Anwaltsvorbehalt

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Der Anwaltsvorbehalt bedeutet, dass nur Rechtsanwälte zur berufsmäßigen Parteienvertretung berechtigt sind (Vorbehalt der Berufsausübung durch Rechtsanwälte).

Gesetzliche Grundlage

Gemäß § 8 Abs. 1 Rechtsanwaltsordung (RAO)[1] umfasst das Vertretungsrecht der Rechtsanwälte alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich. Nur dem Rechtsanwalt steht – mit Ausnahmen – die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten zu.

Der in § 8 Abs. 2 RAO enthaltene Anwaltsvorbehalt bedeutet, dass diese Befugnisse zur umfassenden berufsmäßigen (entgeltlichen) Parteienvertretung nur den Rechtsanwälten vorbehalten ist, soweit die Berufsbefugnisse, die sich aus den österreichischen Berufsordnungen für Notare, Patentanwälte, Wirtschaftstreuhänder und Ziviltechniker ergeben, dadurch nicht berührt werden.

Die berufsmäßige Parteienvertretung durch Nicht-Rechtsanwält (auch wenn diese voll ausgebildete Juristen sind) ist damit weitgehend verboten (z. B. durch Winkeladvokaten[2] oder Inkassounternehmen).[3]

Rechtsanwalt

Als Rechtsanwalt im Sinne des § 8 Abs. 2 RAO gelten in Österreich im Anwaltsregister eingetragene Rechtsanwälte und dienstleistende Rechtsanwälte aus dem Europäischen Wirtschaftsraum. Zu den vorbehaltenen Aufgaben, neben der Parteienvertretung iSd § 8 Abs 2 RAO zählen z. B. auch die entgeltliche[4]

  • außergerichtliche Rechtsberatung,
  • Vermittlung von außergerichtlichen Vergleichen und die
  • Betreibung strittiger Forderungen.[5]

Wer gegen den Anwaltsvorbehalt verstößt, ist an die Schutzbestimmungen zugunsten des Klienten, denen auch der Rechtsanwalt unterliegt, gebunden (z. B. Verschwiegenheitspflicht). Es ist einem Zuwiderhandelnden daher z. B. auch untersagt, das Verbot des pactum de quota litis (Anteilshonorar) zu umgehen. Es reicht dabei, dass der Nichtberechtigte den Anschein erweckt, zu der Leistung befugt zu sein.[6]

Anwaltspflicht

Aus der (Anwaltspflicht, Anwaltserfordernis bzw. Anwaltszwang) folgt, dass in bestimmten Verfahren oder vor bestimmten Gerichten nur Rechtsanwälte Parteien vertreten dürfen und können.

Kritik

In Ländern, in denen es keinen Anwaltsvorbehalt gibt, z. B in Liechtenstein oder weitgehend in der Schweiz, ist festzustellen, dass weder das Gerichtssystem durch die Laienvertretung geschädigt wird (angeblich bestehendes Interesse einer geordneten Rechtspflege), noch dass dies in diesen Ländern zum Schutz des Rechtsuchenden erforderlich und angemessen ist[7] noch, dass dadurch die Einkommen der Rechtsanwälte wesentlich geschmälert werden.

Verschiedentlich wurde vorgebracht, dass der Anwaltsvorbehalt gegen die der Freiheit der Berufswahl und der Berufsausübung verstößt. Dies wurde mit Hinweis auf bestehende und erforderliche Gründe zum Schutz des Gemeinwohls und die Erforderlichkeit eine geordneten Rechtswesens als nicht gerechtfertigt angesehen.

Literatur

Einzelnachweise

  1. RGBl. Nr. 96/1868.
  2. Siehe auch Winkelschreibereiverordnung, RGBl. Nr. 114/1857.
  3. OGH in 4 Ob 45/23f; siehe auch Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in LVwG-851192/10/Bm/BeH.
  4. Unentgeltliche Rechtsberatung und Vertretung vor Gericht, wenn kein Anwaltszwang besteht, z. B. von Vereinsmitgliedern, ist mit Einschränkungen zulässig – siehe hierzu auch § 8 Abs. 3 RAO. Ebenso im Verwaltungsverfahren und Verwaltungsstrafverfahren auch vor Landesverwaltungsgerichten, wenn die Vertretung unentgeltlich erfolgt.
  5. Das unberechtigte Anbieten von anwaltlichen Dienstleistungen kann auch einen Verstoß gegen § 1 Abs 1 Z 1 Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG, BGBl. Nr. 448/1984) darstellen, da zwischen Anwälten und Nicht-Anwälten ein Wettbewerbsverhältnis bestehen kann, wenn jemand in den Anwaltsvorbehalt eingreift.
  6. OGH-Entscheidung vom 17.7.2018, 4 Ob 14/18i.
  7. Vgl. dazu die andere Meinung des deutschen Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in den Entscheidungen (BVerfGE): 10, 185; 75, 246 275 f.; Beschl. v. 29.10.1997 - 1 BvR 780/87, NJW 1998, 3481; Beschl. v. 15.12.1999 - 1 BvR 2161/93, NJW 2000, 1251.