Burgruine Rattenberg

Version vom 30. April 2024, 13:49 Uhr von Karl Gruber (Diskussion | Beiträge) (→‎Literatur: + lf)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Die Burgruine Rattenberg, heute Teil der gleichnamigen Gemeinde, war im 16. Jahrhundert neben Kufstein die bedeutendste Festung des Tiroler Unterlandes". Bis ins 20. Jahrhundert ist sie durch Wilhelm Biener, den "legendären Kanzler von Tirol", bekannt geblieben, der hier im Jahr 1651 hingerichtet wurde.

Das Bauwerk

Die Ruine Rattenberg ist heute im Besitz der Stadtgemeinde Rattenberg.[1]. Sie befindet sich auf einem Felsenhügel in den südlichen Ausläufern der Kitzbüheler Alpen. Von der ursprünglichen Burganlage ist der romanische Bergfried aus der Zeit des 13. Jahrhunderts[2] erhalten geblieben, ein mächtiger quadratischer Turm mit auffälligem Mauerwerk, in dessen Obergeschoss, das im 15. Jahrhundert erneuert wurde[2], noch der vermauerte rundbogige Einstieg zu erkennen ist. Wenige Mauerreste erinnern an den Palas und die Wirtschaftsgebäude.[3] Die Anlage der früheren Burg besteht aus zwei Teilen: der Hauptburg oberhalb der Stadt und dem Oberen Schloss, das im 16. Jahrhundert über der Hauptburg erbaut wurde.[4]

Geschichte

Die Burg Rattenberg im Mittelalter

Die Burg Rattenberg diente der Sicherung der Verkehrswege im Unterinntal. Sie soll um 1000 von einem gewissen Rato, der aus der Familie der Rapotonen stammte, erbaut worden sein. Die Rapotonen waren eine bairische[A 1] Adelsfamilie, die im Dienst des Hochstiftes Regensburg Inhaber der "Inntalgrafschaft" waren.[3] 1133 wurde Heinrich der Stolze[A 2] vom Bischof von Regensburg mit Rattenberg belehnt.[5]

Am Fuße der Burg entstand in der Folge zwischen dem Burgfelsen und dem Ufer des Inns eine Siedlung, die 1254 als bairische Zollstätte das Marktrecht[A 3] und 1393 das Stadtrecht erhielt. Zusammen mit der Burg bildete sie die nächsten Jahrhunderte einen wichtigen militärischen Stützpunkt an der Grenze der Grafschaft Tirol zum Herzogtum Baiern und war Sitz des vom Ziller bis nach Kundl reichenden Landgerichtes.[3] Von den bairischen Herzögen wurde Rattenberg bis Anfang des 15. Jahrhunderts mehrmals verpfändet, zunächst an die Grafen von Görz und Tirol, dann an die Herren von Kummersbruck (bis 1393) und an die Thorer (bis 1405). Nach 1405 wurden dann Pfleger eingesetzt.[4]

Die Burg Rattenberg in der Neuzeit

Noch 1503 im Auftrag von Herzog Georg von Baiern-Landshut ("Georg dem Reichen") wurde die Burg wesentlich vergrößert.[2]. 1504 kamen die Stadt bzw. das Gericht und die Burg Rattenberg im Landshuter Erbfolgekrieg unter die Herrschaft von Kaiser Maximilian I., der Rattenberg von seinem Baumeister Michael Zeller zur mächtigsten Festung in Tirol ausbauen ließ.[6] 1521 waren die Bauarbeiten beendet, bei denen die starken Rondelle im Osten und Westen und das Obere Schloss auf dem die Burg im Süden überhöhenden Gegenhang errichtet wurden. Durch diesen neuen Mauerring konnte die Flanke zum Berg hin deutlich besser geschützt und effizienter verteidigt werden.[2].

Neben der Grenzsicherung zum Herzogtum und späteren Kurfürstentum Baiern wurde die Burg Rattenberg im 16. und 17. Jahrhundert auch als Gefängnis und Hinrichtungsstätte genutzt. 1528-1540 wurden hier 71 Wiedertäufer hingerichtet.[6] Nach einem politischen Prozess wurde auf Rattenberg der Jurist Wilhelm Biener, früherer Kanzler von Tirol, am 17. Juli 1651 enthauptet.[7] An der Ostwand des Bergfriedes am Rattenberger Schlossberg erinnerte bis Anfang des 21. Jahrhunderts eine Inschriftentafel an seine Hinrichtung.[2].

