Otakar II. (Steier)

Otakar (II.) von Steier (* im 11. Jahrhundert; † 28. November 1122)[A 1], auch Markgraf Ottokar oder "Otakar marchio", war Graf im Ennstal und Markgraf der Mark an der Mur (Karantanischen Mark), die er mit seinen Besitzungen in den heutigen Bundesländern Oberösterreich und Niederösterreich zur Markgrafschaft Steier ausbaute. Während seiner Herrschaft wurde sie endgültig vom Herzogtum Kärnten gelöst und dem Reich beziehungsweise dem Herzogtum Bayern unterstellt. Sein Hauptsitz war die Styraburg (heute Teil der Stadt Steyr), nach der sich seine Familie benannt und auf die der Name seiner späteren Markgrafschaft zurückgeht. Er gilt als einer der bedeutendsten päpstlichen Parteigänger im Ostalpenraum und als Schutzherr mehrere Salzburger Erzbischöfe.

Herkunft und Familie

Markgraf Otakar (II.) entstammte einer Familie, die gewöhnlich als die Familie der Otakare bezeichnet wird und als Familienzweig der Traungauer gilt. Er war einer der Söhne des Markgrafen Otakar (I.) aus dessen Ehe mit einer Willibirg, deren Herkunft nicht eindeutig geklärt ist[A 2]. Verheiratet war er mit Elisabeth († 1226), einer Tochter des österreichischen Markgrafen Leopold (II.) "des Schönen" aus dessen Ehe mit Itha.[1][2] Markgraf Otakar (II.) hatte mindestens drei eheliche Kinder:

Da die eine Tochter Kunigunde keine Kinder hatte und der Sohn der anderen Tochter Willibirg jung und ohne Erben verstarb, sollte Leopolds Sohn Otakar (III.) die Familien seiner beiden Onkel beerben.[3]

Leben

Otakar (II.) folgte seinem älteren Bruder Adalbero um 1082/86 als steirischer Markgraf nach. Ca. vier Jahrzehnte (bis 1122) war er Markgraf der Mark an der Mur (Karantanische Mark) und Graf im Ennstal . Seine Grafschaft im Ennstal konnte er durch wichtige Besitzerweiterungen in den heutigen Bundesländern Oberösterreich (um Steyr) und Niederösterreich (um Pitten) ausbauen, in der Mark an der Mur war er weniger erfolgreich.[5] Aus diesen beiden Herrschaften entstand unter ihm jene Markgrafschaft, die nach seiner Familie beziehungsweise seinem Hauptsitz, der Styraburg (Steier), benannt wurde. Diese Markgrafschaft Steier wurde um 1122 endgültig vom Herzogtum Kärnten gelöst und dem Reich beziehungsweise dem "Stammesherzogtum" Bayern unterstellt.[6] Wie bereits sein gleichnamiger Vater hatte Otakar (II.) seinem Hauptsitz auf der Styraburg, hielt sich aber auch häufig auf der im Ennstal gelegenen Burg Grauscharn[A 3] (heute Teil der Gemeinde Stainach-Pürgg) auf, die oft auch als Pfalz bezeichnet wird. Von hier aus verwaltete er seine Grafschaft im Ennstal mit den wirtschaftlich wichtigen Salzvorkommen in Hall (heute Teil der Gemeinde Admont) und Aussee.[5]

Markgraf Otakar (II.) stand während des Investiturstreits auf der päpstlichen Seite und unterstützte die Salzburger Erzbischöfe Gebhard († 1088), Tiemo († um 1101/02) und Konrad († 1147).[7] Das könnte ein Grund für seine Heirat mit der Babenbergerin Elisabeth gewesen sein, deren Vater ebenfalls zu den Gegnern des Kaisers gehörte.[8] Als der Letztere aus seinem Hochstift und Bistum flüchten musste, unterstellte er sich dem Schutz des steirischen Markgrafen und hielt sich 1115-1117 in der heutigen Steiermark auf dessen Herrschaftsgebiet auf. Bei seiner Rückkehr nach Salzburg im Jahr 1121 wurde er Otakars Sohn Leopold persönlich dorthin zurückgeleitet. Die Urkunde, wonach er aus Dankbarkeit Otakar (II.) zum Vogt des Benediktinerinnenklosters Nonnberg (heute Teil der Stadt Salzburg ernannte, ist jedoch eine Fälschung, welche dieses Kloster erst später anfertigen ließ, um sich so einen größeren Handlungsspielraum gegenüber den Salzburger Erzbischöfen zu schaffen.[5]

