Vertrag von Mautern

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Kirche St. Peter in Wien - heute

Der Vertrag von Mautern, auch als Tauschvertrag von Mautern oder Mautner Tauschvertrag bezeichnet, war ein Vertrag, der im Jahr 1137 zwischen dem Bischof von Passau und dem Markgrafen von Österreich[A 1] geschlossen wurde. In diesem Vertrag wird Wien erstmals als Stadt bezeichnet.

Der Vertrag von Mautern (1137)

Der Vertrag von Mautern wurde 1137 zwischen Bischof Reginmar von Passau und Markgraf Leopold (IV.). von Österreich ("Leopold dem Freigiebigen") in Mautern geschlossen. Der Markgraf überlässt in diesem Vertrag dem Bistum Passau seine in der Stadt Wien gelegene Eigenpfarre St. Peter ( ("Ecclesia Sancti Petri") und erhält als Gegenleistung neben einem Weingarten, der in der Nähe des heutigen Mödling vermutet wird, und die in der Umgebung des damaligen Wiens gelegene Hälfte des dortigen Pfarrgutes ("Dos"), ausgenommen die Hofstätten ("Curtiloci") (nach Czeike Bauparzellen, auf denen Ställe erbaut waren). Dieser Gebietstausch ist mit der bischöflichen Auflage verbunden, dass die frühere markgräfliche Eigenpfarre St. Peter und die anderen im Wiener Pfarrsprengel geweihten Gotteshäuser ( "Betstellen") fortan seinem "Pfarrer von Wien" unterstehen. In der Vertragsurkunde wird Wien erstmals als Stadt ("civitas") und als Sitz einer Pfarre genannt.[1]

Unklarheiten, die sich für die Forschung aus dem "Vertrag von Mautern" ergeben

Bei der Lokalisierung des in der Urkunde angeführten Grundbesitzes besteht in der historischen Forschung Uneinigkeit.

  • Die Hofstätten werden meistens mit dem Stephansplatz identifiziert, wobei hier eine Sicherstellung des Bauplatzes für eine neue Kirche, den späteren Stephandom, der 1147 geweiht wurde, angenommen wird.[1] Eine weitere Annahme betrifft den heutigen Platz "Stock im Eisen", wo später der Rossmarkt stattfand. Allerdings gibt es in dem Vertrag keine Angabe zur Größe und zur tatsächlichen Lage dieser Stallungen.[2]
  • Die für den Pfarrer von Wien bestimmte beziehungsweise verbliebene Hälfte des Pfarrguts wird gewöhnlich in der Vorstadt Wieden zu lokalisieren versucht.[1]
  • Nach dem "Vertrag von Mautern" entsteht der Eindruck, dass die Wiener Peterskirche 1137 Sitz des Wiener Pfarrsprengels war. Nach der Wiener Chronik, die um 1280 entstand und Jans Enenkel zugeschrieben wird, wurde St. Ruprecht im Volksmund als die Wiener "Pfarre" bezeichnet und damals bereits für die älteste Pfarre von Wien gehalten.[3] Eine Pfarre St. Ruprecht ist im "Vertrag von Mautern" jedoch nicht angeführt, nach dem Vertrag entsteht der Eindruck, dass St. Peter damals die (einzige) Wiener Pfarre war.[1] Belegt ist allerdings, dass die Pfarren St. Peter, St. Ruprecht und Maria am Gestade später dem Schottenstift geschenkt wurden.[4]
  • Eine weitere Unklarheit ergibt sich in Bezug auf den im Vertrag genannten Pfarrer von Wien, der dem Bischof von Passau unterstellt gewesen sein dürfte und mit dem offensichtlich nicht ein damaliger Pfarrer von St. Peter gemeint war. Auch die Frage, wo dieser Pfarrer von Wien zuvor seinen Sitz hatte, wird gestellt.[1] Ebenfalls seltsam wirkt, dass diesem Pfarrer von Wien sämtliche Kirchen des Wiener Pfarrsprengels unterstellt werden sollen.[5] Zudem dürfte es in Wien auch nach 1137 mehrere Pfarren gegeben haben. 12169 gründete Herzog Heinrich (II.) von Österreich ("Heinrich Jasomirgott") das Schottenstift, dem die Schottenpfarre anvertraut war und dem die Pfarren St. Ruprecht, St. Michael und Maria vom Gestade unterstellt wurden. Nicht nur die Pfarre St. Ruprecht, sondern auch die Pfarre St. Michael dürfte bereits vor 1137 bestanden haben.[1]

Überlegungen zum "Pfarrer von Wien"

Zum "Pfarrer von Wien" gibt es einige Theorien.

