkeit hatte Gaßner in Dalaas, wo er bis 1758 als Benefiziat tätig war. Kurze Zeit später wurde er Pfarrer in Klösterle bis Mitte November 1774. Bereits während dieser Tätigkeit in Klösterle, begann er zuerst an sich selbst und dann im nahen Umfeld durch Exorzismus zu heilen. Er erregte dadurch bereits bei den weltlichen Behörden in Bludenz Aufmerksamkeit und auch Ablehnung.

Die Tätigkeit als Seelsorger nahm er auch in weiterer Folge, als die Tätigkeit als Exorzist sehr verstärkt wurde, weiter wahr.

Tätigkeit als Exorzist

Gaßner war während seiner Zeit, als er Pfarrer von Klösterle wurde, auch bereits dann im schwäbischen Raum unterwegs und heilte Kranke durch Exorzismus. Am 20. November 1774 langte er in Ellwangen ein und sollte den Fürstprobst Anton Ignaz Reichsgraf von Fugger-Glött von seiner Blindheit heilen, was aber, da es sich um ein natürliches Augenleiden handelte, nicht möglich war. Die Anwesenheit von Gaßner führte wiederum dazu, dass sich innerhalb von drei Wochen rund 2000 Patienten ansammelten. Am 18. Dezember 1774 wandte sich der Fürstprobst an den Bischof von Chur, dem Gaßner bis dahin unterstand, um diesen als Hofkaplan bei sich aufnehmen zu können. Am 24. Dezember 1774 entsprach der Bischof von Chur dieser Bitte und Gaßner wurde der Aufsicht des Bischofs von Regensburg unterstellt und gleichzeitig zum Geistlichen Rat ernannt. Als Gaßner am 8. Juni 1775 Ellwangen verließ, soll er in rund sieben Monaten über 20.000 Patienten behandelt haben. Er nahm mit dem Fürstprobst nun den Wohnsitz in Regensburg. Am 16. Juni 1775 konnte er, nach einer kirchlichen Prüfung von Gaßners Vorgehensweise bei der Behandlung von Patienten, seine Wunderheilungen durch Exorzismus unter Auflagen wieder aufnehmen. Auf Anweisung von Joseph II. musste Gaßner dann jedoch Regensburg verlassen und es wurde ihm vom Bischof die Pfarre Pondorf übertragen und er gleichzeitig zum Dekan ernannt.

Gaßners Tätigkeit als Exorzist traf bei der Obrigkeit auch deswegen auf große Bedenken, weil er offen für den Hexenglauben eintrat, und auch in seinen Schriften davon ausging, dass durch Zauberei viele Übel bei den Menschen verursacht werden. Der Glaube an Hexen und Zauberei und die damit verbundenen Stigmatisierungen und Missbräuche des Rechtssystems waren erst vor Kurzem überwunden worden. Die Obrigkeit, Wissenschaftler und auch viele Theologen hatte daher kein Interesse, diese Zustände durch Gaßner wieder aufleben zu lassen.[1]

Auch entsprach Gaßners noch im Mittelalter verhaftete Sichtweise der Aufklärung, die um 1700 einsetzende Entwicklung, durch welche rationales Denken gefördert und alle den Fortschritt behindernden Strukturen überwunden werden sollten.

Überprüfung der „Heilungen“ und Verbot

Der Arzt Franz Anton Mesmer (1734-1815), bekannt durch den von ihm vertretenen Animalischer Magnetismus (auch: Mesmerismus), wurde im Sommer 1775 dazu berufen, die Methoden von Johann Joseph Gaßner zu überprüfen. Mesmer kam – wie viele andere - zum Ergebnis, dass Johann Joseph Gaßner redlich handle, durch die „Behandlungen“ jedoch kein dauerhafter Erfolg vorliege, und Johann Joseph Gaßner ohne es zu wissen im Grunde die vom Mesmer entdeckten und entwickelten Grundsätze des Animalischen Magnetismus anwende.

Auch durch weitere Fürsten sowie dem kaiserlichen Hof in Wien wurden Untersuchungen durchgeführt, welche in der Regel zum Ergebnis kamen, dass die „Behandlungen“ von Johann Joseph Gaßner grundsätzlich natürliche Ursachen hätten. Am 2. Dezember 1775 wurde Johann Joseph Gaßner von Joseph II. durch Veröffentlichung in der Wiener Zeitung und in der Freytägigen Münchner Zeitung angewiesen, sich dem Exorzismus im ganzen römischen Reich zu enthalten.

Auch durch die katholische Kirche kam es zu mehreren Überprüfungen der Tätigkeiten von Johann Joseph Gaßner als Exorzist. Solange Johann Joseph Gaßner dem Bistum Chur unterstand, wurde er vom Bischof geschützt, der an seine Methoden glaubte. Als er der Aufsicht des Bischof von Regensburg unterstellt wurde, wurden die Untersuchungen genauer und es kamen immer mehr Zweifel an seinen Behandlungsmethoden und Erfolgen auf. Mit dem Erlass von Papst Pius VI. vom 20. April 1776 wurde Johann Joseph Gaßner die Anwendung der von ihm durchgeführten Art des Exorzismus untersagt. Gaßner hätte nunmehr Behandlungen nur noch nach Bewilligung durch die kirchliche Oberbehörde vornehmen dürfen. Er verstieß jedoch gegen diese Auflage und wurde am 11. August 1776 streng verwiesen.

