Ulrich I. von Kapellen
Ulrich (I.) von Kapellen beziehungsweise Capellen (* im 13. Jahrhundert, um 1200/1205; † im Mai 1270)[A 1], auch "'Ulrich der Ältere"' (Ulricus Senior), war ein Ministerialer[A 2], der zunächst im Dienst des Herzogs Friedrich (II.) von Österreich ("Friedrich des Streitbaren") († 1246) und nach dessen Tod im Dienst von mehreren Fürstbischöfen von Passau stand. Er begründete mit der "Kürnberger Linie" einen der beiden Familienzweige der sogenannten "jüngeren Kapeller". Ulrich (I.) von Kapellen ist nicht mit seinem gleichnamigen Neffen zu verwechseln.
Herkunft und Familie
Ulrich (I.) von Kapellen war ein Nachfahre von Beringer von Kapellen († 12. Jahrhundert). Seine Verwandtschaft zu Degenrat von Kapellen († um 1215) ist nicht eindeutig geklärt. Dieser könnte sein Vater gewesen sein.[1] Ulrich (I.) hatte mehrere Brüder und war der Onkel von Ulrich (II.) von Kapellen.
Ulrich (I.) von Kapellen war mit einer Elisabeth von Zelking verheiratet und hatte mehrere Kinder, darunter:
Leben
Ulrich (I.) von Kapellen dürfte jener Kapeller sein, der urkundlich erstmals um 1215 in St. Georgen an der Stiefing im Gefolge des Grafen Liutold von Plain genannt wird.[1] 1237 findet er zusammen mit seinem Bruder Pilgrim von Kapellen an hervorragender Stelle in der Zeugenliste der Urkunde, mit der Herzog Friedrich (II.) "der Streitbare" die Privilegien des Erlaklosters (heute aufgehoben und Teil von St. Pantaleon-Erla) bestätigte.[3] Bereits während seiner Ächtung im Konflikt mit Kaiser Friedrich II. "Stupor Mundi" († 1250) hatten Ulrich (I.) und seine Brüder den Herzog trotz Reichacht unterstützt.[4] Nach Herzog Friedrichs Tod bezeugte Ulrich (I.) von Kapellen am 30. August 1252, gemeinsam mit Bischof Konrad (I.) von Freising († 1258) und dem Grafen von Hardeck, einen Vertrag, den der "Böhmenkönig" Ottokar II. († 1278), der die Herrschaft über die Herzogtümer Österreich und Steier zu übernehmen versuchte, mit dem Stadtministerialen Dietmar von Steyr abschloss. In diesem übergab dieser die Herrschaft mit der Stadt Steyr an den "Böhmenkönig" und erhielt dafür die Erlaubnis zur Gründung der Herrschaft Losenstein innerhalb des landesfürstlichen Kammergutbezirkes.[5] Im August des Jahres 1257 beteiligte sich Ulrich (I.) von Kapellen als "Ministerale von Österreich" ("ministerialis Austrie") an König Ottokars katastrophalen Feldzug gegen die bairischen Herzöge. Er verteidigte mit mehreren böhmischen und österreichischen Adligen die belagerte Stadt Mühldorf am Inn, damals dem Erzstift Salzburg zugehörig, und konnte diese neun Tage halten. Nach dem Fall von Mühldorf vorübergehend gefangen gesetzt, wurden er und seine Gefährdeten, angeblich wegen ihres bewiesenen Mutes, relativ bald wieder vom bairischen Herzog freigelassen.[6]
Obwohl Ulrich (I.) von Kapellen zwischen 1255 und 1269 verstreut als Zeuge einiger weiterer Urkunden, die König Ottokar ausstellen ließ, belegt ist, dürfte ihm und auch der übrigen Familie nicht der "Sprung" in die oberste Gruppe der politisch handlungsfähigen Adligen unter dem Böhmenkönig gelungen sein.[7] In den 1250er- und 1260er-Jahren, vielleicht als Folge der Schlacht von Mühldorf (1257), findet sich Ulrich (I.) als Ministeriale meistens im Dienst für die Fürstbischöfe von Passau, für die er mehrere ihrer Urkunden bezeugte.[2] Unter Fürstbischof Berthold († 1254, Fürstbischof von Passau 1250-1254) wurden ihm Güter zu Landshag (Abwinden) verpfändet, die dessen Nachfolger Fürstbischof Otto († 1265, Fürstbischof von Passau 1254-1265) aber wieder von Ulrich (I.) rücklöste.[8] Es scheint, dass Ulrich (I.) von Kapellen trotzdem gerade zu diesem Fürstbischof ein besonders gutes Verhältnis aufbauen konnte.[2] Er begleitete ihn auf mehreren Reisen zwischen Passau, Ebelsberg (heute Teil der Stadt Linz), St. Pölten und Wien.[9] 1255 wurde er von ihn beauftragt, dem Stift von Baumgartenberg gemeinsam mit seinen Brüdern zu Hilfe zu kommen.[10] Dass sich Ulrich (I.) von Kapellen im Dienst der Fürstbischöfe von Passau hohes Ansehen erworben hatte, zeigt, dass ihn Bischof Otto als Schiedsrichter mit der Beilegung eines Streites zwischen dem Brüdern Heinrich und Wernhard von Schaunberg betraute.[8]
1270 schenkte Ulrich (I.) von Kapellen dem Stift von St. Florian für sein eigenes Seelenheil und das seiner Vorfahren ein Pfund auf seinem Hof zu "Klingelbach". Zu diesem Zeitpunkt dürfte er bereits krank gewesen sein. Seinen Plan, diesen Hof nach seiner Genesung gegen ein dem Kloster näher gelegenes Grundstück einzutauschen, dürfte er nicht mehr erfüllt haben.[8] Seine Söhne begründeten den Familienzweig der Kapeller, welcher sich nach einer heute abgegangenen Burg auf dem Kürnberg (heute Teil der Stadt Linz) benannte.[11]
Literatur
- Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen. (Ungedruckte) Dissertation, Universität Wien, 2002
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 37
- ↑ 2,0 2,1 2,2 vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 50
- ↑ vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 40
- ↑ vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 59
- ↑ vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 53
- ↑ vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 55
- ↑ vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 54
- ↑ 8,0 8,1 8,2 vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 51
- ↑ vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 50f.
- ↑ vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 44
- ↑ vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 58
Anmerkungen
- ↑ Lebensdaten nach Heribert Raidl. Vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 48 und S. 51f.
- ↑ Die Ministerialen, auch als "Dienstadel" bezeichnet, bildeten im Mittelalter innerhalb des "niederen" Adels eine eigene Gruppe. Ursprünglich "Unfreie", waren sie durch ein Dienst- oder Lehnsverhältnis in den "niederen" Adel aufgestiegen, im Unterschied zu den "edelfreien" oder "hochfreien" Adelsfamilien.