  • Meistens wird davon ausgegangen, dass mit dem "Pfarrer von Wien" der Pfarrer der Dompfarre St. Stephan gemeint ist.[6]
  • Nach einer weiteren Theorie könnte mit dem "Pfarrer von Wien" ursprünglich der Pfarrer der Pfarre St. Ruprecht gemeint sein. Nach einer weiteren Annahme soll, als Folge des "Vertrages von Mautern", die Pfarre St. Ruprecht um 1147 von der damals errichtete Pfarre St. Stephan übernommen worden sein.[3]
  • Eine weitere Theorie sieht in der Schaffung eines "Pfarrers von Wien" einen Kompromiss, wodurch die Markgrafschaft "de facto" ein Landesbistum erhielt, das aber "de jure" nicht als solches aufscheint. Bemühungen um die Errichtung eines Bistums für Wien beziehungsweise für die Markgrafschaft beziehungsweise das Herzogtum Österreich (verwirklicht um 1469/70) sind seit dem 11. Jahrhundert belegt, scheiterten aber lange am Widerstand der Bischöfe von Passau. Ein eigenes Landesbistum war 1137 ein Anliegen des Markgrafen, aber für den Bischof von Passau in dieser Form nicht wünschenswert. Ein Suffragan-Bistum wäre zwar durchaus im Interesse des Bischofs gelegen und für den Markgrafen wohl auch eine Lösung gewesen, aber aufgrund der damaligen politischen Lage nicht zu verwirklichen. In diesem Kontext wird die Schaffung eines "Pfarrers von Wien" als Kompromiss verstanden, es ging dabei um die Schaffung einer zentralen Führungsposition für jene Teile, aus denen später das zukünftige Landesbistum werden sollte, deren Inhaber aber offiziell nicht als Bischof bezeichnet wird.[7]

Personen, die als "Pfarrer von Wien" bezeichnet wurden

  • Magister Leopold, "Pfarrer von Wien" (bis 1252)
  • Magister Gerhard, "Pfarrer von Wien" (1252-1271)
  • Herzog Albert (II.) von Sachsen(-Wittenberg) (* um 1250; † um 1298)[8]
  • Der Notar Heinrich wird als "Pfarrer von Wien" im Zusammenhang mit den beiden Brandkatastrophen genannt, von denen die Stadt Wien 1326 und 1327 heimgesucht wurde. Die Brandkatastrophe von 1326, auf die der Straßenname Brandstätte zurückgeführt wird, nahm ihren Anfang im Haus eines Bäckers, der sich beim Haus des "Pfarrers von Wien" befand. Die Brandkatastrophe von 1327 brach in der Küche von seinem in der späteren Wallnergasse gelegenen Haus aus.[9]

Primärquellen

  • Urkunde, Hochstift Passau Urkunden (802-1808) 39, BAyHStA, Monasterium.NET

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Tauschvertrag von Mautern. In: Historisches Lexikon Wien. Band 5, Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7, S. 420.
  2. vgl. Kurt Klaudy: Das Werden Wiens und seines Stephandoms, 2004, S. 20
  3. 3,0 3,1 vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Ruprechtskirche. In: Historisches Lexikon Wien. Band 5, Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7, S. 16. digital
  4. vgl. Kurt Klaudy: Das Werden Wiens und seines Stephandoms, 2004, S. 21
  5. vgl. Kurt Klaudy: Das Werden Wiens und seines Stephandoms, 2004, S. 22
  6. vgl. Ferdinand Opll: Nachrichten aus dem mittelalterlichen Wien: Zeitgenossen berichten, Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 1995, ISBN 978-3-205-98372-9, S. 32 und 37f.
  7. vgl. Kurt Klaudy: Das Werden Wiens und seines Stephandoms, 2004, S. 97 und 98
  8. vgl. Ferdinand Opll: Nachrichten aus dem mittelalterlichen Wien. Zeitzeugen berichten. Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 1995, ISBN 3-205-98372-6, S. 69
  9. vgl. Ferdinand Opll: Nachrichten aus dem mittelalterlichen Wien. Zeitzeugen berichten. Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 1995, ISBN 3-205-98372-6, S. 70

Anmerkungen

  1. Die Ende des 10. Jahrhunderts gegründete Grenzmark "Ostarrichi" (Österreich) war ursprünglich als Teil des "Stammesherzogtums" Baiern einem "Verwaltungsbeamten" (Markgrafen) unterstellt. 1156 wurde sie aus dem "Stammesherzogtum" gelöst und zum eigenständigen Herzogtum Österreich erhoben. Die Mark(-Grafschaft) Österreich umfasste ursprünglich nur das heutige Bundesland Wien und einige Teile des heutigen Bundeslandes Niederösterreich.