Nach der neueren Forschung soll Otakar (II.) und nicht sein gleichnamiger Vater das Kollegialstift in Garsten gegründet haben, womit er vielleicht Pläne, die bereits sein Vater verfolgt hatte, verwirklichen ließ. So soll es Otakar (II.) gewesen sein, der um 1082die Kirche von Garsten , die damals noch im Besitz des Hochstiftes Passau war, durch einen Tausch mit dem Passauer Bischof Altmann († 1091) erwarb und dort eine Vereinigung von Weltklerikern (Kanonikern) errichtete, welchen er die Seelsorge übertrug. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Elisabeth wandelte er um 1107 dieses Kanonikerstift in ein Benediktinerkloster um. Die Kanoniker, die zum größten Teil seine Hörigen waren, zwang er zum Eintritt in den Benediktinerorden.[7] Das Benediktinerkloster unterstellte der Markgraf zunächst dem Stift Göttweig, in dessen Schenkungsbüchern er häufig belegt ist.[9] 1110/11 machte Otakar (II.) Berthold, den Prior von Stift Göttweig, zum ersten Abt des Garstener Klosters, womit dieses eine selbständige Benediktinerabtei und aus der Unterstellung unter Stift Göttweig gelöst wurde. Solange seine Familie ihr Herrschaftszentrum auf der Styraburg hatte, war Garsten ihr Hauskloster.[5]

Für die Dotierung des Benediktinerklosters Garsten soll der Markgraf auch Teile der Mitgift seiner Ehefrau Elisabeth verwendet haben. Durch die Ehe mit ihr soll er zudem bedeutenden Besitz im heutigen Bundesland Niederösterreich erworben haben und zwar in den Tälern der Flüsse Traisen und Gölsen. Die dort bedeutendste Ministerialenfamilie[A 4] , die Herren von Hochstaff-Hohenberg dürfte durch seine Familie dort Fuß gefasst haben. Die enge Bindung der Edlen von Traisen und Feistritz, welche später die Augustiner Chorherrenstifte St. Andrä an der Traisen (heute Teil der Gemeinde Herzogenburg) und Feistritz-Seckau (ursprünglich in Sankt Marein bei Knittelfeld (heute Teil der Gemeinde Feistritz bei Knittelfeld), dann Verlegung nach Seggau) gründeten, an seine Familie dürfte unter seiner Herrschaft ihren Anfang genommen haben.[5]

Nach dem Tod seines Schwiegervaters hielt sich der steirische Markgraf oft im Umfeld seines Schwagers, des österreichischen Markgrafen Leopold (III.) "des Heiligen", auf, woran auch der Tod seiner Ehefrau Elisabeth nichts ändern sollte. Allerdings ist über das Verhältnis der beiden Schwäger zueinander nichts Genaues überliefert, weder Konflikte noch gemeinsame Aktivitäten.[10]

Orte mit Bezug zu Markgraf Otakar (II.) im heutigen Österreich

 
Das Hochgrab von Markgraf Otakar (II.) in der früheren Klosterkirche von Stift Garsten

Oberösterreich

  • Garsten: Markgraf Otakar (II.) wurde, wie seine vor ihm verstorbene Ehefrau Elisabeth, im Stift Garsten beigesetzt.[5] Dort kann noch heute sein Hochgrab besichtigt werden.

