Willbirg von Hardegg

Version vom 19. Mai 2023, 19:03 Uhr von Ermione 13 (Diskussion | Beiträge) (→‎Herkunft)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Gräfin Willbirg oder Wilbirg von Hardegg (* im 13. Jahrhundert; † 27. August 1314)[A 1], auch Willbirg von Helfenstein, war nach dem Tod der Grafen von Plain und Hardegg in der Schlacht von Staatz (26./27. Juni 1260) die Haupterbin der im heutigen Bundesland Niederösterreich gelegenen Grafschaft Hardegg. Über ihre dritte Ehe gelangten die im Herzogtum Sachsen ansässigen Burggrafen von Magdeburg (Maidburg) in den Besitz von dieser Grafschaft, wo sie bis 1483 die Herrschaft bzw. Verwaltung innehatten.

Das ehemalige Zisterzienserinnenstift von Melon und St. Bernhard. Gräfin Willbirg von Hardegg gründete es gemeinsam mit ihrem Ehemann Heinrich und einem der Kuenringer.

Herkunft

Nach Contantin von Wurzbach war Gräfin Willburg von Hardegg eine gebürtige Gräfin von Helfenstein. Sie schloss mehrere Ehen, hinterließ aber keine Söhne[A 2],

∞ in 1. Ehe mit dem Grafen Otto (II.) von Plain und Hardegg († 26./27. Juni 1260 bei Staatz)
∞ in 2. Ehe mit dem Burggrafen Heinrich von Dewin († Dezember 1270), oberer Landrichter im Herzogtum Österreich[1]
∞ in 3. Ehe mit dem Grafen Berthold von Wiehe-Rabenswalde († 1312), der 1279 das Dominikanerkloster in Retz stiftete.[3] Sein Großneffe, Burggraf Berthold (I.) von Maidburg († 1328), erbte später die Grafschaft Hardegg.[4] Er begründete eine weitere Grafenfamilie von Hardegg, die mit Michael von Maidburg († 1483), vermutlich seinem Urenkel, im 15. Jahrhundert in "männlicher Linie" ausstarb.

Gräfin Willbirg von Hardegg war die Schwägerin des Grafen Konrad (III.) von Plain und Hardegg, der gemeinsam mit ihrem Ehemann in der Schlacht bei Staatz getötet wurde. Sie war außerdem die Schwägerin jener Gräfin Euphemia von Ortenburg, die ursprünglich mit dem Grafen Albert (I.) von Görz († um 1304) verlobt gewesen war.

Leben

Kurz vor der Schlacht bei Staatz ließ sich Graf Otto (II.) von Plain und Hardegg vom "Böhmenkönig" Ottokar eine Urkunde ausstellen, nach welcher dieser ihm für den Fall seines Todes zusicherte, die an ihn verliehenen landesfürstlichen Lehen auf seine Witwe Willbirg zu übertragen. Nachdem er in der Schlacht bei Staatz gefallen war, gelang es der Witwe den größten Teil der Grafschaft Hardegg für sich zu behaupten. Lediglich einige "Außenposten" wie das Landgericht Peilstein und "Rechte" an der Herrschaft Raabs musste sie der Familie des böhmischen Adligen Wok von Rosenberg († um 1262) überlassen.[5] Spätestens 1262 schloss sie ihre zweite Ehe mit Burggraf Heinrich.[6] Nach dessen Tod gelang es ihr die Hardegger Gefolgsleute unter ihrer Führung zusammenhalten, womit auch die Grafschaft Hardegg als Herrschaftsgebilde weiterbestand.[7]

Mitte der 1270er-Jahre schloss Gräfin Willbirg von Hardegg ihre dritte Ehe mit einem weiteren Adligen aus Thüringen, der im Gefolge von König Rudolf I. ins Herzogtum Österreich gekommen war. Dieser wurde ebenfalls mit der Grafschaft Hardegg belehnt. Allerdings erhob Graf Albert (I.) von Görz († um 1304), der um 1275 Euphemia von Ortenburg, die Witwe von Willbirgs Schwager Konrad (III.), oder ihre gleichnamige Tochter geheiratet hatte, begründet auf dieser Ehe, ebenfalls Anspruch auf die Grafschaft Hardegg.[7] Willbirg und Berthold konnten sich jedoch letztlich durchsetzen.[8]

Hatte sich unter Willbirgs zweitem Ehemann Heinrich das Zentrum der Grafschaft von Hardegg nach Pulkau verlagert, so ließ ihr dritter Ehemann Berthold die Stadt Retz, die sich an einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt befand, zum wichtigen politischen und wirtschaftlichen Mittelpunkt seiner der Grafschaft ausbauen.[9] Das von ihr und Heinrich gegründete Zisterzienserinnenkloster von Meyland (Melon) diente als Versorgungseinrichtung für weibliche Familienmitglieder, das von ihm und ihr neu gegründete Dominikanerkloster von Retz wurde das neue Hauskloster für seine Familie und ihre Grablege.[4]

