Gräfin Johanna von Pfirt (* im 14. Jahrhundert, nach dem 28. Juli 1303[A 1] und vor 1311[A 2], in Basel; † 15. November 1351, vermutlich in Wien oder Scheibbs)[1][2], auch Jeannette de Ferrette et Montbéliard, war durch ihre Ehe eine Herzogin von Österreich.

Johanna von Pfirt, Fürstenfigur des Wiener Stephandoms

Herkunft und Familie

Gräfin Johanna von Pfirt war eine Nachfahrin der Grafen Dietrich von Mousson, Altkirch und Pfirt († 1102/1105) aus dem Haus Scarponnois und Wilhelm (I.) von Burgund und Mâcon ("Wilhelm dem Großen") aus dem Haus Burgund-Ivrea.[3] Sie war die älteste Tochter des Grafen Ulrich (III.) von Pfirt (* zwischen März 1278 und November 1281[3]; † 11. März 1324, in Basel)[4], Herr von Rotenburg (Rougemont)[5][6], aus seiner Ehe mit Gräfin Johanna von Mömpelgard (Jeannette de Montbéliard) (* um 1288; † 1349).[7] Über ihre Mutter war sie eine Urenkelin von Herzog Hugo (IV.) von Burgund[6]. Ihr Vater unterstützte Herzog Friedrich (I.) von Österreich ("Friedrich den Schönen") bei seinem Kampf um die Herrschaft über das Heilige Römische Reich.[5] Am 26. März 1324 heiratete sie Herzog Albrecht II. von Österreich ("Albrecht den Weisen" / "Albrecht den Lahmen"), mit dem sie mindestens sieben Kinder hatte[6].

-> Siehe Albrecht II. (Österreich)#Herkunft und Familie

Gräfin Ursula von Pfirt (* 1315; † 1367), Johannas jüngere Schwester, war die Mutter des als Minnesänger bekannten Grafen Hugo (XII.) von Montfort (auch Graf Hugo (VIII.) von Montfort zu (Tettnang)-Bregenz).

Herrschaften

  • Als alleinige Erbtochter des letzten Grafen von Pfirt, ihre Schwester wurde finanziell abgefunden, erbte Johanna die Grafschaft Pfirt im Elsaß und mit dieser ein Gebiet, das vom westlichen Sundgau bis zur Burgundischen Pforte reichte und durch ihre Ehe unter die Herrschaft der Herzöge von Österreich (Habsburger) kam.[8]
  • Johanna von Pfirt war Burg- und Grundherrin von Perchtoldsdorf, das im 14. Jahrhundert ein Nebensitz von mehreren Herzoginnen von Österreich war.[A 3].[9]

Leben

Graf Ulrich (II.) von Pfirt, der Urgroßvater von Johanna, hatte 1271 seine Grafschaft "als freies Eigen" an das Hochstift Basel verkauft und war von diesem mit ihr am 15. Jänner 1271 belehnt worden. Am 30. Mai 1318 erhielt Graf Ulrich (III.) von Pfirt, Johannas Vater, vom Bischof von Basel die Zustimmung, seine Grafschaft an seine Töchtern beziehungsweise seine zukünftigen Schwiegersöhne vererben zu dürfen.[10] Am 25. Jänner 1320 erreichte er, dass diese Entscheidung vom Papst zu Avignon bestätigt wurde, am 20. Juli 1320 erreichte er außerdem auch die Nachfolge seiner Töchter für weitere Lehen.[4] Unmittelbar nach seinem Tod heiratete Gräfin Johanna von Pfirt Herzog Albrecht (II.) von Österreich. Über den Ort und das Datum der Eheschließung finden sich in der Geschichtsforschung bisher zwei unterschiedliche Angaben. Nach der einen Version soll die Trauung am 17. März 1324 zu Brugg stattgefunden haben, nach der anderen Versionen im Mai 1324 glanzvoll zu Basel. Noch im März 1324 wurde jedenfalls durch den Papst und Albrechts Familie sicher gestellt, dass die Grafschaft Pfirt in den Besitz der Eheleute überging und Albrecht als neuer Graf von Pfirt eingesetzt wurde. Diese Amtseinsetzung wurde am 8. Juni 1324 vom Papst bestätigt, nach der Bischof von Basel versucht hatte, sie für nichtig erklären zu lassen.[11] Die in Nachbarschaft auch ansässigen Habsburger zählten seit mehreren Generationen zu den Gegnern und Konkurrenten der Grafen von Pfirt. Dennoch unterstützte Graf Ulrich (III.) nach der Doppelwahl (1314) König Friedrich (III.) "den Schönen". Ausschlaggebend für seine neue politische Ausrichtung, von der er und seine Familie letztlich bis zur Schlacht von Mühldorf (1322) profitierten, war neben der geographischen Nähe der Habsburger auch deren gute Beziehungen zu den Bischöfen von Basel und Straßburg.[5]

