Gregorius Hesse

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Gregorius Hesse (* 27. Juni 1953 in Wien; † 25. Januar 2006 ebenda) war ein römisch-katholischer Priester, von 1986 bis 1988 Sekretär Alfons Maria Kardinal Sticklers und anschließend bis 1991 Mitarbeiter im Vatikanischen Geheimarchiv. Hesse sympathisierte mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. und ist Vertreter des Katholischen Traditionalismus. Er interpretierte maßgebliche Standpunkte und Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils als mit dem katholischen Glauben unvereinbar.

Leben

Hesse wurde am 27. Juni 1953 in Wien geboren und studierte dort an technischen und wirtschaftlichen Institutionen, jedoch ohne akademischen Studienabschluss. Er wurde Werkstudent und arbeitete im Frankfurter Farbenwerk Hoechst und bei Mercedes-Benz in Sindelfingen.[1] Sein Onkel, Prälat Erwin Hesse, wirkte von 1946 bis 1979 als Dechant und Pfarrer von St. Rochus in Wien.[2] 1976 übersiedelte Hesse nach Rom und inskribierte sich als Priesteramtskandidat an der Päpstlichen Universität Heiliger Thomas von Aquin. Seinem Studienabschluss folgte am 21. November 1981 die Priesterweihe an der Cathedra Petri durch Erz­bischof Aurelio Sabattani. Von 1986 bis 1988 war Hesse Kurienmitarbeiter und Sekretär von Kardinal Stickler, danach bis 1991 Mitarbeiter im Vatikanischen Geheimarchiv. Parallel dazu promovierte Hesse am Angelicum in Theologie und Kirchenrecht. Die Promotion zum Doctor Theologiae schloss er 1991 ab. Seine Dissertationsarbeit trägt den Titel „An introduction to the theology of Gilbert Keith Chesterton“.[3]

1991 kehrte Hesse im Anschluß an die Emeritierung Sticklers nach Wien zurück und bezog fortan im Wiener Bezirk Währing eine Privatwohnung mit Hauskapelle, ohne sich jedoch in die Wiener Erzdiözese inkardinieren zu lassen. Eigenen Angaben zufolge war die Glaubenserosion in Rom nach den Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils der Grund für seinen Fortgang.[1] Die derzeitige Quellenlage lässt offen, in welcher Diözese oder Kommunität Hesse ab 1991 inkardiniert war.

Zwischen 1991 und 2006 entwickelte Hesse eine rege Vortragstätigkeit auch außerhalb Österreichs, sodass der talentierte Rhetor im traditionellen Milieu Deutschlands bekannt wurde. Seine Referate in den USA, die er jedes Jahr für mehrere Wochen durchquerte, führten zur gesteigerten Popularität auf dem amerikanischen Kontinent. Dabei ist zu beobachten, dass die Vorträge Hesses im deutschsprachigen Raum volksnah und eloquent, in den USA hingegen verstärkt intellektuelle Züge aufweisen[4]. Dieser Umstand ermöglicht, Rückschlüsse auf das Bildungsniveau des jeweiligen Publikums zu ziehen. Von 1995 bis 2005 pflegte Hesse intensive Verbindung zu der vom suspendierten Priester Hans Milch gegründeten actio spes unica in Hattersheim[5]. Um seine angespannte finanzielle Lage zu entschärfen, übersetzte Hesse englischsprachige theologische Literatur ins Deutsche.[6][7]

Auf diversen Fotos und Videos ist Hesse in Chorkleidung eines Monsignore bzw. als Kanoniker abgebildet,[8] obwohl er diesen Ehrentitel offiziell nie erhalten hatte. Hesse referierte dazu ein nicht näher benanntes Privileg Urbans VIII., demzufolge jeder im Petersdom geweihte Priester ipso facto diesen Ehrentitel erhält.[9]

Hesse litt an schwerer Diabetes und starb am 25. Jänner 2006 in Folge eines Schlaganfalles in einem Wiener Krankenhaus. Am 16. Februar 2006 wurde er auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt.

