Das Europaschutzgebiet Verwall (Natura-2000-Gebiete[1]) liegt in den Gemeinden Klösterle, Silbertal, Sankt Gallenkirch und Gaschurn im Bezirk Bludenz in Vorarlberg. Direkt angrenzend ist im Süden das Europaschutzgebiet Wiegensee und das Europaschutzgebiet Schuttfluren Tafamunt.

Verwall vom Hohen Riffler
Verbellatal, Teil des Europaschutzgebietes Verwall
Großer Patteriol vom Silbertaler Winterjöchle als Teil des Europaschutzgebietes Verwall

Zweck des Europaschutzgebietes Verwall ist der Schutz hier lebender gefährdeter wildlebender heimischer Pflanzen- und Tierarten und ihrer natürlichen Lebensräume sowie der Erhalt des Jahrhunderte alten Kulturlandes.

Rechtliche Grundlage

Normen

Das Europaschutzgebiet Verwall wurde gemäß § 26 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung [2] durch eine einfache Verordnung der Landesregierung über das Europaschutzgebiet (Natura 2000 Gebiet) Verwall 2003 ausgewiesen.[3] Bereits 1999 wurde das Gebiet unter Schutz gestellt.[4]

Grundlage für die Unterschutzstellung 2003 als Europaschutzgebiet war die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) der Europäischen Union. Nach dieser Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie ist jedes Unionsmitgliedsland der EU ist verpflichtet, besondere Tier- und Pflanzenarten sowie Lebensräume zu schützen.

Verbote

Im Europaschutzgebiet Verwall sind sehr umfangreiche Verbote in Kraft. Insbesondere ist es – mit Ausnahmen - verboten:

  1. Pflanzenschutzmittel anzuwenden, Klärschlamm, Kunstdünger, nicht alpeigene Gülle, Jauche sowie nicht aus dem eigenen Betrieb stammenden Festmist zuzuführen und auszubringen,
  2. nicht standorttaugliche Baumarten zu pflanzen sowie das natürliche Aufkommen von Nebenbaumarten auf Waldflächen zu verhindern,
  3. Holzarbeiten in den Verbreitungsgebieten der im Anhang I der Vogelschutzrichtlinie angeführten Arten (dargestellt in der zeichnerischen Darstellung des Amtes der Vorarlberger Landesregierung vom 23. Februar 2007, Zl. IVe-131.40) in der Zeit vom 01.04. bis 10.07. auszuführen. Ausgenommen davon sind Arbeiten von besonderer Dringlichkeit (z.B. bei Borkenkäfergefahr, Naturkatastrophen) in Absprache mit dem Gebietsbetreuer,
  4. in Auerwildüberwinterungsgebieten Reh- oder Rotwildfutterplätze zu errichten,
  5. mit Hubschraubern für touristische Zwecke zu landen oder zu starten, für Kleinfluggeräte oder Fallschirme Start- oder Landeplätze einzurichten oder auszuweisen sowie Flugsportveranstaltungen oder -wettbewerbe durchzuführen,
  6. das Variantenfahren mit Wintersportgeräten im freien Gelände, ausgenommen Schiabfahrten auf den vorgegebenen Routen von der Bergstation der Glattingratbahn in das Nenzigasttal,
  7. außerhalb von Straßen mit Fahrzeugen zu fahren, ausgenommen zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung,
  8. mit Fahrrädern zu fahren, ausgenommen zwischen 7.00 Uhr und 20.00 Uhr auf den Strecken Gaschurn – Valschaviel – Mardusa, Partenen – Ganifer – Zeinis – Verbella-Alpe – Verbellner Winterjöchle, Verbella-Alpe – Alpe Gibau, Klösterle – Alpe Nenzigast und in der Zeit vom 15. Juni bis zum 15. September zwischen 7.00 Uhr und 20.00 Uhr auf der Strecke Silbertal (talauswärts der Gieslaalpe) – Silbertaler Winterjöchle (Landesgrenze Tirol/Vorarlberg), welche in der zeichnerischen Darstellung des Amtes der Landesregierung vom 23. Februar 2007, Zl. IVe-131.40, ersichtlich gemacht wurden, sowie auf solchen Strecken, für die nach § 15 der Naturschutzverordnung das Verfahren positiv abgeschlossen wurde, und zu Verrichtungen in Ausübung des Grundeigentums oder einer Nutzungsberechtigung,
  9. Abfälle zurücklassen, im Rahmen von Sport- und Freizeitbetätigungen störenden Lärm zu erregen, zu kampieren oder zu biwakieren und
  10. in dem in der zeichnerischen Darstellung vom 23. Februar 2007, Zl. IVe-131.40, ersichtlich gemachten Vogelschutzgebiet und FFH-Schutzgebiet „Wiegensee“ Feuer zu entzünden, Hunde frei laufen zu lassen und die in der zeichnerischen Darstellung ersichtlich gemachten Wege und Rastplätze zu verlassen sowie den Uferbereich des Wiegensees zu betreten bzw. im Wiegensee zu baden; davon ausgenommen sind die Ausübung der Jagd und notwendige Verrichtungen in Ausübung des Grundeigentums.

Topografie

Das Gebiet Verwall liegt im Bereich von der montanen über die subalpine und alpine bis zur nivalen Stufe.[5] Der Name leitet sich von der hier befindlichen Gebirgsgruppe Verwall (die modernere Schreibweise Ferwall ist wenig etabliert) ab. Diese liegt in den zentralen Ostalpen in Österreich, etwa gleichmäßig verteilt in den Bundesländern Vorarlberg und Tirol, zwischen Bludenz und Landeck.

