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'''Der Sierninger Handel''' im Jahr 1588 gilt in der Geschichte von [[Oberösterreich]] als Höhe- und Wendepunkt bei der Verdrängung von Protestanten zugunsten von Katholiken aus wichtigen Stellungen. Der erfolgreiche Widerstand der Bevölkerung gegen die Einsetzung eines neuen katholischen Geistlichen hatte eine Verschärfung der religiösen (und auch sozialen) Konflikte zur Folge und war letztlich ein Auslöser für den [[w:Zweiter oberösterreichischer Bauernaufstand|Zweiten oberösterreichischen Bauernaufstand (1594–1597)]]. | '''Der Sierninger Handel''' im Jahr 1588 gilt in der Geschichte von [[Oberösterreich]] als Höhe- und Wendepunkt bei der Verdrängung von Protestanten zugunsten von Katholiken aus wichtigen Stellungen. Der erfolgreiche Widerstand der Bevölkerung gegen die Einsetzung eines neuen katholischen Geistlichen hatte eine Verschärfung der religiösen (und auch sozialen) Konflikte zur Folge und war letztlich ein Auslöser für den [[w:Zweiter oberösterreichischer Bauernaufstand|Zweiten oberösterreichischen Bauernaufstand (1594–1597)]]. | ||
== | == Ausgangssituation == | ||
In den Bestimmungen des [[w:Augsburger Religionsfrieden|Augsburger Religionsfriedens (1555)]] war festgelegt worden, dass der jeweilige Landesfürst über die Religion seiner Untertanen zu bestimmen hatte (''Cuius regio, eius religio''). Trotz der Religionskonzession [[Maximilian II. (HRR)|Kaiser Maximilian II.]] im Jahr 1568 blieben die Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens von 1555 auch für das Herzogtum Österreich ob der Enns (Teil des heutigen Bundeslandes [[Oberösterreich]]) gültig, das damals in religiösen Belangen noch dem [[w:Bistum Passau|Bistum Passau]] unterstand. Zwar bedeutete die reichsrechtliche Anerkennung des Augsburger Bekenntnisses, dass die Lutheraner nicht mehr als „Ketzer“ oder „Sektierer“ zu behandeln waren, aber das Recht des Landesfürsten, die Religion seiner Untertanen zu bestimmen, blieb davon unberührt.<ref name ="ooe">vgl. [http://www.ooegeschichte.at/index.php?id=1897&print=1&no_cache=1 Protestantismus (1568–1600)], eingesehen am 27. August 2017</ref> | In den Bestimmungen des [[w:Augsburger Religionsfrieden|Augsburger Religionsfriedens (1555)]] war festgelegt worden, dass der jeweilige Landesfürst über die Religion seiner Untertanen zu bestimmen hatte (''Cuius regio, eius religio''). Trotz der Religionskonzession [[w:Maximilian II. (HRR)|Kaiser Maximilian II.]] im Jahr 1568 blieben die Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens von 1555 auch für das Herzogtum Österreich ob der Enns (Teil des heutigen Bundeslandes [[Oberösterreich]]) gültig, das damals in religiösen Belangen noch dem [[w:Bistum Passau|Bistum Passau]] unterstand. Zwar bedeutete die reichsrechtliche Anerkennung des Augsburger Bekenntnisses, dass die Lutheraner nicht mehr als „Ketzer“ oder „Sektierer“ zu behandeln waren, aber das Recht des Landesfürsten, die Religion seiner Untertanen zu bestimmen, blieb davon unberührt.<ref name ="ooe">vgl. [http://www.ooegeschichte.at/index.php?id=1897&print=1&no_cache=1 Protestantismus (1568–1600)], eingesehen am 27. August 2017</ref> | ||
