Lawinenauslösemöglichkeiten

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Bei den Lawinenauslösemöglichkeiten kann zwischen natürlichen und künstlichen Lawinenauslösemöglichkeiten unterschieden werden. Natürliche Lawinenauslösung liegt vor, wenn nicht durch den direkten Einfluss des Menschen der Abgang einer Lawine ausgelöst wird (Spontanauslösung, auch durch Tiere verursacht). Mit künstlichen Lawinenauslösemöglichkeiten wird versucht das Entstehen und den Abgang von großen Schadlawinen durch den kontrolliert ausgelösten Abgang von kleineren bzw. kleinen Lawinen zu verhindern. In Österreich und der Schweiz sind aufgrund der Bebauung bis in hohe alpine Räume die Möglichkeiten der künstlichen Lawinenauslösung bereits seit Jahrzehnten erforscht und werden verschiedene Methoden angewandt.

Lawine am Mount Everest

Voraussetzungen

Damit eine Lawine entstehen kann, sind mehrere Faktoren, die nicht alle gleichzeitig vorliegen müssen, erforderlich:

  • ausreichende Schneemenge,
  • ausreichende Neigung des Geländes (zwischen 30° und 50°[1]),
  • Hanglage (Ausrichtung),
  • Lawinenbegünstigende Bodenbedeckung,
  • Triebschnee,
  • Lawinenbegünstigende Struktur(en) in der Schneeschicht,
  • Temperaturwechsel.

Bei Zusammentreffen mehrere der oben genannten Faktoren wird aus einer stabilen Schneedecke eine instabile, die sich zur Lawine entwickeln kann. Die gesamte Schneedecke in einem bestimmten Bereich befindet sich bereits von Natur aus in einer dauernden, langsamen Kriechbewegung in Fallrichtung des Hanges. Die Kräfte, welche in einer Schneedecke wirken, entstehen dabei primär aus ihrem Eigengewicht und werden durch Geländeunebenheiten verstärkt oder abgeschwächt.[2] Durch die Gleitbewegung des Schnees können Gleitschneerisse oder Gleitschneemäuler (Fischmäuler) entstehen, ohne dass bereits dadurch eine Lawine ausgelöst wird.

Schnee hat eine

  • Scherfestigkeit von 0,003 bis 1 kg/cm²
  • Zugfestigkeit von 0,02 bis 2 kg/cm²
  • Druckfestigkeit von 0,04 bis 4 kg/cm²

Aus diesen sehr großen Bandbreiten in Bezug auf die Festigkeit von Schnee ergibt sich, wie schwierig eine Beurteilung der Festigkeit einer Schneedecke in der Praxis ist.

Natürliche Lawinenauslösung

In der Natur lösen Lawinen von selbst (spontan) aus, wenn die Schneedecke bereits in einem labilen Zustand ist und durch eine geringe Zusatzeinwirkung die Schneedecke in einem Bereich ausreichend instabil wird und ins Rutschen gerät. Durch die Kettenreaktion beim Abrutschen geringer Schneemassen kann durch den Schneeballeffekt eine Lawine entstehen.

 
Europäische Lawinengefahrenskala

Es kann dabei in interne und externe Effekte, die zur spontanen Lawinenauslösung führen, unterschieden werden (Beispiele):

Interne Effekte

  • rascher Temperaturanstieg (Föhn, Tauwetter, Regen),
  • starker und rascher Feuchtigkeitseintrag (z. B. Regen) in den Neuschnee.
  • geringe Neuschneemengen mit stürmischem Wind und ungünstige Altschneedecke und tiefen Temperaturen,

führen meist sehr schnell zu sehr instabilen Schneeansammlungen in bestimmten Lagen.

Externe Effekte

Externe Effekte, die zu einer spontanen Lawinenauslösung führen, können sein:

  • weitere Schneefälle, bei denen sich der Schnee nicht ausreichend verfestigen kann oder keine Bindung mit dem bereits vorhandenen Schnee eingehen kann,
  • Wechtenabbruch, Lockerschneeabrutschung zwischen Felsen,
  • ein lautes Geräusch (z. B. Knall),
  • Auslösung durch Tiere.

Die Europäische Gefahrenskala für Lawinen nennt im Hinblick auf die spontane Auslösung von Lawinen durch Zusatzbelastung fünf Gefahrenstufen.

Künstliche Lawinenauslösung

Die künstlichen Lawinenauslösemöglichkeiten dienen dem temporären Lawinenschutz.

Übersicht von künstlichen Lawinenauslösemöglichkeiten

Künstliche Lawinenauslösemöglichkeiten können grob in stationäre Maßnahmen (Anlagen)[3] und in mobile Maßnahmen (Anlagen)[4] unterteilt werden. Manche Maßnahmen sind sowohl stationär als auch mobil anwendbar, einige wenige erfolgen vor Ort mit den dort vorhandenen Mitteln, viele jedoch benötigen eine zusätzliche technische Einrichtung. Die Bezeichnung der künstlichen Lawinenauslösemöglichkeit im Weiteren als mobil bezieht sich auf die Auslösemöglichkeit vor Ort, stationär bezeichnet Anlagen, die an einer bestimmten Stelle installiert wurden und von dort in der Regel für die Lawinenauslösung nicht ohne erheblichen Aufwand verrückt werden (können).

Mechanische Zusatzbelastung vor Ort

Durch Detonation von Sprengstoff

Gasgemischzündung

Abgrenzung

 
Lawinenverbauung in Vorarlberg, Österreich, Alpe Rauz

Mit dauerhaften Lawinenrückhaltemöglichkeiten, wie z.B. Lawinenverbauungen oder Wald / Schutzwald (Aufforstung) wird von Menschen versucht den spontanen Abgang einer Lawine bereits grundsätzlich in den Bereichen zu verhindern, die wirtschaftlich für diese von Interesse sind.

Mit Lawinenkeilen oder Lawinenwällen hingegen wird versucht, abgegangene Lawinen – unabhängig ob natürlich oder künstlich ausgelöst – von einem Bauwerk um- oder abzulenken.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweis

  1. Hangneigung: mäßig steil: weniger als 30°; steil: 30° bis 34°; sehr steil: 35° bis 39°; extrem steil: mehr als 40° (alles über 30° wird grundsätzlich als Steilhang bezeichnet, unabhängig von der Form und Beschaffenheit des Hanges).
  2. Anja Brucker: Künstliche Lawinenauslösung zur Sicherung von Verkehrswegen in Österreich – Satus-Quo und Einschätzung aus Sicht von Experten, S. 19 f.
  3. Anja Bruckner: Künstliche Lawinenauslösung zur Sicherung von Verkehrswegen in Österreich – Status-Quo und Schätzung aus Sicht von Experten, Masterarbeit an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, 2013, S. 25.
  4. Christoph Skolaut, Florian Rudolf-Miklau: Stand des Wissens über die Anwendung der künstlichen Lawinenauslösung in Österreich in State of the Art for Artificial Avalanche Triggering, Juli 2014, S. 12.