Die frühere Kartause Mauerbach (gegründet im 14. Jahrhundert, um 1316) befindet sich im Wienerwald. Sie ist eine Gründung der Habsburger und gilt als eine ihrer ersten Klostergründungen auf dem Areal des heutigen Österreichs. Von den drei im heutigen Bundesland Niederösterreich gelegenen ehemaligen Kartausen, welche im 14. Jahrhundert gegründet und unter Kaiser Joseph II. aufgehoben wurden, wurde sie als erste gegründet. Heute gehört die Kartause der Republik Österreich beziehungsweise dem Bundesdenkmalamt und wird von diesem als Informations- und Weiterbildungszentrum genutzt. Während die Anlagen der beiden anderen Kartausen Gaming und Aggsbach ihren "mittelalterlichen" Charakter behalten haben, erhielt die Kartause Mauerbach ihr heutiges Aussehen in der frühen Barockzeit. Heute zählt sie zu den bedeutendsten Baudenkmälern seiner Art in Österreich.

Die ehemalige Kartause Mauerbach heute

Die Kartause

 
Wandmalerei im "Großen Kreuzgang" des früheren Klosters

Die frühere Kartause Mauerbach war ein Kloster des Kartäuserordens. Sie befindet sich im Allerheiligental in der in der Nähe der Stadt Wien gelegenen Gemeinde Mauerbach. Aufgrund der Zerstörungen, denen das Bauwerk im Spätmittelalter ausgesetzt war, geht der heute noch erhaltene Baubestand der Anlage im Wesentlichen auf die Bautätigkeit des Priors Georg Fasel zurück. Er ließ zu Beginn des 17. Jahrhunderts die Kartause zu einer barocken Kartause umbauen und erweitern. Ihre Anlage wirkt daher im Unterschied zu den beiden anderen Kartausen im heutigen Niederösterreich ausgewogen und ebenmäßig. Es gibt einen großen, quadratförmigen Hof, um den die Mönchszellen gelagert sind. Verbunden werden sie durch einen Gang, der auch die einschiffige, hohe Kirche durchläuft und diese in den Mönchschor und das Laienhaus unterteilt. Die Fassade der früheren Klosterkirche stammt aus dem letzten Viertel des 17. Jahrhunderts. Im Südosten des Hofes wurde 1717 der sogenannte Kaisertrakt angebaut. Seine reichen Stukkaturen stammen vom Beginn des 18. Jahrhunderts. Den Eingang in die Klosteranlage bildet ein prächtiges Tor mit Bandwerkschmuck aus dem 17. Jahrhundert, das um 1720 nochmals bauliche Veränderungen erfuhr.[1] Die Anlage ist bekannt für ihren Kreuzgang, der als einer der längsten Kreuzgänge von ganz Europa gilt.[2]

Geschichte

Anfänge

 
Die frühere Klosterkirche

Die Kartause Mauerbach wurde von Herzog Friedrich (I.) von Österreich, besser bekannt als König beziehungsweise Gegenkönig Friedrich "der Schöne", gestiftet. Es handelte sich um die erste Klosterstiftung eines Habsburgers auf dem Areal des heutigen Österreichs, die auch als Grablege gewählt wurde. In der Stiftungsurkunde wird als religiöse Motivation, die Sorge um das Seelenheil des Stifters und von dessen Familie hervorgehoben. Gleichzeitig erfüllte Friedrich "der Schöne" mit dieser Stiftung Erwartungen, die zu seiner Zeit an einen Herrscher gestellt wurden. Die konkrete Lage des Bauplatzes verweist aber auch auf die Absicht des Stifters, ein bestimmtes Gebiet im Herzogtum verkehrstechnisch, wirtschaftlich und als Herrscher zu erschließen.[3] Mit Blick auf die beiden etwas späteren Klostergründungen der Herzöge Otto "des Fröhlichen" und Albrecht (II.) "des Lahmen" in Neuberg und Gaming bedeutete die Gründung der Kartause Mauerbach auch den Auftakt einer Entwicklung. Der Schwerpunkt der Habsburger verlagerte sich aus ihren im Westen gelegenen Herrschaftsgebieten allmählich auf das Areal des heutigen Österreichs.[4]

