Ulrich (I.) von Liechtenstein (* im 12. Jahrhundert, um 1198; † 26. Jänner 1275 oder 1276, vielleicht in Unzmarkt-Frauenburg)[A 1] war ein im Herzogtum Steier begüterter Adliger, der im Spätmittelalter als Politiker, Minnesänger und Dichter wirkte. Als Künstler ist er bis heute eine bekannte Persönlichkeit aus dieser Zeit geblieben. Ulrich (I.) von Liechtenstein gilt außerdem als die bekannteste Persönlichkeit seiner Familie.

Herkunft und Familie

Ulrich (I.) von Liechtenstein entstammte der Familie der steirischen Liechtensteiner und war ein Nachfahre der Familie Edlen von Traisen und Feistritz. Einer seiner Vorfahren war Dietmar von Reiding († um / nach 1145).

Ulrich (I.) von Liechtenstein war einer der Söhne von Dietmar (III.) von Liechtenstein († 1218) und mit Perchta von Weißenstein verheiratet. Aus seiner Ehe hatte er mehrere Kinder:

  • Ulrich (II.) von Liechtenstein († um 1285) ∞ mit Kunigunde von Goldegg
  • Otto II. († um 1311) ∞ (1. Ehe) mit Agnes von Wildon; ∞ (2. Ehe) mit Diemut; ∞ (3. Ehe) mit Adelheid von Pottendorf
  • Diemut ∞ mit Wulfing von Trennstein
  • Perchta ∞ mit Herrand (II.) von Wildon († um 1278)

[1]


Leben

Ulrich von Liechtenstein benannte sich nach der Liechtenstein (heute Teil der Gemeinde Judenburg). 1215-1218 diente er als Knappe bei Markgraf Heinrich von Istrien († 1228). 1218 trat er das Erbe seines Vaters an. 1222 wurde er in Wien[A 2] unter Herzog Leopold (VI.) "dem Glorreichen" († 1230) zum Ritter geschlagen.[2]

Angeblich hatte Ulrich von Liechtenstein eine verwachsene Unterlippe, weshalb er sich 1224 in Graz einer kosmetischen Operation unterzog. 1227 nahm er an einem großen Turnier in Friesach teil, 1230 an einem Turnier in Brixen. Bei diesem soll er einen Finger verloren haben. 1230 hielt er sich außerdem in Rom auf.[2]

1238 soll Ulrich von Liechtenstein, als "Königin Venus" verkleidet, eine Reise unternommen haben, die ihn von Venedig über Wien bis ins böhmische Königreich führte und auf der er viele Turniere besuchte. Diskutiert wird, ob diese Reise nicht im Zusammenhang mit der Ächtung von Herzog Friedrich (II.) "den Streitbaren" († 1246) stand und von Ulrich als Tarnung genutzt wurde, um Agitationen für die Sache des Herzogs durchführen zu können, der zu diesem Zeitpunkt die erfolgreiche Wiederherstellung seiner Herrschaft über die Herzogtümer Österreich und Steier betrieb. 1240 soll Ulrich von Liechtenstein, als König Artus verkleidet, eine weitere Reise unternommen haben, welche ihn durch die heutige Steiermark bis an die Donau und schließlich nach Wiener Neustadt an den Hof seines Herzogs führte. Unter dessen Herrschaft war Ulrich von Liechtenstein 244/45 Truchsess des Herzogtums Steier.[2]

Unter dem "Böhmenkönig" Ottokar II. († 1278), mit dem er zeitweilig getrübte Beziehungen unterhielt, war er 1267-1272 Marschall des Herzogtums Steier und 1272 dort auch Landrichter[A 3][2]

Ulrich (I.) von Liechtenstein gilt außerdem als bedeutender Dichter. Bekannt ist er vor allem als Verfasser der Werke "Frauendienst", das die Geschichte eines Minnesängers erzählt und in der älteren Forschung als Autobiographie Ulrichs interpretiert wurde, und "Der Frauendienst". In beide Werke sind Minnelieder eingestreut.[2] Seine Minnelyrik wurde in die große Sammlung des Codex Manesse aufgenommen.

Erinnerungsstätten an Ulrich (I.) von Liechtenstein im heutigen Bundesland Steiermark

  • Graz: In Graz ist die Ulrich-Lichtenstein-Gasse nach ihm benannt
  • Seggau: Ulrich von Liechtenstein wurde nach seinem Tod im Stift Seckau beigesetzt, vermutlich in der von ihm gestifteten Johanneskapelle, die 1832 abgebrochen wurde.[3]
  • Unzmarkt-Frauenburg: Über dem Ortsteil Frauenburg befindet sich die gleichnamige Burgruine, Überreste einer Burg, als deren Erbauer Ulrich (I.) von Liechtenstein gilt. Sie soll ihm als Hauptsitz gedient haben. Auf der Frauenburg soll er gestorben und nach einer Überlieferung, die inzwischen als widerlegt gilt, dort auch beigesetzt worden sein.[3]

Werke

Literatur

Weblinks

  Ulrich I. von Liechtenstein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Wikisource: Ulrich I. von Liechtenstein – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. vgl. Heinz Dopsch: Der Dichter Ulrich von Liechtenstein und die Herkunft seiner Familie, 1977, S. 102
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Ulrich von Liechtenstein. In: Historisches Lexikon Wien. Band 5, Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7–502.
  3. 3,0 3,1 vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Ulrich von Liechtenstein. In: Historisches Lexikon Wien. Band 5, Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7, S. 501.

Anmerkungen

  1. Angaben nach Felix Czeike (Hrsg.): Ulrich von Liechtenstein. In: Historisches Lexikon Wien. Band 5, Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7, S. 501.
  2. Die Stadt Wien war damals die größte Stadt im Herzogtum Österreich und gehörte zu dessen Landständen. Sie war unter der Herrschaft der Babenberger seit Herzog Heinrich (II.) ("Heinrich Jasomirgott") Sitz des Herzogs von Österreich und gehörte zu den wichtigsten Residenzen der Habsburger. Im 15. Jahrhundert behauptete Wien sich als Hauptstadt des Herzogtums Österreich "unter der Enns", aber erst im 17. Jahrhundert wurde es die Hauptstadt des "Habsburgerreiches". Bis Mitte des 19. Jahrhunderts umfasste die Stadt Wien im Wesentlichen jenen Stadtteil, der heute den ersten Bezirk bildet. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden durch Eingemeindung die Wiener Bezirke 2-9. Ende des 19. Jahrhunderts beziehungsweise in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden durch Eingemeindung die Bezirke 10-23.
  3. Der Landrichter, später der Landmarschall war im Mittelalter in den im heutigen Land Österreich gelegenen Herzogtümern der Anführer der Landstände. Gewöhnlich war er ein Angehöriger des Herrenstandes. Sein Amt gilt als eines der Vorläuferämter der späteren Landeshauptleute der Kronländer und heutigen Bundesländer.
Überregionale Aspekte dieses Themas werden auch in der Wikipedia unter dem Titel Ulrich von Liechtenstein behandelt.
Hier im ÖsterreichWiki befinden sich Informationen sowie Ergänzungen, die zusätzlich von regionaler Bedeutung sind (siehe Mitarbeit).