Herzogin Euphemia von Schlesien (* um 1280; † um 1347[1]) oder Eufemia von Schlesien, auch Euphemia, Herzogin von Kärnten, Gräfin von Tirol, war durch ihre Ehe eine Gräfin von Görz-Tirol.

Das Stift Stams - Herzogin Euphemia stiftete den Zisterziensern von Stams Seelgeräte für ihre verstorbene Tochter Anna.

Herkunft und Familie

Herzogin Euphemia von Schlesien entstammte der Familie der "schlesischen" Piasten, einer der fünf Linien der polnischen Herrscherdynastie der Piasten. Sie war eine Tochter von Herzog Heinrich (V.) von Schlesien (* um 1248; † 1296), dem späteren Herzog von Jauer, Liegnitz und Breslau, aus dessen Ehe mit Herzogin Elisabeth von Großpolen-Kalisch († 1304).

 
Euphemias Ehemann: Herzog Otto von Kärnten, Graf von Tirol, auf einem Wandbild im Spanischen Saal von Schloss Ambras (16. Jahrhundert)

Euphemia von Schlesien war mit Graf Otto (III.) von Görz-Tirol (* um 1265; † 1310), Herzog von Kärnten, Graf von Tirol und Herr der Mark Krain, verheiratet. Er war der älteste Sohn von Herzog Meinhard von Kärnten.[1] Aus ihrer Ehe sind nur Töchter belegt:

∞ mit König Peter (II.) von Sizilien
  • Herzogin Ursula von Kärnten, Gräfin von Tirol († 1327), Nonne im Klarissenkloster in Meran[2]
  • Herzogin Euphemia von Kärnten, Gräfin von Tirol († 1329/30), Nonne im Klarissenkloster in Meran[2]
  • Herzogin Anna von Kärnten, Gräfin von Tirol († 1331, 2. Jahreshälfte)[2]
∞ mit Pfalzgraf Rudolf (II.) bei Rhein

Obwohl die Töchter von Herzogin Euphemia und Herzog Otto für die Reichsfürstentümer Kärnten und Tirol als nicht erbberechtigt galten, dürfte sie beziehungsweise die Familien von Elisabeth und Anna nach dem Tod von Ottos Bruder Heinrich für die Grafschaft Tirol doch Erbansprüche gelten gemacht haben, nachdem in dieser ihre Cousine Margarete Maultasch, zusammen mit ihrem ersten Ehemann Johann Heinrichs von Böhmen, die Nachfolge Heinrichs angetreten hatte. Ein Hinweis dafür ist die Vereinbarung, die Margaretes Schwager, der spätere Kaiser Karl IV. als Vormund für Margarete und seinen Bruder Johann Heinrich Anfang des Jahres 1336 mit den Tiroler Landständen schloss. In dieser ist ausdrücklich festgelegt, dass die Ansprüche der Erben von Herzog Otto unter Wahrung des Landes zu regeln sind.[3]

Leben

Nach dem frühen Tod ihres Ehemannes verbrachte Herzogin Euphemia den Rest ihres weiteren Lebens im Herzogtum Kärnten und vor allem in der Grafschaft Tirol, wo sie mit einer konsequenten und intensiven Stiftungstätigkeit nicht nur eine familiäre Jenseitsvorsorge betrieb, sondern auch die Wirtschaft der Grafschaft Tirol belebte.[4]

Seit ihrer Kindheit hatte Euphemia enge Kontakten zu den Klarissen in Breslau. Deren Kloster war 1242 von ihrer Urgroßmutter Anna von Böhmen († 1265) gegründet worden, es wurde dann für einige Jahrzehnte die Grablege ihrer Familie. Ihre Schwestern Anna († 1343) und Elisabeth († um 1357) und ihre Nichte Margarete waren zudem in dieses Breslauer Kloster eingetreten.[5] 1309 gründete Euphemia in Meran das Klarissenkloster, das heute als das älteste Kloster dieser Stadt gilt.[6]

