Heinrich (III.) von Kuenring (* im 12. Jahrhundert; † im 13. Jahrhundert, um / nach 1233)[1], genannt Heinrich der Hund, war ein einflussreicher Adliger des Herzogtums Österreich. In der Sagenwelt des Bundeslandes Niederösterreich gilt er zusammen mit seinem Bruder Hadmar als einer der bekanntesten Raubritter.

Heinrich (III.) von Kuenring, Zeichnung im "Liber Fundatorum Zwetlensis", besser bekannt als "Zwettler Bärenhaut", entstanden zwischen 1322 und 1332

Herkunft und Familie

Heinrich (III.) von Kuenring entstammte der Familie der Azzonen (Kuenringer), die als eine der bedeutendsten Ministerialenfamilie[A 1] des Herzogtums Österreich gilt. Er war einer der Söhne des Adligen Hadmar (II.) von Kuenring aus dessen Ehe Euphemia von Mistelbach. Aus ihrer Familie dürfte Hadmar den Beinamen "Hund" geerbt haben.[2]. Er war der ältere Bruder von Hadmar (III.) von Kuenring.

Verheiratet war Heinrich (III.) von Kuenring mit Gräfin Adelheid von Falkenstein. Es dürfte sich um eine Ehe gehandelt haben, bei der die Ehefrau höher gestellt war.[3] Aus dieser Ehe sind drei Kinder belegt:

  • Euphemia von Kuenring, sie war die Erbin von Herrnstein und behauptete diesen Besitz in einem Konflikt zwischen dem Erzbischof von Salzburg und dem Herzog von Österreich[3]. Sie war zweimal verheiratet,
∞ in 1. Ehe mit Irnfried von Hindberg
∞ in 2. Ehe mit Rudolf von Pottendorf.[4]
  • Hadmar (IV.) von Kuenring († um 1250), genannt "Hadmar der Bucklige"[1]
  • Heinrich (V.) von Kuenring (13. Jh., belegt zwischen 1224 und 1240), genannt "Heinrich das Hündchen"[1]
∞ mit Gräfin Hedwig von Schaunberg, nach seinem Tod wiederverheiratet mit dem böhmischen Adligen Wok von Rosenberg. Wie auch bei seinem Vater dürfte es sich dabei um eine Ehe gehandelt haben, in der die Ehefrau höher gestellt war.

Unter Heinrichs Kindern scheint seine Tochter Euphemia die stärkste Persönlichkeit gewesen zu sein. Heinrichs Söhne hatten, soweit es belegt ist, keine Nachkommen, das "Weiterbestehen" der Kuenringer sicherten die Nachkommen von Heinrichs jüngerem Bruder Hadmar, die dessen Söhne beerbten.[5]

Leben

Heinrich (III.) von Kuenring war ein Gefolgsmann von Herzog Leopold (VI.) von Österreich ("Leopold dem Glorreichen"). Seit 1228 war er, wie bereits seine Vorfahren, Marschall des Herzogtums Österreich, nach Leopolds plötzlichen Tod wurde er um 1230 Landesverweser von diesem.[6] Schon früher war Heinrich vom Herzog das Regiment im Herzogtum Österreich während seiner Abwesenheit mehrmals anvertraut worden, 1226/27 und 1229/30.[7]

Gemeinsam mit seinem Bruder Hadmar gilt Heinrich als Anführer einer Gruppe von Adligen des Herzogtums Österreich, die 1230 einen Konflikt mit Herzog Friedrich (II.) von Österreich ("Friedrich dem Streitbaren") austrugen.[8]. Dieser Konflikt wird in der Forschung (und nicht nur dort) gewöhnlich als ein "Aufstand" gesehen, um den sich zahlreiche Legenden gesponnen haben und der bis heute in seiner tatsächlichen Bedeutung nicht eindeutig erforscht ist. Gesichert ist, dass sich eine Gruppe Adeliger unter Führung der Kuenringer Heinrich und Hadmar des herzoglichen Schatzes bemächtigte, sich bei den Klöstern mit dem Nötigsten versorgte, worüber sich diese später heftig beklagten, und demonstrativ die Burgen für den Herzog schloss.[3] Nicht eindeutig klar ist, ob sich dabei um tatsächlichen Aufstand gehandelt hat, der sich tatsächlich gegen den neuen Landesfürsten richtete, der nach dem überraschenden Tod seines Vaters diesem nachgefolgt war. Als weitere Möglichkeit gilt, dass die Adligen beziehungsweise eine Gruppe der Adligen im Herzogtum Österreich ursprünglich den Herrscherwechsel nur nutzen wollte, um dem neuen Landesfürsten einige politische Zugeständnisse abzutrotzen und ihre eigenen Machtposition ihm gegenüber zu demonstrieren, und ihre Aktivitäten ursprünglich nur eine Basis für Verhandlungen mit dem Landesfürsten waren, worauf sich dieser nicht einließ. Auch die Möglichkeit, dass sich die Kuenringer und andere Adlige durch den Machtwechsel in ihrer Position gefährdet sahen, da der neue Landesfürsten eine andere Adelsgruppe unterstützte, gilt als möglich.[9] Sicher scheint, dass es bei der Auseinandersetzung mit Herzog Friedrich (II.), um die Stellung des Adels (oder um eine bestimmte Gruppe des Adels) ging. Obgleich der Aufstand, wenn es denn überhaupt ein Aufstand war, niedergeschlagen wurde, dürften sich Heinrich und sein Bruder mit dem Herzog arrangiert haben.[8] Es scheint, dass der Herzog danach nicht versuchte, die Machtgrundlage der Kuenringer zu beschneiden. Möglicherweise reichte es ihm, dass er ihnen keine Zugeständnisse hatte machen müssen. Als Kaiser Friedrich (II.) wenige Jahre später Herzog Friedrich (II.) "den Streitbaren" ächten und vorübergehend die Herzogtümer besetzen ließ beziehungsweise unter seine Herrschaft brachte, wobei er die mit ihm verbündete Stadt Wien zur Reichsstadt erhob und dort längere Zeit seinen Aufenthalt nahm, finden sich die Kuenringer interessanterweise nicht in seinem Umfeld. Offensichtlich wurde der Kaiser von ihnen auch nicht wirklich unterstützt. Das ist umso auffälliger, als der Kaiser damals behaupten ließ, dass die Ministerialen dem Herzog nur vom Reich "geliehen" worden wären und ihre Loyalität ihm gegenüber direkt einzufordern versuchte. Das Verhalten der Kuenringer könnte ein Indiz dafür sein, dass ihre innenpolitischen Differenzen mit dem Herzog, die zu diesem Zeitpunkt nur wenige Jahre zurücklagen, in ihrer tatsächlichen Bedeutung in der späteren Forschung wesentlich überschätzt wurden.[5]

