Kollegium der Genannten

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Die Wiener Hausgenossen, auch als Gremium der Hausgenossen oder als Konsortium der Hausgenossen bezeichnet, waren im Mittelalter für die Münzprägung, die Geldwechsel und den Edelmetallhandel im Herzogtum Österreich[A 1] zuständig.

Genannte, politisches Gremium der Stadtverwaltung des Mittelalters; das Genanntenkollegium erfüllte wichtige Aufgaben der allgemeinen Verwaltung, der Finanzverwaltung und der Rechtspflege, vertrat aber auch die Interessen der Stadt auf Gesandtschaftsreisen. Den Höhepunkt ihrer Bedeutung erlangten sie um die Mitte des 15. Jahrhunderts. Bei den Genannten im weiteren Sinn handelt es sich um einen Kreis von 100 (nach dem Stadtrecht von 1340 200) besonders angesehenen und qualifizierten Bürgern, die sich aus den Patriziern sowie hausbesitzenden Handwerkern, Gewerbetreibenden und sonstigen Bürgern zusammensetzten, die in ihrer Gesamtheit jährlich die 20 stimmberechtigten Ratsmitglieder wählten (Innerer Rat). Jeweils 12 Genannte wurden vom Stadtrichter als Beisitzer zu Gerichtsverhandlungen berufen. Wichtigere Rechtsgeschäfte der Bürger bedurften der Zeugenschaft von 23 Genannten. Die Wahl ins Gremium der Genannten erfolgte auf Lebenszeit; vakant gewordene Stellen wurden einmal jährlich vom Rat nachbesetzt. Man achtete grundsätzlich darauf, dass die vier Stadtviertel und die damaligen fünf Vorstädte gleichmäßig vertreten waren, wobei die Zahl der ansässigen Bürger zur Richtschnur genommen wurde. Wurde der Genannte in den Rat gewählt, so blieb er in der Genanntenliste verzeichnet, damit er nach seinem Ausscheiden aus dem Rat seine Funktion wieder übernehmen konnte. Die Genannten wählten alljährlich aus ihrem Kreis einen 40-köpfigen Ausschuss, der vom Inneren Rat zur Beschlussfassung in wichtigen Angelegenheiten herangezogen wurde; dieser Ausschuss führte bis 1408 die Bezeichnung "Äußerer Rat", danach sprach man lediglich von Genannten (im engeren Sinn); gleichzeitig ließ man die Bezeichnung "Innerer Rat" fallen. Nach dem Stadtrecht von 1517 hatten die 200 Genannten die Aufgabe, jeweils am 21. Dezember die Räte und den Bürgermeister zu wählen, hingegen fiel es dem Rat und dem Bürgermeister zu, die Genannten auf die erforderliche Zahl zu ergänzen; diese gegenseitige Bestellung sicherte der führenden gesellschaftlichen Schicht die Dominanz in beiden Gremien. Am 16. August 1522 wurde das Kollegium nach dem missglückten Aufstand Bürgermeisters Martin Siebenbürgers aufgehoben und in der Stadtordnung vom 12. März 1526 durch einen 76-köpfigen Inneren Rat ersetzt.

Beschreibung

Die Gremium der "Hausgenossen" bestand aus 48 Wiener Bürgern, denen Münzprägung, Geldwechsel und Edelmetallhandel im Herzogtum Österreich vorbehalten war. Ihre 48 Anteile („Hausgenossenschaften") konnten vererbt und veräußert werden. Vorsteher der Hausgenossen war der Münzmeister, der vom Landesfürsten bestellt wurde und auch die Gerichtsbarkeit in Fachbelangen ausübte. Ihm zur Seite standen der Münzanwalt als Vertreter der landesfürstlichen Interessen und ein Münzschreiber (Kanzleileiter).[1]

Für die Durchführung der einzelnen Aufgaben gab es eigene Handwerkszweige. Für die technische Durchführung der Prägungen waren die Münzer zuständig, für den Geldwechsel auf den Wechselbänken die Wechsler, die von den Hausgenossen angestellt wurden. Das Rohmaterial wurde von der Kammer des Landesfürsten zur Verfügung gestellt, die Prägungen erfolgten jeweils im Einvernehmen zwischen dem Landesfürsten und den Hausgenossen, wobei der Gewinn zwischen beiden geteilt wurde.Referenzfehler: Das öffnende <ref>-Tag ist beschädigt oder hat einen ungültigen Namen

Geschichte

Die Bezeichnung "Hausgenossen" wird mit der Zugehörigkeit des Gremiums zur Residenz ("Haus") des Landesfürsten erklärt. In der Forschung wird davon ausgegangen, dass die Gründung des Gremiums der "Hausgenossen" gemeinsam mit der Gründung der Wiener Münzstätte zu Ende des Jahres 1193 erfolgte, als das Lösegeld für den englischen König Richard (I.) Löwenherz (50.000 Mark Silber) in der Stadt Wien eintraf. Da es in Barren geliefert wurde, deren Münzprägung nur von einer größeren Gruppe bewältigt werden konnte, soll Herzog Leopold (V.) von Österreich ("'Leopold der Tugendreiche") das Gremium der "Hausgenossen" gegründet haben. Ein Bezug auf diese Gründung findet sich im Privileg von König Rudolf I. aus dem Jahr 1277. Als eine Folge des Wiener Neustädter Blutgerichtes löste Erzherzog Ferdinand (I.) von Österreich, der spätere Kaiser Ferdinand I., am 7. Juni 1522 das Gremium der Hausgenossen auf.Referenzfehler: Das öffnende <ref>-Tag ist beschädigt oder hat einen ungültigen Namen

Einzelnachweise

  1. vgl. Genannte im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien, abgerufen am 2. Dezember 2018

Anmerkungen

  1. Das Herzogtum Österreich entstand aus der Markgrafschaft Österreich, die 1156 zum Herzogtum erhoben wurde. Das Areal des ursprünglichen Herzogtums Österreich umfasste das heutige Bundesland Wien und einige Teile des heutigen Bundeslandes Niederösterreich. Später kam weitere Teile der heutigen Bundesländer Niederösterreich und Oberösterreich hinzu sowie 1417 die Stadt Steyr mit der gleichnamigen Herrschaft. Die Stadt Wiener Neustadt und die Grafschaft Pitten gehörten jedoch damals zum Herzogtum Steier. Im 15. Jahrhundert spaltete sich das Herzogtum Österreich in zwei Teilherzogtümer auf: Österreich ob der Enns (heute im Wesentlichen: Oberösterreich) und Österreich unter der Enns (heute im Wesentlichen: Niederösterreich)