Geschichte der Papierindustrie in Breitenau

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Der Rüstungsindustrie und Zwangsarbeit in Breitenau wurden im Zweiten Weltkrieg 324 Menschen, darunter auch ausländische Zwangs- und Fremdarbeiter, unterworfen. Die Belegschaft bezieht sich auf jene Arbeiter, die in der "Samum"-Fabrik, welche unter dem Decknamen "Dachpappefabrik Breitenau" lief, beschäftigt waren. Wie auch im gesamten deutschen Reich waren auch bei den Bauern Breitenaus Zwangsarbeiter aus dem Osten beschäftigt. [1]

Die Entstehung der Buntpapierfabrik

Von der Mühle zur Buntpapierfabrik

Nachdem der Besitzer der Mühle in der so genannten Linsern, Josef Ehold, 1859 starb, heiratete seine Witwe Elisabeth im Jahre 1862 Josef Menschik aus Pilsen, welcher die Mühle und das Sägewerk weiterführte. 1872 brannte die Mühle nieder, wurde jedoch von Menschik wieder aufgebaut. Der Wiederaufbau führte zu finanziallen Schwierigkeiten und folglich zum Verkauf an Josef Maschler im Jahre 1878. Schon im Jahre 1882 fand ein neuer Besitzerwechsel statt. Michael Haiden & Comp. waren nun die neuen Egentümer. Die Firmenleitung übernahm Karl Witzmann, der Schwiegersohn von Michael Haiden, welcher den Mühlenbetrieb nur zwei Jahre später in eine Strohzellulosefabrik umfunktionierte. Zur maschinellen Einrichtung zählten damals vier Kocher, fünf Waschholländer, vier Blechholländer, ein Raffineur, eine Hobelmaschine, vier Zeugkasten, ein Rührwerk, eine Langsiebmaschine, ein Buddlerofen und eine Laugenkocherei. 1892 übernahm Leopold Leitner die Firma, nachdem sie finanziell zusammenbrach. Schon im Jahr 1894 verkaufte Leitner die Fabrik wieder an die Pittner Papierfabriks-A.G., welche die Strozellulosefabrikation noch im selben Jahr einstellte und auf die Erzeugung von Asbestplatten umstellte. Nachdem sich der gewünschte und erwartete wirtschaftliche Erfolg nicht einstellte, wurde 1899 die gesamte Einrichtung samt Rezepten an die Gmundner Firma Leopold Haschek verkauft und noch im gleichen Jahr begann man mit der Erzeugung von Buntpapier. 1903 wurde die Wiener Buntpapierfabrik Frey & Stieber gekauft, stillgelegt und das brauchbare Inventar nach Breitenau gebracht. Dadurch erlangte das Werk 1904 eine erhebliche Erweiterung. 1906 fusionierte die Pittner Papierfabrik-A.G. mit der Leykam-Josefsthal A.G. Der Leiter des Breitenauer Betriebs war Dir. Adalbert Sommer. Das Werk wurde weiter ausgebaut und modernisiert und war vor dem Ersten Weltkrieg das leistungsfähigste Werk der gesamten Monarchie auf dem Gebiet der Buntpapiererzeugung.[2]

Die Chromo- und Buntpapierfabrik in der Zwischenkriegszeit

Nach Ende des Ersten Weltkrieges brachte der Verlust des großen inländischen Handelsraums der Chromo- und Buntpapierfabrik der Leykam Josefsthal A.-G. erst große Schwierigkeiten, jedoch gelang es schnell, neue Exportmärkte zu finden. Bald wurde Papier abseits von Europa auch nach Südamerika und Asien geliefert. Bis zu 35o Menschen waren in der Zwischenkriegszeit in der Papierfabrik beschäftigt. Die Arbeiter wurden durch eine Arbeitsordnung über ihre Rechte und Pflichten informiert. So galt auf dem ganzen Betriebsgelände Alkohol- und Rauchverbot und das Tragen von Abzeichen sowie die Verteilung von sämtlicher politischer Propaganda war untersagt. Die ab 1927 beginnende Wirtschaftskrise machte es auch dem Breitenauer Betrieb zu schaffen. Die Folgen waren sämtlichen Entlassungen, Arbeitslosigkeit und befristete Beschäftigung. 1935/36 kam man zur Überlegund die Fabrik zu schließen, was jedoch nicht durchgeführt wurde. [3]

Beginn des Zweiten Weltkrieges

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges war die Chromo- und Buntpapierfabrik noch immer im Besitz der Leykam-Josefsthal-A.G., welches damals ein Konzernunternehmen der Creditanstalt-Bankverein war. Durch den Krieg sank der Export von Papier ins Ausland immer mehr und so entschloss man sich 1941 die Fabrik zu verkaufen. Die Firma "Samum" übernahm nun das Breitenauer Werk. Die Firma "Jac. Schnabel&Co." war kurz zuvor in "Samum Vereinigte Papier-Industrie K.G." umbenannt worden, welche in der Monarchie und der Zwischenkriegszeit zu den bedeutensten Buntpapierfabriken Österreichs zählte. Produziert wurden vor allem Toilettenpapier, Zigarettenpapier- und Hülsen, Papierservietten, Chromo- und Buntpapier etc. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges war das Unternehmen durch die Produktion von Verdunkelungspapier ein wehrwirtschaftlich wichtiges Unternehmen und so konnten die Gewinne nach den schwierigen Jahren der Krise wieder gesteigert werden. [4]

