Die Flexible Kapitalgesellschaft (FlexKapG oder auch Flexible Company bzw. FlexCo[1]) ist eine Rechtsform für juristische Personen (Unternehmen), die am 1. Januar 2024 als dritte Kapitalgesellschaftsform in Österreich eingeführt wurde.[2]

Die Flexible Kapitalgesellschaft ist eine Mischform zwischen Aktiengesellschaft (AG) und Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH).[3] Sie ist aber weder GmbH noch AG.[4] Eine FlexKapG kann in einen GmbH (§ 25 FlexKapG) oder AG (§ 25 FlexKapG) umgewandelt werden und auch umgekehrt.

Geschichte

Aktiengesellschaften gibt es in Österreich seit 1719 (Orientalische Handelskompanie zu Wien), wobei bis 1938 kein eigenes Aktiengesellschaftsgesetz bestand (mit Ausnahmen im ADHGB und in Spezialbestimmungen.[5] Erst 1965 wurde mit dem Aktiengesetz[6] ein Aktiengesellschaftsrecht in Österreich geschaffen. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung wurde in Österreich 1906 mittels einem speziellen Gesetz ermöglicht.[7] Mit der Flexiblen Kapitalgesellschaft wurde nunmehr 59 Jahre nach dem letzten großen Gesetzesvorhaben eine neue Kapitalgesellschaftsform in Österreich ermöglicht.

Diesem Gesetzesvorhaben gingen viele Vorschläge, Diskussionen und rechtsvergleichende Studien von Privaten und Universitäten voraus, die ganz unterschiedliche Lösungsansätze sowohl zum GmbH-Recht als auch im Aktiengesellschaftsrecht hatten.

Rechtsgrundlage

Rechtsgrundlage für die Flexible Kapitalgesellschaft ist das Flexible Kapitalgesellschaft-Gesetz (FlexKapGG). Gemäß der in § 1 Abs. 2 FlexKapGG enthaltenen Subsidiaritätsklausel ist auf die Flexible Kapitalgesellschaft – soweit keine eigenen Regelungen im FlexKapGG dazu bestehen – das Recht der GmbH anzuwenden. Dies wiederum bedeutet, dass im Bereich des FlexKapGG ein weitestgehendes Analogieverbot besteht, da ja ergänzend grundsätzlich immer Regelungen aus dem GmbH-Gesetz heranzuziehen sind.

Gründung

Eine Flexible Kapitalgesellschaft kann zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck durch eine oder mehrere Personen gegründet werden[8], und zwar auch nur durch eine Person. Die FlexKapG kann somit Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen, klagen und geklagt werden. Zwischen der Beantragung der Eintragung im Handelsregister und der Zuteilung der Registernummer ist die FlexKapG eine Vorgesellschaft und gelten die Rechte bzw. Pflichten der eingetragenen Gesellschaft nur teilweise (siehe auch: Vor-GmbH).

Die Stammeinlagen der einzelnen Gesellschafter muss mindestens 1 Euro betragen.[9] Die Gründung der FlexKapG kann nach § 4 FlexKapGG iVm § 9a GmbHG unter Umständen vereinfacht erfolgen.[10]

Das Mindestkapital der Gesellschaft beträgt wie bei der GmbH (ab 1. Jänner 2024) 10.000 Euro. Die einbezahlte Stammeinlage des einzelnen Gesellschafters muss nach § 5 FlexKapGG abweichend von § 10 Abs. 1 erster Satz GmbHG mindestens ein Viertel, jedenfalls aber ein Betrag von 1 Euro betragen (§ 13 FlexKapGG, bei der GmbH 70 Euro). Beträgt die Stammeinlage weniger als 1 Euro, muss die Bareinlage voll eingezahlt sein.

Die Errichtung eines Gesellschaftsvertrages einer FlexKapG ist grundsätzlich in Form eines Notariatsaktes vorzunehmen, mit der Ausnahme, wenn eine vereinfachte Gründung vorliegt (dies wie bei einer GmbH). Gründungsgesellschafter sind, im Gegensatz zu Unternehmenswert-Beteiligten, im Firmenbuch einzutragen (§ 10 Abs. 2 FlexKapG).

Organisation

Die Organisation der FlexKapG erfolgt wie bei einer GmbH. Verantwortliche Leitung hat der oder die Geschäftsführer. Nach § 6 KapFlexGG besteht in bestimmten Fällen (§ 29 Abs. 1 GmbHG iVm § 221 Abs. 2 und 4 UGB) eine Pflicht zur Bestellung eines Aufsichtsrats als Kontrollorgan.

Gesellschaftsanteile

Den Erwerb, Verkauf, Einzug etc. von Gesellschaftsanteilen und die damit verbundenen Rechte und Pflichten werden mit einigen Neuerungen ansonsten wie bei der GmbH geregelt und unterliegt weitestgehend der freien Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern im Gesellschaftsvertrag.

Unternehmenswert-Anteile

Eine Besonderheit der KapFlexG ist die Möglichkeit Unternehmenswert-Anteile (UW-A) bis zu 25 % des Stammkapitals auszugeben (§ 9 KapFlexGG). Diese werden auch als „stimmrechtslose Anteile“ bezeichnet, die sich vor allem für die Beteiligung von Mitarbeitern eignen würden.[3] Besonderheiten der Unternehmenswert-Anteile sind (Beispiele):

  • Möglichkeit der sehr kleinen Stückelung dieser Anteile (mindestens 1 Cent),
  • keine Ausfallhaftung nach § 70 Abs. 1 und 2 GmbHG oder nach § 83 Abs. 2 und 3 GmbHG und
  • keine Nachschusspflicht nach § 72 GmbHG,
  • kein Vorrecht zur Übernahme der neuen Stammeinlagen bei Kapitalerhöhungen (sofern dies nicht im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist),
  • nur eingeschränktes Informationsrecht (§ 22 Abs. 2 und 3 GmbHG),
  • kein Stimmrecht,
  • kein Recht zur Anfechtung oder Nichtigerklärung von Gesellschaftsbeschlüssen,
  • begünstigende Sonderregelungen für Arbeitnehmer, die UW-A halten, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Unternehmenswert-Beteiligte haben jedoch Anspruch auf ihren Anteil am Bilanzgewinn und am Liquidationserlös nach dem Verhältnis ihrer eingezahlten Stammeinlagen (soweit im Gesellschaftsvertrag nicht anders geregelt) und ein Mitverkaufsrecht (§ 10 FlexKapGG).

