Joseph Gabler
Joseph Gabler (Priester, Volksliedsammler) (* 21. Jänner 1824 in Altpölla; † 13. September 1902 in Waidhofen an der Ybbs) war Priester und Dechant in der Diözese St. Pölten und Sammler geistlicher Volkslieder[1].
Leben
Joseph Gabler war der Sohn von Leopold und Anna Maria Gabler, die eine Schmiede und eine kleine Landwirtschaft in Ramsau in der Pfarre Altpölla im Waldviertel betrieben. Leopold Gabler übte die Funktion eines Vorbeters und Vorsängers in der Dorfgemeinschaft Ramsau aus.

Nach seinem frühen Entschluss, röm.-kath. Priester werden zu wollen, absolvierte Joseph Gabler zunächst das Piaristengymnasium Horn und danach die zweijährige, ebenfalls von Piaristen geleitete Philosophische Lehranstalt in Krems. 1845 wurde Gabler zum Studium der katholischen Theologie ins Priesterseminar in St. Pölten aufgenommen.
1849 empfing Joseph Gabler in St. Pölten von Bischof Anton Aloys Buchmayer die Priesterweihe und wurde anschließend bis Jänner 1850 in die Pfarre Altpölla als Hilfspriester (auxiliarius) entsandt. Von 1850 bis 1855 wirkte Gabler in der Pfarre Waidhofen an der Thaya als Kaplan und für kurze Zeit zusätzlich als Pfarrprovisor in der Pfarre Haugschlag. 1855 berief Bischof Ignaz Feigerle Joseph Gabler als seinen Zeremoniär und Sekretär nach St. Pölten. Bis 1866 begleitete Gabler den Bischof auf dessen Visitationsreisen und übernahm im Ordinariat verschiedene Aufgaben. 1866 kehrte Gabler in die Pfarrseelsorge zurück und wirkte als Pfarrer in Neuhofen an der Ybbs. 1886 wurde er als Pfarrer und Dechant in Waidhofen an der Ybbs eingesetzt. 1902 verstarb er und wurde auf dem dortigen Pfarrfriedhof bestattet.
Wirken
Joseph Gabler war neben seiner seelsorglichen Tätigkeit einer der "profiliertesten Vertreter der kirchenmusikalischen Restaurationsbewegung Österreichs[2] in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Als Anhänger des Cäcilianismus bemühte er sich gemeinsam mit dem Gmundner Organisten und Regenschori Johann Evangelist Habert um eine gemäßigte, örtliche und regionale Traditionen berücksichtigende Erneuerung der Kirchenmusik und eines zeitgemäßen geistlichen Volksgesangs. Zusammen mit seinem Freund Habert war Gabler federführend an der Entwicklung des Kirchengesangbuchs "Te Deum laudamus" für die Diözese St. Pölten respektive die Österreichische Kirchenprovinz mit den Diözesen Wien, St. Pölten und Linz beteiligt. Für seine theoretische Abhandlung "Die Tonkunst in der Kirche" über die Geschichte des katholischen deutschen Kirchenliedes arbeitete er mit dem deutschen Hymnologen und Theologen Wilhelm Bäumker zusammen, für dessen Werk "Das katholische deutsche Kirchenlied mit seinen Singweisen" Gabler mehrere Quellenbelege lieferte.
Zur Förderung des geistlichen Volksgesangs bemühte sich Gabler um die Sammlung und Weitergabe geistlicher Volkslieder, die zur Ausübung der Frömmigkeit hauptsächlich außerhalb des pfarrlichen liturgischen Vollzuges bei Wallfahrten, Prozessionen und Andachten in den Familien und in der Dorfgemeinschaft gesungen wurden. Hierin folgte er der sich im 19. Jahrhundert entwickelnden Volksliedsammlung, deren Vertreter ihr Augenmerk auch auf geistliche Volkslieder richteten. Mit diesen Liedern, die der Melodie nach meist mündlich und textlich in handschriftlichen Vorbeterbüchern[3] tradiert wurden, kam Gabler in seinem Elternhaus als Kind in Kontakt und lernte viele gebräuchliche Lieder selbst singen. Als Kaplan, bischöflicher Zeremoniär und als Pfarrer trug er aus verschiedensten Ortschaften in der Diözese St. Pölten im Laufe seiner Tätigkeit rund 1.200 unterschiedliche Texte mit mehr als vierhundert Liedern zusammen.
