Liste der südburgenländischen Lager für ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter während des Baus des Südostwalls
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Beim Bau des Südostwalls gegen Ende des Zweiten Weltkrieg waren auf dem Gebiet des Südburgenlandes je nach Quelle mindestens 6.500[1] bis über 12.000[2] ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter im Einsatz.
Siehe auch: Südostwall-Abschnitt Südburgenland
Um diese Menschen unterbringen zu können, wurde entlang der Grenze eine Reihe von Lagern errichtet:[3]
Bezirk | Ortschaft | Belegung | Unterbringung | Bemerkungen |
---|---|---|---|---|
Jennersdorf | Bonisdorf | Schule[4] | ||
Jennersdorf | Deutsch Minihof | Ziegelfabrik[5] | Bevölkerung half mit Lebensmitteln, aufgrund schlechter Kleidung gab es viele Kranke, kroatische Waffen-SS-Angehörige erschossen insgesamt ca. 40 Personen (die meisten von ihnen wurden in einer Schleife der Lafnitz begraben)[5][6] | |
Oberwart | Deutsch Schützen | 500 | zwei Getreidespeicher, Essensausgabe im Pfarrhof[7] | Die Zwangsarbeiter haben bis zum 29. März relativ gute Bedingungen vorgefunden. Es gab bis zu diesem Zeitpunkt keine Toten durch Krankheiten oder Misshandlungen. Das zufällige Auftauchen von drei versprengten SS-Männern am 28. März 1945 führte am nächsten Tag zum Massaker von Deutsch Schützen. Einige Personen konnten durch den örtlichen Schmied, Fleischer, Pfarrer Johann Farkas und anderen gerettet werden.[7] |
Güssing | Eberau | 500 | Schule, Kutscherhof und Gesindehaus von Schloss Eberau[8] | Die Bedingungen waren in der Schule besser als im Schloss. Es gab vermutlich einige Dutzende Tote durch Fleckfieber, mindestens fünf kranke Zwangsarbeiter wurden bei Edlitz erschossen. Hilfestellung mit Lebensmitteln erfolgte durch Ortsbewohner wie Rosina Paukovits und Volksschuldirektor Robert Hazivar, der als Mitglied der Wachmannschaft mit Decken, Nahrung und Informationen half.[8][9] |
Jennersdorf | Grieselstein | Volksschule[10] | In der Schule brach eine Fleckfieberepidemie aus, sodass die Volksschule zu einem Krankenrevier umfunktioniert wurde. In weiterer Folge kam es zu Erschießungen kranker Zwangsarbeiter bei denen der Schuldirektor Emmerich Mathauser, zugleich auch Organisationsleiter der Jennersdorfer NSDAP-Ortsgruppe, beteiligt war. Ein Massengrab gab es bei der Schlachthalle, ein weiteres auf der sogenannten Dotterwiese.[10] | |
Oberwart | Woppendorf | 100 - 200 | Pfarrstadel außerhalb der Ortschaft[11] | Zwangsarbeiter wurden nur schlecht mit Lebensmittel versorgt, der Ortspfarrer namens Leitgeb half das Leid zu lindern.[11] |
Güssing | Heiligenbrunn | 100 - 200 | ||
Güssing | Heiligenkreuz im Lafnitztal | 100 - 200 | ||
Güssing | Inzenhof | 100 - 200 | Bei der Evakuierung Ende März 1945 wurden 15 kranke Zwangsarbeiter mit Hämmern erschlagen. 1946 kam es zum Mordprozess mit der Verurteilung des Haupttäters Ludwig Schweitzer.[12] | |
Jennersdorf | Jennersdorf | 300 - 400 | Ziegelei, ehemalige Lederfabrik, Volksschule, Meierhof[10] | In der Hauptschule befand sich der Stab einer kroatischen Waffen-SS-Einheit. Juden, die ihr Arbeitspensum nicht erfüllten, wurden hier verprügelt. Besonders graumsam waren die beiden Volkssdeutschen Wilhelm Mohr und Franz Paul, beides ebenfalls SS-Angehörige. Im Februar kam es beim ehemaligen Aasplatz zu einem Massaker an rund 30 nicht arbeitsfähigen Juden bei dem Mohr und Paul die Hauptäter waren. Die Einwohner von Jennersdorf protestierten offen sowohl hinsichtlich der grausamen Behandlung der Juden durch die Waffen-SS als auch gegen das Massaker. Zu einem weiteren Massaker an kranken Juden kam es, nachdem eine Einheit der 5. SS-Panzer-Division „Wiking“ Jennersdorf für kurze Zeit von der Roten Armee zurückerobert hatte, und diese Zeitspanne dazu nutzte zurückgelassene Zwangsarbeiter zu ermorden. Zu einer gerichtlichen Verurteilung der Verantwortlichen kam es nicht. 1966 wurde von Vertretern des Innenministeriums und von Simon Wiesenthal das Grab beim Aasplatz ermittelt, die sterblichen Überreste der Ermordeten wurden auf den jüdischen Friedhof in Graz umgebettet.[10] |