Auch unter Maximilian und seinen Nachfolgern wurde die Burg Rattenberg verpfändet, zunächst an die Grafen von Lichtenstein (bis 1614), später an die Familien Mohr (1631-1661), Wolkenstein (bis 1668), Schrenk von Notzing (bis 1686), Lodron (bis 1744) und Pfeiffersberg (bis 1782).[4]

1703 zählte die Festung Rattenberg zu den Kampfschauplätzen des "Boarischen Rummels". Nachdem die Feste vorübergehend vom bairischen Kurfürsten Max II. Emanuel eingenommen worden war, kam es bei der Rückeroberung durch Tiroler Bauern und Knappen zu grauenhaften Racheakten an den bairischen Soldaten.[1]

Im Verlauf des 18. Jh. verlor die Burg allmählich ihren Festungscharakter und begann zu verfallen.[2] 1703 und 1769 kam es auf ihr zu Großbränden, die schwere Schäden verursachten.[4] 1782 wurde die Festung Rattenberg, wie auch alle anderen Festungen in Tirol, ausgenommen Kufstein, auf Befehl von Kaiser Joseph II. aufgelassen.[1] Daraufhin wurde die Burg Rattenberg zum Verkauf ausgeschrieben und kam so in den Besitz des Rattenberger Schmiedemeister Joachim Pöll, der ihre Bestandteile gewerblich nutzte. Er ließ sämtliche Eisenteile, Holzarbeiten, Fenster- und Türstöcke herausreißen, die Dächer abtragen und selbst die Ziegelgewölbe zerstören.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts war der Burghügel im Besitz der Nordtiroler Staatsbahn.[4] Als die Burg 1905 von der Stadtgemeinde Rattenberg erworben wurde, war sie längst eine Ruine. Seit 1980 werden Sicherungs- und Restaurierungsarbeiten durchgeführt.[2]

Die Ruine Rattenberg als Freilichtbühne

Schon im 16. Jahrhundert fanden in Rattenberg Passionsspiele statt. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs finden im Hof der Ruine Freilichtspiele des "Ratenberger Theatervereins" statt: die "Rattenberger Schlossbergspiele".[1] Diese wurden 1951 mit dem Schauspiel "Der Kanzler von Tirol" von Josef Wenter über Wilhelm Biener eröffnet. Neben weiteren Theaterstücken mit lokalhistorischen Bezug wie zum Beispiel die Schauspiele "Der Judas von Tirol" von Karl Schönherr oder "Das große Notburgaspiel" (um die Heilige Nothburga, als deren Geburtsort Rattenberg gilt) von Max Tribus werden bis heute Theaterstücke von Felix Mitterer, Peter Turrini, Johann Nepomuk Nestroy oder Wilhelm Shakespeare hier aufgeführt.[8]

Literatur

  • Julia Hörmann-Thurn und Taxis (Hrsg.): Tiroler Burgenbuch. Nordtiroler Unterland (= Tiroler Burgenbuch XI.). Athesia Verlag, Bozen, 2019. ISBN 978-88-6839-358-8. S. 177-206
  • Helmut Krämer - Anton Prock: Südtirol - Osttirol - Nordtirol. Die schönsten Tiroler Burgen & Schlösser. Mit Tipps: Speisen und Logieren in alten Gemäuern. Tyrolia / Tappeiner, Innsbruck / Lana, 2009, ISBN 978-3-7022-2997-9, S. 144f.
  • Beatrix Pinzer – Egon Pinzer: Burgen, Schlösser und Ruinen in Nordtirol, und Osttirol. Edition Löwenzahn, Innsbruck, 1996, ISBN 3-7006-2122-3, S. 171-173
  • Josef Weingartner - Magdalena Hörmann-Weingartner: Die Burgen Tirols. Ein Burgenführer durch Nord-, Ost- und Südtirol. Innsbruck / Bozen, 3. Auflage, 1981, S. 62f.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 vgl. Beatrix Pinzer – Egon Pinzer: Burgen, Schlösser und Ruinen in Nordtirol, und Osttirol, 1996, S. 173
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 vgl. Rattenberg, Geschichte-Tirol.COM, eingesehen am 16. Dezember 2017
  3. 3,0 3,1 3,2 vgl. Beatrix Pinzer – Egon Pinzer: Burgen, Schlösser und Ruinen in Nordtirol, und Osttirol, 1996, S. 171
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 vgl. Rattenberg, Wehrbauten.AT, eingesehen am 16. Dezember 2017
  5. vgl. Ruine Rattenberg, Burgen-Adi.At, eingesehen am 16. Dezember 2017
  6. 6,0 6,1 vgl. Beatrix Pinzer – Egon Pinzer: Burgen, Schlösser und Ruinen in Nordtirol, und Osttirol, 1996, S. 172
  7. vgl. Beatrix Pinzer – Egon Pinzer: Burgen, Schlösser und Ruinen in Nordtirol, und Osttirol, 1996, S. 172f.
  8. vgl. Chronik, Schlossbergspiele-Rattenberg.AT, eingesehen am 16. Dezember 2017

Anmerkungen

  1. Die Schreibweise des Landes Bayern mit y wurde erst einige Jahre nach dem Wiener Kongress im 19. Jahrhundert durch einen gesetzlichen Beschluss des damaligen Königs eingeführt. Da es hier um das Mittelalter geht, wird in diesem Artikel die Schreibung mit i verwendet.
  2. Heinrich stammte aus der Familie der Welfen. Als Herzog von Sachsen wird er als Heinrich II. gezählt, als Herzog von Baiern als Heinrich X.
  3. In diesem Zusammenhang wird die Burg Rattenberg erstmals ausdrücklich genannt, vgl. Rattenberg, Wehrbauten.AT, eingesehen am 16. Dezember 2017