Kolpingsfamilie Dornbirn
Die Kolpingsfamilie Dornbirn (bis 1951: Katholischer Gesellenverein Dornbirn[1]) ist ein nationaler katholischer Sozial- und Arbeiterverein[2] mit Sitz in Dornbirn in Vorarlberg, Österreich. Er ist benannt nach Adolph Kolping (1813–1865), der zweiter Präses des von Johann Gregor Breuer 1846 in Elberfeld gegründeten Gesellenvereins war und an vielen anderen Orten weitere Gesellenvereine gründete.
Neben der Kolpingfamilie Dornbirn gibt es in Vorarlberg noch den Diözesanverband Vorarlberg[3], die Kolpingsfamilie Altach[4], die Kolpingsfamilie Bezau[5], die Kolpingsfamilie Bludenz[6], die Kolpingsfamilie Bregenz[7], die Kolpingsfamilie Feldkirch[8] und die Kolpingsfamilie Götzis.[9]
Kernstück und Schwerpunkt der Arbeit der Kolpingfamilie Dornbirn ist das Engagement mit und für die Familie. Der Kolpinggruß lautet „Treu Kolping“ mit der Antwort „Kolping treu“.
Geschichte
Das Kolpingwerk in Dornbirn begann wie in anderen Ländern als katholische Gemeinschaft für Handwerksgesellen.[10] Der Verein wurde als „katholische Gesellenverein“ in Dornbirn 1860 von Martin Jochum (Lehrer) und Jakob Künz (Lehrer) initiiert.[11] Es handelt sich dabei, nach der Kolpingsfamilie in Feldkirch und in Bregenz um den dritten in dieser Form bestehenden Gesellenverein in Vorarlberg.[12] Bei der Gründungssitzung waren mehr als 40 Gesellen anwesend. Erster Präses wurde Alois Berchtold (vom 16. Dezember 1860 bis 19. Oktober 1869), der ursprünglich für dieses Amt gewählte Pfarrer Martin Fußenegger lehnte es wegen Arbeitsüberlastung ab. Die Genehmigung der Vereinssatzungen erfolgte am 10. Jänner 1861, als eigentliches Gründungsdatum gilt daher 1861.
Damit ist der Dornbirner Gesellenverein auch im gesamten Kolpingwerk in Österreich einer der am frühesten gegründeten.[13] Nach der Gründung und Genehmigung durch die Statthalterei in Innsbruck und dem Generalvikariat in Feldkirch begann die erfolgreiche Suche nach Geldmitteln bei vermögenden Dornbirnern und die Einrichtung des ersten Hauses in einer leerstehenden Schule in der Mozartstraße inkl. einer kleinen Bibliothek. Am 19. Mai 1861 erfolgte die offizielle Gründungsfeier. Bereits 1861 kam es zu einer Differenzierung zwischen Handwerksgesellen und Arbeiter. Die bisher geduldeten Arbeiter (z. B. Weber und Drucker) wurden nunmehr ausgeschlossen und nur mehr „wirkliche“ Handwerksgesellen im Verein aufgenommen. Bereits im ersten Vereinsjahr waren mehr als 90 Gesellen Mitglieder. Bis März 1877 waren 784 Gesellen Mitglieder, bis 1914 waren es 2257 Gesellen.
Als 1882 das Schulhaus in der Mozartstraße, indem sich der Gesellenverein befand, von der Stadt Dornbirn wieder selbst benötigt wurde, errichtete der Gesellverein 1882 in der Bahnhofstraße Nr. 5 ein eigenes Gebäude (dieses wurde 1888 aufgestockt). Der Grundstückskauf wurde wesentlich von Adolf Rhomberg unterstützt, dessen Frau, Anna Rhomberg, Fahnenpatin des Vereins war. 1936 wurde das Haus verkauft und der ehemalige Gasthof Hirschen in der Jahngasse 20 erworben und bis 2008 immer weiter ausgebaut (z. B. Restaurant und Wohnheim). Mit dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland wurde auch der katholische Gesellverein in Dornbirn verboten und am 7. September 1938 von der Gestapo aufgelöst. Das Eigentum am Haus des Gesellenvereins wurde an die Hitlerjugend (HJ) und den Bund Deutscher Mädel (BDM) übertragen, das Vereinsvermögen an die NSDAP übergeben.
Nach der Befreiung Vorarlbergs von der nationalsozialistischen Diktatur durch französische Truppen Anfang Mai 1945 wurden im Gesellenhaus vorübergehend marokkanische Armeeangehörige einquartiert. Am 4. März 1946 konnte der katholische Gesellenverein in Dornbirn sein Vereinsleben wieder aufnehmen, nachdem die französische Kommandantur dem zugestimmt hatte. Am 2. Februar 1948 wurde das Vermögen des katholischen Gesellenvereins in Dornbirn zurückgegeben. Am 14. März 1946 wurde Kaplan Anton Nenning zum Präses gewählt. In weiterer Folge wurde das Gesellenhaus in den folgenden Jahrzehnten immer weiter ausgebaut und renoviert, was auch zu starken finanziellen Belastungen des Vereins unter der Leitung von Präses Franz Winsauer führte, der ohne öffentliche Unterstützung nicht weiter existieren konnte. 1970 wurden die ersten weiblichen Mitglieder im Verein aufgenommen, 1973 wurde die erste Mädchengruppe im Rahmen der Kolpingsfamilie Dornbirn gegründet. 1976 wurde das Kolping-Mädchenwohnheim in Dornbirn gegründet. Unter der Leitung von Franz Winsauer wurde auch ab 1966 bis 1970 Pläne für das Kolping-Feriendorf Ebnit-Heumöser zusammen mit dem Zentralverband der Deutschen Kolpingsfamilie und der Stadt Dornbirn ausgearbeitet und ab 1970 umgesetzt. Seit 1995 ist auch für die Mitgliedschaft in der Kolpingfamilie Dornbirn es nicht mehr erforderlich, der Römisch-katholischen Kirche als Mitglied anzugehören.