Jennersdorf | Kalch | Schule[4] | Während sich kroatische Waffen-SS-Angehörige sehr grausam gegenüber den Zwangsarbeitern verhielten, waren nach Aussagen Überlebender die Bevölkerung und die Volkssturmmänner sehr bemüht zu helfen.[4] | |
Jennersdorf | Minihof-Liebau | In Minihof-Liebau kam es, obwohl eine Fleckfieberepedemie ausbrach, zu keinen Tötungen, weil der Unterabschnittsverantwortliche Zeichen Unterabschnittsarzt Erich Stadler ein Krankenrevier einrichten ließ und die kranken Zwangsarbeiter weiter nicht behehligte.[4] | ||
Güssing | Moschendorf | 100 - 200 | Meierhof[13] | Zwei ungarische Juden verstarben aus unbekannten Gründen während des Arbeitseinsatzes.[13] |
Jennersdorf | Neuhaus am Klausenbach | 100 - 200 | Schule[4] | Gemeindearzt Erich Stadler half vielen jüdischen Zwangsarbeitern und fand dabei Unterstützung bei der Apothekerin Rosa Schreiber-Freissmuth, welche nach dem Krieg von der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem als Gerechte unter den Völkern ausgezeichnet wurde. In der zweiten Feberhälfte brach, trotz aller Bemühungen von Dr. Erich Stadler, eine Fleckfieberepedemie aus. Pfarrer Stephan Berger nahm einige der Kranken auf, unterstützt wurde er von seiner als Köchin im Pfarrhof tätigen Schwester Theresia Berger. Diese steckte sich dabei selbst mit dem Fleckfieber an und verstarb am 3. April 1945. Bei Krottendorf wurden einige Zelte für die Fleckfieberkranken aufgestellt. Um den 23. März wurden rund 83 Personen dieses Zeltlagers von sechs Angehörigen der Waffen-SS ermordet. Im Herbst 1969 erfolgte durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge die Umbettung der Toten auf den jüdischen Friedhof Graz-Wetzelsdorf.[4] |
Jennersdorf | Neumarkt an der Raab | 200 | In den 1960er-Jahre entdeckte Simon Wiesenthal im Zuge seiner Nachforschungen hinsichtlich der Vorgänge in Jennersdorf auch hier ein Massengrab, über dessen Schicksal aber weiters nichts bekannt ist.[14] | |
Jennersdorf | Poppendorf im Burgenland | Buchmannmühle | In diesem Lager herrschten gute Bedingungen, die mitfühlende Bevölkerung half mit Lebensmitteln.[15] | |
Oberwart | Rechnitz | 500 - 800 | Wirtschaftsräume Schloss Rechnitz, Schwarzmeierhof, ehemalige Syngagoge[16] | Die Anzahl der Todesopfer ist unbekannt. Der Rechnitzer Arzt Leo Wiltschke versuchte das Leid der Zwangsarbeiter zu mindern. Bei der Unterbringung im Schloss waren die sanitären Bedingungen besser als bei den anderen Standorten. Am 24. März 1945 erfolgte das Massaker von Rechnitz, dem rund 200 Personen zum Opfer fielen.[16] |
Güssing | Reinersdorf | 100 - 200 | zwei verfallene Bauernhöfe[17] | Die Zwangsarbeiter befanden sich bei der Ankunft in guter körperlicher Verfassung. Bei der Evakuierung ab 27. März wurden durch Abschnittsleiter Bruno Strebinger und seinem Untergebenen Isidor Fellner mehrere Morde begangen. 1948 wurden beide im Zweiten Stremer Mordprozess vor dem Volksgericht Graz verurteilt.[17] |
Jennersdorf | Sankt Martin an der Raab | In diesem Abschnitt des Südostwalls war die Behandlung der Zwangsarbeiter relativ human, in Sankt Martin starb lediglich ein Zwangsarbeiter aufgrund einer Lungenentzündung.[14] | ||
