Gräfin Anna Maria von Thurn (* im 16. Jahrhundert; † 24. Februar 1606)[A 1], auch Gräfin Anna Maria von Hardegg oder Freiin Anna Maria von Tschernembl, war durch Heirat eine Gräfin von Hardegg und Freiin von Tschernembl. Nach der Hinrichtung ihres ersten Ehemannes kämpfte sie vergebens um seine Rehabilitierung und seine beschlagnahmten Besitzungen und Einkünfte. Sie darf nicht mit ihrer gleichnamigen Schwägerin Anna Maria († um 1697), der Ehefrau des Grafen Heinrich (II.) von Hardegg († 1677), verwechselt werden.

Herkunft und Familie

Gräfin Anna Maria von Thurn entstammte der ursprünglich im Friaul beheimaten Adelsfamilie der Grafen von Thurn und Valsassina. Sie war die Tochter des Freiherren Wolfgang von Thurn zum Kreuz aus dessen Ehe mit Rosina Innerseerin auf Schmiding. Ende Mai des Jahres 1583 heiratete sie den Grafen Ferdinand zu Hardegg, Glatz und im Machland, Erbschenk in Österreich und Erbtruchsess in Steier († 16. Juni 1595). Ihr Ehemann war ein Urenkel des Grafen Johann (II.) von Rosenberg († 1472) und ein Enkel von Heinrich Prüschenk († um 1513), der unter Kaiser Maximilian I. zum Grafen von Hardegg aufgestiegen war. Aus dieser Ehe hatte sie mehrere Kinder.[1]

Nach Hinweisen, in dem von ihr als Witwe angefertigten Verzeichnis über ihre persönliche "Fahrhabe" und ihren Schmuck, der nach der Verhaftung ihres Ehemannes beschlagnahmt worden war, hatte sie einen Sohn (* um 1589/91; † um / vor 1595) , der früh starb und dessen Name nicht überliefert ist.[2]

Zwei Töchter sind urkundlich genannt.[1]

  • Gräfin Anna Susanna zu Hardegg († vor 1614), urkundlich genannt 1614 und 1621, war die Ehefrau des Freiherrn Reichart von Tschernembl. [1]
  • Gräfin Rosina Salome zu Hardegg, ebenfalls urkundlich 1614 und 1621 genannt, war 1614 noch nicht verheiratet. 1621 war sie bereits verwitwet und führte den Namen Pelin. Eine Ehe mit Johann Andreas Woyttich zu Taxen, die in der Literatur angenommen wird, lässt sich urkundlich nicht belegen.[1]

Am 18. Juli 1601 schloss Anna Maria in Laibach eine zweite Ehe mit dem Freiherren Hans Georg von Tschernembl auf Windegg und Schwertberg (* um 1573; † 1622, in Gießen)[3]

Leben

Zum Zeitpunkt der Heirat mit Gräfin Anna Maria von Thurn hatte Graf Ferdinand von Hardegg von den Grafen Salm die Burg und Herrschaft Kreuzenstein (heute Teil der Gemeinde Leobendorf) gekauft. Mit dieser wurde er am 25. September 1585 von Kaiser Rudolf II. († 1612) belehnt. Ferdinand war seit 1580 Obrist im Dienst des Kaisers und gehörte seit 1584 dem Hofkriegsrat an.[1] Kurz bevor der verhängnisvolle Krieg gegen die Osmanen Anfang der 1590er-Jahre ausbrach, wurde er Kommandant der wichtigen ungarischen Festung Raab. Am 3. Oktober 1593 verfasste er ein Testament. In diesem traf er Anweisungen für seine Beisetzung, mit deren Ausführung er Anna Maria beauftragte und bestimmte Vormunde für seine Witwe und seine Kinder. Diese sollten im Falle seines Todes alle urkundlich belegten Schulden begleichen und das verbleibende Vermögen seiner Witwe zur Nutzung für die Zeit ihres Witwenstandes übergeben. Für den Fall einer erneuten Eheschließung sollten die Vormunde ihr alles überlassen, was ihr nach dem Heiratsbrief zustand. Das übrige nachgelassene Vermögen sollten seine Kinder erben.[4]

