Dominikanerinnenkloster (Tulln)

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Das frühere Dominikanerinnenkloster "Zum heiligen Kreuz", auch als Tullner Frauenkloster und später als Kaiserliches Frauenstift bekannt, befand sich in Tulln (heute: Marc-Aurel-Park 1) und wurde 1280 von König Rudolf I. gestiftet. Es handelte sich dabei um die erste Klosterstiftung eines Habsburgers im heutigen Österreich. Das Kloster wurde 1785 unter Kaiser Joseph II. aufgehoben. Im 19. Jahrhundert wurde es zu einem Sanatorium umgebaut, 1945-1989 war es das Landeskrankenhaus Tulln. Heute sind hier eine Jugendherberge und ein Museum untergebracht.

Das Tullner Frauenkloster war ein großer Gebäudekomplex, zu dem auch eine stattliche Kirche gehörte. Erhalten ist heute nur mehr das Priorat, in dem heute das Jugendwohnheim von Tulln und das Römermuseum untergebracht sind.

Lage, Anlage und Bauwerk

Das frühere Tullner Frauenkloster war ein großer Gebäudekomplex, zu dem auch die stattliche Kirche "Unserer lieben Frau Verkündigung", eine dreischiffige Hallenkirche mit einem platten Chorschluss[1], gehörte[2]. Diese wurde 1280-1290 gebaut. Sie ist nicht erhalten, ihr ungefähres Aussehen lässt sich allerdings auf der Grundlage von Grundrissdarstellungen aus dem 18. Jahrhundert weitgehend rekonstruieren.[3] Ihr auffälligstes Merkmal soll eine Gruppe von Statuen gewesen sein (entstanden zwischen 1283 und 1290), die im Chor der Kirche um den Altar aufgestellt waren, und den Stifter des Klosters, König Rudolf, mit seiner ersten Ehefrau Anna, seinem Sohn Albrecht und seiner Schwiegertochter Elisabeth, darstellten, die zu dieser Zeit, Königin Anna ausgenommen, alle noch am Leben waren. König Rudolf und Königin Anna trugen Kronen, Albrecht einen Hut. Vor ihm und seinem Vater war je ein Schwert in einer Scheide aufgestellt.[4] Die ungefähre Entstehungszeit ergibt sich aus dem Umstand, dass Rudolf mit seinem Sohn dargestellt ist, was als Hinweis auf die bereits erfolgte Belehnung von diesem mit den Herzogtümern Österreich und Steier gedeutet wird. Da nur Rudolf und Albrecht dargestellt sind, deutet daraufhin, dass die Statuen erst nach der Verabschiedung der "Rheinfeldener Hausordnung" (1283) entstanden, durch die Albrecht zum alleinigen Herrscher über die beiden Herzogtümer wurde.[5] Auch die Statuen sind nicht erhalten und nur mehr in Abbildungen aus einem Buch des Historikers Marquard Herrgott († 1762) aus der Mitte des 18. Jahrhunderts überliefert.[3]

Sie ist nicht erhalten geblieben, sie wurde nach der Aufhebung und Privatisierung des Klosters abgebrochen und als Baumaterial verwendet. Einige Teile wurden zur Verstärkung der Uferbefestigung in die Donau geworfen, andere Teile für den Bau der nahe gelegenen Häusern genutzt. Erhalten ist heute nur mehr das Priorat, das im nördlichen und im östlichen Gebäudeflügel untergebracht war. Von ca. 1290 bis ins 16. Jahrhundert war das Tullner Frauenkloster mit einem kleinen Dominikanerkloster verbunden, dessen Mönche für die Seelsorge der Nonnen zuständig waren. Zu diesem gehörte die kleine Kirche "Zum Heiligen Kreuz", von der heute noch einige Fundamente erhalten sind[2].[6] Nach einer ersten Testuntersuchung des früheren Klosterareals durch das Bundesdenkmalamt im Jahr 1997 begann der Verein ASINOE in dessen Auftrag im Mai 1999 dort archäologische Untersuchungen durchzuführen.[2]

Geschichte

 
Die bekannte Grabplatte von König Rudolf I. im Dom zu Speyer. König Rudolf I. war der Gründer des Tullner Frauenklosters.

