Österreichische Pestkommission

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Die Österreichische Pestkommission war eine eine ärztliche Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, die Kranke während der Pest-Epidemie in Bombay (Mumbai) in Indien im Jahre 1897 untersuchte.

Vorgeschichte

Die Pest war ab etwa 1750 in Europa auf dem Rückzug, sodass in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nur mehr vereinzelte Fälle an den Rändern des Kontinents auf. So suchte eine Pestsepidemie im Winter 1878/1879 die Stadt Astrachan am Kaspischen Meer heim. Die deutsche Regierung veranlasste in der Folge eine internationale Kommission, der auch als österreichisch-ungarische Delegierte dei beiden Mediziner, der Sanitätsreferent für Galizien Alfred Biesiadecki (1839–1889) und Kiemann angehörten.

Bürokratische und administrative Hemmnisse verzögerten die Fahrt, sodass die Kommission erst im Februar 1879 ins Seuchengebiet gelangten als die Pest dort bereits erloschen war. Daher konnten konnten daher nur epidemiologische Fragen erörtert werden.

Als sich eine schwere Pest-Pandemie auszubreiten begann, die sich aus dem asiatischen Hochland nach Osten und Süden ausbreitete und 1894 durch Soldatenkolonnen Hongkong erreichte, wurde sie duch Pilger nach Süden verschleppt und kam so im Jahr 1896 nach Bombay (dem heutigen Mumbay).

Wenn auch in Europa größere Ausbrüche durch genaue Kontrollen im Seeverkehr und durch eine Rattenbekämpfung in den Häfen verhindert werden konnten, fand man trotzdem auch in Österreich wieder Interesse an der Forschung an der Krankheit.

Die Pest-Pandemie 1896/97 veranlasste die österreichisch-ungarische Regierung, bei den Regierungen Europas anzuregen, dass die bereits 1892 in der 7. Internationalen Sanitätskonferenz zu Venedig beschlossenen Vorkehrungen gegen die Cholera sinngemäß auch für die Pest gelten sollen. Es wären also gemeinsame Vereinbarungen zu treffen, um einerseits wirksame, andererseits aber Handel und Verkehr wenig schädigende Maßnahmen gegen die Einschleppung der Seuche nach Europa sicherzustellen. Der Initiative Österreich-Ungarns entsprechend trat am 16. Februar 1897 die 10. Internationale Sanitätskonferenz in Venedig zusammen und beschloss den Antrag.

In der Stadt Bombay hatte die Epidemie in Winter 1896/1897 10.606 Todesfälle verursacht. Da die Erkrankung durch Pilger nach Mekka übertragen worden ist, entstand auch für Österreich-Ungarn die Gefahr einer Einschleppung der Infektion durch die in die Provinz Bosnien und Herzegowina heimkehrenden Mekka-Pilger. Der rege Schiffsverkehr aus Asien stellte eine weitere Bedrohung dar. Es stimmte deswegen der k. k. Oberste Sanitätsrat [OSR] in seiner Sitzung am 17. Oktober 1896 den vom k. k. Ministerium des Innern [als oberste Gesundheitsbehörde] im Einvernehmen mit dem k. k. Handelsministerium erlassenen Maßnahmen zur „Hintanhaltung der Verschleppung der Pest“ durch den Schiffsverkehr zwischen Triest und Vorderindien zu. Die genaue Durchführung ist im Erlass der k. k. Seebehörde in Triest vom 20. Oktober 1896 festgelegt. Tatsächlich erlag in Triest am 4. November 1896 ein kranker Bootsmann eines türkischen Dampfers der bakteriologisch verifizierten Pest, jedoch ohne weitere Infektionen verursacht zu haben [8]. Für das Hinterland galt der Erlass der k. k. n.-ö. Statthalterei vom 22. Jänner 1897 betreffend die Assanierung in den Gemeinden anlässlich der Pestgefahr. Genauere Anweisungen für die Überwachung der Einfuhr von Waren und Verkehrsgegenständen aus Südasien und der Ankunft und Weiterreise von Personen aus verseuchten asiatischen Gebieten folgten mit Erlass des k. k. Ministeriums des Inneren vom 19. März 1897.

Die Epidemie erreichte mit ansteigenden Werten in den ersten Wochen des Jahres 1897 ihren Höhepunkt mit einer Letalität von 75–85 %. Es befasste sich deswegen der Oberste Sanitätsrat am 9. und 23. Jänner 1897 weiterhin mit der Pestabwehr. Er bestätigte, dass die in den internationalen Sanitätskonferenzen zu Venedig (1892) und Dresden (1893) festgelegten Vorkehrungen gegen die Cholera auch gegen die Pest anzuwenden seien. Der Sanitätsrat beschloss weiters seine Bereitschaft zur Unterstützung der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, nachdem der Pathologe Anton Weichselbaum (1845–1920) mitgeteilt hatte, dass die Akademie demnächst drei Ärzte nach Bombay schicken wird.

