Hugo von Lichtenfels

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Die Burg Lichtenfels, nach der Hugo von Lichtenfels benannt ist, heute

Hugo (II.) von Lichtenfels (* im 13. Jahrhundert; † 2. Februar 1294)[1], auch Hugo der Turs zu Lichtenfels, Hugo Turs von Lichtenfels oder Hugo der Ältere war Adliger des Herzogtums Österreich und Förderer von Stift Zwettl. Er gilt als Begründer der "Tursen von Lichtenfels", einem Familienzweig der Herren von Rauheneck und ist das bekannteste Mitglied dieses Familienzweiges.

Herkunft und Familie

Hugo (II.) Turs von Lichtenfels stammte aus einer im Herzogtum Österreich ansässigen Ministerialienfamilie[A 1], die sich ursprünglich nach der Burg Rauheneck benannte und um ca. 1200 als die "Tursen" bezeichnet wurde.[2] bekannt wurden.[3]

Hugo (II.) Turs von Lichtenfels war ein Sohn von Hugo (I.) Turs von Weyerberg aus dessen Ehe mit einer Tochter von Hadmar (I.) von Sonnberg (Sunnberg). Diese war eine Enkelin von Albero (III.) von Kuenring.[4] Verheiratet war Hugo (II.) mit einer Frau mit Namen Kunigunde († 1266). Am 1. Dezember 1266 stiftete er für sie ein "Anniversarium"[A 2].[5]

Aus dieser Ehe hatte er mindestens zwei Söhne.[6]

Hugo (II.) Turs von Lichtenfels war der Bruder von Hadmar (I.) Turs von Lichtenfels, der mit einer Frau mit Namen Jutta verheiratet war und aus dieser Ehe Nachkommen hatte. Hugos Bruder Hadmar ist urkundlich stets gemeinsam mit ihm belegt. Er dürfte innerhalb der Familie nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben, für Rechtsgeschäfte benötigte er offensichtlich die Zustimmung seines Bruders.[7] Nach dem Stiftungsbuch waren die Brüder Hugo und Hadmar über ihre Mutter Neffen von Alod von Kaja.[6]

Der Kapitelsaal von Stift Zwettl heute. Dort soll Hugo von Lichtenfels seine Visionen gehabt haben.

Leben

Hugo, der sich als erster nach der Burg Lichtenfels benannte, die sich seit 1159 im Besitz seiner Familie befand[1], ist erstmals 1248 in einer Urkunde des Stiftes Zwettl genannt, dem er offensichtlich, wie weitere Urkundennennungen zeigen, sehr verbunden war.[3] Er verbrachte die meiste Zeit seines Lebens im Waldviertel, hielt sich gelegentlich im Weinviertel auf und eher selten in Wien. Seinen Hauptsitz hatte er auf der Burg Lichtenfels, außerdem besaß er das Pfarrpatronat für Friedersbach (heute Teil der Gemeinde Zwettl). Er verfügte außerdem über einen größeren Streubesitz im Waldviertel, ein Erbe seiner Mutter.[1] 1277 gehörte er zu den Zeugen jener Urkunde, in welcher die Familie der Kuenringer ihre Rechte als Stifterfamilie am Zisterzienserinnenkloster St. Bernhard (heute Teil der Gemeinde St. Bernhard-Frauenhofen) an die Familie der Maissauer abtraten. In dieses Stift sollte später seine Enkelin Elisabeth als Nonne eintreten.[8]

In den 1270er-Jahren soll Hugo als Anhänger von König Rudolf I. hervorgetreten sein und deshalb eine Fehde gegen den Kuenringer Heinrich (IV.) von Weitra († um 1293) geführt haben, der auf der Seite des "Böhmenkönig" Ottokars stand.[3] Allerdings ist diese Fehde nur in chronikalen Werken überliefert. Nach urkundlichen Hinweisen dürfte sie bereits in den 1260er-Jahren stattgefunden haben. Es dürfte sich dabei um eine Adelsfehde gehandelt haben, die bereits vor 1270 beendet gewesen sein muss.[9] Bisher gibt es jedenfalls keine zuverlässigen Quellen, die bestätigen, dass Hugo von Lichtenfels unter den Habsburgern Rudolf und Albrecht oder unter König Ottokar ein Amt im Dienste des Landesfürsten ausgeübt hätte. Auch für das "Österreichische Interregnum" sind keine Aktivitäten von ihm urkundlich belegt, was umso mehr auffällt, als er mit mehreren wichtigen Ministerialenfamilien des Herzogtums Österreich verwandt war, deren Mitglieder politisch hervorgetraten.[4] Dass er, vielleicht mit seinem gleichnamigen Sohn an der Schlacht auf dem Marchfeld (26. August 1278) teilgenommen hatte, ist vorstellbar, lässt sich aber nicht belegen.[10]