Anfänge

Das Tullner Frauenkloster "Zum Heiligen Kreuz" war eine Stiftung von König Rudolf I. Nach dem Stiftungsbrief ließ er das Kloster anlässlich des Sieges über den "Böhmenkönig"Ottokar II. (Přemysl Otakar II.)[A 1] errichten.[7] Auf diesen Sieg und seine Symbolik verweist auch der Umstand, dass König Rudolf sein Kloster dem "Heiligen Kreuz" weihen ließ, eine Anspielung auf die Kreuzlegende ("victorioso salvifice Crucis signaulo"), die sich um Kaiser Konstantin († 337) und seinen Sieg in der Schlacht an der Milvischen Brücke (28. Oktober 312) gebildet hatte.[8] Die Stiftungsurkunde vom 31. August 1280 wurde neben einer Reihe von "Reichsadligen" auch von den Landherren des Herzogtums Österreich, die eine bestimmte Funktion innehatten, bezeugt: dem Marschall Stephan (I.) von Maissau, dem obersten Landrichter Otto von Haslau († um 1289), dem Kämmerer Otto von Perchtoldsdorf, Ulrich († 1282) und Chunrad (Konrad) von Pillichdorf, dem Schenk Leutold (I.) von Kuenring († 1312) und seinem Bruder Heinrich (VI.) vom Kuenring († um 1286), dem Truchsess Friedrich von Lengenbach, Erchenger von Landser sowie Reinbert und Kadolt von Ebesberg.[9] Die an der Donau gelegene Stadt Tulln war unter den Babenbergern eine der bedeutendsten Orte des Herzogtums Österreich und galt zeitweise sogar als die Hauptstadt von diesem. Zudem hatte sie sich, anders als das in der Nähe gelegene Wien, im Kampf gegen König Ottokar auf die Seite von König Rudolf geschlagen.[10] In Anwesenheit von König Rudolf I., seiner Ehefrau Anna und seiner Söhne Albrecht und Hartmann erfolgte noch 1280 die Grundsteinlegung für eine neue Klosterkirche. 1282 wurde das Kloster "Zum Heiligen Kreuz" in den Orden der Dominikaner aufgenommen. Am 12. März 1290 wurde dann die Klosterkirche "Unserer lieben Frau Verkündigung" vom Erzbischof von Salzburg geweiht.[2] Dass König Rudolf I., der einen halb Jahre später starb, bei dieser Weihe persönlich anwesend war, verdeutlicht, dass diese Klostergründung für ihn von besonderer Bedeutung war.[11]

Für diese Klostergründung stellte Konrad von Tulln († um 1287/1293), der unter den König Ottokar, König Rudolf und dessen Sohn Albrecht Landschreiber des Herzogtums Österreich war, seinen Besitz in der nordöstlichen Ecke von Tulln zur Verfügung.[2] Vielleicht war die persönliche Beziehung zu ihm ein weiterer Grund dafür, dass König Rudolf sein Kloster in Tulln gründete, zudem Konrad das Kloster auf eine Weise förderte, dass er als "Mitstifter" von diesem gelten kann.[3] Nach seinem Eintritt in den Dominikanerorden (1283) widmete er dem Tullner Frauenkloster den größten Teil seines Vermögens.[12] König Rudolf erwarb neben zusätzlichen Stiftungsgaben noch die südlich des Stiftes gelegene Kapelle "Zum Heiligen Kreuz", die zu dieser Zeit im Besitz des Wiener Schottenstiftes war. Da diese Kapelle für eine Klosterkirche aber zu klein war, wurde zunächst die Pfarrkirche von Tulln als Gotteshaus für das Kloster genutzt. Zur Unterbringung der Nonnen diente zunächst das frühere Haus von Konrad von Tulln. Da dieses zurzeit der Grundsteinlegung allerdings bereits sehr baufällig war, wurde südlich der Kirche mit der Errichtung eines neuen Klostergebäudes begonnen.[2]

