Matthias (HRR)
Erzherzog Matthias (I.) von Österreich (* 24. Februar 1557, in Wien; † 20. März 1619, in Wien) aus dem Haus Österreich (Habsburg), besser bekannt als Kaiser Matthias, herrschte seit 1608-1619 über Teile des heutigen Österreich.
Herkunft und Familie
Erzherzog Matthias von Österreich war ein Enkel von Kaiser Ferdinand I. und der älteste Sohn von Kaiser Maximilian II. aus dessen Ehe mit der Infantin Maria von Spanien († 1603)[A 1] Zu seinen Brüdern gehörten Kaiser Rudolf II. sowie die Erzherzöge Ernst (III.) und Maximilian (III.) von Österreich. Als Kaiser heiratete Matthias eine Cousine: Erzherzogin Anna (* 1485; † 1618), eine Tochter von Erzherzog Ferdinand (II.) von Österreich, der über die Grafschaft Tirol und die "Vorderen Lande" herrschte.[A 2] Aus dieser Ehe hatte er keine Kinder.[1]
Herrschaften
Erzherzog Matthias (I.) herrschte seit 1608 beziehungsweise 1612 direkt über die Herzogtümer Österreich unter und Österreich ob der Enns[A 3], seit 1608 über Teile des ungarischen Königreiches und seit 1611 über die Länder der Böhmischen Krone. 1612-1619 war er außerdem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.
Matthias II. wurde im Unterschied zu seinen älteren Brüdern Rudolf und Ernst nicht am spanischen Hof erzogen. Ursprünglich war er für eine geistliche Laufbahn vorgesehen.[2] Nach dem Versuche, sich im Reich zu etablieren, kläglich gescheitert waren, folgte Matthias schließlich seinem Bruder Ernst als Verwalter der beiden Herzogtümer Österreich unter und Österreich ob der Enns nach, als dieser nach Brüssel übersiedelte. Da sich Kaiser Rudolf fast nur mehr in Prag aufhielt, hatte Matthias hier relativ freie Hand, aber die Verwaltung erwies sich nun als äußerst schwierige Aufgabe, da sich die konfessionellen Gegensätze nicht mehr wirklich überbrücken ließen, die Verteidigung gegen die Osmanen schon aus finanzieller Hinsicht immer wieder Rücksichtnahme auf die protestantischen Landstände erforderte und zudem der Eindruck entstand, dass der Kaiser ständig die Aktivitäten seines Bruders zu boykottieren versuchte.[3]
Der Machtkampf mit dem Bruder Rudolf, der als der "großen Bruderzwist" im Haus Österreich-Habsburg in die Geschichte eingegangen ist, war es auch, dem Matthias bis heute eine gewisse Bekanntheit verdankt. Zwischen 1608 und 1611 gelang es ihm allmählich seinen Bruder aus sämtlichen Machtpositionen zu verdrängen. Von diesem übernahm er offiziell die Führung über den "österreichischen Zweig" seiner Familie und die Herrschaft über das ungarische Königreich und die Markgrafschaft Mähren[A 4] sowie die Herzogtümer Österreich ob der Enns und Österreich unter der Enns. 1611 löst er Rudolf auch im böhmischen Königreich offiziell als Herrscher ab. Nach dessen Tod trat er auch dessen Nachfolge als Kaiser an. In dieser Position hat er kaum eigene Akzente gesetzt oder setzen können, was gewöhnlich mit der Kürze seiner Herrschaftszeit, aber auch mit seinem damals schon höheren Alter begründet wird. Er könnte weder die "Stagnation" der damaligen Reichsinstanzen und auch nicht den Ausbruch des "Dreißigjährigen Kriegs" verhindern.[4]
Obwohl er in konfessioneller Hinsicht in der Glaubensfrage, die in der Forschung neben den Türkenkriegen als der wesentliche Konflikt seiner Zeit gesehen wird, von der konzilianteren Grundhaltung seines Vaters geprägt war, gewährte er als Landesfürst seinen protestantischen Untertanen nur widerwillig die Glaubensfreiheit. Seine Politik wurde im Wesentlichen von seinem Ratgeber, dem Wiener Bischof und späteren Kardinal Melchior Khlesl beeinflusst.[5]
Forschungslage bzw. Forschungsprobleme
Matthias gehört zu jenen Habsburgern, die nicht nur über Teile des heutigen EU-Landes Österreich, sondern auch über Teile außerhalb von diesem herrschten und außerdem auch Kaiser des Heiligen Römischen Reichs waren. Im Gegensatz zu den meisten Habsburgern, die auch Kaiser waren, wird und wurde er in der Forschung keineswegs auf diese Position beschränkt, sondern gewöhnlich überhaupt als "unnötige Figur" abgetan: sehr ehrgeizig, aber ansonsten völlig unfähig. Unterstellt werden ihm gewöhnlich ein begrenzter Horizont, Willensschwäche, die Abhängigkeit von seinen Ratgebern, darunter besonders von Kardinal Melchior Khlesl, und überhaupt das Fehlen eines eigenen Profils. Bei Strohmeyer wird allerdings eingewendet, dass Matthias in einigen heiklen Situationen gutes Urteilsvermögen bewiesen hat und unter sehr schwierigen Rahmenbedingungen agierte.[1]
Orte mit Bezug zu Kaiser Matthias im heutigen Staat Österreich
Oberösterreich
Erinnerungsstätten an Kaiser Matthias im heutigen Österreich
Niederösterreich
- Heldenberg: In der Kaiser-Allee auf der Gedenkstätte Heldenberg ist Kaiser Matthias mit einer Büste vertreten.
