Eine mysteriöse Erscheinung im Stammbaum jener Adelsfamilie, die später als die Babenberger bezeichnet wurde, ist die vermutete erste Ehefrau (* im 11. Jahrhundert; † im 12. Jahrhundert, vor 1106) von Markgraf Leopold (III.) "dem Heiligen", von der nicht einmal der Name überliefert ist. Zu ihrer Herkunft gibt es mehrere Theorien, doch fehlt es in der Forschung bisher an eindeutigen urkundlichen Belegen.

Leben

Hinweise auf diese angenommene Ehefrau ergeben sich durch die bekannten Fakten zum Leben des Markgraf Leopold (III.) von Österreich ("Leopold dem Heilige"). Da seine zweite Ehe mit der Kaisertochter Agnes 1106 geschlossen wurde, muss seine erste Ehefrau vor diesen Datum bereits verstorben sein.[1] Da sein ältester Sohn Adalbert († 1138) zwischen 1100 und 1105 geboren sein soll, wird davon ausgegangen, dass die erste Ehefrau seine Mutter war.[2]

Indizien für eine erste Ehe des Markgrafen

Als Hauptargument gilt das für eine erste Ehe im Mittelalter ungewöhnlich hohe Alter des Markgrafen.[1] Ein weiteres Argument ist das Fehlen von Brüdern. Damit hing es alleine von Leopold ab, ob die Familie in "männlicher" Linie weiterbestehen würde, wofür eine relativ späte Eheschließung sehr ungünstig gewesen wäre.

Vermutete Ehepartnerinnen

Eine Tochter von Walchun von Perg

In der gängigen Literatur wird meistens eine Tochter von Walchun (I.) aus der Familie der Herren von Perg und Machland angenommen.[2] Dass diese Tochter manchmal den Vornamen Adelheid hat, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass dieser Name in der Familie der Herren von Perg und Machland häufig zu finden ist. Ein weiteres Argument für diese Ehe ist, dass die Söhne von Leopold "dem Heiligen" aus dessen zweiter Ehe die Perg-Machländer in Urkunden als Verwandte bezeichnen. Dass Adalbert, der Sohn aus der vermuteten ersten Ehe des Markgrafen, im Besitz von größeren Besitzungen und Vogteirechten war, die zuvor den Perg-Machländern gehört hatten, wäre mit einer Erbschaft über seine Mutter erklärbar. Allerdings dürfte Adalberts erste Ehefrau, eine Adelheid, ebenfalls zu den Perg-Machländern gehört haben, Adalbert könnte in den Besitz dieser Güter und Rechte somit auch über diese Ehefrau gelangt sein.[3]

Eine Dame aus der Familie der Haderiche (Schwarzenburg-Nöstach)

Susanna Neukam schlägt eine andere Möglichkeit vor: eine Angehörige der Familie der Haderiche, aus einer der ältesten edelfreien Familien, die nachweislich an der Grenzstabilisierung im nördlichen Weinviertel beteiligt waren. Ihre Herrschaftsschwerpunkte befanden sich im Kamptal, im Wienerwald und im Süden des heutigen Bundeslandes Niederösterreich. Ihr Zentrum war die Schwarzenburg in Nöstach, nach der sie in der Literatur häufig benannt wurden. Während die Stiftung des Benediktinerklosters Klein-Marziazell ursprünglich als eine alleinige Gründung des Markgrafen galt, geht die neuere Forschung davon aus, dass er das Kloster gemeinsam mit den Brüdern Heinrich und Rapoto von Schwarzenburg-Nöstach gründete oder es sich bei Klein-Mariazell um eine ursprüngliche Klostergründung der Brüder handelte, die der Markgraf danach weitergeführt hat. Von ihnen wird Leopold "der Heiligen" urkundlich als ihr "Vaterbruder" bezeichnet, ein Hinweis dafür, dass zwischen den Familien eine nähere Verwandtschaft bestand. Diese könnte mit einer Eheschließung von Leopold mit einer Tante der Brüder erklärt werden. Ein weiterer Hinweis dafür könnte sein, dass nach der Beilegung der Nachfolgestreitigkeiten nach Leopolds Tod zwischen seinen Söhnen Adalbert und Leopold (IV.) "dem Freigiebigen" die Markgrafenfamilie das Kloster Klein-Mariazell mit Schenkungen bedachte.[1]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 vgl. Susanna Neukam: Schweigen ist Silber, Herrschen ist Gold, 2013, S. 221
  2. 2,0 2,1 vgl. Walter Kleindel: ‚Österreich Chronik. Daten zur Geschichte und Kultur. Wien / Heidelberg: Ueberreuter 1978, Stammtafel der Babenberger (im Anhang)
  3. vgl. Susanna Neukam: Schweigen ist Silber, Herrschen ist Gold, 2013, S. 222