Das Tullner Frauenkloster unterhielt bis ins 16. Jahrhundert gute Beziehungen zum herzoglichen beziehungsweise kaiserlichen Hof. Seine Nonnen rekrutierte es aus dem Landadel und dem gehobenen Bürgertum. Obwohl als Dominikanerinnenkloster gegründet, führten diese eher das Leben von Stiftsdamen, das auf ein komplementäres Leben in Klausur ausgerichtet war. Ihre Aufgaben waren ausschließlich Gebet und Gottesdienst. Obwohl in der Stadt ansässig, übten sie dort nicht irgendeine Funktion im Rahmen der Seelsorge aus. Seine Einkünfte bezog das Tullner Frauenkloster aus seiner zunächst äußerst umfangreichen Grundherrschaft, die durch Schenkungen und durch die Mitgiften der Nonnen entstanden war.[13]

Das Tullner Frauenkloster im Mittelalter und in der Neuzeit

Das Tullner Frauenkloster überstand im Gegensatz zu vielen anderen Frauenklöstern die Wirren der Reformationszeit.[12] Allerdings gingen ihm in dieser Zeit viele Besitzungen verloren, und auch die ursprünglich guten Beziehungen zum Hof der Habsburger kühlten ab. [13] 1491, 1597, 1627 und 1752 wurde das Kloster von mehreren Bränden heimgesucht.[2] Besonders verheerende Auswirkungen hatte der Brand von 1752, bei dem das Kloster und die Kirche zerstört wurden. Der Wiederaufbau hatte zur Folge, dass sich das Kloster erheblich verschuldete.[13] 1782 wurde es von Kaiser Joseph II. zunächst in ein Ursulinenkloster umgewandelt, 1785 aber dann aufgehoben.[12]

Das Tullner Frauenkloster nach der Aufhebung

 
Heute ist im ehemaligen Dominikanerinnenkloster das Römermuseum untergebracht.

Nach der Profanierung wurden die Kirche, das Klostergebäude und die ihm zugehörigen Güter veräußert. Nach 1825 wurde die frühere Klosterkirche und ein Teil des Klostergebäudes demoliert. Erhalten blieb das frühere Priorat, das in den Folgejahren als Fabriksgebäude und Militärkaserne genutzt wurde.[2] 1882 wurden das frühere Priorat und das übrige Areal des Frauenklosters in ein Sanatorium umgewandelt. Auf dem Areal wurden mehrere Pavillons errichtet. 1945-1989 (beziehungsweise seit 1946[12]) war hier das Landeskrankenhaus Tulln untergebracht. Nachdem dieses an den Rand der Stadt Tulln verlegt wurde, entstand auf dem Areal der Mark Aurel-Park. Im Priorat sind heute die Jugendherberge Tulln, das Römermuseum und eine Dokumentation über das Frauenstift untergebracht.[6]

Besitzungen des Tullner Frauenklosters

König Rudolf übereignete seiner Stiftung landesfürstlichen Besitz in Großkrut, welcher diesem bis zur Aufhebung des Klosters verblieb.[14] Das Tullner Frauenkloster hatte mehrere Besitzungen in der nahe gelegenen Stadt Wien. 1286-1372 gehörte ihm das Haus "Langer Keller" (heute: Wien 1, Tuchlauben 5 / Seitzergasse 2), eine Schenkung von Konrad von Tulln, 1280-1295 außerdem der Dreifaltigkeitshof am Kienmarkt (heute: Wien 1, Judengasse 10-12). Das Tullner Frauenkloster war 1286-1782 im Besitz der Ortsherrschaft über Oberdöbling (heute Teil des [[Döbling|19. Wiener Gemeindebezirks, wo ihm als Wirtschaftshof die spätere Wertheimsteinvilla diente.[12]

Die Habsburgergruft des Tullner Frauenklosters

Im Kloster befand sich eine Familiengruft der Habsburger, in welcher mehrere früh verstorbene Kinder beigesetzt waren.[12] Bereits König Rudolf I. hatte dort einen seiner früh verstorbenen Söhne beisetzen lassen.[7] Dass auch sein Herz im Kloster beigesetzt wurde, gilt inzwischen als Legende. Nachdem das Kloster aufgehoben und in der Folge privatisiert worden war, dürften die Gebeine herausgenommen und im angrenzenden Garten verscharrt worden sein. Überreste, die später noch geborgen wurden, sind heute in der Dreikönigskapelle in Tulln beigesetzt.[12]