Das genaue Gründungsjahr der Kartause ist nicht eindeutig geklärt. In der breiten Öffentlichkeit gilt 1314 als Gründungsjahr.[A 1] In der neueren Fachliteratur wird dagegen 1316 angeführt, da die offizielle Gründungsurkunde auf den 18. April 1316 datiert.[5]

Obwohl nach der Stiftungsurkunde im Namen von Herzog Friedrich und seinen jüngeren Brüdern Leopold, Albrecht, Heinrich und Otto ausgestellt wurde und Friedrich die Durchführung der Gründung Pfarrer Gerlach von Traiskirchen übertragen hatte, der im Rahmen dieser auch eigene Stiftungen tätigte und somit als Mitbegründer des Klosters auftrat[6], gilt die Kartause Mauerbach doch als Friedrichs Stiftung. Sie war ihm sehr wichtig, wie seine weiteren Förderungen nach ihrer Weihe und der Umstand, dass er sich hier in seinen letzten Lebensjahren häufig aufgehalten hat, zeigen. Nach seinem Tod wurde er zunächst in seiner Stiftung wohl auf eigenen Wunsch in seiner Stiftung beigesetzt. Der Legende nach sollen die Kartäusermönche von Mauerbach seinen Leichnam persönlich an seinem Sterbeort abgeholt und auf ihren Schultern in die Kartause getragen haben.[A 2].[7]

Der erste Prior war der Kartäusermönch Gottfried, ein Beichtvater und Vertrauter von Friedrich "dem Schönen" aus der im Herzogtum Steier gelegenen Kartause Seitz (im heutigen Slowenien). Die ersten Kartäusermönche besiedelten von dieser aus Mauerbach.[7]

Spätmittelalter und Neuzeit

Im Spätmittelalter gehörte die Kartause Mauerbach zu den wichtigsten und wohlhabendsten Klöstern des Herzogtums Österreich. Die Mönche von Mauerbach hielten wissenschaftliche Kontakte zur Wiener Universität.[8]

Von der Kartause Mauerbach aus wurden weitere neu gegründete Kartausen, darunter die beiden ebenfalls im heutigen Niederösterreich gelegenen Kartausen von Gaming und Aggsbach, besidelt.[8] Die Nähe zur Stadt Wien hatte aber auch negative Auswirkungen für die Kartause Mauerbach, so wurde sie im Spätmittelalter mehrmals verheert und geplündert, so während der Belagerung der Stadt Wien durch den "Ungarnkönig" Matthias Corvinus (1483-1486) und während der "Ersten Wiener Türkenbelagerung" (1529). Um 1550 bestand der Konvent der Kartause Mauerbach nur mehr aus vier Mönchen.[9]

Im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts wurde unter dem Prior Georg Fasel die Anlage des Klosters renoviert sowie um- und ausgebaut und erhielt ihr bis heute erhaltenes, frühbarockes Erscheinungsbild.[9] Obgleich die Kartause im 18. Jahrhundert als gut geführt und finanziell saniert galt, wurde sie 1782 während der "Josephinischen Kirchenreformen" zusammen dem Kartausen Gaming und Aggsbach vom Kaiser Joseph II. unter einem Vorwand aufgehoben.[7]

Die Kartause Mauerbach nach der Aufhebung

 
Kalkbrennöfen der Restaurationswerkstätten, die heute in der früheren Kartause untergebracht sind

Nach der Aufhebung wurde die frühere Kartause kam die Kartause in den Besitz der Stadt Wien. Bereits 1784 diente sie als ein Versorgungshaus für alte und unheilbar Kranke. In den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges (1944/45) war in der früheren Kartause ein Notspital untergebracht. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Kartause, die mehr und mehr verfiel, bis 1961 eine Herberge für Obdachlose. 1984 wurde hier die Restaurierungswerkstätte und das Ausbildungszentrum der österreichischen Denkmalpflege untergebracht. Diese Übernahme durch das Bundesdenkmalamt war der Beginn einer behutsamen Sanierung der früheren Klosteranlage.[9] 2014 wurde als Jubiläumsjahr in der Kartause Mauerbach mit der Sonderausstellung "700 Jahre Kartause Mauerbach" und den "Tagen der Offenen Kartause" (24. und 25. Mai 2014) festlich begangen. Gleichzeitig wurde auch gewürdigt, dass die Kartause seit 30 Jahren im Besitz des Bundesdenkmalamtes ist.[10]

