Antonia Westhoff (geb. Antonia Margaretha Wladarsch, * 7. Juni 1867 in Wien, Österreichisch-Ungarische Monarchie[1]; † 30. Mai 1962 in Wien[2]) war römisch-katholisch, durch die Heirat mit dem evangelischen Julius Westhoff wurde sie von ihrer Religion exkommuniziert. Sie hat ein Jahrhundert durchmessen, und war das Zentrum dieser Familie, eine starke Persönlichkeit, auch für ihren geliebten Mann in seinen letzten Jahren.

Antonia und Julius Westhoff in ihrem Schrebergarten

Als gelernte Weißnäherin stand ihre Nähmaschine in ihrem Zimmer bis zuletzt.

Familie Wladarsch

Eltern: Anton Wladarsch, röm.kath., Schlossergeselle, von Altzedlisch in Böhmen und Maria Margaretha Mayerhofer, röm.kath. von Tirschnitz, Pfarre Wiesau in Bayern.

Familie Westhoff

Julius Westhoff (* 4. August 1870 in Wien, Oberdöbling, Theresienplatz 3, Taufe am 14. August 1870 in der evangelischen Wiener Stadtkirche.[3]

Eltern: August Karl Westhoff, evang. A.B., von Elberfeld in Preußen und Katharina Popler, röm.kath. von St. Georgen in Oberösterreich.

→ siehe dazu: Das Protestantenpatent von 1861.

Lehrbrief für Julius Westhoff, sein Wirkungsbereich

Am 30. September 1888 erfolgte seine Freisprechung zum Tischler-Gehilfen.[4] Solange noch einige "Alte" lebten, war es im Familiengedächtnis verankert, Julius arbeitete für die Barone Rothschild, hatte eine Lebensstellung, in den Rothschildgärten auf der Hohen Warte[5]. Er bezog daraus eine Pension und war sehr stolz darauf.

Baron Rothschild wurde im NAZI-Regime 1938 enteignet, nach dem 2. Weltkrieg Schenkung seiner Besitzungen an die Republik Österreich mit der Auflage der Zahlung lebenslanger Renten an die ehemaligen Angestellten. (Das ist eine verkürzte Darstellung)

Vertrag 11. August 1895

Wir endesgefertigten Brautleute ... haben untereinander wegen der obwaltenden Confessions-Verschiedenheit die Vereinbarung getroffen, alle in unserer künftigen Ehe anzuhoffenden Kinder in der heil. römisch-katholischen Religion zu erziehen und unterrichten zu lassen.[6]

Evangelische Heirat 25. August 1895

Julius Westhoff, Tischler, evang. A.B. und Antonia Margaretha Wladarsch, röm.kath. haben in der Lutherkirche in Währing die Ehe geschlossen.[7]

Zwei Töchter wurden geboren, Margarethe 1898 und Anna 1905, beide röm.kath. getauft.

Zusatz zum Vertrag 8. Feber 1898

Nach der Geburt und katholischen Taufe der ersten Tochter Margarethe am 25. Jänner 1898 erfolgte als Zusatz eine quasi Duldung der evangelischen Heirat ca. drei Jahre später, Gott hat dabei „assistiert“:

„Obgenannte Brautleute haben unter Gott Assistenz die Ehe geschlossen“

Kath. Pfarramt Währing 8. Feber 1898

Rückseite des Vertrages 23. August 1925

Erst auf diesem Blatt erfahren wir von der Exkommunikation. Vielleicht wurden einige Dokumente vernichtet. Das Ehepaar hatte beide Töchter, Margaretha und Anna, wie vereinbart katholisch erzogen. Aber erst nach Fredis Geburt am 1. Juni 1925, Margarethas (verheiratete Furch) erstes Kind, katholisch getauft, kam es zu einem Ende.

„Die Frau Antonia Westhoff, geb. Wladarsch ist mit Vollmacht des h.o. Ordinariates vom 14. August 1925, Z. 6460 von der EXKOMMUNIKATION losgesprochen worden.“

Pfarramt Döbling 23. August 1925

Dreifaches Jubiläum 1930

„Julius Westhoff, ein alter Döblinger, Sollingergasse 9, feiert heute Sonntag im engsten Familienkreise seinen 60. Geburtstag sowie sein 25jähriges Berufsjubiläum als Tischlermeister in der Rothschild-Gärtnerei Hohe Warte. Gleichzeitig begeht der Jubilar seinen 35jährigen Hochzeitstag mit seiner Gattin, mit der er in überaus glücklicher Ehe lebt.“

Das kleine Volksblatt Sonntag, 3. August 1930

Der Krieg und die Jahre danach

Die ältere Tochter Margarethe heiratete den Schuhmachermeister Otto Furch in Troppau/Opava in Schlesien. Sie besaßen dort eine Schuhmacherwaren-Erzeugung. 1945, nach dem Zweiten Weltkrieg und den Jahren des Nationalsozialismus, wurden die deutschen Bewohner aufgrund der Beneš-Dekrete - als bis heute gültige Konsequenz der Kriegsereignisse - ausgesiedelt und vertrieben. Aus einem Brief Ottos an Frau und Kinder (handgeschriebene 6 Blätter, nur auszugsweise)[8]:

„Meine Lieben, Innige Grüße von allem Anfang, welche wie ich zu hoffen glaube Euch bei Gesundheit antreffen werden. Es ist viel geschehen und hat sich viel verändert seit wir Abschied genommen haben. Ich habe es schon zu dieser Zeit lange gewusst dass wir einer bitteren Zeit entgegen gehen und ich nehme an, dass Du den Rat zu Deinen lieben Eltern in Wien zu gehen, auch gut heißen wirst, aber dass es so bitter, für Dich liebe Gretl und Jetti kommen wird, das habe ich auch nicht geglaubt, dass Ihr als Flüchtlinge bei Großmutter und Großvater einziehen werdet.“

Otto Furch, Schärding 4.+ 5. August 1945

Da waren die Großeltern 75 und 78 Jahre alt.

Siehe auch

Machtausübung einer großen kirchlichen Organisation über das Leben von Menschen die machtlos, aber standhaft sind, und das bis ins 20. Jahrhundert!

Einzelnachweise

  1. Geburts- und Taufschein aus dem Geburts- und Taufbuche 1867, f 100 Pfarre Altlerchenfeld Wien VII, 16. September 1940
  2. Sterbeurkunde Wien-Alsergrund.
  3. Taufschein aus dem Taufbuch der evangelischen Pfarrgemeinde Augsburgischen Bekenntnisses zu Wien, anno 1870, amtliche Fertigung am 13. November 1886
  4. Lehrbrief für Julius Westhoff, Lehrherr Josef Trattner, Genossenschaftsvorsteher.
  5. Erinnerung der Kunstmalerin Karin Schuster, eine Urenkelin
  6. Zwei gleichlautende urkundliche Verträge wurden in der Pfarre und dem Ehepaar aufbewahrt.
  7. Trauungs-Schein aus dem Trauungsbuche der evang. Pfarrgemeinde Augsb. Bekenntn. in Wien-Währing, Jahr 1895. Amtliches Dokument vom 9. Dezember 1895.
  8. Familienarchiv Furch, Brief von Otto Furch an Frau Margaretha und Tochter Jetty (Grete) vom August 1945.