Nach dem Tod von Berthold schloss Willibirg keine weitere Ehe mehr, Ihre Geschäfte dürfte der gleichnamiger Großneffe von Berthold für sie geführt haben, welchem gemeinsam mit seiner Ehefrau bereits zu Lebzeiten von Berthold mit landesfürstlicher Zustimmung ein Teil der Grafschaft Hardegg übertragen worden war. In ihren Urkunden, in denen es vor allem um Schenkungen an Klöster und Seelgerätstiftungen für ihre verstorbenen Ehemänner geht, wird sie bis zu ihrem Tod weiterhin als Gräfin von Hardegg tituliert, während der Großneffe nur als Burggraf von Maidburg aufscheint.[10] Dieser trat erst nach ihrem Tod die Herrschaft über die ganze Grafschaft Hardegg an.[11]

Willbirg im Urteil der Zeitgenossen

Die Herrschaftszeit von Gräfin Willbirg von Hardegg und ihrem dritten Ehemann Bertold gilt als eine "glückliche" Zeit für die Grafschaft Hardegg. Offensichtlich aber brachte sie dem Ehepaar auch viel Neid ein. Fragwürdig wirkt zumindest das Lob, dass die Gräfin durch den Dichter Seifried Helbling († im 14. Jahrhundert) erfährt. Dieser würdigt sie zwar als erfolgreiche Wirtschafterin, unterstellt ihr aber auch zu wuchern. Nach ihm soll sie Pfennige verliehen und dafür Marken erhalten haben, was zumindest andeutet, dass sie Geld gegen Zinsen verlieh. Sie soll außerdem ihr Getreide für schlechte Zeiten gehortet haben, um es dann besonders teuer zu verkaufen.[9]

Literatur

  • Constantin von Wurzbach: Hardegg, Berthold von Rabenswalde Graf von. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien, 1860. Bd. 7. S. 351 digital
  • Roman Zehetmayer: Das Urbar des Grafen Burkhard III. von Maidburg-Hardegg aus dem Jahre 1363. Mit einer Einleitung zur Struktur der Grafschaft Hardegg im 14. Jahrhundert (= Fontes Rerum Austriacarum. Österreichische Geschichtsquellen. Dritte Abteilung Fontes Iuris. Bd. 15). Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2001. ISBN 3-205-99394-2, besonders S. 39-44

Einzelnachweise

  1. vgl. Roman Zehetmayer: Das Urbar des Grafen Burkhard III. von Maidburg-Hardegg aus dem Jahre 1363, 2001, S. 40f.
  2. vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer. Landherren im Schatten der Kuenringer. (Ungedruckte) Dissertation, Universität Wien, 1990, S. 70, Fußnote 42
  3. vgl. Dominikanerkonvent Retz, Ordensgemeinschaften.AT, abgerufen am 8. August 2021
  4. 4,0 4,1 vgl. Roman Zehetmayer: Das Urbar des Grafen Burkhard III. von Maidburg-Hardegg aus dem Jahre 1363, 2001, S. 45
  5. vgl. Roman Zehetmayer: Das Urbar des Grafen Burkhard III. von Maidburg-Hardegg aus dem Jahre 1363, 2001, S. 39
  6. vgl. Roman Zehetmayer: Das Urbar des Grafen Burkhard III. von Maidburg-Hardegg aus dem Jahre 1363, 2001, S. 40
  7. 7,0 7,1 vgl. Roman Zehetmayer: Das Urbar des Grafen Burkhard III. von Maidburg-Hardegg aus dem Jahre 1363, 2001, S. 41
  8. vgl. Roman Zehetmayer: Das Urbar des Grafen Burkhard III. von Maidburg-Hardegg aus dem Jahre 1363, 2001, S. 42 und S. 43
  9. 9,0 9,1 vgl. Roman Zehetmayer: Das Urbar des Grafen Burkhard III. von Maidburg-Hardegg aus dem Jahre 1363, 2001, S. 43
  10. vgl. Roman Zehetmayer: Das Urbar des Grafen Burkhard III. von Maidburg-Hardegg aus dem Jahre 1363, 2001, S. 44
  11. vgl. Roman Zehetmayer: Das Urbar des Grafen Burkhard III. von Maidburg-Hardegg aus dem Jahre 1363, 2001, S. 46

Anmerkungen

  1. Sterbedatum und -ort nach Wurzbach, dessen Angaben allerdings recht widersprüchlich wirken. Vgl. Constantin von Wurzbach, 1860, Bd. 7, S. 351, Nach Roman Zehetmayer starb Berthold von Rabenswalde im August des Jahres 1312, was zumindest mit dem Sterbemonat und dem Sterbejahr bei Constantin von Wurzbach übereinstimmt. Vgl. Roman Zehetmayer: Das Urbar des Grafen Burkhard III. von Maidburg-Hardegg aus dem Jahre 1363, 2001, S. 45
  2. Die im Wurzbach aufgelisteten Kinder, vgl. Constantin von Wurzbach, 1860, Bd. 7, S. 351, sind mit Vorsicht zu betrachten. Offensichtlich wurde bereits von späteren Grafen von Hardegg versucht, Willbirg und Berthold zu ihren direkten Vorfahren zu machen. Urkundlich belegt ist jedoch nur eine gleichnamige Tochter. Nicht auszuschließen ist allerdings, dass es Kinder, darunter Söhne, gegeben könnte, die jung gestorben sind beziehungsweise letztlich ihre Eltern nicht überlebt haben. Ein Indiz dafür ist, dass Berthold und Wilbirg erst in ihren letzten Lebensjahren einen ihrer Großneffen als Nachfolger aufbauten und nicht bereits dessen Vater.