Ferdinand Leeb (* 9. Jänner 1862 in Deutsch-Wagram; † 24. Jänner 1932 ebenda) war Landwirt und Kommunalpolitiker, der insbesondere als Bürgermeister von Deutsch-Wagram von 1909 bis 1914 bekannt wurde.

Ferdinand Leeb, Bürgermeister von Deutsch-Wagram 1909–1914

Leben und Wirken

Ferdinand Leeb wurde am 9. Jänner 1862 als Sohn des Ferdinand Leeb und der Katharina Leeb, geb. Schlederer in Deutsch-Wagram, Niederösterreich geboren. Er wuchs in einer landwirtschaftlich geprägten Familie auf und verbrachte einen Großteil seines Lebens in der Gemeinde. Am 19. Mai 1885 heiratete er Maria Katharina Schilk und wurde Vater von sechs Kindern.

1908 wurde er zum ersten Gemeinderat gewählt.[1] Unter seiner Amtsführung als Bürgermeister (1909–1914) und Obmann des Ortsschulrates wurden bedeutende Infrastrukturprojekte wie das erste Elektrizitätswerk[2] und die neue Volks- und Bürgerschule (1910) in Deutsch-Wagram errichtet.[3] Er war Mitglied des 1904 von Obmann Anton Pfalz gegründeten Kriegerdenkmal-Ausschusses zur Errichtung des heutigen Denkmals an die Schlacht bei Wagram 1809, von Bildhauer Franz Seifert (1866–1951) entworfen und ausgeführt, welches am 4. Juli 1909 zum hundertjährigen Gedenken unter seiner Amtsführung feierlich enthüllt und eingeweiht wurde.[4][5]

Für seine kirchlichen Verdienste, insbesondere als erster Obmann und Präsident des katholischen Kirchenbauvereines und Mitglied des Kirchenmusikvereines, wurde ihm die päpstliche Auszeichnung, das goldenes Ehrenkreuz „Pro Ecclesia et Pontifice“ von Papst Benedikt XV. verliehen.[6] Die Auszeichnung wurde ihm im Rahmen einer feierlichen Zeremonie in der Pfarrkirche von Deutsch-Wagram am 15. Oktober 1916 überreicht und gewürdigt.

 
Bis heute erhalten: Ferdinand Leebs Weinkeller "Am Wagram"

Neben dem Ganzlehen, Haus Nr. 40, heute Rohrergasse 6, besaß Ferdinand Leeb auch einen Weinkeller mit kleinem Presshaus „Am Wagram“, der bis heute erhalten ist. Manfred Groß, der aktuelle Besitzer des Weinkellers, Lokalhistoriker und Ortschronist aus Deutsch-Wagram, pflanzte im Frühjahr 2024 direkt neben dem Weinkeller erstmals nach Jahrzehnten wieder Weinstöcke. Eine Kultur[er]leben Tafel vor dem Weingarten wurde ebenfalls im Jahr 2024 von der Stadtgemeinde errichtet, um die Erinnerung an die Weinbautradition in Deutsch-Wagram zu bewahren.[7][8] Die Bemühungen von Manfred Groß tragen auch dazu bei, das Erbe von Ferdinand Leeb lebendig zu halten.

 
Ferdinand Leeb Grabstein, Friedhof Deutsch-Wagram

Leeb starb nach einem langandauernden Leiden am 24. Jänner 1932 im Alter von 70 Jahren. Er wurde am 26. Februar 1932 in Deutsch-Wagram beigesetzt.[9][10]

Ehrenamtliche Tätigkeiten

 
Die unter Bürgermeister Ferdinand Leeb renovierte aber noch ursprüngliche Pfarrkirche Deutsch-Wagram, um 1920
  • Gründungsmitglied und Vertrauensmann des NÖ Bauernbundes.
  • Obmann des Ortsschulrates und langjähriges Mitglied des Bezirksschulrates Floridsdorf-Umgebung.
  • Obmann der Raiffeisenkasse Deutsch-Wagram (1903–1930), eines der ältesten Kassen in Niederösterreich, gegründet am 31. März 1899.
  • Gründer und Mitglied des Kirchenmusikvereines zur „Förderung und Pflege authentischer kirchlicher Musik gemäß den Gesetzen der katholischen Liturgie“ (gegründet 1908).[11]
  • Bürgermeister von Deutsch-Wagram (1909–1914) nach dem tödlichen Unfall des Altbürgermeisters Michael Wieland am 11. Jänner 1909.[12]
  • Mitglied des Kriegerdenkmal-Ausschusses in Deutsch-Wagram zur Errichtung des Denkmals an die Schlacht bei Wagram 1809, welches am 4. Juli 1909 unter Bürgermeister Ferdinand Leeb feierlich präsentiert und von Ortspfarrer (und späteren Ehrenbürger von Deutsch-Wagram) Ferdinand Pečka eingeweiht wurde.[13][14]
  • Erster Obmann und Präsident des katholischen Kirchenbauvereines, gegründet am 20. April 1911.[15]. Ferdinand Leeb plante bereits 1911 eine Vergrößerung bzw. einen Neubau der Pfarrkirche und versuchte diese mit Spendenaufrufen zu verwirklichen.[16]
  • Landesfürstlicher Patronatskomissär der Pfarrkirche Deutsch-Wagram.[1]

