Köllnerhof

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Der Köllnerhof oder Kölner Hof, in Urkunden auch als "Coloniensium curia" bezeichnet, war im sogenannten "späten" Mittelalter eine wichtige Unterkunft der Kaufleute aus der Rheingegend in Wien. Er ist nicht mehr erhalten.

Lage

Nach dem Grundbuch der Stadt Wien befand sich der Köllnerhof in jenem Teil der hinteren Bäckerstraße, die heute als das Lugeck bekannt ist beziehungsweise auf der heutigen Adresse: Wien 1, Lugeck 3 (Konskriptionsnummer Stadt 737)[A 1][1]. Er befand sich somit im 1. Wiener Gemeindebezirk.[2] Die ursprüngliche Anlage des Köllnerhofes umfasst, auch die Häuser Stadt 738, 739 und 740.[1]

Das Bauwerk

Der Köllnerhof ist nicht erhalten. Nach Plänen muss es sich bei ihm um eine große Anlage gehandelt haben. Sie umfasste mehrere Innenhöfe und verfügte über gewölbte Durchfahrten. Vor 1394 dürfte der spätere Köllnerhof ein privates Besitztum gewesen sein.[1] Zu diesem gehörte auch eine Kapelle, die den Heiligen Philippus und Jakobus geweiht war.[3] Um 1566 war der Köllnerhof bereits zweistöckig, zu ihm gehörte auch ein Zuhaus.[4]

Geschichte

Der Köllnerhof ist erstmals 1394 unter diesem Namen urkundlich genannt.[1] Da die zugehörige Kapelle "zu den Heiligen Philippus und Jakobus' bereits 1289 von Seifried Leubel gestiftet worden war, existierte er bereits vor diesem Datum. Zur Zeit der Kapellenstiftung gehörte der spätere Köllnerhof Seifried Leubel, später war er im Besitz des Wiener Bürgermeisters Konrad Poll. 1414-1463 gehörte der Hof der Familie Gundlich (Gundloch), welche sich besonders um die Ausgestaltung der Kapelle verdient machte. Im 15. und 16. Jahrhundert war der Köllnerhof als Unterkunft besonders beliebt bei den Kaufleuten aus der Reichsstädten Nürnberg und Augsburg. Zu diesen sollen um 1548 die Familien der Fugger und der Welser gehört haben.[3] 1624-1638 befand sich im Köllnerhof die Wohnung, die Buchdruckerei und der Verlag des Druckers Matthias Formica, der von der Lammburse hierher übersiedelt war.[3] 1725-1789 war im Köllnerhof das Seminar der Hieronymitaner untergebracht, die auch die Kapelle nutzten, wo sie bis 1788 für die Gottesdienste zuständig waren.[3] Um 1793 wurde der Köllnerhof abgebrochen.[2] An seiner Stelle wurde eine Häusergruppe erbaut, welche um die jetzige Köllnerhofgasse gruppiert ist.[3]

Die Kapelle "zu den Heiligen Philippus und Jakobus"

Die Kapelle wurde 1289 von Seifried Leubel gestiftet. Paul Poll und seine Ehefrau Katharina erweiterten sie. Für den neuerrichteten Frauenaltar stifteten sie 1349 eine ewige Messe gestiftet. Lienhart Poll stiftete für sein Seelenheil in seinem Testament 1376 eine weitere ewigen Messe für diese Kapelle. Nachdem die Betreuung der Kapelle bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts mit aufwendiger Fürsorge betrieben worden war, wurde sie als Folge von Erbstreitigkeiten zu Ende des 15. Jahrhunderts und durch Reformation wesentlich vernachlässigt.[1]