Im Unterschied zu ihrer Schwägerin Anna förderte Euphemia von Schlesien das Franziskanerkloster in Bozen, aus dem ihr Beichtvater Heinrich stammte, und das sie in ihrem Testament großzügig bedachte.[7] Neben ihrem Beichtvater wurden in ihrem Testament auch weitere Geistliche großzügig bedacht, darunter ihr Kaplan Hilprand, Bruder Burkhard aus der Deutschordens-Kommende in Lengmoos und ihr Schreiber Berchtold, der Pfarrer von Ulten sowie mehrere Schwestern ihres Meraner Klarissenklosters. Im Vergleich dazu sind die Legate an die weltlichen Mitglieder ihres Hofstaates sehr bescheiden.[8] Für ihre vor ihr verstorbenen Töchter tätigte Herzogin Euphemia Seelgerätsstiftungen, für Ursula und Euphemia ihrem Klarissenkloster in Meran, für Anna dem Stift in Stams.[2]

Da Euphemia trotz ihrer langen Witwenschaft nie selbst dem Klarissenorden angehörte und es ihr daher auch als Stifterin nicht erlaubt war, die Klausur des Meraner Klarissenklosters zu betreten, beschaffte sie dafür (für sich und fünf weitere Frauen aus ihrem Gefolge) eine päpstliche Sondergenehmigung. Nach ihrem Tod wurde Euphemia in "ihrem" Kloster beigesetzt.[9]

Vermögen

Herzogin Euphemia scheint über ein beachtliches wirtschaftliches Talent verfügt zu haben, das sie bei ihren Stiftungen gezielt einsetzte. Zudem standen ihr bedeutende Finanzmittel zur Verfügung, die sie noch zu Lebzeiten ihres Ehemannes ausbauen konnte. Herzog Otto hatte ihr Wittum von ungefähr 9.000 Mark Silber auf Besitzungen im Herzogtum Kärnten angewiesen. Nach seinem Tod kam es durch seinen Bruder und Nachfolger Heinrich zu einer Neuregelung ihrer Versorgung, und ihr Heiratsgut wurde nun auf einige Gerichte der Grafschaft Tirol verschrieben: Sterzing, Sarnthein, Stein am Ritten und Kastelruh. Neben ihren regelmäßigen Einnahmen aus diesen Gerichten übertrug er ihr auf Lebenszeit Verwaltungskompetenzen, die ihr im Wesentlichen erlaubten, über ihre Einnahmen frei verfügen zu können, über die Besetzung der Ämter selbst zu entscheiden und auf den Burgen ihre eigenen (einheimischen) Pfleger einzusetzen. Zwar war sie bei der Verwendung ihrer Mittel, zum Beispiel bei Stiftungen, stets auf Heinrichs ausdrückliche Zustimmung angewiesen, doch nach den ausgestellten Urkunden wurde sie gewöhnlich von ihm dabei unterstützt.[10]

Forschungslage

Mit Euphemias Testament hat sich eine wichtige Quelle für die Geschichtsforschung erhalten.[11]

Literatur

  • Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen? Das Stiftungsverhalten der Tiroler Landesfürstinnen(13. und 14. Jahrhundert)- Weibliche Präsenz Habsburgs im Südwesten des Reiches. In: Claudia Zey (Hrsg.): Mächtige Frauen? Königinnen und Fürstinnen im Europäischen Mittelalter (11.-14. Jahrhundert) (= Vorträge und Forschungen. Hrsg. vom Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte. Bd. 81). Jan Thorbecke Verlag der Schwabenverlag AG, Ostfildern, 2015. ISBN 978-3-7995-6881-4, S. 365-410
  • Justinian Ladurner: Euphemia, Herzogin von Kärnten, Gräfin von Tirol. In: Archiv für Geschichte und Alterthumskunde Tirols 1, 1864, S. 107-139

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen?, 2015, S. 372
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen?, 2015, S. 386
  3. vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Der fremde Fürst im Land. Zur Regierung Johann Heinrichs von Böhmen in Tirol. In: Michel Pauly (Hrsg.): Die Erbtochter, der fremde Fürst und das Land. Die Ehe von Johann dem Blinden und Elisabeth von Böhmen in vergleichender europäischer Perspektive. Colloque international organisé par le musée d’histoire de la ville de Luxembourg et l’université du Luxembourg les 30 septembre et 1er octobre 2010 à Luxembourg (= Publications du CLUDEM, 38). Cludem, Luxemburg, 2013. ISBN 2-919979-28-0. S. 144, Fußnote 45
  4. vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen?, 2015, S. 399
  5. vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen?, 2015, S. 387
  6. vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen?, 2015, S. 381
  7. vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen?, 2015, S. 375
  8. vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen?, 2015, S. 376f.
  9. vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen?, 2015, S. 389
  10. vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen?, 2015, S. 398f.
  11. vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen?, 2015, S. 377