Übernahme oder die Übertragung von Unternehmenswert-Anteilen müssen schriftlich durchgeführt werden, es ist kein Notariatsakt erforderlich. Unternehmenswert-Beteiligte werden auch nicht individuell im Firmenbuch eingetragen (siehe sonst § 5 Z 6 FBG). Es reicht im Firmenbuch (FB) einzutragen, dass Unternehmenswert-Anteile vorhanden sind und es muss jedes Jahr eine aktuelle Namensliste samt Anteilsliste beim FB eingereicht werden. Es ist ein solches Anteilsbuch gemäß § 61 Abs. 2 AktG zu führen. Gesellschafter der FlexKapG können auch UW-A erwerben. Die Änderung oder Aufhebung des Rechts der Unternehmenswert-Beteiligten ist mit einigen Einschränkungen an deren Zustimmung gebunden (§ 9 Abs. 5 FlexKapGG).

Über die Unternehmenswert-Anteile haben die Geschäftsführerinnen ein Anteilsbuch zu führen, in dem für jede Unternehmenswert-Beteiligte einzutragen sind.

Unternehmenswert-Anteile können in Geschäftsanteile der FlexKapG umgewandelt werden. Die FlexKapG kann auch selbst eigene UW-A erwerben (§ 15 Abs. 6 FlexKapG).

Anteilsübertragungen

Für die Anteilsübertragung und -übernahme ist bei der FlexKapG keine Notariatsaktpflicht vorgesehen. Es reicht die Errichtung einer Privaturkunde durch einen Notar oder einen Rechtsanwalt. Der beauftragte Notar oder Rechtsanwalt muss die Zulässigkeit der Anteilsübertragung sowie die Identität der handelnden Personen überprüfen und über die Rechtsfolgen belehren (§ 12 FlexKapGG iVm § 76 Abs. 2 GmbHG). Da in Österreich den dienstleistenden europäischen Notaren und Rechtsanwälten der Zugang zum Elektronischen Rechtsverkehr seit Jahrzehnten mangels der Zuteilung eines geeigneten ADVM-Code verweigert wird, können nur in Österreich in die Liste der Rechtsanwälte bzw. Notare eingetragene Anwälte und Notare diese Leistungen erbringen.

Eigene Geschäftsanteile

Der Erwerb eigener Geschäftsanteile durch die FlexKapG ist, wie im Aktienrecht, unter bestimmten eingeschränkten Voraussetzungen zulässig. Geschäftsanteile können entweder zwangsweise oder nach Erwerb durch die Gesellschaft eingezogen werden (§ 15 FlexKapGG).

Ziel und Kritik

Motivation des österreichischen Gesetzgebers zur Schaffung dieser neuen Unternehmensform war eine flexible und günstige Alternative für Unternehmensgründer (Start-Ups) zu schaffen (gleichzeitig wurde auch das Mindestgesellschaftskapital für eine GmbH auf 10.000 Euro herabgesetzt). Ob diese Gesellschaftsform auch nur annährend die Popularität und praktische Flexibilität der Anstalt privaten Rechts wie in Liechtenstein erlangen wird, ist derzeit noch ungewiss. Aufgrund der Ausgestaltung und Möglichkeiten der FlexKapG wird jedenfalls keine Bank oder institutioneller Geldgeber der Gesellschaft ohne zusätzliche Sicherheiten (z. B. persönliche Haftung des Geschäfsführers, Pfandrechten etc.) Kapital zur Verfügung stellen. Der Wunsch des Bundesministeriums für Justiz: Verringerung des wirtschaftlichen Risikos von Gesellschafter:innen einer GmbH[11] (und der FlexKapG) ist in diesem Zusammenhang realitätsfremd.

Einzelnachweise

  1. § 2 FlexKapGG. Sowohl die deutsch- als auch die englischsprachige Firmenbezeichnung ist im Rechtsverkehr zulässig.
  2. Bundesgesetz über die Flexible Kapitalgesellschaft (Flexible-Kapitalgesellschafts-Gesetz – FlexKapGG), BGBl. I Nr. 179/2023.
  3. 3,0 3,1 Entwurf für ein Bundesgesetz über die Flexible Kapitalgesellschaft, Webseite: bmj.gv.at, abgerufen am 5. Jänner 2024.
  4. § 1 Abs. 2 FlexKapGG.
  5. Kurt Bösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens im 19. Jahrhundert – Ein Beitrag der Finanzierung gemeinwirtschaftlicher Unternehmungen und zu den Reformen des Aktienrechts (1939), S. 50 ff.
  6. BGBl. Nr. 98/1965.
  7. RGBl. Nr. 58/1906.
  8. § 1 Abs. 1 FelxKapGG.
  9. § 3 FlexKapGG.
  10. Siehe Verordnung der Bundesministerin für Justiz gemäß § 9a Abs. 4, 5 und 7 GmbHG, BGBl. II Nr. 363/2017.
  11. GesRÄG 2023 WFA, Webseite: bmj.gv.at, abgerufen am 5. Jänner 2024.