ÖsterreichWiki:Löschkandidat/Alpenfehde

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Die Alpenfehde entstand 1986 zwischen Bayern und Österreich aufgrund der Einreiseverbote für österreichische Demonstranten gegen die Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf.

Geschichte

Einreiseverbote für Demonstranten

Am 27. Juli 1986 schloss Salzburg mit dem bayerischen Landkreis Schwandorf im Kampf gegen die Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf (WAA) eine Anti-Atom-Partnerschaft. Zum Auftakt der Festspielsaison stiegen Bürgermeister Josef Reschen und Landrat Hans Schuierer auf dem Alten Markt auf eine Leiter und besiegelten mit Handschlag über einem vom Salzburger Richard Hörl[1] nachgebildetes WAA-Bauzaunelement mit Stacheldraht obenauf[2] die Partnerschaft.[3] Der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß ließ diese Partnerschaft aufheben, woraufhin Schuierer und Reschen 1987 eine Umwelt-Partnerschaft schlossen.[4] Der vehemente Salzburger Widerstand gegen die WAA Wackersdorf[5], der maßgeblich von der Bürgerinitiative PLAGE organisiert wurde, trübte das Verhältnis zwischen Salzburg und Bayern.[6] Dies belastete auch das Verhältnis zwischen Strauß und dem damaligen Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer. Nachdem Strauß einem 32 Busse zählenden Salzburger Protestkonvoi zur WAA die Einreise verweigert hatte, wurde er von den Salzburger Festspielen aus- und Schuierer eingeladen.[7] Im Juni 1986 kamen von 2.000 ausländischen Gästen, die in Regensburg gegen die WAA demonstrieren wollten, nur vier (auch Hildegard Breiner) in Regensburg an. Schwandorfs Landrat Schuierer kommentierte: „Diese Maßnahme kommt einer Verlegung des Bauzauns an die deutsch-österreichische Grenze gleich.“ Christa Meier warf der CSU Völkerrechtsverletzung vor.[8] Auch der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer spottete: „Der Bauzaun beginnt bereits an der Grenze zu Österreich.“[9]

Beginn der Alpenfehde

Die Differenzen eskalierten schließlich zur „Alpenfehde“[10] bzw. zum „Alpenkrieg“.[11] Die britische Sunday Times fragte damals, ob sich Bayern im Krieg („Bavaria at war“) befinde.[12] Bayern überlegte sich auch Schikanen gegen Österreich im Flugverkehr.[13] Im Juli 1986 wollte Österreichs Vizekanzler Norbert Steger zum Anti-WAAhnsinns-Festival nach Burglengenfeld fahren. Die Bayerische Staatsregierung plante, für ihn ein Einreiseverbot zu verhängen, das jedoch von Außenminister Hans-Dietrich Genscher wieder zurückgezogen wurde, Steger fuhr dennoch nicht.[14] Am 22. Juli 1988 („Österreicher-Tag“) verkündete die Wiener Umweltministerin Marilies Flemming im Namen der Republik Österreich den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München und das Bundesverwaltungsgericht in Berlin anzurufen.[15] 1986 nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl beschloss die Regierung Fred Sinowatz mit Bonn über einen WAA-Verzicht zu verhandeln, weil ein Unfall "ganz Österreich bedrohen" würde.[16] Mit der Abweisung der ORF-Journalistin Elfriede Geiblinger im Januar 1987 eskalierte der Konflikt noch mehr. Österreichs Innenminister Karl Blecha sprach von einer "unerhörten und zwischen pluralistischen Staaten nicht gebräuchlichen Vorgangsweise" und im Wiener Außenministerium sah man sogar eine Verletzung von "Geist und Buchstaben der Bestimmungen der KSZE-Schlußakte".[17]