Für die Kartause Mauerbach wichtige Personen

  • Herzog Friedrich (I.) von Österreich (König Friedrich (III.) "der Schöne") († 1330), Stifter der Kartause Mauerbach
  • Elisabeth von Österreich († 1336), Tochter des Stifters, wurde in der Kartause Mauerbach beigesetzt
  • Pfarrer Gerlach von Traiskirchen, Hofkaplan von Friedrich "dem Schönen", von diesem mit der Durchführung der Gründung der Kartause beauftragt, stiftete auf eigene Initiative das Siechenheim bei der Kartause[11]
  • Gottfried von Mauerbach, erster Prior der Kartause Mauerbach
  • Herzog Albrecht (IV.) von Österreich ("Albrecht das Weltwunder") († 1404), nach seiner Wahlfahrt nach Jerusalem zählte die Kartause Mauerbach zu seinen beliebtesten Aufenthaltsorten[12]
  • Georg Fasel, Prior von Mauerbach (1616-1631), unter ihm erhielt die Kartause ihr heutiges Erscheinungsbild
  • Kaiser Joseph II. († 1790): Unter ihm wurde die Kartause aufgehoben.

Besitzungen der Kartause Mauerbach

 
Das Kaisertor, das Eingangstor in den frühbarocken Kaisertrakt des ehemaligen Klosters

Die Kartause verfügte über reiche Besitzungen, die allerdings über das Herzogtum Österreich verstreut waren. Sie befand sich im Ort Mauerbach, im Tullnerfeld und im Marchfeld. Neben zahlreichen Weingärten, hatte die Kartause Mauerbach besonders wichtige Besitzungen in der damaligen Stadt Wien[A 3].[8] Sie war unter der Herrschaft der Babenberger seit Herzog Heinrich (II.) ("Heinrich Jasomirgott") Sitz des Herzogs von Österreich und gehörte zu den wichtigsten Residenzen der Habsburger. Im 15. Jahrhundert behauptete Wien sich als Hauptstadt des Herzogtums Österreich "unter der Enns", aber erst im 17. Jahrhundert wurde es die Hauptstadt des "Habsburgerreiches". Bis Mitte des 19. Jahrhunderts umfasste die Stadt Wien im Wesentlichen jenen Stadtteil, der heute den ersten Bezirk bildet. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden durch Eingemeindung die Wiener Bezirke 2-9. Ende des 19. Jahrhunderts beziehungsweise in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden durch Eingemeindung die Bezirke 10-23.</ref>. Bereits 1317 verfügten sie über Besitz im südlichen Teil der Wiener Hochstraße zwischen der Michaelerkirche und dem Clarakloster. Durch eine Schenkung von Friedrich "dem Schönen" (vom 8. Mai 1325) gehörte ihnen das Haus an den Tuchlauben 7-7a, der Mauerbachhof und spätere Seitzerhof (seit Anfang des 15. Jahrhunderts). Ein Haus in der Färberstraße, das ebenfalls in ihrem Besitz war, wurde von Friedrich "dem Schönen" zum Stiftshof erhoben (Urkunde vom 24. Juni 1327). 1335 trat die Kartause dieses Haus, das für ihre Bedürfnisse zu klein war, den Augustinern ab, wofür ihnen das "Haus der Chrannester" überlassen wurde.[7]

In der Umgebung der Kartause

 
Die frühere Pfortenkirche, heute die Mauerbacher Pfarrkirche
  • Am Eingang der früheren Kartause befindet sich die Pfortenkirche aus dem ersten Drittel des 17. Jahrhunderts, die der Heiligen Maria Himmelfahrt geweiht ist. Sie war vor der Klosteraufhebung die Kirche für die "Bediensteten" des Klosters und die Wallfahrerinnen und Wallfahrer. Die ursprünglichen Kirche St. Mariae ad piscinas war die Kirche des Siechenheims, welches Gerlach von Traiskirchen, ein Hofkaplan von Friedrich "dem Schönen" bei der Kartause gestiftet hatte.[2] Nachdem die für den Ort Mauerbach zuständige Pfarrkirche auf dem Allerheiligenberg aufgehoben und abgetragen wurde, wurden ihre Pfarrrechte auf die Pfortenkirche übertragen.[8]
  • In der Nähe der früheren Kartause befindet sich die die Kaiser-Jubiläums-Volksschule, die 1908 erbaut wurde. Interessant ist der Arkadengang, der von der Straße zum Schulgebäude führt, und an dessen Pfeilfern sich Reliefe befinden von Persönlichkeiten der "österreichischen" Geschichte, die zum Zeitpunkt der Errichtung als bedeutend eingestuft wurden. Im Zentrum des Schulhofes befindet sich eine Büste von Kaiser Franz Joseph, die Teil einer secessionistischen Brunnenanlage ist.[13]