Theologische Position

Die Skizzierung der theologischen Positions Hesses basiert primär auf Mitschnitte seiner Vorträge, zumal sich seine literarische Hinterlassenschaft auf Predigtniederschriften und Monatsbriefe beschränkt.[10] Hesse war theologischer Sympathisant Erzbischof Marcel Lefebvres und äußerte dies vielfach in seinen Vorträgen. Obwohl er der Priesterbruderschaft St. Pius X. formal nicht angehörte, verteidigte Hesse die Gründung Lefebvres und versuchte, die Jurisdiktion der Gemeinschaft zu verifizieren.[11] Der Geschichte des österreichischen Distriktes der Piusbrüder ist zu entnehmen, dass bereits sein Priesteronkel Erwin Hesse 1974 kurzzeitig Kontakte zu Lefebvre unterhielt.[12] Er ist kein Anhänger des Sedisvakantismus.[13]

Gegenüber der Nouvelle Théologie, den Reformbestrebung des Zweiten Vatikanischen Konzils und den Liturgiereformen des 20. Jahrhunderts hegte Hesse prinzipielle Kritik und interpretierte sie als Glaubensbruch mit dem tradierten Depositum fidei.[14] In zahlreichen Vorträgen kritisierte er nicht nur die Konzilspäpste sowie deren Nachfolger, sondern auch Pius XII. und die Reform der Karwochenliturgie als Beginn der liturgischen Verflachung.[15]

Von Kreisen des katholischen Traditionalismus abweichend, beanstandete Hesse das Opus Dei[16] und die Päpstliche Kommission Ecclesia Dei[17]. Er befürwortete die Gültigkeit der Sakramente, gemäß dem Rituale Romanum von 1972, wenngleich er deren Katholizität in Frage stellte.[18]

Literatur

  •  Gregorius D. Hesse: An introduction to the theology of Gilbert Keith Chesterton. Romae 1991 (Dissertation am Angelicum).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Lebenslauf. Abgerufen am 7. September 2020.
  2. Prälat Hesse, ein bis heute unvergessener Seelsorger kurze Lebensbeschreibung des langjährigen Pfarrers von St. Rochus. Abgerufen am 7. September 2020.
  3. Catalogo della Biblioteca - Library Catalog. Abgerufen am 7. September 2020.
  4. Proofs of God & The Catholic Church by Fr Gregorious Hesse. Abgerufen am 7. September 2020.
  5. Vorträge bei der actio spes unica. Abgerufen am 7. September 2020.
  6.  Paul L. Kramer: Theologische Rechtfertigung des Festhaltens an der römisch-katholischen Tradition. Rex Regum, Jaidhof 1999 (Originaltitel: The Suicide of Altering the Faith in the Liturgy, übersetzt von Gregorius Hesse), ISBN 978-3-901851-08-7.
  7.  John Vennari: Die ständige Anweisung der alta vendita. Ein freimaurerischer Plan für den Umsturz der katholischen Kirche. Rex Regum, Jaidhof 2000 (Originaltitel: The permanent instruction of the alta vendita, übersetzt von Gregorius Hesse), ISBN 978-3-901851-18-6.
  8. In meiner Kapelle. Abgerufen am 8. September 2020.
  9.  Annuario pontificio. In: Annuario pontificio. 2012, S. 1853, OCLC 224466280 (vergleichbares Privileg).
  10. Monatsbriefe zum Evangelium. Abgerufen am 9. September 2020.
  11. Fr. Hesse explains why the SSPX ALWAYS had jurisdiction. Abgerufen am 7. September 2020 (english).
  12. Distrikt. Abgerufen am 7. September 2020.
  13. Autorität - Dr. Gregorius Hesse. Abgerufen am 8. September 2020.
  14. Conversation With Fr. Gregorius Hesse. Abgerufen am 9. September 2020 (english).
  15. Der eigentliche Beginn des NOM - Dr. Gregorius Hesse. Abgerufen am 7. September 2020.
  16. Über das Opus Dei - Dr. Gregorius Hesse. Abgerufen am 9. September 2020.
  17. Vortrag über Ecclesia Dei - Dr. Gregorius Hesse. Abgerufen am 9. September 2020.
  18. Fr Hesse: Validity of Novus Ordo Sacraments. Abgerufen am 9. September 2020 (english).