Offiziell war das Herzogtum ein katholisches Land, das katholische Pfarrsystem blieb aufrecht. Bei der Besetzung der Pfarrstellen war daher die Bestätigung des Bischofs von Passau notwendig. [[w:Maximilian II.|Kaiser Maximilian II.]] hatte allerdings in Bezug auf die Herren und Ritter auf das Recht, die Religion zu bestimmen, verzichtet und ihnen unter bestimmten Bedingungen (zum Beispiel einer einheitlichen lutherischen Kirchen- und Gottesdienstordnung) die persönliche Ausübung des protestantischen Glaubens zugestanden. Das bedeutet, dass praktisch bei jeder Pfarr-Besetzung, wo lutherische Patronatsherrn oder Stadträte das Besetzungsrecht hatten, evangelische Prädikanten eingesetzt wurden. Wo das Besetzungsrecht in katholischer Hand lag (zum Beispiel bei den Stiften, Klöstern und katholischen Landesherren), kam es oft zu regionalen Parallelstrukturen: Neben dem katholischen Pfarrer, der von den Einkünften der Pfarre lebte, wirkten lutherische Prädikanten (Predigthelfer, Laienprediger) als Angestellte des Adels oder der Städte. Dass ein solches System – trotz Kompromissbereitschaft – zu permanenter Unsicherheit und damit zu Konflikten auf allen Ebenen führte, liegt auf der Hand. In den Verhandlungen zwischen den Ständen und dem Landesherrn, in Landtag und Stadträten spielten Religionsfragen in der Folge eine zentrale Rolle.<ref name ="ooe"/> | Offiziell war das Herzogtum ein katholisches Land, das katholische Pfarrsystem blieb aufrecht. Bei der Besetzung der Pfarrstellen war daher die Bestätigung des Bischofs von Passau notwendig. [[w:Maximilian II.|Kaiser Maximilian II.]] hatte allerdings in Bezug auf die Herren und Ritter auf das Recht, die Religion zu bestimmen, verzichtet und ihnen unter bestimmten Bedingungen (zum Beispiel einer einheitlichen lutherischen Kirchen- und Gottesdienstordnung) die persönliche Ausübung des protestantischen Glaubens zugestanden. Das bedeutet, dass praktisch bei jeder Pfarr-Besetzung, wo lutherische Patronatsherrn oder Stadträte das Besetzungsrecht hatten, evangelische Prädikanten eingesetzt wurden. Wo das Besetzungsrecht in katholischer Hand lag (zum Beispiel bei den Stiften, Klöstern und katholischen Landesherren), kam es oft zu regionalen Parallelstrukturen: Neben dem katholischen Pfarrer, der von den Einkünften der Pfarre lebte, wirkten lutherische Prädikanten (Predigthelfer, Laienprediger) als Angestellte des Adels oder der Städte. Dass ein solches System – trotz Kompromissbereitschaft – zu permanenter Unsicherheit und damit zu Konflikten auf allen Ebenen führte, liegt auf der Hand. In den Verhandlungen zwischen den Ständen und dem Landesherrn, in Landtag und Stadträten spielten Religionsfragen in der Folge eine zentrale Rolle.<ref name ="ooe"/> | ||
== Vorgeschichte == | |||
Unter der Herrschaft von Kaiser Maximilian II. (1564–1576), der sich eher liberal verhielt, ergaben sich für die lutherische Seite gute Möglichkeiten, ihre Stellung ausbauen zu können. In der Praxis wurden die Einschränkungen der Religionskonzession ignoriert. Die Städte praktizierten genauso öffentlich ihren lutherischen Glauben wie die meisten Adeligen. Sichtbaren Ausdruck fand dies vor allem im Ausbau evangelischer Institutionen, zum Beispiel bei der Errichtung von Schulen.<ref name ="ooe"/> | Unter der Herrschaft von Kaiser Maximilian II. (1564–1576), der sich eher liberal verhielt, ergaben sich für die lutherische Seite gute Möglichkeiten, ihre Stellung ausbauen zu können. In der Praxis wurden die Einschränkungen der Religionskonzession ignoriert. Die Städte praktizierten genauso öffentlich ihren lutherischen Glauben wie die meisten Adeligen. Sichtbaren Ausdruck fand dies vor allem im Ausbau evangelischer Institutionen, zum Beispiel bei der Errichtung von Schulen.<ref name ="ooe"/> | ||
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