Im Besitz des Köllnerhofs

  • Seifried Leubel (Leublo), der 1289 die Kapelle gestiftet hatte, war ein Kaufherr, der aus der Reichsstadt Köln nach Wien eingewandert war. Seine Herkunft aus Köln war vielleicht der Grund dafür für den späteren Namen.[3]
  • Konrad Poll, Bürgermeister der Stadt Wien, gelangte durch seine Ehe mit Margarethe, der Tochter von Seifried Leubel in den Besitz des späteren Köllnerhofs. Er hatte auf diesem seinen Wohnsitz.[5] Der Köllnerhof mit der Kapelle verblieb im Besitz seiner Familie. 1370 verkauften Laurenz Poll und dessen Frau Margarethe ihn an Lienhart Poll, dem Schwager des Wiener Bürgermeisters Paul Holzkäuffel.[1]
  • Die Familie Gundlich war ident mit der Familie von Ulrich Gundloch. Ihr gehörte der spätere Köllnerhof 1414-1463. Sie erwarb außerdem dem in der Nähe gelegenen Hof der Strasser auf der Brandstätte (Gundelhof).[3]
  • Über Cristein Gundloch kam der Köllnerhof 1463 als Erbe an ihre Kinder Sebastian Engelhartstetter und Anna Lempekhin. Nach deren Tod kam es zu Erbstreitigkeiten zwischen ihrem Halbbruder Blasi Engelhartstetter, Anna, der Witwe von Sebastian Engelhartstetter, dessen Kindern und Jörg Hesib, den neuen Ehemann der Witwe Anna[6] Die Erbstreitigkeiten wurden von Wilhelm Pancz († 1503), dem Schwiegersohn von Sebastian Engelhartstetter gegen die Erben von Blasi Engelhartstetter weitergeführt.[7]
  • Jobst Schütz von Memmingen kaufte den Köllnerhof um 1502.[8]
  • 1502 kaufte Wolfgang Helffendorffer aus Linz den Köllnerhof mit der Kapelle von Jobst Schütz.[8] Er löste im Einvernehmen mit diesem das für Wilhelm Pancz auf dem Köllnerhof lastende Pfandrecht ab.[9]

Erinnerungen

An den Köllnerhof erinnert heute in Wien 1 die Köllnerhofgasse. Sie erstreckt sich über die heutigen Parzellen 1-3 und 2-4, Lugeck 3, Sonnenfelsgasse 1 und Grashof 2. Bis 1793 war die Köllnerhofgasse eine kurze Sackgasse, die vom Fleischmarkt bis zur Rückseite des Köllnerhofes führte. Nach dem Abbruch des Köllnerhofes verlängerte sie sich bis zur Sonnenfelsgasse.[10]

Literatur

  • Felix Czeike (Hrsg.): Kölner Hof. In: Historisches Lexikon Wien. Band 3, Kremayr & Scheriau, Wien 1994, ISBN 3-218-00545-0, S. 558–Kölner Hof.
  • Heinrich Demelius: Zur Privatrechtsgeschichte des Köllnerhofes in Wien (1463-1508). In: Louis Carlen - Fritz Steinegger: Festschrift Nikolaus Grass zum 60. Geburtstag dargebracht von Fachgenossen, Freunden und Schülern (= Abendländische und deutsche Rechtsgeschichte. Geschichte und Recht der Kirche. Geschichte und Recht Österreichs. Bd. 1). Universitätsverlag Wagner, Innsbruck / München, 1974. ISBN 3-7030-0010-4. S. 483-491

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 vgl. Köllnerhof im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien, abgerufen am 10. Jänner 2021
  2. 2,0 2,1 vgl. Heinrich Demelius: Zur Privatrechtsgeschichte des Köllnerhofes in Wien (1463-1508), S. 483
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 3,6 vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Kölner Hof. In: Historisches Lexikon Wien. Band 3, Kremayr & Scheriau, Wien 1994, ISBN 3-218-00545-0, S. 558–Kölner Hof.
  4. vgl. Heinrich Demelius: Zur Privatrechtsgeschichte des Köllnerhofes in Wien (1463-1508), S. 485
  5. vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Poll Konrad. In: Historisches Lexikon Wien. Band 4, Kremayr & Scheriau, Wien 1995, ISBN 3-218-00546-9, S. 572.
  6. vgl. Heinrich Demelius: Zur Privatrechtsgeschichte des Köllnerhofes in Wien (1463-1508), S. 483 und 485
  7. vgl. Heinrich Demelius: Zur Privatrechtsgeschichte des Köllnerhofes in Wien (1463-1508), S. 485ff. und S. 490
  8. 8,0 8,1 vgl. Heinrich Demelius: Zur Privatrechtsgeschichte des Köllnerhofes in Wien (1463-1508), S. 489
  9. vgl. Heinrich Demelius: Zur Privatrechtsgeschichte des Köllnerhofes in Wien (1463-1508), S. 490
  10. vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Köllnerhofgasse. In: Historisches Lexikon Wien. Band 3, Kremayr & Scheriau, Wien 1994, ISBN 3-218-00545-0, S. 556–Köllnerhofgasse.

Anmerkungen

  1. Die Adresse ist ident mit Wien 1, Köllnerhofgasse 1