Praghaus

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Das Praghaus war ein sehr bekanntes Haus in der Stadt Wien[A 1], das seit dem 13. Jahrhundert erstmals urkundlich genannt ist und bis zu seinem Abbruch im 19. Jahrhundert bestand. Im Mittelalter hatte es mehrere prominente Besitzer, diente im 15. Jahrhundert den Herzögen von Österreich (Habsburger) als eine weitere Residenz und beherbergte eine Reihe von prominenten Gästen, darunter auch zweimal politische Gefangene. Seit dem 16. Jahrhundert waren hier wichtige Ämter untergebracht.

Lage und Beschreibung

Das Praghaus befand sich bei der Ruprechtkirche. Sein Areal umfasste die späteren Konskriptionsnummern 460, 468 und 1216 im ersten Wiener Gemeindebezirke. Heute befinden sich hier die Adressen: Ruprechtsplatz 1 und 2, Ruprechtsstiege 1-5, Salzgries 1 und Salzgasse 7.[1]

Das Bauwerk

Das Praghaus ist nicht erhalten, dürfte aber ein sehr großer Baukomplex gewesen sein. Überliefert ist, dass es um 1400 mächtige Wehrtürme hatte.[1] Seit 1459 lässt sich ein gegen den Salzgries hin gelegener Garten nachweisen.[2].

Der Name Praghaus

Der Name Praghaus ist nicht geklärt. Dass sich der Name Praghaus davon ableitet, weil einer der Besitzer hier im 14. Jahrhundert Münzen geprägt haben soll, wird heute für eine Legende gehalten. Eine andere Legende erklärt den Namen Praghaus damit, dass hier König Wenzel 1393 gefangen gehalten wurde. Im Volksmund soll das Haus deshalb Klein-Prag genannt worden sein. Daraus soll sich später der Name Praghaus abgeleitet haben, der bis ins 18. Jahrhundert gebräuchlich war.[2] Gesichert ist nur, dass das Praghaus erstmals 1433/34 urkundlich als "des herzogen haus, daz man Prag nennt" belegt ist.[1]

Geschichtliche Fakten

Der "Kernbau" des späteren Praghauses befand sich "am Kienmarkt". 1288 ist es im Besitz von Jaekmir, dem Schwiegersohn eines Urbetsch, 1311-1327 gehörte es der Witwe dieses Jaekmirs.[3] 1362-1373 ist als Besitzerin Elsbeth, eine Tochter von Dietrich Urbetsch, die mit Jans von Ybbs († 1366) verheiratet war, als Besitzerin belegt. Das Haus gehörte ihr gemeinsam mit ihrem Ehemann bis 1366 und nach seinem Tod alleine.[4] 1390 wurde das Haus von ihren Neffen Dietrich und Hans Urbetsch an Hans Stösser, dem Schreiber des Hubmeisters Rudolf von Tirna, verkauft. Dieser kaufte 1392 auch das Nebenhaus(!). Nach seinem Tod kam der Hausbesitz durch gerichtliche Exekution an Rudolf und Hans von Tirna, welche ihn um 1400 an die Herzöge von Österreich (Habsburger) abtraten.[2]

Unter den Herzögen und Erzherzögen von Österreich wurde das Praghaus als Gästehaus genutzt. Später war es im Besitz des "Leopoldinischen" Familienzweiges der (Erz-)Herzöge von Österreich, wobei die zeitlichen Angaben zu den einzelnen Besitzern durchaus widersprüchlich sind. Am 15. Juli 1406 verstarb Herzog Wilhelm von Österreich ("Wilhelm der Freundliche") († 1406) nach einem Reitunfall[A 2], wobei das Praghaus als sein Sterbeort überliefert ist.[2]

Offensichtlich gehörte das Praghaus zu dieser Zeit oder weniger später den Grafen Rudolf von Sulz. Von diesem kaufte es Herzog Friedrich (IV.) von Österreich ("Friedl mit der leeren Tasche") († 1439) am 22. Mai 1411. Noch 1434 war das Praghaus in seinem Besitz.[2] Offensichtlich wurde es aber auch von seinem Bruder Erzherzog Ernst (I.) von Österreich ("Ernst dem Eisernen") († 1424) genutzt, war vielleicht ein gemeinsamer Besitz der beiden. Später gehörte das Praghaus (Erz-)Herzog Albrecht (VI.) von Österreich († 1463), der es um 1456/57 gemeinsam mit Herzog Siegmund von Österreich ("Siegmund dem Münzreichen")]] († 1396) während ihres gemeinsamen Aufenthalts in Wien Mitte der 1450er-Jahre bewohnte.[1]

Das Praghaus diente im 16. Jahrhundert auch als Gefängnis für prominente politische Personen wie den früheren "römischen" König Wenzel ("Wenzel der Faule", der hier vom 9. August bis 11. November 1402 auf Wunsch seines Bruders, des späteren Kaisers Sigismund, von Herzog Albrecht (IV.) von Österreich in Haft gehalten wurde.[2] Am 5. März 1458 ließ Erzherzog Albrecht (VI.) von Österreich im Praghaus Ulrich von Eyzing nach seiner Festnahme mehrere Monate festhalten.[1]

