Stibor Chrezzel
Stibor Chrezzel (auch Stibarius Chrezzel) (* vor / um 1330; † nach dem 19. Mai 1350) gehörte dem Hof des Herzogs Albrecht (II.) von Österreich ("Albrecht des Lahmen") an. Nach einer Chronik war er längere Zeit auf dessen Befehl inhaftiert, wodurch er Eingang in die Welt der Legende und Sage fand. Nach ihm war die Wiener "Stibori-Kapelle" bei St. Michael bekannt.
Herkunft und Familie
Stibor Chrezzel war mit Gerbirg aus der Wiener Erbbürgerfamilie Urbetsch verheiratet, die im Testament ihres Ehemannes als Tochter eines Dietrich Urbetsch genannt wird.[1] Sie dürfte die Schwester oder eine weitere Tochter des Bürgermeisters Dietrich Urbetsch gewesen sein.
Leben
Stibor Chrezzel war der Küchenmeister von Herzog Albrecht (II.) "dem Lahmen". Ihm gehörte in Wien die Badestube am Schweinemarkt (heute Lobkowitzplatz 2)[A 1]. Am 19. Mai 1350 verfasste er in Wien im Haus "unter den Pfeilschnitzern" sein Testament[2], in dem er Einnahmen aus der Badestube der Nikolauskapelle verschrieb.[A 2] Als Gegenleistung verpflichtete er den Kaplan der Kapelle und dessen Nachfolger jeweils am Nikolaus-Tag zusammen mit 13 Priestern eine heilige Messe für ihn und seine Gattin lesen zu lassen. In der Folge wurde diese Kapelle im Volksmund die Stibori-Kapelle bei St. Michael genannt.[3] In seinem Testament vererbte er auch das frühere "Chrannesthaus" in Wien, das zu dieser Zeit in seinem Besitz war.[4]
Nach der Chronik des "Anonymus von Leoben" war Stibor Chrezzel auf Befehl des Herzogs von Ostern bis zum 29. September 1347 wegen gegen ihn erhobener Beschuldigungen, darunter auch einen Giftanschlag gegen den Herzog und dessen Familie, im Kärntnerturm in Haft gehalten worden. Nachdem sich seine Unschuld herausstellt hatte, soll er diese Stiftung aus Dankbarkeit gemacht haben.[5]
Stibor Chrezzel in Legende und Sage
Um diese Haft bildete sich später eine Wiener Sage, in der eine Wandersage auf seine Person übertragen wurde. Eine unschuldige Person, die aufgrund einer Verleumdung zum Tode verurteilt wird, wird in letzter Minute vor der Hinrichtung bewahrt. In der Sage wird Stibor Chrezzel als Küchenmeister oder Koch am Hof von einem seiner Feinde, einem schwäbischen Geistlichen, verleumdet und wegen des versuchten Mordes ohne Anhörung in den Kerker geworfen und zum Tode verurteilt. In letzter Minute rettet ihn sein kleiner Sohn vor der Hinrichtung, weshalb Stibor Chrezzel als Dank für seine Rettung die Kapelle bei der Michaelerkirche stiftet.[6]
Literatur
- Anna Ehrlich: Hexen. Mörder. Henker. Die Kriminalgeschichte Österreichs, Verlag Amalthea Signum. 2006. ISBN 978-3850025492, S. 28 ff.
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Menschen und Kultur. Manuskript im WStLA, Wien, 1956, Band 6, 1. Teil, S. 135 f.
- Ferdinand Opll: Nachrichten aus dem mittelalterlichen Wien. Zeitgenossen berichten. Böhlau Verlag, Wien, 1995, ISBN 978-3-205-98372-9, S. 81
Weblinks
- Dorotheerbad im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
- Sagen Hofburg eingesehen am 12. Mai 2017
- Der Koch und sein Söhnlein, Sagen.AT
Einzelnachweise
- ↑ vgl. Mika Viktoria Boros: Studien zu den Wiener Münzmeistern des 13. und 14. Jahrhunderts. (Ungedruckte) Masterarbeit, Universität Wien, 2017. S. 138 digital
- ↑ vgl. Mika Viktoria Boros: Studien zu den Wiener Münzmeistern des 13. und 14. Jahrhunderts. (Ungedruckte) Masterarbeit, Universität Wien, 2017. S. 114 und S. 138 digital
- ↑ vgl. Dorotheerbad im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien, abgerufen am 12. Mai 2017
- ↑ vgl. Mika Viktoria Boros: Studien zu den Wiener Münzmeistern des 13. und 14. Jahrhunderts. (Ungedruckte) Masterarbeit, Universität Wien, 2017. S. 114 digital
- ↑ vgl. Ferdinand Opll: Nachrichten aus dem mittelalterlichen Wien. Zeitgenossen berichten. Böhlau Verlag, Wien, 1995, ISBN 978-3-205-98372-9. S. 81
- ↑ vgl. Der Koch und sein Söhnchen, abrufbar unter Sagen, Sagenreisen.AT, eingesehen am 12. Mai 2017
Anmerkungen
- ↑ Diese Badestube ist seit ca. 1300 belegt. Nach ihrem Verkauf an das Wiener Dorotheerkloster am 12. März 1434, wurde sie als Dorotheerbad bekannt. Vgl. dazu Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Wien, 1993, Band 2, S. 84
- ↑ Die Nikolauskapelle befand sich damals bei der Wiener Michaelerkirche. Heute ist sie die Kapelle im rechten Chor dieser Kirche.