Von 1982 bis 2006 bestand im Kolpinghaus in Dornbirn ein Stützpunkt für österreichische Heeressportler (HSNS) mit einer provisorischen Dienststelle. Durch die 1992 eröffnete Fachhochschule Vorarlberg in Dornbirn entstand neuer Bedarf für günstige Nächtigungsmöglichkeiten, die u. a. vom Kolpinghaus abgedeckt werden konnten bzw. neue Heimplätze geschaffen wurden (ab 1997. 2002/2001 Baustufe II, die am 12. Oktober 2002 feierlich eröffnet wurde. Baustufe III wurde am 5. April 2008 eröffnet. Das Kolpinghaus umfasst heute eine bebaute Fläche von rund 5.600 m²).
Organisation
Der Tätigkeitsbereich des Vereins ist vorrangig auf das Gemeindegebiet von Dornbirn in Vorarlberg konzentriert.
Vorstand
Der Vorsitzende (Obmann) des Vereins verfügt nicht über die volle Verfügungsmöglichkeit, wie bei anderen Vereinen. Für wichtige wirtschaftliche Verfügungen ist die Zustimmung der Wirtschaftsvorstandes erforderlich.
Vorsitzende der Vereins (Stand 2023) ist Cosima Jäger. Vorsitzender des Wirtschaftsvorstands ist Kurt Gmeiner. Kassierin ist Edeltraud Grosskopff, Schriftführerin Johanna Ortner. Leiter des Kolpinghauses ist Eugen Wohlgenannt und Leiter der Kolpingjugend Josef Rosenzopf.
Für die Abhaltung der Generalversammlung einer örtlichen Kolpingsfamilie gibt es einheitliche Geschäftsordnung, die von der Bundes-Generalversammlung beschlossen und in Kraft gesetzt wurde.[14]
Siehe auch
Weblinks
Kolpingsfamilie Dornbirn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons
Einzelnachweise
- ↑ Offizielle Umbenennung des Vereins in Kolpingsfamilie Dornbirn war im März 1963. In Deutschland erfolgte die Umbenennung der katholischen Gesellenvereine bereits 1935 in „Kolpingsfamilien“, um einem Verbot durch die nationalsozialistische Diktatur zu entgehen.
- ↑ ZVR-Zahl:780 870 781.
- ↑ ZVR-Zahl: 568 921 666. Zuständig für die Kolpingsfamilien in Altach, Bezau, Bludenz, Bregenz, Feldkirch, Dornbirn, Götzis.
- ↑ ZVR-Zahl: 808 628 241.
- ↑ ZVR-Zahl: 894 837 695.
- ↑ ZVR-Zahl: 504 001 306.
- ↑ ZVR-Zahl: 792 377 050
- ↑ ZVR-Zahl 799 382 935.
- ↑ ZVR-Zahl: 721 509 263.
- ↑ Die weiteren Ausführungen ohne eigene Zitation sind aus „150 Jahre Kolpingsfamilie Dornbirn“ von Andreas Natter, Dornbirner Schriften, Beiträge zur Stadtkunde 40, übernommen.
- ↑ Beide sowie der erste Präses, Alois Berchtold, waren politisch dem katholisch-konservativen Lager zugewandt. Jochum und Künz Vorstandsmitglieder des 1868 gegründeten Kasinos.
- ↑ Siehe auch hierzu: Im Prinzip: Hoffnung. Arbeiterbewegung in Vorarlberg 1870-1946 Bregenz 1984, S. 6, da bis zum Vereinsgesetz von 1867 jeder Versuch einer Selbstorganisierung der Arbeiterschaft von den Behörden streng bekämpft wurde und es 1877 in Österreich zum Verbot fast aller Arbeiterbildungsvereine wegen ihrer „socialdemokratischen Richtung“ kam. Katholische Gesellenvereine nach dem Muster Adolf Kolpings waren Arbeitervereinigungen, die hingegen bestehen bleiben durften.
- ↑ Siehe auch: Industrie-Provinz: Vorarlberg in der Frühindustrialisierung 1740-1870, S. 341.
- ↑ Geschäftsordnung der Generalversammlung einer örtlichen Kolpingsfamilie (Version vom 6. Februar 2017 im Internet Archive).
47.409259.736455Koordinaten: 47° 24′ 33″ N, 9° 44′ 11″ O