Freischärlerbewegung im Sommer und Herbst 1921

Der Vertrag von Trianon trat am 26. Juli 1921 endgültig in Kraft nachdem dieser auch von Frankreich ratifiziert worden war, wodurch Österreich de jure das Verfügungsrecht über Deutsch-Westungarn für den 27. August 1921 übertragen bekam. Dieser Ratifizierung vorangegangen waren verzweifelte Versuche Ungarns möglichst große Teile Deutsch-Westungarns im eigenen Staat zu halten.[1]

Da nun alle diplomatischen Bemühungen gescheitert waren, spielte Ungarn seinen vermeintlich letzten Trumpf aus, den man seit Monaten im Geheimen vorbereitet hatte. Dieser Plan sah einen bewaffneten "Volksaufstand" vor, den man gegen die einmarschierenden Österreicher "inszenieren" wollte. Da aber bald klar war, dass ein Großteil der deutschsprachigen Bevölkerung diesen Guerillakrieg gegen die Österreicher nicht unterstützen würde, versuchte man in Innerungarn entsprechende Kämpfer anzuwerben. Man fand sie unter nationalen Hochschülern, arbeitslosen Berufsoffizieren, aber auch in Flüchtlingslagern, in den Menschen interniert waren, die aus anderen von Ungarn abgetretenen Gebieten stammten. Dementsprechend vielfältig und unterschiedlich waren dann auch die aufgebotenen Einheiten, die sich in insgesamt sechs Freischärlerkorps gliederten:[2]

  • I. Freischärlerkorps mit Kommandositz in Oberwart unter Oberleutnant Árpád Taby
  • II. Freischärlerkorps mit Kommandositz in Oberpullendorf (später in Lackenbach) unter Hauptmann Miklós Budaházy
  • III. Freischärlerkorps mit Kommandositz in Eltendorf (später in Güssing) unter Oberleutnant Endre Molnar
  • IV. Freischärlerkorps mit Kommandositz in Parndorf (später in Neusiedl am See) unter Oberleutnant Iván Héjjas
  • V. Freischärlerkorps mit Kommandositz in Mattersburg unter Hauptmann Viktor Maderspach
  • VI. Freischärlerkorps ("Friedrich-Freischärler") mit Kommandositz in Eisenstadt unter Hauptmann Dezsö Wein
Pál Prónay

Während Árpád Taby ein Ritter des Maria-Theresia-Ordens war, handelte es sich bei Iván Héjjas um einen berüchtigten Freikorps-Führer der "weißen" Gegenrevolution. Diese konterrevolutionäre Bewegung hatte nach dem Zusammenbruch der Räteregierung blutige Rache an ehemaligen kommunistischen Funktionären, aber auch an vielen Unbeteiligten, genommen, der mehrere Tausend Menschen unter zum Teil bestialischen Umständen zum Opfer fielen. Ein Freikorps-Führer, der in dieser Zeit für besonders grausame Morde verantwortlich zeichnete, war Pál Prónay, der im August 1921 in Westungarn auftauchte und dem sich daraufhin nach und nach alle Freischärlerkorps bis auf das V. und VI. Korps, die traditionell Kaiser Karl verbunden waren, unterordneten. Im Raum Sopron stand außerdem noch das Reserve-Gendarmeriebataillon Nr. 2, eine schlagkräftige aus ehemaligen Angehörigen des Honved Infanterie-Regiments Nr. 69 von Major Julius von Ostenburg-Morawek rekrutierte Truppe, die ebenfalls dem Kaiser treu ergeben war und bei Karls zweiten Restaurationsversuch eine wichtige Rollen spielen sollte.[3]

Tamás Erdődy ließ die Grausamkeiten der weißen Gegenrevolution in seinen Memoiren unerwähnt, während er die Verbrechen, die unter der Räteregierung verübt wurden, sehr wohl beschreibt.[4] Erdődy berichtet in seinen Memoiren auch, dass er den Befehl erhielt, den Gendarmeriedienst und die "Gegend von Köszeg" zu organisieren.[5] Die von ihm aufgestellte Freischärlertruppe bildete insofern eine Besonderheit unter den Freischaren, weil sie als einzige überwiegend aus Bewohnern Westungarns bestand.[6]

Einzelnachweise

  1.  Gerald Schlag: Aus Trümmern geboren ... Burgenland 1918-1921. Burgenländisches Landesmuseum, Eisenstadt 2001, S. 390.
  2.  Gerald Schlag: Aus Trümmern geboren ... Burgenland 1918-1921. Burgenländisches Landesmuseum, Eisenstadt 2001, S. 394 bis 395, 424.
  3.  Gerald Schlag: Aus Trümmern geboren ... Burgenland 1918-1921. Burgenländisches Landesmuseum, Eisenstadt 2001, S. 395 und 396.
  4.  Paul Szemere, Erich Czech: Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.. Amalthea-Verlag, Wien 1931, S. 184 bis 188.
  5.  Paul Szemere, Erich Czech: Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.. Amalthea-Verlag, Wien 1931, S. 266.
  6.  Gerald Schlag: Aus Trümmern geboren ... Burgenland 1918-1921. Burgenländisches Landesmuseum, Eisenstadt 2001, S. 397.