Gräfin Adelheid von Tirol (* um / nach 1218; † nach 20. Oktober 1278)[A 1] war eine der beiden Erbtöchter des Grafen Albert (III.) von Tirol und durch ihre Ehe eine Gräfin von Görz. Aus ihrer Erbschaft entstand im Wesentlichen die spätere (gefürstetete) Grafschaft Tirol. Teile von dieser sind heute Teil des Landes Österreich.

Herkunft und Familie

Gräfin Adelheid von Tirol war eine der beiden Töchter des Grafen Albert (III.) von Tirol († 1253) aus dessen Ehe mit Gräfin Ute von Lechsgemünd († um 1254), Tochter des Grafen Heinrich (II.) von Frontenhausen-Lechsgemünd († um 1208). Verheiratet (Eheschließung zwischen nach 1230 und vor dem 29. September 1237[1]) war sie mit dem Grafen Meinhard III. von Görz (als Graf von Tirol: Meinhard I.) († 1258). Aus ihrer Ehe sind folgende Kinder belegt:

Gräfin Adelheid von Tirol war die vermutlich ältere Schwester von Gräfin Elisabeth von Tirol († 1256). Durch die erste Ehe von dieser mit dem Grafen Otto (VIII.) von Andechs-Meranien († 1248) gelangten die Besitzungen dieser Familie, die Lehen des Hochstiftes Brixen waren, in den Besitz von Adelheids und Elisabeths Vater. Elisabeth war in zweiter Ehe mit dem Grafen Gebhard von Hirschberg († nach 1275) verheiratet.

Leben

Gräfin Adelheid von Tirol stiftete das Dominikanerinnenkloster Maria Steinach in Algund bei Meran. Dessen Stiftungsurkunde ist als Folge der sogenannten Bauernkriege (1525) verschollen, doch berichten ältere Aufzeichnungen, dass die Gräfin ihre "Frauengemeinschaft" am 8. September 1241 anlässlich einer kriegerischen Unternehmung ihres Vaters gegen die Mongolen stiftete. Durch das Fehlen der Stiftungsurkunde lässt sich allerdings nicht klären, ob bei dieser Stiftung ihr Ehemann zumindest nominell beteiligt war, wie sich in vergleichbaren Fällen beobachten lässt.[3] Dies dürfte außerdem der Grund sein, dass sich um die Gründung von Maria Steinach mehrere Legenden bildeten. Die Gräfin bedachte das Kloster auch in den Jahren nach seiner Stiftung mit weiteren Schenkungen und bestimmte es zu ihrer Grablege, allerdings wird es nicht in ihrem Testament genannt.[4] Das Dominikanerkloster Maria Steinach wurde auch von ihren Nachfolgerinnen Anna von Böhmen und Adelheid von Braunschweig entsprechend gefördert.[5]

Nachdem Tod ihres Vaters, der in der Exkommunikation verstarb, wurden sie und ihr Ehemann am 28. Juli 1254 von Bischof Egno von Trient mit allem, was ihr Vater vom Hochstift Trient zu Lehen gehabt hatte, darunter den früheren Lehen der Grafenfamilie von Ulten, belehnt. Bei dieser Belehnung werden ihre Söhne, aber nicht ihre Schwester Elisabeth und deren Ehemann, Graf Gebhard, genannt.[6] Mit dem Schiedsspruch von Meran vom 10. November 1254 erbten sie und ihr Ehemann den südlichen Teil der Tiroler Besitzungen mit dem Inntal bis Landeck und die "Tiroler" Besitzungen im heutigen Bundesland Kärnten und Friaul, einschließlich der Grafschaft im Pustertal und der Vogtei über das Gebiet des Hochstiftes Freising zu Innichen und einen Teil der Vogtei über das Hochstift Brixen.[7]

Im März 1254 verlangte Papst Innozenz IV. die Exhumierung des gebannten Grafen Albert III. aus der geweihten Erde. Weiter sollten Adelheid und ihre Schwester Elisabeth als seine Erbinnen unter Androhung des Kirchenbanns dem Hochstift Freising Genugtuung für deren Schädigung durch ihren Vater leisten.[6] Aus einer Schenkungsurkunde für das Kloster Maria Steinach vom 17. März 1257 geht hervor, dass dieser Kirchenbann über Adelheid verhängt wurde.[8]

