Die sowjetischen Soldatengräber von Sankt Martin an der Raab

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Die sowjetischen Soldatengräber von Sankt Martin an der Raab wurden in Frühjahr 1945 während der letzten Kämpfe des Zweiten Weltkrieges in Sankt Martin an der Raab - Ortsteil Welten im südlichen Burgenland angelegt.[1]

2015 informierte die Zeitzeugin Johanna Spörk[2] anlässlich ihres 90. Geburtstages den Landeshauptmann des Burgenlandes, Hans Niessl, über diese Gräber. Im darauffolgenden Jahr wurden die gefallenen Soldaten der Roten Armee vom Österreichischen Schwarzen Kreuz (ÖSK) sowie Vertretern verschiedener Behörden exhumiert. Ihre endgültige Ruhestätte fanden die insgesamt 38 Soldaten am 24. Juni 2016 auf dem sowjetischen Soldatenfriedhof von Oberwart.[3]

Historischer Hintergrund

Gegenoffensive der Roten Armee in Ungarn vom 15.-26. März 1945

Nach dem Scheitern der Operation Frühlingserwachen, der sogenannten Plattenseeoffensive der Deutschen Wehrmacht, ging die Rote Armee ihrerseits ab dem 16. März 1945 zur Gegenoffensive über. Im Zuge des nunmehr immer mehr chaotisch verlaufenden Rückzug der deutschen Verbände, gelang dem sowjetischen XVIII. Panzer-Korps ein tiefer Einbruch in die deutsche Front. Erste Panzerspitzen dieses Verbandes erreichten am 31. März den Raum von Sankt Martin an der Raab.[4] Das Korps stieß weiter in Richtung Steiermark vor, wurde dann aber von Alarmeinheiten sowie durch örtliche Gegenstöße von sich zurückziehenden deutschen Divisionen, wie der 1. und 3. Panzer-Division, aufgehalten. Die sowjetische Führung zog das Panzer-Korps in der ersten Aprilwoche aus der Front heraus und verlegte es in den Raum Wien.[5] Stattdessen wurden im Raabtal Divisionen des XXXIII. Schützen-Korps eingesetzt, die ebenfalls zur sowjetischen 27. Armee gehörten.[6]

Anlage der Soldatengräber

Wie die Zeitzeugin Johanna Spörk berichtete, hielt Anfang April 1945 ein Pferdewagen vor dem elterlichen Haus in Welten. Auf dem Pferdefuhrwerk hatten die Sowjets ihre gefallenen Soldaten transportiert, die während des Vorstoßes in Richtung Graz ihr Leben lassen mussten. Während ihr Vater und andere Männer aus der Nachbarschaft auf Befehl der Soldaten ein Grab aushoben, befahl ihr ein Offizier Blumen für einen Kranz zu besorgen. Johanna Spörk flechtete daraufhin zwei Kränze, die den Toten mit in ihr Grab gelegt wurden. Außerdem wurden die Gräber mit Leintüchern ausgelegt, welche die Leute aus der Umgebung bereitgestellt hatten. Insgesamt zählte Frau Spörk etwa 29 tote Rotarmisten.[2]

Exhumierung der Gefallenen

Bekanntwerden des Grabes

Nachdem der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl 2015 der damals 90-jährigen Johanna Spörk zum Geburtstag gratulierte, bedankte sie sich bei ihm in einem Schreiben, in dem sie auch die Existenz des sowjetischen Grabes beschrieb. Daraufhin schaltete die Burgenländische Landesregierung den steirischen Kurator des Österreichischen Schwarzen Kreuzes Peter Sixl ein, der als Spezialist für sowjetische Kriegsgräber in Österreich gilt. Sixl konnte daraufhin aufgrund seiner Verbindungen zu russischen Archiven 31 Namen von gefallenen Soldaten der Roten Armee ermitteln, die, zumindest nach den historischen Akten, in Sankt Martin an der Raab begraben lagen.[7]