Umfunktionierung zum Rüstungsbetrieb

Da im Breitenauer Werk künftig Flugzeugteile gefertigt werden sollen, wurde die Papierfabrik zu einem Rüstungsbetrieb umfunktioniert. Die Maschinen zur Papierproduktion wurden abgebaut um Platz für die Fertigung der Wiener Neustädter Flugzeugwerke zu schaffen. Im Jahre 1942 galten die Wiener Neustädter Flugzeugwerke zu den wichtigsten Betrieben dieser Branche im gesamten deutschen Reich. Die Zulieferbetriebe, welchen auch die Firma Schoeller-Bleckmann, mit der Herstellung von Fahrwerkstreben diente, ermöglichten eine Erhöhung der Produktion. [5]

Auslagerung

Im Sommer 1943 wurden die Flugzeugwerke vermehrt zum Ziel alliierter Bombenangriffen, weshalb man auch mit der Auslagerung der Produktion begann. Am 13. August 1943, wurden durch den ersten großen Bombenangriff auf die Rüstungsindustrie in Wiener Neustadt mehrere Produktionslager stark beschädigt. Das Breitenauer Werk der Firma Samum war, im Gegensatz zu dem Wiener Schwester-Werk in Heiligenstadt, von Bombenangriffen verschont geblieben. [6] Folglich wurde die Teilverlagerung der Flugzeugwerke, in 24 angemietete Objekte, rund um Wiener Neustadt angeordnet. Nach weiteren Bombenangriffen entwickelte sich die Teilauslagerung zu einer Totalauslagerung. In der "Samum"-Fabrik in Breitenau waren laut einer Aufstellung vom September 1944 der allgemeine Teilebau für die Rumpfmontage untergebracht, welche im Monat 500 Stück herstellen sollten. [7]

Belegschaft: Fremd- und Zwangsarbeiter

Die Zahl der Belegschaft belief sich am 10. September auf 290 Personen, der Soll-Belegschaftsstand umfasste jedoch nur 200 Mitarbeiter. Am 11. November 1944 arbeiteten 301 Personen auf einer Fläche von 3.800 m²-darunter ausländische Fremd- und Zwangsarbeiter. Am 5. Dezember 1944 stieg der Belegschaftsstand auf 324 Mitarbeiter. Als Zulieferer für das Heer diente zwischen 1939 und 1945 auch die Mitterer-Mühle, wo gegen Kriegsende auch gefangene Serben untergebracht waren. [8]

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Die Fabrik wies durch die jahrelange Inanspruchnahme durch den Zwangsmieter starke Bauschäden auf. Etliche Materialvorräte waren verschwunden, 150 Waggons mit wertvollem Papier wurde von den Sowjets beschlagnahmt und an eine Wiederaufnahme des Betriebes war aufgrund der fehlenden Kohlevorräte nicht zu denken. Für die Betriebsaufnahme war die Zustimmung der Besatzungsmacht notwendig und nach der Vorlage eines Aufbauplanes zeigte die provisorische Regierung Interesse am Wiederaufbau. Das wichtige Dokument, das für die Beschaffung eines Kredits und die Beschaffung notwendiger Materialien ermöglichte, wurde vom späteren Bundeskanzler Julius Raab unterzeichnet. [9]

Wiederaufnahme des Betriebes

Nach und nach widmete man sich wieder Produktilinien wie Zigarettenpapier- und Hülsen, Kunstdruckpapier etc. Der Bereich Kunstdruckpapier sollte ausgebaut werden und so entwickelte sich der Standort Breitenau zum fabrikationstechnischen Schwergewicht. Es wurden neue Anlagen für eine verstärkte Bunt- und Kunstdruckpapier-Erzeugung erschaffen. Eine neue dreistöckige Werkshalle mit einem 26 Meter hohen Wasserturm, ein neues Kesselhaus, eine Wärmekraftanlage und zahlreiche Maschinen wurden errichtet. In Zukunft sollten 90 Millionen Quadratmeter Papier in dem Breitenauer Werk verarbeitet werden. Die Belegschaft belief sich im Jahr 1948 bereits wieder auf 170 Beschäftigte, die aus Rohpapier durch aufwendige Veredelungsprozesse Buntpapiere, Glanzpapiere, Lederpapiere, Chromo- und Buntpapier und Phantasiepapiere herstellten, die auch im Ausland (oft im Fernen Osten) Absatz fanden. [10]

Gegenwart

In den "goldene Zeiten" gab es in der Firma Samum bis zu 350 Mitarbeiter. Nach und nach war man aber mit der Tatsache konfrontiert, dass die papiererzeugende Industrie selbst begann, Papier zu veredlen, so dass ein Betrieb, wie der Breitenauer, der auf Zulieferung des Rohpapieres angewiesen war, nicht mehr konkurrenzfähig war. 1972 ging die Firma Samum in den Konkurs, die Erzeugung wurde eingestellt und die Maschinen verkauft. Die Pittner Papier- und Pappefabrik W. Hamburger erwarb das gesamte Areal, erweiterte 1976 die bestehenden Objekte und übersiedelte vom Pittner Stammwerk nach Breitenau. Nun wurden unter der Marke "Hamopack" Papperohre und Hülsen hergestellt. [11]

Von der "Samum" zu Paul und Co.