Heinrich (III.) von Kuenring in Sage und Legende

In der Welt der Sage überlebten Heinrich und in Bruder Hadmar als gefürchtete Raubritter. Sie dürfte dort die vermutlich bekanntesten Raubritter im heutigen Niederösterreich sein, wobei Heinrich eindeutig im Schatten seines Bruders steht. Er macht von Weitra aus, Gebiete im Waldviertel unsicher, während Hadmar in der Wachau sein Unwesen treibt.[10] Dieses Bild geht vor allem von die Chronisten der Stifte Zwettl und Melk zurück und dürfte auf den sogenannten "Kuenringer Aufstand" gegen Herzog Friedrich "den Streitbaren" im Jahr 1230 zurückzuführen sein. Neben einer unrichtigen oder gefälschten Geschichtsüberlieferung könnte dahinter auch landesfürstliche Propaganda stecken, die von der späteren Geschichtsforschung unkritisch übernommen wurde.[8]

Heinrich (III.) von Kuenring in Belletristik und Literatur

Literatur

  • Karl Brunner: Die Kuenringer. Adeliges Leben in Niederösterreich (= Wissenschaftliche Schriftenreihe Niederösterreich 53). Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten / Wien, 1980. ISBN 3-85326-539-X

Weblinks

  Heinrich III. von Kuenring – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 vgl. Karl Brunner: Die Kuenringer, 1980, siehe Stammbaum, Dürnsteiner Linie
  2. vgl. Karl Brunner: Die Kuenringer, 1980, S. 12
  3. 3,0 3,1 3,2 vgl. Karl Brunner: Die Kuenringer, 1980, S. 15
  4. vgl. Karl Brunner: Die Kuenringer, 1980, S. 13
  5. 5,0 5,1 vgl. Karl Brunner: Die Kuenringer, 1980, S. 16
  6. vgl. Karl Brunner: Die Kuenringer, 1980, S. 14
  7. vgl. Heinrich von Kuenring, GedaechtnisDesLandes, abgerufen am 13. Dezember 2020
  8. 8,0 8,1 8,2 vgl. Ilse Schöndorfer: Steine und Sagen. Burgruinen in Niederösterreich. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten / Wien, 1999. ISBN 3-85326-114-0, S. 115
  9. vgl. Karl Brunner: Die Kuenringer, 1980, S. 15f.
  10. vgl. Hadmars Gefangennahme, Sagen.AT, abgerufen am 18. Juli 2020
  11. vgl. Ernestine Ungersbeck: Friedrich der Streitbare in der deutschen Literatur. Ein Beitrag zur Stoff- und Motivgeschichte. Philosophische Dissertation (ungedruckt), Universität Wien, 1950 S. 176-185

Anmerkungen

  1. Die Ministerialen, auch als "Dienstadel" bezeichnet, bildeten im Mittelalter innerhalb des "niederen" Adels eine eigene Gruppe. Ursprünglich "Unfreie", waren sie durch ein Dienst- oder Lehnsverhältnis in den "niederen" Adel aufgestiegen, im Unterschied zu den "edelfreien" oder "hochfreien" Adelsfamilien.
Überregionale Aspekte dieses Themas werden auch in der Wikipedia unter dem Titel Heinrich III. von Kuenring behandelt.
Hier im ÖsterreichWiki befinden sich Informationen sowie Ergänzungen, die zusätzlich von regionaler Bedeutung sind (siehe Mitarbeit).