Wölli

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Wölli, Wölle Der Wölli, mildes österr. Schimpfwort, wird gebraucht immer nur für männlich und aus angestammter Bevölkerung. Wölli wird ausgesprochen mit Betonung auf dem „ö“ und dem doppel „ll“, die Endung liegt so zwischen i und e. Der Begriff bezeichnet einen Hinterwäldler, rustikal im Benehmen, ungehobelt, direkt und rücksichtslos. Dem Wölli mangelt es nicht an Selbstbewusstsein, er könnte sich wohl besser benehmen, verzichtet aber darauf weil er meint, sich das leisten zu können. Armut und demütiges Bittstellerverhalten passen nicht zum Wölli. Der Begriff eignet sich nicht zur pauschalen Kategorisierung als unterste soziale Schicht. Eher schon trifft es zu auf den ländlichen Handwerksmeister der mit schmutzigen Schuhen in die fremde Wohnung geht. Er weiß, dass er was kann, gebraucht wird und nimmt sich gewisse Freiheiten heraus. Zur Herkunft des Begriffes: Wölli leitet sich ab von wöllischem (= wälschem / welschen ) Benehmen. Das macht auf den ersten Blick keinen Sinn, weil gerade die Italiener nicht bekannt sind für unelegantes rüpelhaftes Benehmen. Dazu muss man wissen, dass in der Barockzeit das habsburgisch regierte Oberitalien dem heutigen (Rest) Österreich in Lebensstandard, Wohlstand und Bildung deutlich voraus war. Der Adel kleidete sich nach der welschen Mode, konsumierte Luxusprodukte wie z.B. Zitrusfrüchte und genoß die italienische Oper. Wer seinen sozialen Aufstieg zeigen wollte, der tat recht wälsch ( wöllisch ). Dem Adel und dem hohen Klerus dürfte das missfallen haben. So bezeichneten sie distinguiert alle jene die unter ihrem Stand, aber offensichtlich mit Kaufkraft versehen waren, als wöllisch. Vom Beginn der Begriffs- bildung an grenzt sich also der höhere Stand gegen den niederen Stand, der seinen Stallgeruch und seine Herkunft nicht ganz verleugnen kann, damit ab. Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Begriff nach unten durchgereicht, indem der jeweils vermeintlich höher stehende den anderen zum Wölli machte und damit abwertete.

Auch als "Bölli" bezeichnet in der Publikation von Rudolf Muhr[1] mit einer Herleitung vom Wallach dem kastrierten Pferd im Bedeutungszusammenhang mit der Ungestüm- und Unberechenbarkeit.

Verbreitung: Im Osten Österreichs geläufig, in den Bundesländern NÖ, Stmk., Bgld., in O.Ö. nur zum Teil und in Wien schon fast vergessen.

Aktueller Bedeutungswandel: Der Begriff erlebt gerade eine Renaissance, nachdem er fast schon vergessen war. Allerdings in Form der Selbstbezichtigung. So war es bis vor wenigen Jahren noch völlig undenkbar, dass sich jemand selber als Wölli bezeichnet. „In Sachen Computer und Digitalisierung bin ich ein absoluter Wölli.“ Wer das von sich sagt, käme nicht auf die Idee, sich pauschal in allen Angelegenheiten als Wölli zu bezeichnen. Gerade Homeoffice und die Dinge die alle nicht funktionieren, haben zu einem Frustanstau bei sehr vielen Leuten geführt. Sie merken im Alltag immer wieder, dass die Dinge nicht zu ihrem Nutzen laufen, ihnen mit dem Zwang zur online Abwicklung und mit diversen „Hotlines“ die Zeit gestohlen wird. Früher konnte der Wölli wenigstens noch auf den nicht wunschgemäß funktionierenden Fahrkartenautomaten hindreschen. Drischt er heute hin, ruiniert er sich höchstens sein eigenes Smartphone.

Der Zorn gärt weit verbreitet. Wölli ist gerade dabei zum Codewort für „abgehängt, unterlegen, von der Technik gegängelt und bespitzelt“ als Terminus der Selbstwahrnehmung zu werden. Gäbe es das Wort nicht schon, man müsste es erfinden. Sich selber zum Wölli machen, nicht den Anderen, ist die Innovation. Mit ironischem Humor wird Solidarität unter denen, die sich als Verlierer empfinden, hergestellt. Möglicherweise ist das die Vorstufe zur Rebellion.


Weblinks

  • Wölli auf rindvieh.com
  • Wölli mit Aussparche auf mundart-burgenland.at

Literatur

  •  Rudolf Muhr: Die Herzenswörter der Österreicher. Amalthea, Wien 2015, ISBN 9783990500101.

Einzelnachweise

  1.  Rudolf Muhr: Die Herzenswörter der Österreicher. Amalthea, Wien 2015, ISBN 9783990500101 (Vorschau).