1993 übernahm Europas größter Papierhülsenerzeuger, die Firma Paul & Co. GmbH und Co. KG das Werk. Bis heute werden hier Kartondosen, Kartongebinde sowie parallel- und spiralgewickelte Spezialhülsen hergestellt. Neben dem heimischen Markt sind auch die östlichen Nachbarländer als Exportmarkt von großer Bedeutung.[12] Die 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter produzieren jährlich zirka 14.000 Tonnen Hülsen und Kantenschutz.[13]

Entwicklung der Fabrik ab 1862

Besitzer Jahr Fabrik
Josef Menschik aus Pilsen 1862 Mühle und Sägewerk
Josef Maschler 1878 Mühle und Sägewerk
Michael Haiden & Comp. 1882 Strohzellulosefabrik (ab1884)
Leopold Leitner 1892 Strohzellulosefabrik
Pittner Papierfabriks-A.G. 1894 Erzeugung von Asbestplatten
Leopold Haschek 1899 Erzeugung von Buntpapier
Pittner Papierfabriks-A.G.(Fusion mit der Leykam-Josefsthal A.G.) 1906 Erzeugung von Buntpapier
Firma „Samum“ 1941 Papiererzeugung
„Dachpappefabrik Breitenau“(Deckname der eigentlichen Firma „Samum“) 1941-1945 Rüstungsindustrie
Firma „Samum“ 1946-1972 Papiererzeugung
Pittner Papier- und Pappefabrik W. Hamburger 1972 Papiererzeugung
Firma Paul & Co. GmbH und Co. KG seit 1993 Papierhülsenerzeugung

[14]

Literatur

  • René Harather: Breitenau, Unsere Heimatgemeinde im Wandel der Zeit, Eigenverlag der Gemeinde Breitenau, Breitenau 2006

Weblinks

Einzelnachweise

  1. René Harather: Breitenau, Unsere Heimatgemeinde im Wandel der Zeit, Eigenverlag der Gemeinde Breitenau, Breitenau 2006, S. 139-140
  2. René Harather: Breitenau, Unsere Heimatgemeinde im Wandel der Zeit, Eigenverlag der Gemeinde Breitenau, Breitenau 2006, S. 62-63
  3. René Harather: Breitenau, Unsere Heimatgemeinde im Wandel der Zeit, Eigenverlag der Gemeinde Breitenau, Breitenau 2006, S. 115-116
  4. René Harather: Breitenau, Unsere Heimatgemeinde im Wandel der Zeit, Eigenverlag der Gemeinde Breitenau, Breitenau 2006, S. 138
  5. René Harather: Breitenau, Unsere Heimatgemeinde im Wandel der Zeit, Eigenverlag der Gemeinde Breitenau, Breitenau 2006, S. 138
  6. René Harather: Breitenau, Unsere Heimatgemeinde im Wandel der Zeit, Eigenverlag der Gemeinde Breitenau, Breitenau 2006, S. 149
  7. René Harather: Breitenau, Unsere Heimatgemeinde im Wandel der Zeit, Eigenverlag der Gemeinde Breitenau, Breitenau 2006, S. 138
  8. René Harather: Breitenau, Unsere Heimatgemeinde im Wandel der Zeit, Eigenverlag der Gemeinde Breitenau, Breitenau 2006, S. 139-140
  9. René Harather: Breitenau, Unsere Heimatgemeinde im Wandel der Zeit, Eigenverlag der Gemeinde Breitenau, Breitenau 2006, S. 149
  10. René Harather: Breitenau, Unsere Heimatgemeinde im Wandel der Zeit, Eigenverlag der Gemeinde Breitenau, Breitenau 2006, S. 149-151
  11. René Harather: Breitenau, Unsere Heimatgemeinde im Wandel der Zeit, Eigenverlag der Gemeinde Breitenau, Breitenau 2006, S. 179
  12. René Harather: Breitenau, Unsere Heimatgemeinde im Wandel der Zeit, Eigenverlag der Gemeinde Breitenau, Breitenau 2006, S. 179
  13. Homepage der Firma Paul & Co. GmbH und Co. KG: paulundco.at/de/unternehmen/ (abgerufen am 27.11.2017)
  14. René Harather: Breitenau, Unsere Heimatgemeinde im Wandel der Zeit, Eigenverlag der Gemeinde Breitenau, Breitenau 2006