Stift Neuberg
Das Stift Neuberg, auch Neuberger Münster genannt, ist ein ehemaliges Zisterzienserkloster, das 1327 von Herzog Otto von Österreich ("Otto dem Fröhlichen") gegründet wurde. Es gilt als das Jüngste der Klöster, die von einem steirischen Landesfürsten gegründet wurden und war die einzige Klostergründung eines Habsburgers in der heutigen Steiermark. Bekannt wurde Stift Neuberg durch den "Neuberger Teilungsvertrag", der hier 1379 abgeschlossen wurde. Die Klosteranlage wird im Volksmund heute auch der "Dom im Dorf" genannt.[1] Sie steht als "gotisches Gesamt-Ensemble" unter Denkmalschutz.
Das Bauwerk
Das frühere Zisterzienserstift befindet sich in der gleichnamigen Marktgemeinde. Es wurde nach dem Vorbild seines Mutterklosters, des Zisterzienserstiftes Heiligenkreuz angelegt. Die frühere Klosterkirche und jetzige Pfarrkirche ist, wie für Zisterzienserkirchen typisch, den Hochfesten der Krönung und Himmelfahrt Mariens geweiht. Es handelt sich um eine gotische Hallenkirche. Obwohl ihr Bau mehr als 150 Jahre dauerte, sind das Langhaus und der Chor in ihrer künstlerischen Gestaltung perfekt aufeinander abgestimmt. Als besonders sehenswert gilt der gewaltige, gotische Dachstuhl aus Lärchenholz, der aus dem 15. Jahrhundert stammt. Seine Konstruktion und Ausmaße bezeugen eindrucksvoll die Qualität der damaligen Zimmermannskunst. Er wurde ohne die Verwendung von Eisennägeln geschaffen.[1]
Als besonderes "Highlight" der früheren Klosteranlage gilt der gotische Kreuzgang des Münsters, der südlich der Kirche verläuft. Es handelt sich dabei um den einzigen gotischen Kreuzgang in der heutigen Steiermark, der komplett erhalten geblieben ist. Im Kreuzgang sind ein Stifterbild und die Bildern von 38 Äbten aufgehängt. Außerdem befindet sich hier ein sehenswerter Hochaltar aus der Renaissance und der frühere Kapitelsaal des Klosters mit der Stiftergruft. In dieser sind die sterblichen Überreste des Stifters und seiner Familie beigesetzt.[1]
Historische Eckdaten
Das Stift wurde 1327 von Herzog Otto von Österreich ("Otto dem Fröhlichen") gegründet. Der Stiftungsbrief wurde in Krems, das damals zum Herzogtum Österreich gehörte, ausgestellt und datiert auf den 13. August 1327[A 1]. Die Stiftung Ottos erfolgte gemeinsam mit seiner Ehefrau Elisabeth und seinen älteren Brüdern Friedrich und Albrecht.[2] Nach der "Continuatio Novimontensis" und dem Chronisten Johann von Viktring soll Herzog Otto für sein Pläne zuvor den Rat des Abtes der Zisterze Heiligenkreuz eingeholt haben.[3] Die Besiedlung des neu gegründeten Stiftes Neuberg erfolgte vom Stift Heiligenkreuz aus.[4] Warum Herzog Otto für seine Stiftung den Zisterzienserorden wählte, ist unbekannt. Im 14. Jahrhundert zählten die Zisterzienser nicht mehr zu den sogenannten "Modeorden", die übrigen Familienmitglieder seiner Generation bevorzugten andere Orden, die zu dieser Zeit neu waren oder sich im "Aufschwung" befanden.[4]
Bereits vor dem 15. Mai 1327 dürfte der Herzog aus Stift Heiligenkreuz Zisterziensermönche ins Obere Mürztal geholt haben.[5] Laut Stiftungsurkunde überließ er ihnen für die neue Zisterze einen großen Teil des oberen Mürztales, der sich vom Bärental und Hauzenberg an bis in die Gegend der Proleswand, alle Seitentäler eingeschlossen, erstreckte, dies mit all den Gütern und Rechten, die dem Herzog und seinen Brüdern eigneten. Das für den Bau und die Dotierung des Stiftes vorgesehene und ziemlich umfangreiche Gebiet befand sich zu dieser Zeit noch im Besitz verschiedener Personen und Institutionen. Ein Großteil gehörte um 1327 zum Beispiel dem Adeligen Wernhard aus dem Berg. Jene Teile davon, die landesfürstlicher Besitz waren, waren als Lehen vergeben oder verpfändet. Es dauerte mehrere Jahre, bis sich das für das Kloster bestimmte Gebiet tatsächlich in dessen Besitz befand. Die Besitzungen konnte das Stift in den folgenden Jahrhundert wesentlich erweitern.[6] Stift Neuberg zählte zu den wirtschaftlich schwächsten Stiften des Herzogtums Steier, war aber keineswegs ein armes Kloster.[7]
Das Stift, das später die Grablege für Ottos Familie werden sollte, bestand bis 1786. In diesem Jahr wurde es von Kaiser Joseph II. als Folge der "Josephinischen Reformen" aufgelöst. Eine Folge der Auflösung war, dass die Stiftskirche zur Pfarrkirche des Marktes Neuberg erhoben wurde. Sie löste in dieser Funktion die in Neuberg gelegene Kirche zur Maria Himmelfahrt am grünen Anger ab. Das frühere Stift wurde nach seiner Auflösung bis 1869 als kaiserliches Jagdschloss genutzt. Heute sind in ihm verschiedene Einrichtungen untergebracht:
- die Schauglashütte Kaiserhof
- das von Herbert Schliefsteiner († 2009) eingerichtete Naturmuseum, in welchem seine naturwissenschaftliche Sammlung gezeigt[8] werden.