Österreichische Pestkommission

 
Hermann Müller
 
Heinrich Albrecht

Mit dem Beschluss der Akademie der Wissenschaften zur Entsendung einer Kommission nach Indien am 17. Jänner 1897 wurde auch die Ärzteschaft eingebunden, um deren Wünsche hinsichtlich für besondere Untersuchungen und Hinweise einzubringen.

Die Proponenten der Kommission waren der Privatdozent Hermann Franz Müller (1866–1898), sowie Heinrich Albrecht (1866–1922) und Anton Ghon (1866–1936), beide Assistenten des Pathologisch-anatomischen Instituts. Dazu kamen noch Rudolf Pöch (1870–1921), Aspirant und Fotograf, und dem Prosekturdiener Mathias Stöbich.

Am 3. Februar 1897 trat die Kommission mit dem Eildampfer Imperator des Österreichischen Lloyd, das erst im Vorjahr in Dienst gestellt wurde, von Triest ihre Mission an und erreichte am 20 Februar ihr Ziel Mumbay:

„So hoffnungsvoll auch der Kommission das Feld ihrer Arbeit erschien, ebenso ungewiss waren aber die Aussichten auf Erlangung von Material, besonders da die Zeitungsnachrichten über den Widerstand der einheimischen Bevölkerung ärztlichen Massnahmen gegenüber berichteten. Dem Umstande jedoch, dass die Commission die erste am Platze war, verdankt sie eine glückliche Erreichung ihres Zieles.“

Durch das Entgegenkommen der englischen Behörden wurden der Kommission zur Untersuchung Leichen des Arthur-Road-Hospitals zur Verfügung gestellt. Durch die abgelegene Lage des Spitals konnten Untersuchungen an Patienten in den verschieden Stadien der Erkrankung schon Tage danach aufgenommen werden und auch Obduktionen durchgeführt werden. Während Müller die klinischen Untersuchungen durchführte, führten die beiden anderen die pathologischen und bakteriologischen Arbeiten durch. Rudolf Pöch unterstützte die beiden und fotografierte selbständig.

Waren am Anfang der Mission sowohl Patienten und Verstorbene ausreichend vorhanden, so nahm die Anzahl gegen Mitte März deutlich ab, als der Höhepunkt der Epidemie überschritten wurde. Da sie die erste Kommission vor Ort waren, konnten sie sich gegen später eintreffende Wissenschafter anderer Länder erfolgreich behaupten. erst Mitte april überließen sie einen einen erheblichen Theil des bis jetzt (Mitte April) gewonnenen Leichenmaterials.

Während des gesamten Aufenthalts zeigten auch die Kommissionsmitglieder leichte Symptome, die auf „Infection mit dem Pestgifte“ man zurückführen könte.

Am 1. Mai begab sich die Kommission wieder auf die Rückfahrt mit der Imperator und kam am 17. Mai wieder in Triest an. Diese Fahrt musste allerdings unter der gelben Quarantäneflagge erfolgen, was bedeutete, dass das Schiff unterwegs niemand verlassen durfte.

Nach einem kurzen Urlaub begann die Arbeit im Prosekturgebäude des Wiener Allgemeinen Krankenhauses. Durch die Abgeschiedenheitund durch seine Pflasterung, sowie der fehlenden Verbindung zu anderen Gebäuden war dort die weitere Forschung möglich. Im Pestzimmer wurden auch infizierte Tiere gehalten. Ein weiteres Vertragen der Pestbakterien musste aber auf alle Fälle vermieden werden. Unterstützt wurde das Team durch den Institutsleiter Anton Weichselbaum (1845-1920).

Aufgabe an die Kommissionsmitglieder war die Bearbeitung des gesammelten Materials und die Erforschung des Weges der Pesterreger in den Organismus, sowie schließlich die Möglichkeiten für eine Immnisierung. Das gesamte restliche Jahr 1897 sowie 1897 wurden intensive Forschungen durchgeführt. So wurden etwa 750 Tierversuche an den verschiedensten Tieren angestellt, da man nicht wusste, welceh Tierarten empfänglich für die Bakterien seien.

Im Oktober 1898 mussten die Forschungen abrupt beendet werden, da sich der Laboratoriumsdiener Franz Barisch unbemerkt infizierte. Um seine Pflege kümmerten sich Hermann Franz Müller, sowie die Krankenschwester Albine Pecha, eine Anfängerin, sowie die erfahrene Johanna Hochecker.

Die Krankheit von Barisch, die voerst von Müller nicht als Pest sondern als krupöse Pneumonie geahlten wurde, weigerte sich auch später das ihm übermittelte Pestserum von Pestserum von Emile Roux (1853–1933) weder für Barisch als auch für sich und das Pflegepersonal zu injizieren.

Während Barisch kurz danach verstarb, infizierten sich Müller und Pecha ebenfalls bei Barisch die kurz danach ebenfalls verstarben. Hochecker infizierte sich, hatte aber nur leichte Symptome und überlebte.

Quelle und Literatur

  • Heinz Flamm: Die österreichische Pestkommission in Bombay 1897 und die letzten Pest-Todesfälle in Wien 1898 in Wiener Medizinische Wochenschrift, Ausgabe 15-16/2018, (Digitalistat - CC BY 4.0