Elternkreis Wien

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Elternkreis Wien - Verein zur Förderung der Selbsthilfe für Angehörige von Suchtkranken
Logo
Rechtsform Verein
ZVR 013425810
Website www.elternkreis.at

Der Elternkreis Wien - Verein zur Förderung der Selbsthilfe für Angehörige von Suchtkranken (ursprünglich Elternkreis Wien-Nordost - Verein zur Förderung von Suchtvorbeugung und Selbsthilfe), 1996 in Wien gegründet, ist eine österreichische Nichtregierungsorganisation mit besonderem ECOSOC-Beraterstatus.[1] Er hat laut seinen Statuten das Ziel, Rat und Hilfe für Eltern und Angehörige von Suchtkranken anzubieten und die nationale und internationale Vernetzung zu fördern.[2]

Geschichte

Vorgeschichte

Der Kriminalbeamte und Familienvater Josef Rohaczek wurde Ende der 1980er-Jahre auf die immer häufigeren Todesfälle von Jugendlichen im Zusammenhang mit Drogenmissbrauch in seinem Stadtteil Hirschstetten im 22. Wiener Gemeindebezirk Donaustadt aufmerksam.[3]

Im Jahr 1991 startete er gemeinsam mit dem Elternverein der Hauptschule Prinzgasse eine Petition unter dem Namen Wir Eltern fordern Drogenaufklärung an allen Schulen! um die Drogenprävention an den österreichischen Schulen voranzutreiben. Die über 12.500 gesammelten Unterschriften wurden am 26. Juni 1991, dem 4. Weltdrogentag der Vereinten Nationen, bei einer Abschlussveranstaltung an den damaligen Nationalratsabgeordneten Friedrich Svihalek übergeben und anschließend dem Unterrichtsausschuss im Parlament eingebracht, der darüber am 15. Oktober 1991 beriet.[4]

Im Juni 1992 wurde Rohaczek vom damaligen Donaustädter Bezirksvorsteher Albert Schultz dazu eingeladen, die Rolle einer Schnittstelle im 22. Bezirk zu übernehmen, um die Kommunikation mit der Wiener Drogenkoordination zu erleichtern, die 1990 auf Initiative des damaligen Wiener Bürgermeisters Helmut Zilk gegründet wurde.[5][6]

Im Frühjahr 1993 kam es zu einer Meinungsverschiedenheit zwischen dem damaligen Wiener Drogenkoordinator Peter Hacker und Rohaczek, nachdem es unterschiedliche Auffassungen gab, welche Präventionsmaßnahmen an den Wiener Schulen umgesetzt werden sollten. Ein Videofilm mit dem Titel ‘’Der Fall Manuela K.’’, der von der Polizei Wien hergestellt wurde, polarisierte in diesem Zusammenhang.[7]

Im Juni des Jahres 1994 kam es erneut zu einem Konflikt, da Rohaczek in einem Kurier-Leserbrief die mangelnde finanzielle Unterstützung für Drogenpräventions-Projekte an Schulen kritisierte. Hacker weigerte sich Steuergelder für solche Projekte zu verwenden und argumentierte, dass die Eltern die Kosten selber tragen sollten.[8]

Die Verantwortlichen der Stadt Wien schlossen Rohaczek fortan von informellen Treffen und daraus möglichen Austauschmöglichkeiten aus. Am 1. April 1995 trat Rohaczek schließlich von seiner ehrenamtlichen Funktion als Bezirksdrogenbeauftragter des 22. Bezirks zurück.[9][3]

Gründung

Rohaczek stand als Drogenbeauftragter des 22. Bezirks bereits 1994 mit Müttern von verstorbenen Jugendlichen aus Hirschstetten in Kontakt, die aufgrund ihrer persönlichen Schicksalsschläge eine Selbsthilfegruppe für die Angehörigen von Drogenabhängigen gründen wollten.[10] Die Ereignisse vom Jahr 1995 und die bisher nicht verwirklichten Pläne für eine Selbsthilfegruppe der betroffenen Mütter, gaben schlussendlich den letzten Anstoß für die Gründung eines neuen Vereins.

In den Monaten vor der Gründung fanden Treffen und der intensive Austausch von Rohaczek mit Eltern und Angehörigen statt. Das Vereinskonzept sah, anders als bisherige Elternkreise in dieser Form, sowohl die Öffentlichkeitsarbeit als auch den Informationsaustausch für nicht betroffene Eltern vor. Eine Selbsthilfegruppe war von Anfang an als wichtiger Bestandteil des Vereins geplant. Die Gründung fand am 10.04.1996 im Restaurant Partik in der Donaufelderstraße Ecke Wagramerstraße im 22. Bezirk statt.

Die Vereinsgründung wurde von den Verantwortlichen der Stadt Wien skeptisch betrachtet und Rohaczek hat sich vergeblich bemüht, dass der Elternkreis Wien als Mitglied im Wiener Drogenbeirat aufgenommen wird. Die Anträge wurden von der damals zuständigen Stadträtin Sonja Wehsely abgelehnt, da keine Ausweitung des Drogenbeirates vorgesehen war.