Johanna von Pfirt korrespondierte mit bedeutenden Kirchenfürsten ihrer Zeit wie den Patriarchen Bertrand von Aquileia und dem Bischof Johann (I.) von Basel.[12] Politisch ist sie mehrmals als Vertreterin ihres Ehemannes hervorgetreten, in dessen Namen sie auch mehrere Verträge abschloss.[13]

Erinnerungsstätten an Johanna von Pfirt im heutigen Österreich

Oberösterreich

  • St. Florian: Auf einem Kirchenfenster im Stift kniet Johanna mit den Töchtern Katharina und Margarete auf der einen Seite. Ihr gegenüber kniet ihr Ehemann Albrecht auf der einen Seite mit seinen Söhnen Rudolf und Friedrich. Das mittlere Bild des Kirchenfensters fehlt. Das Fenster ist von der italienischen Kunst des 14. Jahrhunderts inspiriert.[14]

Niederösterreich

 
Johanna von Pfirt, Statue in der Kirche der ehemaligen Kartause Gaming
  • Gaming: Gemeinsam mit Albrecht stiftete Johanna 1330 die Kartause Gaming, in der beide ihre letzte Ruhestätte fanden. Nachdem ihre Gebeine zwischen 1782 und 1985 in die Pfarrkirche von Gaming überführt worden waren, wurden sie 1985 wieder in die Kartause rückgeführt.[6] Bei dieser Rückführung wurde das Skelett von Johanna erstmals zwecks Identifizierung untersucht. Bei ihr wurde eine Degeneration des Beckens festgestellt, eine Folge von zahlreichen Schwangerschaften.[15] Die aus Blei gefertigte Inschrift-Platte ihrer Grabstätte in der Kartause trägt wie die ihres Ehemannes an den vier Ecken der Umrahmung die Wappenschilde der Herzogtümer Österreich, Steiermark und Kärnten sowie der Grafschaft Pfirt.[16]
  • Scheibbs: Nach der Chronik der Stadt Scheibbs soll Johanna hier gestorben sein. Es gibt auch ein Haus in Scheibbs, das als ihr Sterbehaus gilt.[2]

Wien

Darstellung in Literatur und Belletristik

  • Gottlob Heinrich Heinse: Albrecht der Weise und seine Brüder, Erzherzöge von Österreich, Roman (publiziert 1793)

Literatur

  • Gabrielle Claerr-Stamm: Johanna von Pfirt. Gattin des Habsburgers Albrecht II. Herzog von Oesterreich oder das europäische Schicksal einer Elsässerin. Sundgaugeschichtsverein, Riedisheim, 1996. ISBN 2-908498-06-5
  • Brigitte Hamann (Hrsg.): Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon. Verlag Carl Ueberreuter, Wien, 1988, S. 179f.[A 5]
  • Hannah Unterberger: Handlungsspielräume spätmittelalterlicher Fürstinnen in Mitteleuropa. (Ungedruckte) Diplomarbeit, Universität Wien, 2020 digital