Nachdem der Krieg gegen die Osmanen einen für die kaiserliche Seite katastrophalen Verlauf nahm und die Festung Raab belagert wurde, übergab Ferdinand von Hardegg diese am 29. September 1594 an die Osmanen.[5] Am 5. Oktober 1594 wurden er und seine Mitarbeiter in Haft genommen und ein Prozess wegen Hochverrats gegen sie eingeleitet.[6] Das bereits im März 1595 gefällte Todesurteil, das erst im Mai 1595 publik gemacht wurde, wurde am 16. Juni 1595 in Wien vollstreckt.[7] Anna Maria, die offensichtlich nur von ihrem Schwager, den Grafen Ulrich (II.) von Hardegg († vermutlich um 1596) unterstützt wurde, dürfte im Mai 1595 auf Anraten von Ferdinand eine Reise nach Prag zum Kaiser beabsichtigt haben, die aber letztlich nicht stattfand. Sie bemühte sich noch im Juni 1595 vergeblich um eine Audienz bei Erzherzog Matthias († 1619), der den Oberbefehl im Krieg gegen die Osmanen gehabt hatte, und erhoffte sich Hilfe von Markgraf Karl von Burgau († 1618), der ebenfalls an dem Kriegszug beteiligt gewesen war. Die einzige tatsächliche Hilfe war die Fürsprache in Wien und Prag, die sie von Graf Karl von Mansfeld erhielt, in dessen Regiment ihr Ehemann als Obristleutnant in seinen Anfangsjahren gedient hatte[8]. Mehrmals erbat sie sich Rat von ihrem anderen Schwager, den Grafen Siegmund von Hardegg († um 1599), der damals noch am Leben war. In einigen Briefen, die sich im Familienarchiv in Stetteldorf erhalten haben, bat sie außerdem ihrer Neffen, den Grafen Georg Friedrich von Hardegg († 1626) um Unterstützung.[9]

Nach der Hinrichtung dürfte Anna Maria den Leichnam ihres Ehemannes nach Stetteldorf am Wagram überführt und ihn zunächst in der dortigen Familiengruft beigesetzt haben. Diese war erst von Graf Julius (II.) von Hardegg († um 1593), einem weiteren bereits verstorbener Schwager, angelegt worden. Offensichtlich hatte sie ursprünglich die Absicht, ihn endgültig in der Familiengruft in Hardegg beisetzen zu lassen, was jedoch ihr Schwager Siegmund nicht zuließ. Wenig später dürfte er seine letzte Ruhestätte in oder bei der Burg Kreuzenstein gefunden haben, über welche Anna Maria bis Anfang Juli 1595 noch verfügen konnte.[10]

Anfang Juli 1595 wurde die Burg Kreuzenstein, zusammen mit den Gütern und Einkünften, die im Besitz von Ferdinand gewesen waren, konfisziert. Anna Maria, die weiterhin daran festhielt, dass ihr Ehemann am Verlust der Festung Raab keine Schuld trage und ihm von Erzherzog Matthias schweres Unrecht zugefügt worden war, kämpfte noch sehr lange um seine Rehabilitierung.[10] Außerdem war sie nicht bereit, die im Urteil verfügte Beschlagnahme aller seiner Güter und Einkünfte hinzunehmen, wobei sie sich auf ihren Heiratsbrief aus dem Jahr 1583 und sein Testament aus dem Jahr 1593 berief. Im Heiratsbrief waren ihr ausdrücklich Anrechte auf gewisse Teile seines Nachlasses zugestanden worden.[11] Sie forderte die Herausgabe ihrer "Fahrhabe", darunter ihren Schmuck, Kleider, Wäsche etc., und außerdem die Erstattung der Geldbeträge, die ihrem Ehemann geliehen oder für ihn bezahlt worden waren. Außerdem forderte sie auch die auf der Burg Kreuzenstein gefangenen Osmaninnen und Osmanen, die ihr teils von ihrem Ehemann und einem Verwandten geschenkt worden waren. Obwohl von ihr gestellte Forderungen durchaus anerkannt wurden, konnte sie sich jedoch nicht durchsetzen und dürfte um 1600 aufgegeben haben. Nachdem sie 1601 eine weitere Ehe eingegangen war, starb sie im Februar 1606 nach einer Fehlgeburt. Am 16. März wurde sie in Schwertberg beigesetzt.[3]

Erinnerungen

Im Archiv von Schloss Stetteldorf haben sich einige Briefe von Maria Anna von Thurn erhalten.[12]

Literatur

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 vgl. Friedrich Hausmann: Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab, 1983, S. 185
  2. vgl. Friedrich Hausmann: Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab, 1983, S. 185f.
  3. 3,0 3,1 vgl. Friedrich Hausmann: Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab, 1983, S. 201
  4. vgl. Friedrich Hausmann: Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab, 1983, S. 187
  5. vgl. Friedrich Hausmann: Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab, 1983, S. 194ff.
  6. vgl. Friedrich Hausmann: Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab, 1983, S. 195
  7. vgl. Friedrich Hausmann: Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab, 1983, S. 198f.
  8. vgl. Friedrich Hausmann: Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab, 1983, S. 184
  9. vgl. Friedrich Hausmann: Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab, 1983, S. 199
  10. 10,0 10,1 vgl. Friedrich Hausmann: Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab, 1983, S. 200
  11. vgl. Friedrich Hausmann: Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab, 1983, S. 200f.
  12. vgl. Frauenbriefe, Univie.AC.AT, abgerufen am 28. Jänner 2023

Anmerkungen

  1. Angabe zum Sterbedatum nach Friedrich Hausmann: Ferdinand Graf zu Hardegg und der Verlust der Festung Raab, 1983, S. 201