Johann Baptist Schimmer (* 30. November 1797[1] in Wien; † 18. August 1872 in Baden[2]) war ein österreichischer Cafetier und Bürgermeister der ehemaligen Gemeinde Weikersdorf bei Baden.

Gemälde von Carl Ludwig Hofmeister (C.L.Hofmeister um 1830)
Johann Schimmer's "Cafe Scheiner" in Baden (C.L. Hofmeister um 1830)

Leben

Johann Schimmer, dessen gleichnamiger Vater von 1812 bis 1829 Besitzer der ehemaligen Herrschaft Gutenbrunn bei Baden war, kam 1797 in Wien zur Welt. Nachdem die Herrschaft Gutenbrunn nach dem Tod seines Vaters 1829 an den k. k. Feldmarschallleutnant Johann Nepomuk Freiherr von Kutschera verkauft worden war, pachtete Schimmer diese und übernahm auch, das von seinem Vater 1802 im Eigentum erworbene und sehr gut besuchte Cafehaus Scheiner am Beginn der Weilburgstraße, dass später zum Cafe Schopf wurde und wurde so Kaffeesieder. Im Jahre 1830 ehelichte er in zweiter Ehe Maria Antonia Perger[3], eine Tochter des Badener Kaufmanns Josef Perger, der sein Handelsgeschäft am Beginn der Gutenbrunner Straße hatte, in der Badener Stadtpfarrkirche Sankt Stephan.

Als nach der Revolution von 1848/1849 im Kaisertum Österreich die Gemeinden im heutigen Sinn gegründet wurden, wurde aus der schon vorher aus den Kleinsiedlungen Dörfl, Sankt Helena und Weikersdorf erweiterter Herrschaft Weikersdorf die Gemeinde Weikersdorf konstituiert und Schimmer wurde ihr erster Bürgermeister auf Lebenszeit. Als solcher war er ein erbitterter Gegner einer zweckmäßigen Gemeindevereinigung von Weikersdorf mit Baden. Unter seiner Amtsführung wurden die Einrichtungen der neu geschaffenen Gemeindeverwaltung sowie ein neues Schul- und Gemeindehaus in der Helenenstraße erbaut. Anno 1866 erhielt er anlässlich seiner Bemühungen um die Truppenverpflegung während des österreichisch-preußischen Bruderkrieges in der Schlacht von Königgrätz das Goldene Verdienstkreuz. Schimmer verstarb im 75. Lebensjahr im Jahre 1872[4] und wurde auf dem Badener Stadtpfarrfriedhof in der Familiengruft zur letzten Ruhe bestattet[1].

Welchen Menschenschlag er angehörte, berichtete seinerzeit das Wiener Tagblatt in seinem Nachruf auf Johann Schimmer, wo einige Details auch in die heutige Zeit passen würden:

„Bürgermeister und Kaffeesieder! Was doch ein Jahr im Leben eines Menschen ausmacht! Wäre der bekannte Bürgermeister von Weikersdorf, Johann Schimmer, vor einem Jahre gestorben, der Todesfall hätte gewiß wenigstens unter den Kurgästen von Baden mehr Aufsehen, mehr von sich reden gemacht, die Journale hätten mehr davon erzählen müssen, denn der Genannte war vor einem Jahre noch eine öffentliche, eine allbekannte Persönlichkeit. …………….. Er war eben ein Pedant in Allem und Jedem, in seiner Eigenschaft als Bürgermeister sowohl, wie als Cafetier. Als Bürgermeister lebte er in fortwährendem amtlichen Konflikt mit seinem Kollegen von Baden, ein Streit, unter dem zumeist immer nur die Kurgäste von Baden zu leiden hatten. Wurde beispielsweise in Baden eine neue Straßenreinigungs- und Straßenbespritzungsmethode als „zweckmäßig“ in Antrag gebracht und der Bürgermeister von Weikersdorf mit dem Bedeuten davon verständigt, daß bei der Gemeinsamkeit der Interessen der so eng aneinander grenzenden Kommunen das neue System auch in Weikersdorf acceptirt werden müßte, da wurde von Herrn Schimmer prinzipieller Widerstand erhoben, und die Ausschüsse konnten sich so zu sagen „auf den Kopf stellen“, es geschah doch nur das, was der Herr Bürgermeister von Weikersdorf eben wollte.

Welche Dimensionen oft dieser Konflikt annahm und welche geradezu widersinnigen und lächerlichen Ergebnisse zuweilen daraus resultierten, dafür liefert eine Thatsache aus jüngster Zeit den besten Beleg: Die Kommune Weikersdorf beschloss, einige Straßen mit neuen Namen zu versehen. Dieser Beschluß wurde auch bald durchgeführt, die Badener Kommune aber nahm hie von „amtlich“ keine Kenntniß und kann man heute noch in der offiziellen Kurliste die alten Straßenbenennungen finden, ohne daß von den neuen auch nur Notiz genommen wäre. Damit erscheint nun, wie leicht begreiflich, der Zweck der Kurliste, die doch eigentlich ein Adreßbuch für Fremde sein soll, verfehlt – aber was liegt daran, die beiden Bürgermeister haben "Recht" behalten, und das ist die Hauptsache. ……………“

Neues Wiener Tagblatt vom 24. August 1872[5]

Ihm zu Ehren benannte später die Gemeinde Baden die Schimmergasse im Badener Ortsteil Weikersdorf nach ihm.

Literatur

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Johann Baptist Schimmer in der Verstorbenensuche am Stadtpfarrfriedhof Baden-St. Stephan
  2. Baden, Pfarre Sankt Stephan – Sterbebuch 1870-1877 (fol.81) auf Matricula Online
  3. Baden, Pfarre Sankt Stephan – Trauungsbuch 1801-1832 (fol.224) auf Matricula Online
  4. Todesanzeige. In: Neues Wiener Tagblatt. Demokratisches Organ / Neues Wiener Abendblatt. Abend-Ausgabe des („)Neuen Wiener Tagblatt(“) / Neues Wiener Tagblatt. Abend-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes / Wiener Mittagsausgabe mit Sportblatt / 6-Uhr-Abendblatt / Neues Wiener Tagblatt. Neue Freie Presse – Neues Wiener Journal / Neues Wiener Tagblatt, 20. August 1872, S. 7 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nwg
  5. Bürgermeister und Kaffeesieder!. In: Neues Wiener Tagblatt. Demokratisches Organ / Neues Wiener Abendblatt. Abend-Ausgabe des („)Neuen Wiener Tagblatt(“) / Neues Wiener Tagblatt. Abend-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes / Wiener Mittagsausgabe mit Sportblatt / 6-Uhr-Abendblatt / Neues Wiener Tagblatt. Neue Freie Presse – Neues Wiener Journal / Neues Wiener Tagblatt, 24. August 1872, S. 3 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nwg

Anmerkung

  • Das Original-Gemälde von Carl Ludwig Hofmeister (Wien 1790-1843) befindet sich im Biedermeiersaal des Rollettmuseums in Baden.