Literatur

Weblinks

  Ottokar II. (Steiermark) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Einzelnachweise

  1. Susanna Neukam: Schweigen ist Silber, Herrschen ist Gold. Die Babenbergerinnen und ihre Zeit. Amalthea Signum Verlag, Wien, 2013. ISBN 978-3-85002-822-6, S. 95
  2. vgl. Tobias Weller (Historiker): Die Heiratspolitik des deutschen Hochadels im 12. Jahrhundert (= Rheinisches Archiv. Veröffentlichungen des Instituts für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande der Universität Köln. Bd. 149). Böhlau, Köln / Weimar / Wien, 2004. ISBN 3-412-11104-X, S. 779f.
  3. 3,0 3,1 vgl. Heinz Dopsch: Die steirischen Otakare. In: Gerhard Pferschy (Hrsg.): Das Werden der Steiermark. Die Zeit der Traungauer. Festschrift zur 800. Wiederkehr der Erhebung zum Herzogtum. (= Veröffentlichungen des Steiermärkischen Landesarchives. Bd. 10). Verlag Styria, Graz / Wien / Köln, 1980. ISBN 3-222-11281-9. S. 116
  4. vgl. Heinz Dopsch - Karl Brunner - Maximilian Weltin (Hrsg.): Österreichische Geschichte 1122–1278, 1999, S. 272 (Stammtafel)
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 5,5 vgl. Heinz Dopsch - Karl Brunner - Maximilian Weltin (Hrsg.): Österreichische Geschichte 1122–1278, 1999, S. 274
  6. vgl. Klaus Lohrmann: Die Babenberger und ihre Nachbarn, 2020, S. 197f.
  7. 7,0 7,1 vgl. Heinz Dopsch - Karl Brunner - Maximilian Weltin (Hrsg.): Österreichische Geschichte 1122–1278, 1999, S. 273
  8. vgl. Tobias Weller (Historiker): Die Heiratspolitik des deutschen Hochadels im 12. Jahrhundert (= Rheinisches Archiv. Veröffentlichungen des Instituts für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande der Universität Köln. Bd. 149). Böhlau, Köln / Weimar / Wien, 2004. ISBN 3-412-11104-X, S. 780
  9. vgl. Klaus Lohrmann: Die Babenberger und ihre Nachbarn, 2020, S. 223f.
  10. vgl. Klaus Lohrmann: Die Babenberger und ihre Nachbarn, 2020, S. 224

Anmerkungen

  1. Sterbedatum nach Heinz Dopsch - Karl Brunner - Maximilian Weltin (Hrsg.): Österreichische Geschichte 1122–1278, 1999, S. 272 (Stammtafel)
  2. Während sie in der älteren Geschichtsforschung meistens für eine Tochter von Albero von Eppenstein († um 1039), dem Herzog von Kärnten und eine Schwester des Bischofs Adalbero von Bamberg († um 1057) gehalten wurde, war sie nach der neueren Forschung eine Angehörige der Grafen von Wels-Lambach. Der Name ihres Sohnes Adalbero wird als Indiz gesehen, dass sie eine Eppensteinerin war.
  3. Die Burg Grauscharn ist nicht erhalten. Sie befand sich auf dem Areal der heutigen Marktgemeinde Stainach-Pürgg und gilt als der älteste Herrschaftsmittelpunkt auf dem Boden der Steiermark und als das Verwaltungszentrum der Grafschaft im Ennstal. Vgl. Burg Grauscharn, Ennstalwiki.AT, abgerufen am 27. März 2021
  4. Die Ministerialen, auch als "Dienstadel" bezeichnet, bildeten im Mittelalter innerhalb des "niederen" Adels eine eigene Gruppe. Ursprünglich "Unfreie", waren sie durch ein Dienst- oder Lehnsverhältnis in den "niederen" Adel aufgestiegen, im Unterschied zu den "edelfreien" oder "hochfreien" Adelsfamilien.
VorgängerAmtNachfolger
Markgraf Adalbero von SteierHerrscher über Teile der späteren Markgrafschaft Steier
 
1082–1122
Markgraf Leopold (I.) von Steier