In der Zeit von 1774 bis 1776 entstanden rund 150 Streitschriften für und gegen ihn. Gaßners Wirken kann als der Beginn des Paradigmenwechsels im Zuge der Aufklärung vom mittelalterlichen Glauben an Geister, Dämonen bzw. an Hexen, dem Gaßner noch anhing, über die Sichtweise von Mesmer bzgl. eines alles umgebendes Fluidum zur Psychologie des Unbewussten gesehen werden.[2]

Johann Joseph Gaßner als Person

Johann Joseph Gaßner wurde von allen Seite, auch den Kritikern, immer eine Uneigennützigkeit seiner Handlungen bestätigt. Auch, dass er bestrebt war zu helfen, dem es um Jesus/Gott ging und ein angenehmer Mann mit geselliger Umgangsform war. Erhielt er Spenden, setzte er diese für gemeinnützige Zwecke ein. Materiellen nutzen aus seiner Tätigkeit zogen vor allem Apotheker, Gastwirte und andere Geschäftsleute.

Zu Beginn der Ostertage, am 4. April 1779, verstarb Gaßner an einer Infektionskrankheit und wurde am 7. April in Pondorf begraben. Eine Gedenktafel im Inneren der Kirche erinnert an ihn. Ebenso eine Gedenktafel an der Kirche in Braz.

Literatur

von Gaßner

  • Johann Joseph Gaßner: Johann Joseph Gaßners, der Gottesgelehrtheit und des gesitlichenRechts Candidaten, Pfarrers zu Clösterel, Antwort auf die Anmerkungen, welche in dem Münchnerischen Intelligenzblate vom 12. November wider seine Gründe und Weise exorcieren (…) gemacht worden, 1. Auflage 1774.
  • Johann Joseph Gaßner: Frage, ob der Katechismus von der Geisterlehre ein katholischer Katechismus sey? , Augsburg 1775.
  • Johann Joseph Gaßner: Die Sympathie, ein Universalmittel wider alle Teufeleyen, zum Behufe der neuen Philosophie, und der alten Religion, Sterzingen 1775.
  • Johann Joseph Gaßner (Autorenschaft vermutet): So denke ich über die Begebenheiten von Ellwang, Augsburg 1775.

über Gaßner

  • Gerhard Ammerer: Gegen die unbefugten Unternehmungen gewisser Exorcisten“ — Der Hirtenbrief Erzbischof Colloredos gegen den Wunderheiler Johann Joseph Gaßner von 1776, Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria.
  • Karl Baier: Mesmer versus Gaßner, in Von der Dämonologie zum Unbewußten, Berlin 2015, de Gryter Verlag, Band 1, ISBN 978-3-11-037981-5, S. 47 ff.
  • Carl August Eschenmayer: Über Gaßners Heilmethode, Leipzig 1820, Archiv für den Thierischen Magnetismus, Band VIII.
  • Dirk Fleischer: Zwischen Aufklärung und magischem Weltbild : Zum Teufelsstreit in der Spätaufklärung, Saarbrücken 2016, Fromm Verlag, ISBN 978-3-8416-0661-7.
  • Josef Hanauer: Der Exorzist Johann Joseph Gaßner 1727-1779 : Eine Monographie, Würzburg 1950, Dissertation.
  • Beate Meßner: Urformen der Psychotherapie. Die Methode des Exorzisten Johann Joseph Gaßner (1727-1779) , in Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie, 27. Jahrgang, Nr. 1/2/3/4 (1985, S. 181 ff.
  • Erik H. C. Midelfort: Exorcism and Enlightenment : Johann Joseph Gassner and the demons of eighteenth century Germany, London 2005, New Haven, Yale Univ. Press, ISBN 0-300-10669-6.
  • Siegfried Müller: Drei "Wunderheiler" aus dem Vorarlberger Oberland : Pfarrer Johann Joseph Gassner, Dr. Johann Josef Schoder, Hermann Dörn, herausgegeben von der Rheticus-Gesellschaft, Feldkirch 1986.
  • Ferdinand Sterzinger: Beurtheilung der Gaßnerischen Wunderkuren, Augsburg 1775.
  • J. A. Zimmermann: Johann Joseph Gassner, der berühmte Exorzist Untertitel: sein Leben und wundersames Wirken ; aus Anlaß seiner hundertjährigen Todesfeier neuerdings erzählt und gewürdiget, München 1878.

Weblinks

  Johann Joseph Gaßner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Einzelnachweise

  1. 1749 noch wurde die Subpriorin des Klosters Unterzell, Emma Renata Senger, in einem Hexenprozess in Würzburg zur Einäscherung bei lebendigem Leib verurteilt. Das Urteil wurde vom Bischof auf Enthauptung abgeändert und Emma Renata Senger am 21. Juli 1749 hingerichtet.
  2. Anderer Meinung Karl Baier in: Mesmer versus Gaßner, in Von der Dämonologie zum Unbewußten, S. 79.