Mosse aus Hall

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Mosse oder Moses aus Hall (* im 14. Jahrhundert ; † 1475, in Trient, heute Italien) war ein jüdischer Geschäftsmann, der in den 1450er-Jahren in Hall ansässig war. Er war später ein Opfer des "Trienter Judenprozess" um den angeblichen "Ritualmord" an Simon von Trient. Er ist einer der wenigen namentlich bekannten Juden, die im 15. Jahrhundert einige Zeit im heutigen Bundesland Tirol tätig waren.

Herkunft

Mosse war der Sohn des in Würzburg tätigen Juden Samuel. Er war verheiratet und hatte einen Sohn: Meir († 1475). Dieser heiratete 1455 in Nürnberg "Schönlein" († nach 1475). Beider Sohn Seligmann († 1475) wurde um 1460 in Hall geboren.[1]

Leben

Über das Leben von Mosse gibt es nur wenige urkundlich belegte Angaben. Die geographischen Informationen zu seinem Lebensweg gehen auf Angaben zurück, die er während des "Trienter Ritualmordprozesses" zu Protokoll gegeben hat. So hielt er sich um 1425 in Mainz, um 1435 in Würzburg und um 1445 in Speyer auf. Um 1460 lebte er mit seinem Sohn und seiner Schwiegertochter in der Grafschaft Tirol. Nachdem er etwa 5 Jahre mit seiner Familie in Hall gewohnt hatte, übersiedelte er nach Mils. 1465 kam er sich mit seiner Familie nach Trient. 1475 lebte er dort im Haushalt seines Neffen Samuel. Während der Verhöre im Rahmen des "Trienter Judenprozesses" starb er unter der Folter.[2] Sein Sohn Meir starb 1475 auf dem Scheiterhaufen. Sein Enkel Seligmann ließ sich taufen und wurde am Folgetag geköpft. Seine Schwiegertochter wurde 1477 auf den Namen Elisabeth getauft. Ihr weiteres Schicksal ist ungeklärt.[3]

1451 steuerte Mosse dem Tiroler Landesherrn einen Betrag von mindestens 50 Gulden. 1464 traf er mit Matthäus Getzner, einem Bürger von Hall, eine Übereinkunft. Nach dieser wurde ihm eine finanzielle Forderung an eine Haller Bürgerin betraf, die er zuvor gerichtlich eingeklagt hatte, abgegolten. Zu der Zeit, wo Mosse dort lebte, waren Juden zur Zahlung eines Schutzgeldes an den Landesfürsten verpflichtet, aber dafür von allen anderen Abgaben gegenüber dem Wohnsitz befreit, so zum Beispiel die "Wacht" oder "Arbeiten an Mauer und Graben". Streitigkeiten unter Juden sollten von diesen selbst entschieden werden. Vor Gericht sollten Juden nicht härter als Christen bestraft werden. Bei Ansprüchen gegen Juden hatten sich diese nur vor dem Landesfürsten oder dessen Beauftragten zu verantworten. In Handels- und Geldgeschäften konnten sie weitgehend selbständig agieren, abgesehen davon, dass für bei einem Darlehen an Einheimische der jährliche Höchstzins festgelegt war. Obwohl der Status der Juden in der Grafschaft zu dieser Zeit durch relativ günstige Bestimmungen geregelt war, dürfte die tatsächliche Situation für die jüdische Bevölkerung der Grafschaft Tirol, die im 15. Jahrhundert nicht allzu zahlreich, nicht einfach gewesen sein. Eine Vertreibung der Juden aus Hall, welche der Rat der Stadt 1458 und 1459 mehrmals vom Tiroler Landesfürsten forderte, fand zwar nicht statt, deutete aber daraufhin, dass die Situation der Juden in Hall zu jener Zeit, als Mosse dort lebte, durchaus prekär war.[2] Die Gründe für die Übersiedlung von ihm und seiner Familie nach Trient, das als Teil des Hochstiftes nur mit Einschränkungen als Teil der Grafschaft galt[4], sind anhand der Quellen nicht erkennbar, könnten aber mit der Politik des Haller Stadtrates zusammenhängen.[3]

Literatur

  • Klaus Brandstätter: Ratsfamilien und Tagelöhner. Die Bewohner von Hall in Tirol im ausgehenden Mittelalter (= Tiroler Wirtschaftsstudien. Schriftenreihe der Jubiläumsstiftung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft. 54. Folge) . Universitätsverlag Wagner, Innsbruck, 2002. ISBN 3-7030-0374-X, S. 46f.
  • Wolfgang Treue: Der Trienter Judenprozeß. Voraussetzungen – Abläufe – Auswirkungen (1475-1588) (= Forschungen zur Geschichte der Juden. Reihe A. Band 4). Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover, 1996. ISBN 3-7752-5613-X digital)

Einzelnachweise

  1. vgl. Klaus Brandstätter: Ratsfamilien und Tagelöhner, 2002, S. 46 und S. 47f.
  2. 2,0 2,1 vgl. Klaus Brandstätter: Ratsfamilien und Tagelöhner, 2002, S. 46
  3. 3,0 3,1 vgl. Klaus Brandstätter: Ratsfamilien und Tagelöhner, 2002, S. 47
  4. vgl. Wolfgang Treue: Der Trienter Judenprozeß, 1996, S. 52ff. und 55ff.