Maissauer (Adelsfamilie)
Die Maissauer, auch Herren von Maissau oder Familie von Maissau, waren eine Adelsfamilie, die im Mittelalter im heutigen Bundesland Niederösterreich wirkte.
Anfänge der Maissauer
Die erste urkundliche Nennung von Maissau findet sich im Jahr 1114 im Zusammenhang mit einer Schenkung. Durch diese gelangten Gütern zu "Missov" (inklusive Dienstleute) in den Besitz des Stiftes Klosterneuburg. Für diese Schenkung verantwortlich war Otto, zu diesem Zeitpunkt Gefolgsmann der Babenberger und Burggraf von Mödling. Seine Vorfahren sind unbekannt, sie dürften im 11. Jahrhundert, vielleicht in der Gefolgschaft eines Hochfreien, in die Markgrafschaft Österreich gekommen sein. Otto dürfte ursprünglich am Manhartsberg ansässig gewesen sein, ehe er begann, sich im Dienst der Babenberger seine eigene Machtposition aufzubauen. Mit Blick auf seinen Namen könnte er ein Verwandter jener Ministerialenfamilie[A 1] gewesen sein, die seit ca. 1120 erstmals mit Rudolf von Maissau belegt ist.[1] Obwohl eine Nennung nach Maissau erst in den 1120er-Jahren erfolgte, spricht einiges dafür, dass Burggraf Otto von Mödling das erste urkundlich fassbare Mitglied der Familie ist. So hatten die Maissauer ihre Grablege im 12. Jahrhundert im Stift Klosterneuburg, für welches auch weitere Familienmitglieder Stiftungen machten. Außerdem taucht der Name Otto bei ihnen als "Leitname" auf, der sich in fast jeder Generation findet.[2]
Die Familie
Die Maissauer waren Ministeriale der Markgrafschaft und des Herzogtums Österreich, die sich nach ihrem Stammsitz Maissau benannten. Ihr Wappen war ein schwarzes Einhorn in Gold.[3] Sie sind erstmals Anfang des 12. Jahrhunderts belegt. Im Spätmittelalter zählten sie zu den reichsten und angesehensten Adelsfamilien des Landes, ihre Besitzungen erstreckten sich von der Wachau über Pöggstall und Zwettl im heutigen Waldviertel bis ins heutige Weinviertel.[4] Sieben Maissauer bekleideten das Oberste Marschallamt des Herzogtums Österreich, fast ein Jahrhundert lang übten sie das Amt des Oberstschenken aus, beide höchst ehrenvolle und auch mit Einnahmen ausgestattete Positionen, deren politischen Einfluss der Landesherr allerdings systematisch zurückdrängte.[3] 1440 starben die Maissauer mit Otto (IV.) von Maissau im "Mannesstamm" aus, nachdem dieser bereits vom österreichischen Landesfürsten gezwungen worden war, auf den Großteil seiner Besitzungen zu verzichten. Die ihm zu diesem Zeitpunkt noch verbliebene Herrschaft Pöggstall vermachte er den Liechtensteinern.[5]
Stammtafel der Maissauer
Otto (II.) von Maissau († um / nach 1265)
- Stephan (I.) von Maissau († 1316)
- Ulrich (I.) von Maissau († um 1326/27)
- Sohn (Stephan (II.) von Maissau ?)
- Heidenreich von Maissau († um 1381) ∞ mit Anna von Maissau († um 1385), er erbte von Leutold (III.) von Kuenring das Amt des Oberstschenken des Herzogtums Österreich, begründete die "Schenkenlinie" der Maissauer
- Leutold von Maissau († um 1402), Oberstschenk des Herzogtums Österreich?)
- ? Otto (III.) von Maissau († 1359), beigesetzt im Stift St. Bernhard (heute Teil der Gemeinde St. Bernhard-Frauenhofen)[6]
- Sohn
- Sohn
- Sohn
- Konrad von Maissau († 1396) ∞ mit Elisabeth von Wallsee
- Ulrich von Maissau († um 1406)
- Otto (IV.) von Maissau († 1440) ∞ mit Agnes von Pottendorf
- Agnes von Maissau ∞ mit Alber (IV.) von Zelking
- Heidenreich von Maissau († um 1381) ∞ mit Anna von Maissau († um 1385), er erbte von Leutold (III.) von Kuenring das Amt des Oberstschenken des Herzogtums Österreich, begründete die "Schenkenlinie" der Maissauer
- Sohn (Stephan (II.) von Maissau ?)