1287 trat Hugo dem Stift Zwettl bei, angeblich als Laienbruder beziehungsweise "Converse".[3] In seinem Testament aus dem Jahr 1291, das von seinen beiden Söhnen bestätigt wurde[11], finden sich Verfügungen für die Pfarre Friedersbach, deren Patronat der Landesfürst des Herzogtums Österreich 1159 an die Herrschaft Lichtenfels verliehen hatte.[12] Hugo von Lichtenfels wurden Visionen nachgesagt. Diesen verdankte er nach seinem Tod eine gewisse Popularität, die bis ins 20. Jahrhundert anhielt, und wurde sogar zeitweise als Volksheiliger verehrt. Es wurde sogar versucht, eine Seligsprechung für ihn einleiten zu lassen.[1]

Diverses

Hugo (II.) von Lichtenfels stellte am 30. November 1248 an einem unbekannten Ort eine Urkunde aus, in welcher er dem Pfarrer und der Kirche von Friedersbach alle Rechte bestätigte, welche der Pfarre Friedersbach von seinen Vorfahren verliehen worden waren.[13]. Diese Urkunde besitzt neben ihrem rechtshistorisch interessanten Inhalt auch philologisch großen Wert. Sie gilt zurzeit als die älteste bisher bekannte "private" Urkunde aus dem heutigen Österreich, welche in deutscher Sprache abgefasst ist.[14] Leider ist das Original dieser Urkunde in den Beständen des niederösterreichischen Landesarchivs zwar verzeichnet, gilt heute aber aks verschollen. Erhalten haben sich von dieser Urkunde eine deutsche Fassung im Transkript des Notars Adalbert vom August des Jahres 1403 sowie deutsche und lateinische Abschriften im Vidimus des Notars Wolfram.[15]

Hugo von Lichtenfels in Legende und Sage

Um Hugo von Lichtenfels haben sich einige Sagen gebildet, wo er als Turso von Lichtenfels vorkommt. Als hochherzigen Charakter gelingt es diesem Turso die Fehde mit Heinrich von Weitra zu beenden, nachdem er zwei von dessen Lehensmännern, die sich im Nebel verirrt haben und deswegen auf seiner Burg Lichtenfels landen, ohne Zögern seine Gastfreundschaft gewährt. Daraufhin kommt es zur Versöhnung und Heinrich wird von seinem erbittertsten Feind zu seinem innigsten Freund.[3] Diese Sagen haben ihren Ursprung im "Liber fundationum" (entstanden zu Beginn des 14. Jahrhunderts), besser bekannt als die "Bärenhaut", dem Stifterbuch des Stiftes Zwettl, wo die Fehde zwischen dem Tursen und dem Kuenringer überliefert ist. Der Chronist Bernhard Linck, 1646–1671 Abt des Stiftes Zwettl, hat sie später als historisches Geschehen in seine "Annalen" (um 1723) übernommen, in denen Hugo von Lichtenfels sehr positiv dargestellt ist. Es spricht einiges dafür, dass der historische Hugo am Ausbruch der Fehde keineswegs gänzlich schuldlos war.[16] Weitere Sagen erzählen von Turso von Lichtenfelsals dem edelmütigen Schirmherr von Stift Zwettl, dessen historisches Vorbild er sein dürfte. Auch seine Rolle als Schirmherr von Stift Zwettl und seine Entscheidung, seine letzten Lebensjahre dort zu verbringen, werden entsprechend gewürdigt.[17]