Bundesverband

Der österreichische Bundesverband der Elternkreise war bereits seit dem Jahr 1987 vorhanden.

Der Elternkreis Wien wurde im Jahr der Gründung mit eingegliedert und 1996 in Folge dessen vom Obmann Josef Rohaczek im Zuge von ordentlichen Wahlen als Präsident übernommen.

Nachdem für die Fortführung und den Ausbau nur sehr eingeschränkte finanzielle Möglichkeiten vorhanden waren, erfolgte die Auflösung im Jahr 2004.

Tätigkeiten

Selbsthilfegruppe

Seit Beginn des Vereins treffen sich die Angehörigen in der Regel zweimal im Monat. Die Gruppenabende werden moderiert, um den betroffenen Angehörigen einen sicheren Raum zu bieten, in dem sie Rat und Hilfe suchen können. Hierbei stehen der emotionale Austausch sowie konkrete Hilfestellungen im Vordergrund, um gemeinsam mit den Herausforderungen umzugehen.

Ursprünglich wurden die Treffen in der Cafeteria der Pfarrkirche St. Claret in der Donaustadt abgehalten, später auch in der Cafeteria der EmK Bahnsteggasse in Floridsdorf. Aufgrund von verkehrstechnischen Überlegungen wurde ab dem Jahr 2005 beschlossen, alle Treffen in Floridsdorf abzuhalten.

Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie im Jahr 2020 hat der Verein sein Angebot angepasst und hält das erste monatliche Treffen nun über die Videokonferenzplattform Zoom ab. Dadurch ist eine österreichweite Verfügbarkeit des Angebots gegeben, welche auch in Anspruch genommen wird.

Baum der Hoffnung

Der Baum der Hoffnung ist ein Denkmal für die weltweiten Drogentoten, welches durch die nationale und internationale Zusammenarbeit vom Elternkreis Wien mit vielen Unterstützern im Jahr 2011 verwirklicht werden konnte. Es befindet sich am Muhammad-Asad-Platz vor der UNO-City.[11]

Am 27. Juni 2011 erfolgte die internationale feierliche Enthüllung.[12] Der Zeremonie haben unter anderem internationale Gäste der Vereinten Nationen, der damalige Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer und der zu dem Zeitpunkt amtierende Bezirksvorsteher des 22. Bezirks Norbert Scheed, welcher maßgeblich zur Möglichkeit der Verwirklichung beigetragen hat, beigewohnt.[13] Der einstige Bundespräsident Heinz Fischer verfasste eine Grußbotschaft, in dem er das Engagement des Elternkreis honorierte.[14]

Schon im Jahr 2004 forderte der Elternkreis Wien ein Mahnmal für Drogentote im Wiener Resselpark am Karlsplatz.[15] Dies wurde jedoch, auch aufgrund des anvisierten Standorts, vom damaligen Bürgermeister Michael Häupl als “[…] negatives, falsches und kontraproduktives Signal […]” bezeichnet.[16]

Internationales

Der Verein ist international vernetzt und mit verschiedenen Instituten und Organisationen, wie zum Beispiel LEAP und dem Knowmad Institut im regelmäßigen Austausch.

Im Jahr 2010 hat der Verein an dem Projekt European Action on Drugs (EAD) der europäischen Kommission teilgenommen.[17]

Dem Vienna NGO Committee on Drugs ist der Elternkreis Wien im Jahr 2011 als ordentliches Mitglied beigetreten.[18]

Den besonderen Beraterstatus beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen (ECOSOC) hat der Elternkreis Wien im November 2021 zuerkannt bekommen.[1]

Im März 2023 organisierte der Elternkreis eine Nebenveranstaltung mit dem Titel Drug policy and human rights: cannabis regulation as a humanitarian measure bei der 66. Konferenz der Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen.[19][20]

Kolumbien

Noch vor der Gründung des Vereins gab es bereits Kontakte mit dem Haus der Kolumbianischen Kultur in Wien, woraus ein Projekt gemeinsam mit der Hauptschule Prinzgasse entstand. In dieser Zeit engagierte sich Rohaczek mit dem Elternverein in zahlreichen Kinderpatenschaften für sozial schwache Familien in Sincelejo. Der Elternkreis Wien unterstützte später einige Jahre lang eine Armenschule in Santiago de Cali, wodurch die Schulausbildung für Straßenkinder ermöglicht wurde.

Benefizveranstaltungen

Einige Künstlerinnen und Künstler haben dem jungen Verein im Laufe der Jahre finanzielle Mittel, durch Benefizveranstaltungen und Aktionen, für Suchtprävention gesammelt und gespendet. Darunter befanden sich der Kabarettist und Schauspieler Roland Düringer[21], die ehemalige Musik-Comedy-Gruppe Bledrunner, der Kabarettist Robert Mohor und die Autorin Chris Lohner.