Nach dem Tod ihres Ehemannes (Anfang des Jahres 1258) führte Adelheid vorübergehend in Tirol die Regentschaft für ihren Sohn Meinhard bis zu dessen Entlassung aus seiner Haft auf Hohenwerfen (um die Jahreswende 1258/1259), in welcher dieser zusammen mit seinem Bruder als Folge des Friedens zu Lieserhofen (1252) geraten war. Während dieser Regentschaft verwendete Adelheid ein eigenes Siegel mit einem Adler und der Umschrift "+S.A(delheidis) Comi(t)iss(a) de Tirol et Goriz(ie)". Im September 1258 wurde sie auf der Zenoburg bei Meran gemeinsam mit ihren Söhnen Meinhard und Albert mit den Lehen des Hochstiftes Chur belehnt, wobei ausdrücklich festgelegt war, dass sie bis zur Freilassung ihrer Söhne die Geschäftsführung handhaben würde.[9] Am 23. Oktober 1258 widerrief Bischof Egno von Trient die oben angeführte Vergabe der Lehen der Trienter Kirche an die Görzer Grafen und Adelheid mit der Begründung, er wäre zu dieser genötigt worden. Nach seiner Entlassung aus der Geiselhaft auf Hohenwerfen forderte Adelheids Sohn Meinhard sofort nach von Bischof Egno die Herausgabe dieser Lehen.[10] Die engste Beziehung zu einer geistigen Einrichtung pflegte Gräfin Adelheid mit dem Benediktinerinnenkloster Müstair im Münstertal, das dem Bistum Chur unterstellt war. Ab Juni 1255 bedachte sie dieses Kloster mit mehreren Schenkungen. Das Benediktinerinnenkloster Müstair war die einzige kirchliche Einrichtung in der Grafschaft Tirol, das in seinem Nekrolog dem im Kirchenbann verstorbenen Grafen Albert (III.) und seiner wohl ebenfalls gebannten Tochter Adelheid gedachte.[11] Die Jahresdatierungen der Einträge für die beiden Exkommunizierten finden sich lange vor der Verhängung des Kirchenbanns, bei Adelheid mit 1212 gar vor ihre Geburt. Das 

Benediktinerinnenkloster Müstair wollte vermutlich Probleme mit dem Papst vermeiden.

Gräfin Adelheid von Tirol, die allerdings auch als Witwe nie in Dominikanerinnenorden oder einen anderen Orden eingetreten war, dürfte nach ihrem Tod wahrscheinlich in ihrer Klostergründung Maria Steinach beigesetzt worden sein, die sie auch zu ihrer Grabstätte bestimmt hatte.[12]

Forschungslage

Mit Adelheids Testament hat sich eine wichtige Quelle für die Geschichtsforschung erhalten.[13]

Diverses

Dass Adelheid um 1240 das Dominikanerinnenkloster in Lienz gegründet hat, ist anhand der bisherigen Quellen nicht verifizierbar. Der Historiker Wilhelm Baum, bei dem sich diese Information findet, gibt für diese keinen konkreten Beleg an[14]. In den aus der Lebenszeit von Adelheid erhaltenen Urkunden aus dem Archiv des Klosters ist Adelheid nicht genannt, es werden nur zahlreiche Schenkungen an das Kloster durch ihren Ehemann Meinhard erwähnt[15]. In der Chronik des Klosters, die Gertrud Dengel 1957 aus den Klosterunterlagen erstellt hat, wird Adelheid ebenfalls nicht erwähnt.[16]