Wien
- Wien 1: Nach einer Verfügung in ihrem Testament stiftete seine Ehefrau Anna in der damaligen Stadt Wien ein Kapuzinerkloster, in dessen Gruft sie und ihr Ehemann nach dessen Errichtung und Weihe ihre letzte Ruhestätte fanden. Aus dieser Gruft entstand durch weitere Bauten die legendäre Kapuzinergruft. Anna und Matthias erhielten die sogenannte "[w:[Getrennte Bestattung|Getrennte Bestattung]]", bei welcher die Leiche auf drei Wiener Begräbnisstätten aufgeteilt wurde. Der Körper wurde in der Kapuzinergruft beigesetzt, das Herz in der Herzgruft in der Augustinerkirche und die anderen inneren Organen in einer Gruft im Wiener Stephansdom.
Matthias in Literatur und Belletristik
- Andreas Pittler: Der göttliche Plan (2016)
Matthias auf der Bühne
- Franz Grillparzer: Ein Bruderzwist in Habsburg, Drama (Uraufführung 1872 im Burgtheater in Wien)[A 5]
Literatur
- Brigitte Hamann (Hrsg.): Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon. Verlag Carl Ueberreuter, Wien, 1988, S. 353-356[A 6]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 vgl. Arno Strohmeyer: Die Habsburger Reiche 1555-1740: Herrschaft - Gesellschaft - Politik. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 2012. ISBN 978-3-534-18757-7. S. 30
- ↑ 2,0 2,1 vgl. Brigitte Hamann (Hrsg.): Die Habsburger, 1988, S. 353
- ↑ vgl. Brigitte Hamann (Hrsg.): Die Habsburger, 1988, S. 354
- ↑ vgl. Arno Strohmeyer: Die Habsburger Reiche 1555-1740: Herrschaft - Gesellschaft - Politik. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 2012. ISBN 978-3-534-18757-7. S. 29 und S. 30
- ↑ vgl. Arno Strohmeyer: Die Habsburger Reiche 1555-1740: Herrschaft - Gesellschaft - Politik. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 2012. ISBN 978-3-534-18757-7. S. 29f.
Anmerkungen
- ↑ Marias Vater war Kaiser Karl V., der ältere Bruder von Maximilians Vater. Beide waren somit Cousin und Cousine ersten Grades.
- ↑ Annas Vater war ein jüngerer Bruder von Matthias' Vater. Beide waren somit Cousin und Cousine ersten Grades.
- ↑ Die Herzogtümer zählten zu den Österreichischen Landen. Die Herzogtümer Steier, Kärnten und Krain ("Innerösterreich") und die Grafschaft Tirol unterstanden zwar ebenfalls dem Kaiser als Oberhaupt der Familie, wurden aber "de facto" von anderen Familienmitgliedern beherrscht beziehungsweise verwaltet.
- ↑ Die Markgrafschaft Mähren war damals das wichtigste Nebenland des böhmischen Königreiches.
- ↑ Das Drama stammt aus dem Nachlass des im Jahr 1872 verstorbenen Dichters und wurde bereits vor 1848 geschrieben.
- ↑ In Details nicht mehr ganz aktuell, aber als Einführung und Erstinformation noch immer gut geeignet. Eine weitere und spätere, inhaltlich aber nicht aktualisierte Ausgabe ist 2001 bei Amalthea Signum erschienen: Brigitte Hamann (Hrsg.): Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon. Verlag Amalthea Signum, Wien, 2001. ISBN 978-3850024457. Neuere aktualisierte Auflagen existieren nur als EBook.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
---|---|---|
Rudolf (V.) | Herrscher über die Österreichischen Lande 1608 / 1612–1619 | Ferdinand (III.) |
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
---|---|---|
Rudolf II. | Kaiser des Heiligen Römischen Reiches 1612–1619 | Ferdinand II. |
Überregionale Aspekte dieses Themas werden auch in der Wikipedia unter dem Titel Matthias (HRR) behandelt. Hier im ÖsterreichWiki befinden sich Informationen sowie Ergänzungen, die zusätzlich von regionaler Bedeutung sind (siehe Mitarbeit). |
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