1471 ist erstmals ein Schankwirt im Praghaus nachgewiesen.[2] Seit dem 15. Jahrhundert stellten die (Erz-)Herzöge von Österreich außerdem das Zuhaus im Praghaus mehreren Gastwirten auf Lebenszeit zur Verfügung. In einem Brief an den damaligen Wiener Bürgermeister und den Rat der Stadt Wien befahl Kaiser Friedrich III. im Jahr 1471, dass der Wirt nicht an der Ausschank seines "Bauweines" gehindert werden dürfe.[1]

Nachdem sich die Stadt Wien 1485 dem "[w:Königreich Ungarn|Ungarnkönig]]" Matthias Corvinus ergeben und ihm ihre Tore geöffnet hatte, hielten sich dessen unehelicher Sohn Johannes Corvinus und seine Mutter Barbara Edelpöck in Wien auf, wobei dieser das Praghaus besuchte.[2]

Kaiser Maximilian I. machte das Praghaus zum Sitz des kaiserlichen Salzamts, worauf es den Namen Salzhaus[A 3] erhielt. Nachdem die Ruprechtkirche 1544 unter das landesfürstliche Patronat gekommene war, wurde das Salzamt 1590 mit ihrer Instandhaltung beauftragt.[2] Seit ca. 1795 waren im früheren Praghaus das Zimenamt (Eichamt) und das Lottoamt untergebracht.[1]

Nachdem das frühere Praghaus 1828 so baufällig geworden war, wurde sein Verkauf beschlossen. Am 30. Oktober 1830 wurde ein Parzellen-Plan für künftige Neubauten ausgearbeitet, in welchem auch die Schaffung eines Platzes vor der Ruprechtskirche vorgesehen war. Am 7. Dezember 1832 wurde das frühere Praghaus von Johannes Haidmann, einem Arzt, erworben. Dieser ließ das Haus demolieren und auf dem Areal Neubauten (heute: Ruprechtsplatz 1, Ruprechtsstiege 1 und Ruprechtsplatz 2) errichten.[2]

Das Praghaus in Sage und Legende

In einer Legende geht es um den Wiener Bürgermeister Hans von Tirna, den langjährigen Hubmeister und Münzmeister von Herzog Albrecht (III.) von Österreich und einer der historisch gesicherten Besitzer des Praghauses. Nach dieser Legende soll das Praghaus seinen Namen dem Umstand verdanken, dass er als Münzmeister hier die Wiener Pfennige prägen ließ. Da es zur selben Zeit aber auch die Schlagstube in der Landskrongasse gab, wird der Wahrheitsgehalt dieser Legende für gering gehalten.[1]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 Praghaus im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien eingesehen am 25. November 2017
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 2,8 2,9 Felix Czeike (Hrsg.): Praghaus. In: Historisches Lexikon Wien. Band 4, Kremayr & Scheriau, Wien 1995, ISBN 3-218-00546-9, S. 590.
  3. Felix Czeike (Hrsg.): Praghaus. In: Historisches Lexikon Wien. Band 4, Kremayr & Scheriau, Wien 1995, ISBN 3-218-00546-9, S. 589.
  4. Felix Czeike (Hrsg.): Praghaus. In: Historisches Lexikon Wien. Band 4, Kremayr & Scheriau, Wien 1995, ISBN 3-218-00546-9, S. 589–590.

Anmerkungen

  1. Die Stadt Wien war damals die größte Stadt im Herzogtum Österreich und gehörte zu dessen Landständen. Sie war unter der Herrschaft der Babenberger seit Herzog Heinrich (II.) ("Heinrich Jasomirgott") Sitz des Herzogs von Österreich und gehörte zu den wichtigsten Residenzen der Habsburger. Im 15. Jahrhundert behauptete Wien sich als Hauptstadt des Herzogtums Österreich "unter der Enns", aber erst im 17. Jahrhundert wurde es die Hauptstadt des "Habsburgerreiches". Bis Mitte des 19. Jahrhunderts umfasste die Stadt Wien im Wesentlichen jenen Stadtteil, der heute den ersten Bezirk bildet. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden durch Eingemeindung die Wiener Bezirke 2-9. Ende des 19. Jahrhunderts beziehungsweise in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden durch Eingemeindung die Bezirke 10-23.
  2. Da Herzog Wilhelm offensichtlich relativ jung und relativ plötzlich starb, ist ein Unfall als Todesursache glaubwürdig. Allerdings findet sich eine solche Todesursache nicht mehr in der, wenn gleich bei Wilhelm relativ spärlichen, neueren Literatur. Da es im 19. Jahrhundert ebenfalls einen Habsburger, Erzherzog Wilhelm (1827-1894), gab, der an den Folgen eines Reitunfalls verstarb, wenn gleich nicht in Wien, sondern in Baden, kann eine Verwechslung mit diesem nach der aktuellen Forschungslage nicht ausgeschlossen werden.
  3. Nach dem Suttinger-Plan handelte es sich bei diesem Salzhaus aber nur um den zum Morzinplatz gelegenen Teil des Hauses, der die Konskriptionsnummer Stadt 1.216 trug.

Weblinks