Das Europaschutzgebiet Verwall ist mit rund 120 km² das größte zusammenhängende Schutzgebiet Vorarlbergs  47.04723110.098157 Das Europaschutzgebiet verfügt über eine Fläche von 12.057 ha und liegt in einer Höhe von etwa 1160 m ü. A. beim Gieslatobel bis 2912 m ü. A., den Pflunspitzen. Das Europaschutzgebiet ist rund 17 Kilometer lang und von Norden nach Süden ausgerichtet. Es ist von Osten nach Westen maximal 12 Kilometer breit. Die östliche Grenze des Europaschutzgebietes Verwall ist teilweise mit der Grenze des Bundeslands Vorarlberg zu Tirol identisch.

Das nach der Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) ausgewiesene[6] Europaschutzgebiet Wiegensee ist unmittelbar Bestandteil des Europaschutzgebiets Verwall[7] Südwestlich an das Schutzgebiet Verwall und Wiegensee angrenzend befindet sich das Europaschutzgebiet Europaschutzgebiet Schuttfluren Tafamunt[8]  46.97294510.069774 Beide bilden die Südwesthänge der Versalspitze  46.98219810.08497

Im Vorarlberger Teil des Verwalls befinden sich fast die Hälfte aller Blockgletscher[9] Vorarlbergs (48%).Intakte Blockgletscher bestehen zum Großteil aus einem Gemisch aus blockigem Hangschuttmaterial und einem Eiskern im Inneren. Blockgletscher besitzen wie ihre Verwandten, die Eisgletscher, meist zungenartige Formen und entwickeln sich an Hängen. Dabei geben die intakten (inaktiven und aktiven) Blockgletscher Auskunft über die aktuelle Verbreitung des Permafrostes, und die fossilen Blockgletscher über die ehemalige Verbreitung des Permafrostes.[10]

Schutzzweck und -umfang

Das Europaschutzgebiet Verwall ist ein Vogelschutzgebiet, in welchem Vögel der Gebirgswälder und des Hochgebirges geschützt werden sollen, welche zu den anspruchsvollen, seltenen und/oder gefährdeten Arten, die im Anhang I der Vogelschutzrichtlinie der EU als schützenswert ausgewiesen sind, gehören.[11] Dies sind z. B. insbesondere: Steinadler (Aquila chrysaetos), Wanderfalke (Falco peregrinus), Uhu (Bubo bubo), Sperlingskauz (Glaucidium passerinum), Auerhuhn (Tetrao urogallus), Birkhuhn (Tetrao tetrix), Alpenschneehuhn (Lagopus muta), Haselhuhn (Tetrastes bonasia), Dreizehenspecht (Picoides tridactylus) und der Schwarzspecht (Dryocopus martius). Der Schutzstatus als Naturschutzgebiet Verwall gilt für die Gemeinden Gaschurn, Klösterle und St.Gallenkirch, der Teilbereich Silbertal ist ohne besonderen Schutzstatus.

Durch die im Verwall vor allem vorherrschenden kristallinen Gesteine bestehen hier völlig andere hydrogeologische Eigenschaften, als bei Gebieten mit Karbonatgesteinen, wie in den nördlichen Kalkalpen. Karbonatgesteine sind für ihre Durchlässigkeit und Karstfähigkeit bekannt. Diese Unterschiede beeinflussen Flora und Fauna im Verwall ganz wesentlich.[12]

Nutzung

Das Europaschutzgebiet Wiegensee wird touristisch genutzt. Nach wie vor wird das Schutzgebiet auch landwirtschaftlich genutzt.

Literatur

  •  Markus Staudinger, AVL Arge Vegetationsökologie und Landschaftsplanung: Gaschurn. Gemeindebericht. In: Biotopinventar Vorarlberg. Vorarlberger Verlagsanstalt, Bregenz 2008, Großraumbiotop Tafamunt-Wiege-Versal (Biotop 11018), S. 15 ff (1. Aufnahme Teilinventar Montafon. 1984., pdf, vorarlberg.at).
  •  Joschi Kaiser,Hans W. Metzler, Katharina Stocker, Michael Kasper, Georg Neuhauser,Thomas Bachnetzer: Gebietsführer Europaschutzgebiete Verwall und Wiegensee. Dornbirn 2015.

Weblinks

  Europaschutzgebiet Verwall – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Einzelnachweise

  1. Kennziffer: AT3412000. Siehe: AT3412000.
  2. LGBl.Nr. 22/1997.
  3. LGBl. 56/2003.
  4. LGBl. 47/1999.
  5. In der nivalen Stufe ist ein Bewuchs nur noch an einzelnen geschützten Stellen möglich.
  6. Kennziffer AT3413000, 65 ha.
  7. § 1 der Verordnung der Landesregierung über das Europaschutzgebiet (Natura 2000 Gebiet) "Verwall", LGBl.Nr. 56/2003.
  8. AT3422000, mit rund 68 ha.
  9. engl.: Rock glaciers.
  10. Gebietsführer Europaschutzgebiete Verwall und Wiegensee, S. 19 ff).
  11. Vorarlberger Naturschutzverordnung, LGBl.Nr. 36/2003, Pkt. 5.
  12. Gebietsführer Europaschutzgebiete Verwall und Wiegensee, S. 19.