Franz Lorenz Winterer (* 11. Jänner 1892 in Wien; † 8. November 1971 ebenda) war ein Angehöriger des Österreich-Ungarischen Heers im Ersten Weltkrieg, der Volkswehr, des österreichischen Bundesheers, der deutschen Wehrmacht während der Nazi-Diktatur, österreichischer Politiker (SPÖ) und Unterstaatssekretär für Heerwesen in der provisorischen Staatsregierung Renner 1945.

Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof

Leben

Franz Lorenz Winterer wurde als Sohn des Laternenwärters der Wiener Gaswerke Franz W. (16. September 1862 – 30. Dezember 1912) und der Amalie (geb. Eder, 24. September 1862 – 29. Juli 1945) geboren.

Er war dreimal verheiratet. In erster Ehe mit Luise (geb. Urban, 28. Dezember 1892 – 23. Februar 1954), während eines Fronturlaubs im Jänner 1918 geheiratet. Die Ehe wurde am 20. April 1925 geschieden. In zweiter Ehe war er seit 23. November 1925 mit Karolina Johanne (geb. Elstner, 20. April 1905 – 9. Dezember 1984) verheiratet. Die Ehe wurde durch Nichtigerklärung am 12. Jänner 1939 aufgelöst. In dritter Ehe war er seit 26. Juli 1945 mit Frederike (geb. Gerber, 10. November 1910 – 20. Juni 1973) verheiratet. Winterer hatte vier Töchter: Astrid (* 11. Jänner 1927), Leonore (* 30. Juni 1929), Erika (* 8. November 1937) und Hanni (* 10. November 1946).[1][2]

Winterer wurde im römisch-katholischen Glauben erzogen, trat im Juli 1927 aus der Kirche aus und im Jänner 1934 wieder ein (Erstarken des Austrofaschismus) und 1938 – nach dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland – wieder aus.[2][3]

Er ist auf dem Wiener Zentralfriedhof in einem Ehrengrab der Stadt Wien bestattet.[4]

Ausbildung

Winterer besuchte die Volksschule und Bürgerschule in Wien und anschließend eine private Untermittelschule, danach zwei Jahre das Konservatorium für Musik. Er erlernte Geige, Bratsche und wahrscheinlich etwas Klavier spielen. Danach besuchte er zwei Jahre die Meisterschule für Geige bei Felix Pazovsky. Er war als Musiker ([w:Violinist|Violinist]]) im Theater an der Wien, im Bürgertheater und in der Wiener Volksoper tätig. Als Bratschist im Tonkünstlerorchester.[1][5][6][7]

Winterer hat weder maturiert noch studiert und es gilt als nicht sicher, dass er ein Studium der Rechtswissenschaften begonnen hat[8] oder absolvierte, auch wenn er selbst nach dem Zweiten Weltkrieg einen Doktortitel führte.[9][10]

Militär

Im April wurde Winterer als kriegsdiensttauglicher Wehrpflichtiger (Infanterist in den Landsturm aufgenommen. Winterer war vom 25. Dezember 1914 bis zum 10. November 1918 Angehöriger der Landstreitkräfte Österreich-Ungarns im k.u.k. Infanterieregiment „Hoch- und Deutschmeister“ Nr. 4 und kam an die russische Front. Zuerst als Plänkler, dann als Schwarmführer und ab April 1016 als MG-Schütze, Distanzmesser und MG-Führer. Im Juli 1916 wurde er zum Titular-Gefreiten befördert und im Februar 1917 zum definitven Gefreiten und im November 1917 zum Titular-Korporal.

Vom 12. November 1918 bis zum 20. Juni 1920 war er in der Übergangslösung, der Volkswehr als Leutnant (ab 1. November 1919) tätig (Volkswehr-Maschinengewehr-Abteilung Kreis B in Wien) und Vertrauensmann seiner Einheit. Am 23. Juni 1932 wurde Winterer zum Hauptmann befördert.

Vom 21. Juni 1920 bis zum 14. März 1938 (Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland) war er im österreichischen Bundesheer als Hauptmann tätig. Er besuchte nach einem vierwöchigen Vorbereitungskurs vom 22. November bis 18. Dezember 1920 einen Offizierskurs an der Heeresschule mit sehr gutem Erfolg und wurde im Juli 1921 zum Oberleutnant befördert.