Zahlreiche Belege aus seiner mehr als 40-jährigen Sammeltätigkeit veröffentlichte Joseph Gabler, indem er die Drucklegung der Liederbücher vorbereitete, den Druck meist selbst finanzierte und für die Verbreitung der Druckwerke sorgte. Die Originalaufzeichnungen sind verloren gegangen. Die harsche Kritik des Cäcilianismus am geistlichen Volkslied führte zu einer vorwiegend ablehnenden Haltung zahlreicher Kirchenmusiker gegenüber der Überlieferung geistlicher Volkslieder, wie sie Joseph Gabler vorantrieb. Aber auch seitens der aufkommenden Volksliedsammlung wurden Gablers Publikationen mangelnde Quellentreue vorgeworfen. Einerseits verzichtete Gabler sehr oft auf die Angabe der Quellen von Liedbelegen und begründete dies mit der Dringlichkeit der Veröffentlichung bzw. einem explizit pastoralen Interesse. Andererseits griff er selbst in offensichtlich tradierte Fehler von Texten und Melodien ein und bearbeitete sie vor einer Veröffentlichung. Dieses bewusste editorische Vorgehen rechtfertigte er im Vorwort zu seinem Werk "Geistliche Volkslieder"[4].
Werke/Schriften
Veröffentlichungen aus Joseph Gablers Sammlung geistlicher Volkslieder
Literatur über Joseph Gabler
Walter Graf, Josef Gabler und die kirchenmusikalische Erneuerungsbewegung in Österreich. Mit Beiträgen zum geistlichen Volkslied der Diözese St. Pölten im 19. Jahrhundert, Univ. Diss., Wien 1964.
Gerlinde Haid, Art. "Gabler, Josef", in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begründet von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (abgerufen am 9.1.2025).
Josef Gabler (1824-1902) und das geistliche Volkslied. Die Vorträge beim Symposium am 6. April 2024 in Spitz an der Donau (= Volkskultur in Niederösterreich - Wissenschaft & Forschung 3), hg. v. Volkskultur Niederösterreich, St. Pölten 2024, ISBN: 978-3-903058-46-0.
Peter Gretzel, Joseph Gabler (1824-1902) und das geistliche Volkslied in der Diözese St. Pölten. In: Das Waldviertel. Zeitschrift für Heimat- und Regionalkunde des Waldviertels und der Wachau, 73. Jg. 2024, Heft 4, S. 321-331.
Weblinks
Cäcilianismus (Oesterreichisches Musiklexikon online)
Einzelnachweise
- ↑ Eva Maria Hois: "Singet all mit Herzensfreud'" - Joseph Gabler und das geistliche Volkslied. In: Joseph Gabler (1824-1902) und das geistliche Volkslied. Die Vorträge beim Symposium am 6. April 2024 in Spitz an der Donau. In: Volkskultur in Niederösterreich - Wissenschaft & Forschung. 3, Volkskultur Niederösterreich GmbH, St. Pölten 2024, ISBN 978-3-903058-46-0, S. 83-97, hier S. 87f..
- ↑ Walter Graf: Josef Gabler und die kirchenmusikalische Erneuerungsbewegung in Österreich. Mit Beiträgen zum geistlichen Volkslied der Diözese St. Pölten im 19. Jahrhundert. Wien 1964, S. I.
- ↑ Anton Hofer, Walter Deutsch: Franz Stubenvoll. Geistliche Lieder aus der Weinviertler Singtradition. In: Corpus Musicae Popularis Austriacae. 3, Böhlau Verlag, Wien 1995.
- ↑ Joseph Gabler: Geistliche Volkslieder. Siebenhundertvierzehn religiöse Lieder mit 387 Melodien. 2. Auflage. Regensburg 1890, S. VII.
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