Juni 2015: Erkundung des Grabes durch das ÖSK

Im Juni 2015 erkundeten Kurator Peter Sixl und der burgenländische Landesgeschäftsführer des ÖSK Wolfgang Wildberger in Anwesenheit des Bürgermeisters von Sankt Martin an der Raab die Liegenschaft. Nachdem sie die Angaben der Zeitzeugin bestätigen konnten, erfolgte die Anzeige bei der Polizei-Inspektion Jennersdorf, außerdem wurde die Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf und das Bundesministerium für Inneres über den Fund in Kenntnis gesetzt.[7]

März 2016: Freilegung von 14 Einzel- und Doppelgräbern

In der zweiten Märzwoche begann die erste Etappe der Grabung mit einer Vermessung der Liegenschaft mittels Bodenradar. Zur Überraschung aller stellte sich heraus, dass die Grabanlage kein Massengrab war sondern aus mehreren Einzel- bzw. Doppelgräber bestand. Die Freilegung der Skelette erfolgte durch Mitglieder des deutschen VereinesVKSVG (Verein zur Klärung von Schicksalen Vermisster und Gefallener) sowie Vertreter des Bundesdenkmalamtes, wobei die Grablage nicht nur fotografisch sondern auch zeichnerisch festgehalten wurde. Neben der Skeletten fand man Knöpfe, Munition, Gürtelschnallen und eine Handgranate, die vom angeforderten Entminungsdienst entschärft werden musste. Der aus Graz herbeigeholte Entminungsdienst fand bei diesem ersten Einsatz noch zwei weitere Sprengkörper.[7]

Die in der ersten Grabungsperiode freigelegten 14 Skelette wurden außerdem von Anthropologen der Universität Wien vermessen und beurteilt. Laboruntersuchungen ergaben, dass ein Skelett weiblich war und zwei der Soldaten nicht älter als 16 oder 17 Jahre gewesen sein konnten.[7]

April 2016: Freilegung eines Massengrabes

In einer weiteren Grabung wurde dann im April ein Massengrab mit den Überresten von insgesamt 24 Skeletten gefunden. Einige von ihnen waren dabei nur fragmentarisch vorhanden, was darauf hinweist, dass die Soldaten bei Explosionen zerfetzt worden waren. Nachdem die russischen Archive zuerst nur 31 Namen bekanntgegeben hatten, förderte ein Nachfragen von Kurator Peter Sixl weitere sieben Namen zutage. Bei dieser Grabung musste der Entminungsdienst noch dreimal anrücken um insgesamt 16 weitere Handgranaten zu entschäften.[7]

Endgültige Beerdigung der exhumierten Soldaten in Oberwart

Igor Nikitin, Vertreter der russischen Botschaft, bedankt sich bei Zeitzeugin Johanna Spörk

Die sterblichen Überreste der 38 Soldaten der Roten Armee wurden am 24. Juni 2016 auf dem sowjetischen Soldatenfriedhof in Oberwart in einer würdevollen Zeremonie beigesetzt. Anwesend war dabei auch die Zeitzeugin Johanna Spörk, durch deren Engagement die Gefallenen ihre letzte Ruhestätte finden konnten. Folgende Personen bzw. Organisationen wirkten bei dieser Feier durch Festreden, Kranzniederlegungen oder anderen Aktivitäten mit:

Weblinks

 Die sowjetischen Soldatengräber von Sankt Martin an der Raab – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Einzelnachweise

  1. Welten: Leichen von Rotarmisten im Obstgarten, Webseite www.meinbezirk.at, abgerufen am 3. Juli 2016
  2. 2,0 2,1 "Ich dachte nur, die armen Kerle", Webseite kurier.at, abgerufen am 3. Juli 2016
  3. Sowjetsoldaten in Oberwart beigesetzt, Webseite burgenland.orf.at, abgerufen am 3. Juli 2016
  4. Manfried Rauchensteiner: Der Krieg in Österreich 1945, Österreichischer Bundesverlag, Wien 1945, S.249
  5. Manfried Rauchensteiner: Der Krieg in Österreich 1945, Österreichischer Bundesverlag, Wien 1945, S.250 und 251
  6. Manfried Rauchensteiner: Der Krieg in Österreich 1945, Österreichischer Bundesverlag, Wien 1945, S.272 und 273
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 7,4 Österreichisches Schwarzes Kreuz: Soldaten der Roten Armee im südlichen Burgenland exhumiert, ÖSK-Ausgabe 1/2016, S.4 und 5