Einzelnachweise

  1. vgl. Alois Niederstätter: Österreichische Geschichte 1278–1411, 2001, S. 138
  2. 2,0 2,1 vgl. Gabrielle Claerr-Stamm: Johanna von Pfirt, 1996, S. 59
  3. 3,0 3,1 vgl. Gabrielle Claerr-Stamm: Johanna von Pfirt, 1996, S. 9
  4. 4,0 4,1 vgl. Gabrielle Claerr-Stamm: Johanna von Pfirt, 1996, S. 19
  5. 5,0 5,1 5,2 vgl. Gabrielle Claerr-Stamm: Johanna von Pfirt, 1996, S. 15
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 vgl.Felix Czeike (Hrsg.): Albrecht II. von Habsburg. In: Historisches Lexikon Wien. Band 1, Kremayr & Scheriau, Wien 1992, ISBN 3-218-00543-4, S. 42. digital
  7. vgl. Gabrielle Claerr-Stamm: Johanna von Pfirt, 1996, S. 13
  8. vgl. Alois Niederstätter: Österreichische Geschichte 1278–1411, 2001, S. 133
  9. vgl. Burg Perchtoldsdorf, Website der Marktgemeinde Perchtoldsdorf, eingesehen am 17. Februar 2018
  10. vgl. Gabrielle Claerr-Stamm: Johanna von Pfirt, 1996, S. 17
  11. vgl. Gabrielle Claerr-Stamm: Johanna von Pfirt, 1996, S. 23
  12. vgl. Alfred Strnad: Herzog Albrecht III. von Österreich (1365-1395). Ein Beitrag zur Geschichte Österreichs im späteren Mittelalter. (Ungedruckte) Dissertation, Universität Wien, 1961. S. 17f.
  13. vgl. Alfred Strnad: Herzog Albrecht III. von Österreich (1365-1395). Ein Beitrag zur Geschichte Österreichs im späteren Mittelalter. (Ungedruckte) Dissertation, Universität Wien, 1961. S. 18
  14. vgl. Gabrielle Claerr-Stamm: Johanna von Pfirt, 1996, S. 57
  15. vgl. Gabrielle Claerr-Stamm: Johanna von Pfirt, 1996, S. 71
  16. vgl. Franz-Heinz Hye: Österreich und die Steiermark - heraldische Aspekte. In: Othmar Pickl (Hrsg.): 800 Jahre Steiermark und Österreich 1192-1992. Der Beitrag der Steiermark zu Österreichs Größe. Graz 1992, S. 150f.
  17. vgl. Alois Niederstätter: Österreichische Geschichte 1278–1411, 2001, S. 139
  18. vgl. Heiner Wesemann: Aus nächster Nähe. In: Der Merker online
  19. vgl. Otto Kurt Knoll: WallfahrtsWegWienerWald(!). Kral-Verlag, Berndorf, 2015, ISBN 978-3-99024-372-5, S. 31

Anmerkungen

  1. Nach einer Urkunde wurde die Ehe von Johannas Eltern etwa um diese Zeit vollzogen. Vgl. Gabrielle Claerr-Stamm: Johanna von Pfirt, 1996, S. 9
  2. Etwa um diese Zeit setzte Johannas Vater erste Schritte, um ihre Erbfolge zu erreichen und so den Erhalt seiner Besitzungen nach seinem Tod zu sichern für den Fall, dass ihm kein Sohn mehr geboren werden sollte. Vgl. Gabrielle Claerr-Stamm: Johanna von Pfirt, 1996, S. 17
  3. Die anderen Herzoginnen waren Elisabeth von Görz-Tirol, Elisabeth von Virneburg, Katharina von Böhmen und Beatrix von Nürnberg
  4. Dieser Kahlenberg wurde im 17. Jahrhundert unter Kaiser Leopold I. in Leopoldsberg umbenannt. Er ist nicht ident mit dem heutigen Kahlenberg in Wien, der bis dahin "Sauberg" oder "Schweineberg" genannt wurde, vgl. Otto Kurt Knoll: WallfahrtsWegWienerWald(!), 2015, S. 36
  5. In Details nicht mehr ganz aktuell, aber als Einführung und Erstinformation noch immer gut geeignet. Eine weitere und spätere, inhaltlich aber nicht aktualisierte Ausgabe ist 2001 bei Amalthea Signum erschienen: Brigitte Hamann (Hrsg.): Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon. Verlag Amalthea Signum, Wien, 2001. ISBN 978-3850024457. Neuere aktualisierte Auflagen existieren nur als EBook.

Weblinks

  Johanna von Pfirt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

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