Tätigkeiten als Bürgermeister

  • Gründung und Errichtung der Volks- und Bürgerschule Deutsch-Wagram (1909–1910) nach Plänen des Baumeisters Hans Haas aus Wolkersdorf.[3][17]. Erster Direktor der Bürgerschule Deutsch-Wagram war Paul Schilder, der spätere Bürgermeister (1924–1928).
  • Gründung des ersten Elektrizitätswerks in Deutsch-Wagram (1911 erbaut und bis 1926 im Betrieb).[2]
  • Renovierung der alten Pfarrkirche Deutsch-Wagram aus Mitteln des Kirchenbauvereines und erste Pläne zur Errichtung einer neuen Kirche am ehemaligen Friedhof, dem heutigen Dr.-Sahulka-Park (1911). Die Pläne wurden jedoch auf Grund der beiden Weltkriege mehrfach verworfen, stattdessen wurde die Pfarrkirche Deutsch-Wagram erst in den Jahren 1956-1958 nach Plänen von Architekt Hans Petermair und den hiesigen Baumeistern Johann Christen und Kommerzialrat Michael Vogl umgebaut und vergrößert.[18] Der Kirchbauverein Deutsch-Wagram wurde 1958 nach dem Umbau und der Vergrößerung der Pfarrkirche aufgelöst.

Auszeichnungen

Weblinks

  Ferdinand Leeb – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Gemeindewahlen in Deutsch-Wagram. In: anno.onb.ac.at – Das Vaterland vom 3. Februar 1908. Abgerufen am 14. August 2023.
  2. 2,0 2,1 Otto Schilder: Elektrizitätswerk In: Geschichte der Marktgemeinde Deutsch-Wagram. Gemeinde Deutsch-Wagram, S. 318, 370, 431, 440, 443.
  3. 3,0 3,1 Schuleinweihung Volks- und Bürgerschule Deutsch-Wagram. In: anno.onb.ac.at – Deutsches Volksblatt vom 1. Oktober 1910. Abgerufen am 13. August 2023.
  4. Enthüllung eines Kriegerdenkmals in Deutsch-Wagram. In: Neuigkeits-Welt-Blatt, 8. Juli 1909, S. 28 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nwb
  5. Karl August Varnhagen von Ense / Anton Pfalz: Zur Jahrhundertfeier der Schlacht bei Deutsch-Wagram In: Die Schlacht von Deutsch-Wagram am 5. und 6. Juli 1809. Outlook Verlag, 2022, ISBN 978-3-368-42934-8. Ursprünglich herausgegeben zum einhundertjährigen Gedenktage dieser Schlacht von Anton Pfalz – Verlag des Kriegerdenkmal-Ausschusses Deutsch-Wagrams., Anhang, S. 51-66.
  6. Päpstliche Auszeichnung "Pro Ecclesia et Pontifice" für Ferdinand Leeb. In: deutsch-wagram.topothek.at - Niederösterreichische Volks- und Vereins-Zeitung am 21. Oktober 1916. Abgerufen am 13. August 2023.
  7. Kultur(er)leben Tafel „Der Weinbau“. In: museumdw.at - Museum Deutsch-Wagram am 19. April 2024. Abgerufen am 18. August 2024.
  8. Museum im öffentlichen Raum. In: www.deutsch-wagram.gv.at - Stadtleben Deutsch-Wagram, März 2024, PDF S.8. Abgerufen am 18. August 2024.
  9. Deutsch-Wagram: Ferdinand Leeb gestorben. In: Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung im Viertel unter dem Manhartsberge / Volksbote. Sozialdemokratisches Wochenblatt für das Viertel unter dem Manhartsberg / Volksbote. Sozialdemokratische Wochenzeitung für den Wahlkreis Marchfeld, 4. März 1932, S. 6 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/vbt
  10. Deutsch-Wagram: Todesfall Ferdinand Leeb. In: Der Bauernbündler, 12. März 1932, S. 6 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/bab
  11. Manfred Groß: Kultur und Bildungsvereine – Kirchenmusikverein In: Bewegende Geschichte : Ein Bilderbogen zur Entwicklung der Stadtgemeinde. Deutsch-Wagram, 2009, ISBN 978-3-200-01592-0. Deutsch-Wagram in Wort und Bild – vom 12. Jahrhundert bis 2009., S. 440.
  12. Tragischer Unfall eines Bürgermeisters. In: Neuigkeits-Welt-Blatt, 15. Jänner 1909, S. 7 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nwb
  13. Otto Schilder: Die Enthüllung und Weihe des Kriegerdenkmales In: Geschichte der Marktgemeinde Deutsch-Wagram. Gemeinde Deutsch-Wagram, S. 278-281.
  14. Manfred Groß: Enthüllung des Kriegerdenkmales 1809 In: Bewegende Geschichte : Ein Bilderbogen zur Entwicklung der Stadtgemeinde. Deutsch-Wagram, 2009, ISBN 978-3-200-01592-0. Deutsch-Wagram in Wort und Bild – vom 12. Jahrhundert bis 2009., S. 50.
  15. Otto Schilder: Die Zeit von 1900–1914 In: Geschichte der Marktgemeinde Deutsch-Wagram. Gemeinde Deutsch-Wagram, S. 431.
  16. Spendenaufruf für eine größere oder neue Kirche in Deutsch-Wagram   Digitalisat in der Topothek der Gemeinde deutsch-wagram (Urheberrechte beachten)
  17. Otto Schilder: Errichtung einer Bürgerschule In: Geschichte der Marktgemeinde Deutsch-Wagram. Gemeinde Deutsch-Wagram, S. 317-326.
  18. Otto Schilder: Die sehenswerte neue Pfarrkirche In: Deutsch-Wagram Gegenwart und Vergangenheit. Gemeinde Deutsch-Wagram, S. 44-54.
  19. Päpstliche Auszeichnung „Pro Ecclesia et Pontifice“ für Ferdinand Leeb (2). In: Niederösterreichische Volks- und Vereinszeitung, 2. September 1916, S. 4 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nvz