Weblinks

  Kartause Mauerbach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Einzelnachweise

  1. vgl. Ehemalige Kartause Mauerbach, GedaechtnisDesLandes.at, abgerufen am 27. August 2021
  2. 2,0 2,1 vgl. Mauerbach, IsabellasBlog, abgerufen am 27. August 2021
  3. vgl. Alexander Sauter: Fürstliche Herrschaftsrepräsentation. Die Habsburger im 14. Jahrhundert (= Bernd Schneidmüller - Stefan Weinfurter (Hrsg.): Mittelalter-Forschungen- Bd. 12). Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern, 2003. ISBN 3-7995-4263-9. S. 41
  4. vgl. Alexander Sauter: Fürstliche Herrschaftsrepräsentation. Die Habsburger im 14. Jahrhundert (= Bernd Schneidmüller - Stefan Weinfurter (Hrsg.): Mittelalter-Forschungen- Bd. 12). Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern, 2003. ISBN 3-7995-4263-9. S. 40f.
  5. vgl. Alexander Sauter: Fürstliche Herrschaftsrepräsentation. Die Habsburger im 14. Jahrhundert (= Bernd Schneidmüller - Stefan Weinfurter (Hrsg.): Mittelalter-Forschungen- Bd. 12). Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern, 2003. ISBN 3-7995-4263-9. S. 38 und S. 40
  6. vgl. Alexander Sauter: Fürstliche Herrschaftsrepräsentation. Die Habsburger im 14. Jahrhundert (= Bernd Schneidmüller - Stefan Weinfurter (Hrsg.): Mittelalter-Forschungen- Bd. 12). Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern, 2003. ISBN 3-7995-4263-9. S. 40
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 vgl. Kartause Mauerbach im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  8. 8,0 8,1 8,2 8,3 vgl. Mauerbach, GedächtnisDesLandes, abgerufen am 27. August 2021
  9. 9,0 9,1 9,2 vgl. Kartause Mauerbach, Wehrbauten.AT, abgerufen am 27. August 2021
  10. vgl. Kleine Zeitung online vom 4. Mai 2014
  11. vgl. Alexander Sauter: Fürstliche Herrschaftsrepräsentation. Die Habsburger im 14. Jahrhundert (= Bernd Schneidmüller - Stefan Weinfurter (Hrsg.): Mittelalter-Forschungen- Bd. 12). Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern, 2003. ISBN 3-7995-4263-9. S. 40, mit Fußnote 28
  12. vgl. https://www.gedaechtnisdeslandes.at/personen/action/show/controller/Person/person/albrecht-iv-der-geduldige.html Albrecht der Geduldige], GedächtnisDesLandes, abgerufen am 27. August 2021
  13. vgl. Kaiser-Jubiläums Volksschule Mauerbach, GedaechtnisDesLandes.at, abgerufen am 27. August 2021

Anmerkungen

  1. Im Jahr 2014 wurde das 700-Jahres-Jubiläum der Kartause Mauerbach mit entsprechenden Veranstaltungen gefeiert, wie aus mehreren Zeitungen ersichtlich ist. Vgl. Kleine Zeitung online vom 4. Mai 2014, Salzburger Nachrichten online vom 4. Mai 2014 und Tiroler Tageszeitung online vom vom 4. Mai 2014
  2. Die Strecke zwischen dem Sterbeort von Friedrich "dem Schönen", der Burg Gutenstein, und Mauerbach beträgt ca. 70 Kilometer.
  3. Die Stadt Wien war damals die größte Stadt im Herzogtum Österreich und gehörte zu dessen Landständen