Feindbild Franz Josef Strauß

Nach den Wackersdorfdemos und vor allem nach den Einreiseverboten wurde der Bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß für die österreichischen WAA–Gegner zum Symbol der bundesdeutschen Atompolitik. Schon im Juli 1986 bat Kurt Waldheim Strauß angesichts der Anti-Atom-Stimmung in Österreich das Problem Wackersdorf noch einmal zu „überdenken“, was Strauß in einem Brief scharf zurückwies.[18] Im Februar 1987 protestierten über 1.000 WAA-Gegner gegen den Besuch von Strauß beim Wiener Opernball. Atomgegner warfen bei der Eröffnung Flugblätter in den Ballsaal und entrollten ein Transparent, draußen kam es zu einer Straßenschlacht mit der Polizei.[19] Für den harten Polizeieinsatz bei den ersten Protesten rund um den Opernball wurde der damalige Innenminister Karl Blecha scharf kritisiert.[20] Im April 1987 wollten Bayerns Innenminister August Lang und der Umwelt-Staatssekretär Alois Glück in Salzburg über das "Das bayrisch-österreichische Fingerhakeln" in einer BR-Live-Sendung diskutieren, was ihnen von Strauß untersagt wurde. Der bayerische Ministerpräsident meinte, er könne doch nicht zulassen, "daß bayrische Kabinettsmitglieder im Ausland angepöbelt werden und dann möglicherweise der Diskussion nicht gewachsen sind".[21]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Richard Hörl im Salzburgwiki.
  2. 20 Jahre PLAGE: Stationen eines langen Weges 1986–2006. PLAGE-Plattform News, 3/2006, S. 2.
  3. Handschlag-Foto In: Kultur gegen die WAA, S. 10.
  4. Ein Landrat gegen die Atomkraft: Der „Titan von Wackersdorf“ wird 90. Salzburger Nachrichten vom 6. Februar 2021.
    Regierung: Anti-Atom-Partnerschaft aufheben! - Zweck der deutsch-österreichischen Zusammenarbeit nach Auffassung der Behörde keine Landkreissache. Mittelbayerische Zeitung vom 30. August 1986 (auf Kultur gegen die WAA, S. 10).
  5. Einige Eckdaten des österreichischen Widerstands gegen die WAA. In: Radi Aktiv, Ausgabe 13, April 1987, S. 64 f. (im Laka-Archiv; PDF).
  6. Was wäre gewesen, wenn – Wackersdorf gebaut worden wäre? Salzburger Nachrichten vom 6. Oktober 2023.
    Der Zaun des Anstoßes. Salzburger Nachrichten vom 25. Mai 2016 (Pressreader.com).
  7. Widerstand wider Willen – Vor 30 Jahren war Schluss: Bürgerproteste führten zum Baustopp einer Aufbereitungsanlage für Atommüll in Wackersdorf. Die Zeit vom 30. Mai 2019.
  8. „Bauzaun beginnt an der Grenze zu Österreich“ – Demonstration und Andacht gegen WAA-Bau / Christa Meier wirft der CSU Völkerrechtsverletzung vor - (Mittelbayerische Zeitung vom 30. Juni 1986 auf Kultur gegen die WAA)
  9. „Als gäb's nur Verbrecher und Terroristen“ - (Der Spiegel vom 27. Juni 1986)
  10. Ganz übel – Bayern-König Strauß setzt die Alpenfehde fort: Er will einen Atomvertrag mit Österreich verhindern. In: Der Spiegel vom 21. September 1987.
  11. Fetzen fliegen: Franz Josefs neuestes Opfer: Nachbar Österreich. In: Der Spiegel vom 27. Juli 1986.
  12. So a G'schiß – Neue Eskalation im Grenzkonflikt: Erst konnten österreichische Demonstranten nicht nach Bayern rein, jetzt dürfen prominente Christsoziale nicht aus Bayern raus. Der Spiegel vom 13. April 1987.
    Rahm oder Ruhm: Die bayrisch-österreichische Grenze bleibt Krisengebiet – mit Einreisesperren für Demonstranten und womöglich Verstößen gegen das Völkerrecht. In: Der Spiegel vom 11. Januar 1987.
  13. Strauß verteidigt das Vorgehen Hillermeiers: Grenzsperre blockiert Beziehungen zu Wien. Streit weitet sich aus / Kanzlertreffen möglich - Mittelbayerische Zeitung vom 4. Juli 1986 auf Kultur gegen die WAA, S. 8
  14. Einige Eckdaten des österreichischen Widerstands gegen die WAA. In: Radi Aktiv, Ausgabe 13, April 1987, S. 64 f. (im Laka-Archiv; PDF).
  15. WAA: Österreich zieht vor Gericht. Die Wiener Umweltministerin kündigte in Neunburg gegen die WAA Klage vor dem bundesdeutschen Verwaltungsgerichtshof an / DWK-Vertreter versuchten, TV-Öffentlichkeit aus der Erörterung auszuschließen (taz vom 23. Juli 1988)
  16. »Ruhe im Ozean der Furcht« - Frankreich und die Folgen des Reaktorunfalls von Tschernobyl - (Der Spiegel vom 18. Mai 1986)
  17. https://www.spiegel.de/politik/rahm-oder-ruhm-a-7a8826ee-0002-0001-0000-000013521089
  18. Wissen.de - (20. Juli 1986)
  19. Krawall beim Wiener Opernball - WAA–Gegner protestierten in Wien gegen den Besuch von Strauß / Straßenschlacht mit der Polizei - (taz vom 28. Februar 1987)
  20. Opernballdemo - Am Anfang stand Franz-Josef Strauß - (Tiroler Tageszeitung vom 21. Februar 2017)
  21. So a G'schiß – Neue Eskalation im Grenzkonflikt: Erst konnten österreichische Demonstranten nicht nach Bayern rein, jetzt dürfen prominente Christsoziale nicht aus Bayern raus. Der Spiegel vom 13. April 1987.