Oberwart | Schachendorf | 1500 - 2000 | Magazin des Kastells, Volksschule, Wirtschaftsräumlichkeiten eines Meierhofes[18] | Es gab mindestens 60 Tote durch Erschöpfung und durch Fleckfieber. Die Ortsbevölkerung versuchte mit Lebensmitteln zu helfen, ebenso wie der Rechnitzer Arzt Leo Wiltschke.[18] |
Oberwart | Schandorf | 100 - 200 | Volksschule und Gasthof Veraszto[19] | Die Gefangenen wurden von der Angehörigen der kroatischen Waffen-SS schlecht behandelt. Die Verpflegungslage war aber gut, auch weil die Ortsbevölkerung und Wirt Veraszto mit Lebensmitteln halfen. Bei der Evakuierung konnten sich einige Zwangsarbeiter mit Hilfe von Einheimischen verstecken.[19][20] |
Güssing | Strem | 100 - 200 | Meierhof von Heiligenbrunn[21] | Nach Ausbruch von Fleckfieber kam es zur Erschießung von mindestens 50 kranken Zwangsarbeitern. Der Abschnittsleiter Paul Schmidt und der HJ-Bannführer Gerulf Schilcher und auch andere verübten während des Baues und auch während der Evakuierung mehrere Morde. Am 30. März 1945 wurde, vermutlich durch Angehörige der 5. SS-Panzer-Division „Wiking“, der Meierhof niedergebrannt, wobei es 32 Tote gab. 1948 erfolgte beim Ersten Stremer Mordprozess vor dem Volksgericht Graz die Verurteilung von Paul Schmidt und einiger Angehöriger der Hitlerjugend.[21] |
Jennersdorf | Wallendorf | Gasthaus[5] | ||
Jennersdorf | Windisch-Minihof | 300 | u.a. Gasthof Hirtenfelder[14] | Überlebende berichten von guten Unterkünften, ausreichender Verpflegung und menschlicher Behandlung.[14] |
Literatur
- Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45 - Arbeitseinsatz-Todesmärsche-Folgen, Verlag LIT, Wien-Münster 2010, ISBN 978-3-643-50195-0
- Manfried Rauchensteiner: Der Krieg in Österreich 1945, Österreichischer Bundesverlag, Wien 1984
- Szabolcs Szita: Zwangsarbeit - Todesmärsche - Überleben durch Hilfe, Verlag Velcsov, Budapest 2004, ISBN 9-63866-981-0
Einzelnachweise
- ↑ Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 287.
- ↑ Szabolcs Szita: Zwangsarbeit - Todesmärsche - Überleben durch Hilfe. Velcsov, Budapest 2004, ISBN 9638669810, S. 105.
- ↑ Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 289 und 497.
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 353ff.
- ↑ 5,0 5,1 5,2 Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 333 und 334.
- ↑ Szabolcs Szita: Zwangsarbeit - Todesmärsche - Überleben durch Hilfe. Velcsov, Budapest 2004, ISBN 9638669810, S. 117.
- ↑ 7,0 7,1 Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 314ff.
- ↑ 8,0 8,1 Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 322ff.
- ↑ Szabolcs Szita: Zwangsarbeit - Todesmärsche - Überleben durch Hilfe. Velcsov, Budapest 2004, ISBN 9638669810, S. 112 und 113.
- ↑ 10,0 10,1 10,2 10,3 Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 344ff.
- ↑ 11,0 11,1 Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 312 und 313.
- ↑ Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 334.
- ↑ 13,0 13,1 Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 325.
- ↑ 14,0 14,1 14,2 14,3 Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 352.
- ↑ Szabolcs Szita: Zwangsarbeit - Todesmärsche - Überleben durch Hilfe. Velcsov, Budapest 2004, ISBN 9638669810, S. 116.
- ↑ 16,0 16,1 Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 291.
- ↑ 17,0 17,1 Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 331ff.
- ↑ 18,0 18,1 Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 306ff.
- ↑ 19,0 19,1 Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 312.
- ↑ Szabolcs Szita: Zwangsarbeit - Todesmärsche - Überleben durch Hilfe. Velcsov, Budapest 2004, ISBN 9638669810, S. 109.
- ↑ 21,0 21,1 Eleonore Lappin-Eppel: Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz - Todesmärsche - Folgen. LIT, Wien 2010, ISBN 978-3643501950, S. 326ff.