- Ulrich (I.) von Maissau († um 1326/27)
Genannte Mitglieder der Familie der Maissauer, deren genaue Verwandtschaft nicht eindeutig fest steht
- Burggraf Otto von Mödling († im 12. Jahrhundert) gilt als erstes Mitglied der Familie, das belegt ist (siehe oben)
- Ein Rozinus von Maissau (genannt 1120 / 1130) ist als Zeuge einer Schenkung an den Marienaltar in der Stiftskirche von Stift Klosterneuburg belegt.<ref">vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 14 und S. 15</ref>
- Ein Rudolf von Maissau wird zwischen 1120 und 1130 ebenfalls genannt.[7]
- Eine Margarete von Maissau (12. Jahrhundert) war mit Eberhard von Erlaa, dem Neffen von Heinrich von Erlaa, verheiratet. Die Familie von Erlaa zählte damals zu den Hochfreien[A 2]. Dass sich Margarete auch nach ihrer Eheschließung als Maissauerin benennt, ist ein Indiz für das hohe Ansehen, dass ihre Familie, die damals zu den Ministerialen der Babenberger zählte, gehabt haben muss.[8]
- Walter, Sohn eines Otto von Maissau, wird als Zeuge einer Schenkung genannt. Diese machte Sighard, Sohn eines Wolfger von Erlaa, in Perschling mit Zustimmung seiner Brüder Wolfger und Eberhard nach seinem Eintritt in ein Kloster. Dieser Walter könnte ein Sohn des Burggrafen Otto von Mödling gewesen sein, vielleicht dessen ältester Sohn. Erstmals wird er um 1140 als Zeuge für Adelward von Kirchbach genannt. Gemeinsam mit seinem Bruder Elso ist er in einer Urkunde von Heinrich von Mistelbach um 11411/65 als Zeuge aufgelistet. Aus Anlass des Todestages seines Vaters stiftete er mit zwei weiteren Brüdern Hilsunc und Gundold einen Weingarten in "Spencing".[7] Bei seiner Totenbettstiftung nach 1170 finden sich als Zeugen außer Elso und Gundold weitere Brüder Calhoh, Albero und Otto.[9]
- Dieser Otto von Maissau findet sich in den Urkunden von Pabo von Schleinz (um 1141/1167) und von Irmgard von Poransdorf (um 1186/1192). Gemeinsam mit seinem Brüdern Elso, Chalhoh und Albero ist er als Zeuge in einer Urkunde von Albero von Pfaffstetten genannt. Otto und sein Bruder Elso bezeugen außerdem eine Stiftung ihres Bruders Albero, die dieser aus Anlass seiner ungewissen Rückkehr vom Kreuzzug machte. Otto war mit einer Rikardis verheiratet, die nach seinem Tod als seine Witwe gemeinsam mit ihrem Sohn Otto und ihrem Schwager Chalhoh für sein Seelenheil Besitz zu Schleinz und Dürnbach dem Stift Klosterneuburg stiftete. Eine weitere Stiftung von Chalhoh von Maissau an das Stift Klosterneuburg wurde nach seinem Tod von seiner Witwe und ihren Söhnen bestätigt.[10]
- Unter den Zeugen der Bestätigung der Stiftung von Chalhoh von Maissau durch seine Witwe und seine Söhne finden Ulrich von Falkenberg, Heinrich von Hertenstein, dessen Sohn "Cholo de Truchsen" und ein weiterer Otto von Maissau.[11]
Literatur
- Brigitte Rigele: Die Maissauer. Landherren im Schatten der Kuenringer. (Ungedruckte) Dissertation, Universität Wien, 1990
- Peter Trawnicek: Pöggstall und die Grabdenkmäler in der Kirche St. Anna im Felde. In: Sbornik Praci filozoficke fakulty brnenske univerzity studia facultatis philosophicae universitatis brunensis C 49, 2002. S. 271-291 digital
Literatur mit Hinweisen[A 3]
- Karl Lechner: Die herzoglich-bairische Lehen im Lande unter der Enns In: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich. Serie Neue Folge. Bd. 48/49, 1982/83, S. 70-98 digital
Weblinks