Die Erscheinung auf Lichtenfels

In dieser Sage wird von mehreren Taten von Hugo von Lichtenfels erzählt, der hier der Prototyp eines frommen, edlen und tapferen Ritters ist, Gutes mit Bösem vergilt, gerechte Urteile fällt, treu zu König Rudolf steht und mehrmals Trost durch die Erscheinung der Heiligsten Dreifaltigkeit erfährt.[18] Die Quelle für einige Geschehnisse diese Sage ist das Stiftungsbuch des Klosters Zwettl.[6] Bei dieser Sage ist deutlich ein Zusammenhang mit der Errichtung des Heiligengeist-Altar erkennbar, der am 5. Juni 1308 auf Anweisung von Leutold (I.) von Kuenring († 1312) im Kapitelsaal von Stift Zwettl aufgestellt wurde. Er ließ den Altar an jener Stelle aufstellen, wo Hugo von Lichtenfels angeblich der Heilige Geist erschienen sein soll. Hugos gleichnamiger Sohn und sein Neffe Reinprecht sind als Zeugen dieser Stiftung belegt, allerdings gibt es keine Belege dafür, dass sie an dieser Stiftung oder ihrer Dotierung beteiligt waren.[19]

Die Ruine Lichtenfels

Nach dieser Sage soll Hugo von Lichtenfels viele gute Taten begangen haben. Seit seinem Tod aber erscheint zu gewissen Zeiten sein Geist auf der Ruine Lichtenfels. Der Rauchbauer Michl aus Friedersbach gelangt bei einem Spaziergang auf die Ruine Lichtenfels, wo er in eine fröhliche Feier gerät, bei der er großzügig verköstigt und beschenkt wird, aber zusieht, dass er wegkommt, nachdem ihm klar wird, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht. Als er den Leuten im Ort darüber berichtet, erfährt er, dass es in eines jener Feste geraten ist, die der frühere Burgherr von Lichtenfels mit seinen Dienstleuten feiert und dass er Glück hatte, dass sie ihn nicht dort behalten haben.[20]

Literatur

  • Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels. Geschichte und Genealogie eines niederösterreichischen Ministerialengeschleches. (Ungedruckte) Dissertation, Wien, 1981

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 57
  2. vgl. Günter Marian: Studien zum mittelalterlichen Adel im Tullnerfeld (Forschungen zur Landeskunde von Niederösterreich. Hrsg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich. Band 39). St. Pölten, 2017. ISBN 978-3-901234-27-9, besonders S. 92f.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 vgl. Ilse Schöndorfer: Steine und Sagen. Burgruinen in Niederösterreich. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten / Wien, 1999. ISBN 3-85326-114-0 S. 72
  4. 4,0 4,1 vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 58
  5. vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 66 und S. 82
  6. 6,0 6,1 6,2 vgl. Ilse Schöndorfer: Steine und Sagen. Burgruinen in Niederösterreich. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten / Wien, 1999. ISBN 3-85326-114-0 S. 75
  7. vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 60
  8. vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 112
  9. vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 87 und S. 88f.
  10. vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 145
  11. vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 131
  12. vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 53
  13. vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 75ff.
  14. vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 75
  15. vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 76
  16. vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 85 und S. 87
  17. vgl. Ilse Schöndorfer: Steine und Sagen. Burgruinen in Niederösterreich. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten / Wien, 1999. ISBN 3-85326-114-0 S. 73
  18. vgl. Ilse Schöndorfer: Steine und Sagen. Burgruinen in Niederösterreich. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten / Wien, 1999. ISBN 3-85326-114-0 S. 73f.
  19. vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 138, mit Fußnote 53
  20. vgl. Ilse Schöndorfer: Steine und Sagen. Burgruinen in Niederösterreich. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten / Wien, 1999. ISBN 3-85326-114-0 S. 75f.

Anmerkungen

  1. Die Ministerialen, auch als "Dienstadel" bezeichnet, bildeten im Mittelalter innerhalb des "niederen" Adels eine eigene Gruppe. Ursprünglich "Unfreie", waren sie durch ein Dienst- oder Lehnsverhältnis in den "niederen" Adel aufgestiegen, im Unterschied zu den "edelfreien" oder "hochfreien" Adelsfamilien. Die Ministerialen im Herzogtum Österreich waren zunächst herzogliche Ministeriale, ehe sie zwischen 1246 und 1251 sich selbst als Ministerialen des Herzogtums Österreich verstanden. Hugo bezeichnete sich in einer Urkunde aus dem Jahr 1263 selbst als Ministeriale des Herzogtums Österreich. In seinem Umfeld führten diesen Titel auch Hadmar und Leutwin von Sunnberg (oder Sonnberg), Otto und Stephan von Maissau, Hadmar von Ottenstein, Pilgrim von Schwarzenau und Alold von Kaja. Vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 62
  2. Als Anniversarium wurde im Mittelalter die jährlich wiederkehrende Gedächtnisfeier für einen Toten oder eine Tote bezeichnet.