Literatur

  • Wilhelm Baum: Die Grafen von Görz in der europäischen Politik des Mittelalters. Kitab, Klagenfurt, 2000. ISBN 978-3902005045[A 3]
  • Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Fundatrix - Die adelige Frau als Klostergründerin. Beispiele für weibliche Handlungsspielräume im Tiroler Mittelalter. In: Leo Andergassen - Lukas Madersbacher (Hrsg.): Geschichte als Gegenwart. Festschrift für Magdalena Hörmann-Weingartner (= Schlern-Schriften 352). Universitätsverlag Wagner, Innsbruck, 2010. ISBN 978-3-7030.0483-4. S. 131-153
  • Julia Hörmann-Thurn und Taxis: "Nos Alhaidis comitissa Tyrol(is) … fecimus testamentum". Das Testament einer Gräfin von Tirol. In: Der Schlern 86, 2012, S. 42-57
  • Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen? Das Stiftungsverhalten der Tiroler Landesfürstinnen(13. und 14. Jahrhundert)- Weibliche Präsenz Habsburgs im Südwesten des Reiches. In: Claudia Zey (Hrsg.): Mächtige Frauen? Königinnen und Fürstinnen im Europäischen Mittelalter (11.-14. Jahrhundert) (= Vorträge und Forschungen. Hrsg. vom Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte. Bd. 81). Jan Thorbecke Verlag der Schwabenverlag AG, Ostfildern, 2015. ISBN 978-3-7995-6881-4, S. 365-410
  • Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth von Graf Albert III. von Tirol bei der territorialen Zusammenführung des Landes. In: Adler. Zeitschrift für Genealogie und Heraldik 30, April / September 2020, Heft 6-7, S. 281-312

Einzelnachweise

  1. vgl. Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth, 2020, S. 284
  2. Zur Heiratsabrede, vgl. Hermann Wiessner: Monumenta historica ducatus Carinthiae. Klagenfurt, 1956, Bd. 5, Nr. 173, S.117-119, Schloss Sommereck, 1275 Mai 29. In dieser Urkunde wird Euphemia als Gräfin von Hardegg ("Harteck") genannt und Friedrich (I.) Graf von Ortenburg als ihr Bruder bezeichnet.
  3. vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Fundatrix - Die adelige Frau als Klostergründerin, 2010, S. 142f.
  4. vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Fundatrix - Die adelige Frau als Klostergründerin, 2010, S. 144
  5. vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen?, 2015, S. 380f.
  6. 6,0 6,1 vgl. Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth, 2020, S. 288
  7. vgl. Wilhelm Baum: Die Grafen von Görz, 2000, S. 50
  8. vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen?, 2015, S. 381
  9. vgl. Wilhelm Baum: Die Grafen von Görz, 2000, S. 53.
  10. vgl. Hermann Wiesflecker: Die Regesten der Grafen von Görz und Tirol, Pfalzgrafen in Kärnten. Innsbruck, 1949, Bd. 1, Nr. 662, S. 174, Trient, 1258 Oktober 23 und Nr. 663, S.175, Trient, 1259 Februar 19
  11. vgl. Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth von Graf Albert III., 2020, S. 289f. und S. 294f. mit Quellenverweisen: MGH Necr. Germ. 1, Diocesis Churiense, Necr. Monasteriense, S. 649 und Klosterarchiv Mustair Sign. 1/77
  12. vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen?, 2015, S. 389
  13. vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen?, 2015, S. 377
  14. vgl. Wilhelm Baum: Die Grafen von Görz, 2000, S. 43f.
  15. vgl. Emil von Ottenthal - Oswald Redlich: Archivberichte aus Tirol. IV. Band, Wien 1912, Lienz, Regesten Nr. 119-149, S. 31-35
  16. vgl. Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth, 2020, S. 286

Anmerkungen

  1. Sterbedatum nach Julia Hörmann-Thurn und Taxis. Vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen?, 2015, S. 372; zu Argumenten, dass Adelheid wohl erst nach 1218 geboren wurde, vgl. Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth, 2020, S. 283
  2. Die Schreibweise des Landes Bayern mit y wurde erst einige Jahre nach dem Wiener Kongress im 19. Jahrhundert durch einen gesetzlichen Beschluss des damaligen Königs eingeführt. Da es um die Wittelsbacher bzw. um das Mittelalter geht, wird in diesem Artikel die Schreibung mit i verwendet.
  3. Bisher die einzige deutschsprachige wissenschaftliche Monographie zu den Grafen von Görz, quellenfundiert, aber in Bezug auf Sachlichkeit und Objektivität sind leider Abstriche zu machen.