- Otto IV. von Maissau (der letzte Maissauer), GedächtnisDesLandes.AT
Einzelnachweise
- ↑ vgl. Maissau, Arcanum.HU, abgerufen am 19. April 2020
- ↑ vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 8
- ↑ 3,0 3,1 vgl. Peter Trawnicek: Pöggstall und die Grabdenkmäler, 2002, S. 274
- ↑ vgl. Otto IV. von Maissau (der letzte Maissauer), GedächtnisDesLandes.AT, abgerufen am 18. April 2020
- ↑ vgl. Andreas Zajic: Große Herren und Aufsteiger, Fürstendiener und Hochverräter - Bausteine zur einer Nutzergeschichte von Schloss und Herrschaft Pöggstall. In: Peter Aichinger-Rosenberger - Andreas Zajic (Hrsg.): Menschen und Denkmale. Schloss Pöggstall. Adelige Residenz zwischen Region und Kaiserhof (= Katalog des Landesmuseums. Neue Folge. Nr. 537). Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra, 2017. ISBN 978-3-99028-710-1. S. 16
- ↑ vgl. Zeittafel zur Stiftsgeschichte, Burgenkunde.AT, abgerufen am 4. Juli 2020
- ↑ 7,0 7,1 vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 16
- ↑ vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 15
- ↑ vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 16f.
- ↑ vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 17
- ↑ vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 17f.
Anmerkungen
- ↑ Die Ministerialen, auch als "Dienstadel" bezeichnet, bildeten im Mittelalter innerhalb des "niederen" Adels eine eigene Gruppe. Ursprünglich "Unfreie", waren sie durch ein Dienst- oder Lehnsverhältnis in den "niederen" Adel aufgestiegen, im Unterschied zu den "edelfreien" oder "hochfreien" Adelsfamilien.
- ↑ Die Edelfreien oder Hochfreien waren innerhalb des Adels ein eigener landrechtlicher Stand. Als Edelfreie oder Hochfreie galten im Mittelalter Personen, die eine dynastische Herkunft aufweisen konnten und ihren Besitz als "freies Eigen" besaßen. Die Edel- und Hochfreien waren dem fürstenmäßigen hohen Adel gleichgestellt, rechtlich hatten sie eine Zwischenstellung zwischen den Personen, welche im Besitz der "wirklichen" alten Gaugrafschaften und Stammesherzogtümern waren und den nur ritterbürtigen Mittelfreien. Im Unterschied zu den Ministerialen verdankten sie ihren Adel nicht einem Dienst- oder Lehnsverhältnisses und waren somit keiner anderen Dynastien untergeordnet. Sie unterstanden nur dem König beziehungsweise dem Kaiser. Seit dem 11. Jahrhundert galten ihre Territorien daher als "reichsfrei", "königsfrei" oder "reichsunmittelbar". Sie führten gewöhnlich den Titel Herr oder Freiherr, im Spätmittelalter oder in der frühen Neuzeit gelang einigen der Aufstieg in den Grafenstand, während sich die meisten, nicht immer gegen ihren Willen, in die Lehensabhängigkeit mächtigerer Adelsfamilien gerieten.
- ↑ Es handelt hier um Literatur, die eigentlich für das Thema des Artikels, hier eine Adelsfamilie, nicht relevant ist, aber immerhin erste Hinweise zu bestimmten Aspekten und Lücken, wie in zum Beispiel für den Stammbaum bietet. Bis sich wissenschaftlich fundierte Literatur mit dem Schwerpunkt auf der Familie der Maissauer findet, welche solche Aspekte und Lücken abgedeckt, ist sie zumindest ganz nützlich.
Überregionale Aspekte dieses Themas werden auch in der Wikipedia unter dem Titel Maissauer (Adelsfamilie) behandelt. Hier im ÖsterreichWiki befinden sich Informationen sowie Ergänzungen, die zusätzlich von regionaler Bedeutung sind (siehe Mitarbeit). |