Dokumentarfilm

Im Jahr 2016 wurde ein Dokumentarfilm zum 20-Jährigen Jubiläum produziert, in welchem zahlreiche Wegbegleiter zu Wort kommen und die Geschichte des Vereins erzählt wird.[22] Der 46-minütige Film kann auf der Website des Vereines angesehen werden.[23]

Auszeichnungen

Literatur

  • Günther Zäuner: Drogenreport Österreich: eine Bestandsaufnahme. 1. Auflage. Ed. S, Wien 1994. ISBN 3704605123. S. 262–263
  • Verena Kranl: Selbsthilfegruppen für Eltern Drogensüchtiger und ihre zivilgesellschaftlichen Aktivitäten. Diplomarbeit, Wien 2006, S. 36
  • Günther Zäuner: Drogenreport Österreich. H, Koks, Ecstasy, Gras – Falsche Träume. 1. Auflage. Egoth, Wien 2007. ISBN 978-3-902480-18-7. S. 399–403

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Consultative Status. In: United Nations Department of Economic and Social Affairs. Abgerufen am 5. Jänner 2024 (english).
  2. Statuten des Vereines. 26. Jänner 2011, abgerufen am 5. Jänner 2024 (PDF, 124 KB, deutsch).
  3. 3,0 3,1 Karl Lehner: Kinder stark, statt süchtig machen! In: Der Kriminalbeamte. 1999, abgerufen am 3. Jänner 2024 (PDF, 3,99 MB, deutsch).
  4. Klaus Herbert: Kampf der Droge. In: IPA Bundeszeitung Nr. 121. 1992, abgerufen am 3. Jänner 2024 (PDF, 964 KB, deutsch).
  5. Vorlage:Archivquelle
  6. Wolfgang Godai: Drogen überrollen Donaustadt. In: Kurier Wien Extra. 8. Jänner 1993, abgerufen am 3. Jänner 2024 (PDF, 4,85 MB, deutsch).
  7. Wolfgang Godai: Drogenprävention: Streit um Methoden beigelegt. In: Kurier Wien Extra. 26. März 1993, abgerufen am 3. Jänner 2024 (PDF, 855 KB, deutsch).
  8. Günther Zäuner: ‘’Drogenreport Österreich: eine Bestandsaufnahme’’. 1. Auflage. Ed. S, Wien 1994. ISBN 3704605123. S. 262
  9. Karl Lehner: Rohaczek setzt einen Schlußpunkt und startet bald ein neues Projekt. In: Donaustädter Bezirkszeitung Nr. 4/1995. 1995, abgerufen am 3. Jänner 2024 (PDF, 2,71 MB, deutsch).
  10. Aufruf zur Gründung einer Selbsthilfegruppe. In: Donaustädter Bezirkszeitung 11/94. 1994, abgerufen am 3. Jänner 2024 (PDF, 199 KB, deutsch).
  11. Baum der Hoffnung. In: Elternkreis Wien Website. Abgerufen am 3. Jänner 2024 (deutsch).
  12. Video auf YouTube
  13. "Baum der Hoffnung" als Drogen-Mahnmal. In: ORF. 27. Juni 2011, abgerufen am 3. Jänner 2024 (deutsch).
  14. Grußbotschaft Bundespräsident Dr. Heinz Fischer. 2011, abgerufen am 3. Jänner 2024 (PDF, 534,7 KB, deutsch).
  15. Alexandra Laubner: Drogentote: Verein fordert Mahnmal. In: Bezirksjournal. 14. September 2004, abgerufen am 3. Jänner 2024 (PDF, 1,14 MB, deutsch).
  16. Günther Zäuner: Drogenreport Österreich. H, Koks, Ecstasy, Gras – Falsche Träume. 1. Auflage. Egoth, Wien 2007. ISBN 978-3-902480-18-7. S. 402
  17. Europäische Aktion Drogen (EAD) Zertifikat. 18. Mai 2010, abgerufen am 5. Jänner 2024 (PDF, 341 KB, deutsch).
  18. VNGOC Members. In: Vienna NGO Committee on Drugs Website. Abgerufen am 5. Jänner 2024 (english).
  19. Side event. Drug policy and human rights: cannabis regulation as a humanitarian measure. In: CND Blog. Abgerufen am 3. Jänner 2024 (english).
  20. Cannabisregulierung als humanitäre Maßnahme. In: Elternkreis Wien Website. Abgerufen am 3. Jänner 2024 (deutsch).
  21. Roland Düringer wird im Internet versteigert. In: Der Standard. 10. Oktober 2000, abgerufen am 3. Jänner 2024 (deutsch).
  22. Drogenkranke haben keine Lobby in der Internet Movie Database (englisch)
  23. Doku über den Elternkreis zum 20-jährigen Jubiläum. In: Elternkreis Wien Website. Abgerufen am 5. Jänner 2024 (deutsch).
  24. APA-Meldung: Haupt: Freiwillige vor den Vorhang (2). 5. Dezember 2001, abgerufen am 3. Jänner 2024.