Namentlich genannte Dominikanerinnen des Klosters

  • Engelguet wird am 6. Dezember 1298 als Priorin gemeinsam mit Margareta als Subpriorin genannt.[15]

Literatur

  • Christine Dolezal: Die Geschichte des Dominikanerinnenklosters in Tulln. (Ungedruckte) phil. Dissertation, Universität Wien, 1970
  • Roderich Geyer: Die Tullner Altstadt – Ein Stadtführer mit historischen Anmerkungen. Eigenverlag, 2., überarbeitete Auflage, 2016, S. 14f. digital
  • Alexander Sauter: Fürstliche Herrschaftsrepräsentation. Die Habsburger im 14. Jahrhundert (= Bernd Schneidmüller - Stefan Weinfurter (Hrsg.): Mittelalter-Forschungen- Bd. 12). Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern, 2003. ISBN 3-7995-4263-9. S. 22-26

Weblinks

Einzelnachweise

  1. vgl. Alexander Sauter: Fürstliche Herrschaftsrepräsentation, 2003, S. 23, mit Fußnote 15
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 vgl. Dominikanerinnenkloster Tulln, BDA.GV.AT, abgerufen am 24. August 2021
  3. 3,0 3,1 3,2 vgl. Alexander Sauter: Fürstliche Herrschaftsrepräsentation, 2003, S. 23
  4. vgl. Alexander Sauter: Fürstliche Herrschaftsrepräsentation, 2003, S. 23f.
  5. vgl. Alexander Sauter: Fürstliche Herrschaftsrepräsentation, 2003, S. 25
  6. 6,0 6,1 vgl. Roderich Geyer: Die Tullner Altstadt – Ein Stadtführer mit historischen Anmerkungen. Eigenverlag, 2., überarbeitete Auflage, 2016, S. 14
  7. 7,0 7,1 vgl. Manuel Kamenzin: Wie es einem König gebührt? Die Beisetzung Rudolfs I. in Speyer in der Tradition königlicher Grablegen des 13. / 14. Jahrhunderts. In: Bernd Schneidmüller (Hrsg.): König Rudolf I. und der Aufstieg des Hauses Habsburg im Mittelalter. WBG Academic, Darmstadt, 2019. ISBN 978-3-534-27125-2. S. 278
  8. vgl. Alexander Sauter: Fürstliche Herrschaftsrepräsentation, 2003, S. 22, Fußnote 7
  9. vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer. Landherren im Schatten der Kuenringer. (Ungedruckte) Dissertation, Universität Wien, 1990. S. 58
  10. vgl. Alexander Sauter: Fürstliche Herrschaftsrepräsentation, 2003, S. 22f.
  11. vgl. Alexander Sauter: Fürstliche Herrschaftsrepräsentation, 2003, S. 22
  12. 12,0 12,1 12,2 12,3 12,4 12,5 12,6 vgl. Kloster Dominikanerinnenkloster (Tulln) im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien, abgerufen am 23. August 2021
  13. 13,0 13,1 13,2 vgl. Roderich Geyer: Die Tullner Altstadt – Ein Stadtführer mit historischen Anmerkungen. Eigenverlag, 2., überarbeitete Auflage, 2016, S. 15
  14. vgl. Großkrut, Mat.Univie.AC.AT, abgerufen am 23. August 2021
  15. vgl. Lydia Reichegger: Königin Elisabeth (1262/3 - 1313). (Ungedruckte) Dissertation, Universität Wien, 2006, S. 164

Anmerkungen

  1. Für König Přemysl Otakar II. (Przemysl Ottokar II., Ottokar II. Przemysl) finden sich in der Sekundärliteratur verschiedene Namensbezeichnungen. In Österreich war und ist er als Ottokar II. bekannt. Da es in diesem Artikel um die Geschichte jener Gebiete geht, die heute zur Republik beziehungsweise zum "EU-Land" Österreich gehören, wird hier durchgehend die Bezeichnung Ottokar verwendet.