Winterer unterrichtete fallweise an der Telegraphenschule des Bundesheers. Er war auch zweitweise militärischer Berater des Republikanischen Schutzbundes.

Direkt anschließend nach dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland wurde er zuerst Major (1. Juni 1938), dann Oberstleutnant bis zum Ender der Nazi-Diktatur in der Wehrmacht. In der Zweiten Republik wurde Winterer am 19. September 1945 zum Generalmajor befördert.

Er diente somit als Armeeangehöriger ohne größere persönliche Probleme unter einem monarchischen System, zwei republikanischen Systemen und zwei diktatorischen Systemen ( Austrofaschismus und der Nazi-Diktatur) und wurde jeweils immer weiter bis zum Generalmajor in der zweiten Republik befördert. Er leitete vom 27. April 1945 das Heeresamt, bis es am 10. Dezember 1945 auf Anordnung des Alliierten Rates aufgelöst wurde. Am 31. Mai 1950 wurde Winterer mit 58 Jahren in den Ruhestand versetzt.[1][5][2][3][11][7]

Politische Tätigkeit

Winterer war im Rahmen seiner Tätigkeit als Angehöriger der Volkswehr Mitglied des Reichssoldatenrates und dessen letzter Vorsitzender.[2]

Vom 27. April 1945 bis 19. Dezember 1945 war Winterer Unterstaatssekretär für Heerwesen in der provisorische Staatsregierung Karl Renner (1945).[6][7]

Vom 19. Dezember 1945 bis 8. November 1949 war er Abgeordneter zum Nationalrat.[1][6][7]

Vereinstätigkeit

Von 1945 bis 1968 war Winterer Präsident des ASKÖ und als solcher vom 11. Dezember 1946 bis 1968 auch im Vorstand des Österreichischen Olympischen Comités (ÖOC).

Von 1946 bis 1966 war er Bundesobmann der Naturfreunde[1] und Präsident des Wiener Eislaufvereines.[4][6][7]

Erfinder

Winterer war Erfinder eine in der Nacht einsetzbaren Kompasses, der „Winterer-Bussole“. [3][7]

Auszeichnungen

Dass ihm die Tapferkeitsmedaille in Silber 2. Klasse verliehen worden ist, ist ungewiss.[2]

Literatur

Winterer veröffentlichte 1930 „Orientierung in der Landschaft. Mit Karte, Kompass und Höhenmesser“ im Verlag Scheider in Leipzig in der Reihe „Berg und Buch“. Weiter ähnliche Veröffentlichungen erfolgten im Selbstverlag.[3]

Weblinks

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Manfried Rauchensteiner: „Franz Lorenz Winterer“ in Österreichische Militärische Zeitschrift Nr. 4/2024, S. 457.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Manfried Rauchensteiner: „Franz Lorenz Winterer“ in Österreichische Militärische Zeitschrift Nr. 4/2024, S. 459.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Manfried Rauchensteiner: „Franz Lorenz Winterer“ in Österreichische Militärische Zeitschrift Nr. 4/2024, S. 460.
  4. 4,0 4,1 Manfried Rauchensteiner: „Franz Lorenz Winterer“ in Österreichische Militärische Zeitschrift Nr. 4/2024, S. 466.
  5. 5,0 5,1 5,2 Manfried Rauchensteiner: „Franz Lorenz Winterer“ in Österreichische Militärische Zeitschrift Nr. 4/2024, S. 458.
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 [1], Webseite: dasrotewien.at, abgerufen am 27. Juli 2024.
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 7,4 7,5 Franz Winterer, Webseite: parlament.gv.at, abgerufen am 27. Juli 2024.
  8. Anders angeführt auf der Webseite: dasrotewien.at (Winterer Franz) und Parlament Österreich Franz Winterer, abgerufen am 27. Juli 2024).
  9. Manfried Rauchensteiner: „Franz Lorenz Winterer“ in Österreichische Militärische Zeitschrift Nr. 4/2024, S. 457 f.
  10. Manfried Rauchensteiner: „Franz Lorenz Winterer“ in Österreichische Militärische Zeitschrift Nr. 4/2024, S. 463.
  11. Manfried Rauchensteiner: „Franz Lorenz Winterer“ in Österreichische Militärische Zeitschrift Nr. 4/2024, S. 465 f.