Zu besichtigen sind mehrere Gartenanlagen. Der Stiftshof dient als Beherbergungsbetrieb. Andere Gebäudeteile werden nach einem Umbau für Büros und Wohnungen genutzt.
Äbte des Stiftes Neuberg[9]
- Abt Heinrich (I.) von Neuberg († 1333), 1327-1333 Abt
- Abt Simon von Neuberg († um 1373), 1333–1370/71 Abt
- Abt Heinrich (II.) von Neuberg († im 14. Jahrhundert), ca. 1370/71-1386 Abt
- Abt Jakob von Neuberg († nach 1405), ca. 1387-1396 Abt
- Abt Erhard von Neuberg († nach 1418), ca. 1397-1412 Abt
- Abt Christian von Neuberg († 1418), ca. 1412-1418 Abt
- Abt Sigismund von Neuberg († um 1428), ca. 1418-1428 Abt
- Abt Paul von Neuberg († 1445), ca. 1428-1445 Abt
- Abt Johannes (I.) von Neuberg († 1453), ca. 1445-1453 Abt
- Abt Augustin von Neuberg, ca. 1453-1469 Abt des Stiftes
- Abt Nikolaus von Neuberg, ca. 1469-1470
- Abt Bartholomäus von Neuberg, 1470-1492
- Abt Kaspar (I.) von Neuberg, 1492-1495
...
- Abt Thomas Schmoll († 1600), 1591-1600 Abt
Literatur
- Othmar Pickl: Die Geschichte des Klosters Neuberg dargestellt anhand der Gründer- und Abtbilder im Kreuzgang. In: Otto Fraydenegg-Monzello (Hrsg.): Schatz und Schicksal. Steirische Landesausstellung 1996. Mariazell & Neuberg an der Mürz, 4. Mai bis 27. Oktober. Graz, 1996. ISBN 3-901704-02-7. S. 357-364
- Othmar Pickl: Zur älteren Geschichte des Klosters Neuberg. In: Zeitschrift des historischen Vereins für die Steiermark 46, 1955, S. 125-149 digital
- Othmar Pickl: Zum 625. Jahrestag der Gründung des Klosters Neuberg. In: Blätter für Heimatkunde 26, 1952, S. 90-94 digital
- Othmar Pickl - Walter Kanzler: Geschichte des Klosters und der Marktgemeinde Neuberg an der Mürz. Selbstverlag der Gemeinde Neuburg an der Mürz, 1966 (2. Auflage 1996)
Weblinks
- Münster Neuberg, MuerzerOberland.AT
- Liste der Äbte des Stiftes, Zisterzienserlexikon.DE
Stift Neuberg an der Mürz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons
Pfarrkirche Neuberg an der Mürz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons
Einzelnachweise
- ↑ Hochspringen nach: 1,0 1,1 1,2 vgl. Münster Neuberg, MuerzerOberland.AT, abgerufen am 15. August 2020
- ↑ vgl. Othmar Pickl: Zur älteren Geschichte des Klosters Neuberg, 1955, S. 126
- ↑ vgl. Alexander Sauter: Fürstliche Herrschaftsrepräsentation. Die Habsburger im 14. Jahrhundert (= Bernd Schneidmüller - Stefan Weinfurter (Hrsg.): Mittelalter-Forschungen- Bd. 12). Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern, 2003. ISBN 3-7995-4263-9. S. 42f.
- ↑ Hochspringen nach: 4,0 4,1 vgl. Alexander Sauter: Fürstliche Herrschaftsrepräsentation. Die Habsburger im 14. Jahrhundert (= Bernd Schneidmüller - Stefan Weinfurter (Hrsg.): Mittelalter-Forschungen- Bd. 12). Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern, 2003. ISBN 3-7995-4263-9. S. 43
- ↑ vgl. Othmar Pickl: Zum 625. Jahrestag der Gründung des Klosters Neuberg, 1952, S. 90f.
- ↑ vgl. Othmar Pickl: Zur älteren Geschichte des Klosters Neuberg, 1955, S. 126ff.
- ↑ vgl. Othmar Pickl: Zur älteren Geschichte des Klosters Neuberg, 1955, S. 136
- ↑ vgl. Naturmuseum, SteirischeMuseen.AT, abgerufen am 31. August 2021
- ↑ vgl. Liste der Äbte des Stiftes, Zisterzienserlexikon.DE, abgerufen am 16. August 2020
Anmerkungen
- ↑ Das Original des Stiftungsbriefes ist zwar verloren gegangen, aber der Entwurf des Textes hat sich rudimentär erhalten. Vgl. Othmar Pickl: Zur älteren Geschichte des Klosters Neuberg, 1955, S. 126
Überregionale Aspekte dieses Themas werden auch in der Wikipedia unter dem Titel Stift Neuberg behandelt. Hier im ÖsterreichWiki befinden sich Informationen sowie Ergänzungen, die zusätzlich von regionaler Bedeutung sind (siehe Mitarbeit). |